Die Zeit nach dem Beißunfall.....



  • das finde ich ja mal treffen formuliert :gut:

  • Zitat


    Was mich ja immerwieder fasziniert ist, dass viele Hundebesitzer die Probleme mit ihrem Hund haben, dennoch glauben ihrem Tier ginge es nach einer Abgabe schlechter...
    Ich frag mich dann immer an wieviel Selbstüberschätzung man leiden muss um sowas zu äußern.
    Den allermeisten Hunden die ichvermittelt hab, geht es dort wo sie jetzt sind besser, als vorher.
    Komisch, oder?


    Ich glaube noch nicht einmal das es sich dabei um Selbstüberschätzung handelt. Viele sind gar nicht fähig sich ihr Unvermögen einzugestehen, dann wird sich daran geklammert, man selbst liebt den Hund so sehr, der Hund liebt einen auch "über alles" und kann gar nicht woanders "glücklich" sein.


    Es wird da in einen Hund etwas rein interpretiert, was gar nicht in der Natur des Hundes liegt. Ein Hund ist Pragmatiker und wird sich dort wohlfühlen, wo er ein angenehmes Leben mit ausreichend Futter hat. Unter Umständen wird er eine gewisse Zeit seinem vertrauten Umfeld nachtrauern, aber auch das vergeht.


    Und das vielleicht auch noch zu erleben, das fällt den meisten "Abgebern" schwer.


    Gaby, Idefix und ihre schweren Jungs

  • Zitat

    Natürlich kann er das.


    Aber mal ehrlich???? Wie groß ist denn die Warscheinlichkeit dass das passiert wenn man als Besitzer richtig handelt?


    Du vergisst einen nicht zu unterschätzenden Unsicherheitsfaktor, nämlich das Umfeld/andere Personen.


    Ich habe hier genau so ein Exemplar Hund sitzen, wie Rockabelli es beschreibt. Er ist ein toller Kerl, ich hab ihn als Welpen geholt. Im ersten Jahr ein klasse Hund, alles hat gepasst... nicht der einfachste aufgrund seiner Rasse, aber für mich gut händelbar und mit allem verträglich und Angst hatte er vor nix! Er ist auch heute noch ein toller Kerl... nur gegenüber Hunden angstaggressiv, Kindern gegenüber ist er misstrauisch und braucht seine Zeit, um sie zu akzeptieren. Und all das, weil er blöde Erfahrungen gemacht hat, die ich nicht verhindern konnte, obwohl ich dabei war.


    Er ist, als er ein Jahr alt war, innerhalb eines Monats fünfmal von anderen Hunden angegriffen und teils verletzt worden. Nicht schwer, aber die psychischen Wunden sitzen tief. Seine Leinenaggression habe ich nach wie vor nicht im Griff... da es zwischenzeitlich auch immer wieder mal zu Übergriffen durch andere Hunde gekommen ist. Ich habe, so gut es in den Situationen ging, richtig gehandelt... genützt hat es aber nicht!


    Bei Kindern war er in der Vergangenheit immer der Fels in der Brandung, obwohl ich selbst keine Kinder habe. Er hat "geübt" mit einer Kindergartengruppe... diese Kids waren super, ließen sich alles gut erklären und verhielten sich Apollo gegenüber prima. Und er fand Kinder prima... bis letzten Sommer, da hat ihm ein Nachbarsjunge heftig an der Rute gezogen... seither ist es vorbei mit seiner Kinderfreundlichkeit. Er tut Kindern nichts, aber er freut sich auch nicht mehr, wenn er welche sieht!


    Kennt er Kinder gut, freut er sich wie eh und je und beschäftigt sich auch gern und lieb mit ihnen... bei bekannten Hunden genauso... hätte er diese Erlebnisse nicht gehabt, wäre er vielleicht heute noch immer lieb und nett zu allem... so leider nicht!


    Zu den Fragen:


    Was wird den nun aus so einem Hund, dem man nicht mehr vertraut?


    Ich kenne diesen Zustand so nicht... bislang hat mich nichts dazu veranlasst, meinem Hund nicht mehr zu vertrauen.


    Es gibt aber eine Sache, da würde ich definitiv ernsthaft drüber nachdenken, ihn abzugeben... wenn er meine Katzen verletzen würde. 40 Kilo Hund gegen vier Kilo Katze, da hätten die Miezels das Nachsehen. Aber er hat gelernt, dass er immer bei "Mami" ;) um Hilfe bitten kann, wenn die Samtpfoten nerven... und das nutzt er auch gern! Deshalb glaube und hoffe ich, dass es nie soweit kommen wird!


    Wenn man ihn z.B. im Tierheim abgibt, was wird dann aus ihm?


    Gute Frage... ich bin nicht so vermessen zu glauben, meinem Hund würde es nur bei mir gut gehen. Er ist ein netter Kerl und seine Baustellen sind in einem anderen Umfeld und bei anderen Leuten vielleicht sogar besser in den Griff zu bekommen. Ich schätze seine Chancen nicht allzu schlecht ein.
    Aber wirklich Gedanken hab ich mir darüber nicht gemacht, auch wenn ich ihm ab und an ein "dein Platz im Tierheim ist reserviert" hinterher brülle! :lol:


    Wie überbrückt man denn die Zeit bis alles abgeklärt ist, während man vielleicht Angst um die eigenen Kinder oder Angst vor dem eigenen Hund hat?


    Kinder hab ich keine und werde auch keine bekommen... im Zusammenhang mit den Katzen vielleicht gucken, ob er bei Bekannten übergangsweise unterkommen könnte... oder ihn daheim mit Maulkorb sichern... auf jeden Fall würde ich erstmal alle Möglichkeiten ausschöpfen, bevor ich auch nur über eine Abgabe nachdenke.


    Wenn man sich entschieden hat, sich von dem beißenden Hund zu trennen - was kommt danach: kein Hund mehr, ein neuer Hund?


    Wären die Katzen der Grund, käme kein neuer Hund, solange die Katzen da sind... einmal traumatisiert würde reichen. Vielleicht, wenn man dann die Katzen nicht mehr hätte...
    Hätte ich Kinder, könnte ich nach einem massiven Beißunfall mit den Kindern glaub ich keine ruhige Minute mehr haben, wenn ein neuer Hund ins Haus käme... ich lass mich von sowas zu sehr verunsichern, denke ich!


    Oder wäre es so, dass ein "Ersatzhund", wenn er unter den gleichen Bedingungen aufwachsen und leben würde, auch beißen würde - wie wahrscheinlich ist das??


    Jeder Hund ist anders, ich weiß es nicht... aber die Wahrscheinlichkeit ist schon gegeben, schließlich haben Hunde Zähne!


    Welchen Stellenwert haben unsere Hunde innerhalb der Familie: bellendes Nutztier, gleichwertiges Mitglied oder gefahrliches Haustier als Hobby??


    Heiß geliebtes, aber nicht gleichwertiges Familienmitglied!

  • lady Martouf:


    Wie gesagt, ich habe nicht augeschlossen dass sowas passieren kann. Aber - es sind ja nicht alle Hunde gleich sensibel. Es gibt mit Sicherheit welche, denen ein paar wenige Vorfälle richtig an die Nieren gehen und die deshalb auch aggressiv werden.
    Aber ich denke, es gibt genauso viele, die einiges wegstecken können.

  • Krambambuli: Meinst Du damit, dass Du meiner Meinung bist? Sonst stehe ich nämlich mit auf dem Schlauch.


    Ich sehe nichts schlimmes dabei, einen Hund abzugeben, mit dem man einfach nicht umgehen kann, wo es nicht passt und dann irgendwann einen neuen Hund anzuschaffen, der besser zu einem passt. Gerade bei Gebrauchthunden kann sich sowas erst später rausstellen.

  • Was für mich immens wichtig ist: Warum hat der Hund gebissen? Händlingfehler, Angst seitens des Hundes, Unfall, Krankheit, Traum vom Vorbesitzer, das ich evtl. getriggert habe etc.pp.


    Danach entscheide ich weiter, kann ich mir das Beißen nicht erklären, dann geht es weiter mit TA und Verhaltenstherapeut/ Hundetrainer.


    Kann ich es mir erklären, dann eben die Überlegung: Okay, Wie kann ich es das nächste Mal besser machen? Was muss sich ändern, damit es ein einmaliger Vorfall bleibt?


    Ein Abgabegrund ist für mich ein Beißunfall nicht. Shit happens nun mal. Auch im Umgang mit einem Hund.


    Und Nein, meines Erachtens nach gibt es nicht den Garantiehund, der alles mit sich machen lässt. Kann es nicht geben, da Hund ein autonomes Lebewesen mit eigenen Emotionen ist.


    Und Nein, ich bin auch nicht der Meinung, dasss Hund alles sang- und klanglos ertragen muss.


    Hmm, welchen Stellenwert hat das Terriertier bei uns: Vierpfotiges, felliges Familienmitglied.



  • Gaby, ich würd gar nicht mal sagen Selbstüberschätzung sondern Unvermögen, sich selbst Fehler und Unvermögen einzugestehen und dafür die Verantwortung zu übernehmen. Gepaart mit einer gehörigen Portion Narzissmus.


    Weil, wenn es selbst nicht hinbekommt, dann bekommt das auch kein anderer hin..... und soll es vorallem auch nicht.

  • Hallo,


    ich hatte ja auch einen "Beißer". Meine Familie und ich haben ihn übernommen obwohl wir wussten das er beißt. Wir haben das dann auch zu spüren bekommen. Ich habe es aber durchgezogen und diesen Hund behalten, auch wenn mir alle paar Tage der Gedanke kam ob es nicht doch besser wäre ihn einschläfern zu lassen. Es war eine sehr schwere Zeit in der wir hart gearbeitet haben. in unserem Fall hat sich die Mühe gelohnt. Wir haben es geschafft aus Benni wieder einen Hund zu machen der Angriff nicht mehr als beste Verteidigung ansah.
    Ich denke man muss abwägen ob man die Kraft hat so eine Zeit zu überstehen. Es hat fast ein Jahr gedauert bis wir normal mit ihm umgehen konnten. Wir wussten genau wie wir mit ihm umgehen mussten und welche Knöpfe wir nicht drücken durften. Wenn man sich einen solchen Schritt nicht 100% zutraut dann ist es besser den HUnd abzugeben. Man kann solch eine Aufgabe nicht mit halben Herzen schaffen. Es kostet Nerven, Kraft und Zeit.
    Würde ich das noch einmal tun. Nein auf gar keinen Fall. Ich würde jeden Hund der ein gestörtes Verhalten im HInblick auf Aggressionen gegen Menschen zeigt sofort und ohne schlechtes Gewissen wieder abgeben. Die Sicherheit meiner Familie und die der Menschen in meiner Umgebung hätte immer Vorrang.
    Bereue ich Benni gehabt zu haben? Nein! Er war mir unendlich wertvoll. Und ich vermisse ihn jeden Tag aufs Neue.
    Aber er wird eine Ausnahme bleiben.
    Wir möchten wieder einen Hund. Aber nie wieder einen den wir nicht vom 1. Tag an kennen.


    LG Andrea









    LG Andrea

  • Was wird den nun aus so einem Hund, dem man nicht mehr vertraut?
    Es mag vielleicht komisch klingen, aber in der Tat ist es so, dass ich meinem Hund nicht jederzeit bedingungslos vertraue. Dennoch lebe ich ohne Angst mit ihm zusammen. Ich kann ihn nach gut einem Jahr nun relativ gut einschätzen und weiß, in welchen Situationen er mit Vorsicht zu genießen ist. Ich weiß auch, dass er mich beißen würde, er hat das bereits drei Mal unter Beweis gestellt. Ok, beißen ist vermutlich auch zu hoch gegriffen, es war ein kurzes Schnappen und gleich los lassen und er hatte defintiv keine Beschädigungsabsicht, sonst hätte es Löcher gegeben und nicht nur einen blauen Fleck.
    Ich kann mit diesem Wissen leben und wir arbeiten regelmäßig an entsprechenden Situationen, doch ich weiß, dass ich diesem Hund niemals bedingungslos vertrauen kann.


    Wenn man ihn z.B. im Tierheim abgibt, was wird dann aus ihm?
    Unser Hund saß bereits ein Jahr im Tierheim, Interesse hatte niemand in dieser Zeit an ihm bekundet. Dennoch bin ich sicher, dass er sich bei den richtigen Leuten gut einleben würde und dass vielleicht sogar ein paar seiner Probleme dort gar nicht von Belang wären.
    Sein einziges Problem ist seine Fremdenangst und die Bereitschaft im Ersntfall zu schnappen. Aber es gibt sicher noch genug Menschen außer mir, die für so einen Hund genug Geduld aufbringen und sein Vertrauen gewinnen würden.


    Wie überbrückt man denn die Zeit bis alles abgeklärt ist, während man vielleicht Angst um die eigenen Kinder oder Angst vor dem eigenen Hund hat?
    Ich kann diese Frage nicht beantworten. Ich habe weder andere Tiere noch Kinder hier, denen er etwas tun könnte. Dennoch ist meine Familienplanung nicht abgeschlossen und da Rudi erst ca. 5 Jahre alt ist, kann es durchaus sein, dass er noch lebt, wenn ich ein Kind bekomme.
    Ich glaube, dass mit Management einiges zu schaffen ist und ich mache mir oft Gedanken über die Frage. Aus meiner jetzigen Position würde ich sagen, dass ich meinen Hund nie abgeben würde, wenn er mein Kind beißt, doch das ist leicht gesagt, wenn man keine Kinder hat. Ich hoffe, dass ich nie in diese Situation kommen werde. Wir arbeiten immerhin an unseren Problemen und bis ich ein Kind bekomme, sollte noch etwas Zeit vergehen.


    Unser damaliger Hund biss mich auch einmal, ich hatte ihn geärgert und es verdient, an Abgabe dachte meine Mutter damals nicht, eher wünschte sie mir auch einen schwanz, an dem man mal kräftig ziehen konnte :lol:


    Wenn man sich entschieden hat, sich von dem beißenden Hund zu trennen - was kommt danach: kein Hund mehr, ein neuer Hund?
    Ich glaube, dass ich selbst sehr stark verunsichert wäre und ich weiß nicht, ob ich mir dann einen neuen hund zutrauen würde.
    Wenn es krankhaft bedingt wäre, bestimmt, ansonsten würde ich den Fehler bei mir suchen und wüsste nicht, ob ich es bei einem anderen Hund besser hinbekommen würde.


    Gibt es ihn eigentlich, den Hund mit der "beißt-nie-und-lässt-alles-mit-sich-machen-Garantie"??
    Ich denke, einen solchen Hund gibt es nicht. Die einen sind natürlich gelassener, die anderen gehen schneller nach vorne. Letztendlich sind sie alle im gewissen Maße Raubtiere mit Zähnen und ich glaube, dass man 99% aller Hunde irgendwann an einen Punkt bringen kann, an dem er sich nicht mehr anders zu helfen weiß.


    Oder wäre es so, dass ein "Ersatzhund", wenn er unter den gleichen Bedingungen aufwachsen und leben würde, auch beißen würde - wie wahrscheinlich ist das??
    Fakt ist doch, dass Erziehung und Umgang mit dem Hund diesen auch zu einem Großteil prägen. Entsprechend denke ich schon, dass auch ein zweiter Hund bei gleicher Erziehung und gleichem Umgang ein gewisses Risiko mit sich bringt, sich eben genauso wie der Erste zu entwickeln.
    Letztendlich ist aber jeder Hund anders und es kann auch sein, dass der Charakter des zweiten Hundes so anders ist, dass er sich trotz gleicher Umstände einfach anders verhält und dann doch nicht beißt.
    Zu hoffen bleibt aber, dass, wenn man einen Hund wegen Beißen abgeben musste, man zumindest auch über seine eigenen Fehler nachdenkt um diese bei einem neuen Hund nicht zu machen. Das erhöht sicher die Chance, es besser zu machen.


    Welchen Stellenwert haben unsere Hunde innerhalb der Familie: bellendes Nutztier, gleichwertiges Mitglied oder gefahrliches Haustier als Hobby??
    Mein Hund ist mehr wie ein Freund, ein Lebenspartner, der mich auf meinem Weg begleitet, ohne jedoch zu vergessen, dass er durchaus auch eine Gefahr sein kann.

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