Fast alle lieben wir die "Kopfarbeit" für den Hund. Auslastung und "artgerechte" Beschäftigung sind der Trend in der modernen Hundehaltung.
Wann immer irgendwo ein Problem auftaucht, ganz bestimmt wird hier im DF eher früher als später gefragt "Wie wird er/sie denn ausgelastet?".
Auch ich bin eigentlich ein Freund der geistigen und körperlichen Beschäftigung für und mit dem Hund.
Den meisten Hunden und Menschen tut das sehr gut, wenngleich es je nach Hund wohl dosiert sein will.
Nun erlebe ich gerade etwas völlig anderes.
Tucker ist ein sehr arbeitswilliger Kerl, er macht eigentlich alles was ich von ihm verlange, sofern er weiß was ich will. Aber auch sehr sehr stressanfällig, teilw. hysterisch und insgesamt schnell gut aufgedreht bis überdreht mit Neigung zu unangenehmen Übersprungshandlungen.
Daher sowohl Training als auch Beschäftigung immer schon vorsichtig aber vielseitig gestaltet.
Im Allgemeinen war und ist Tucker ein durchaus führiger und angenehm gehorsamer Begleiter, der aber beizeiten vom eigenen Stress überwältigt wird.
Zuletzt, von etwa Ende Dezember bis vor wenigen Tagen wirkte er schließlich völlig überspannt, ohne dass es größere Veränderungen gegeben hätte oder ähnliches. Er sammelte jedes Stöckchen, zerpflückte es, wollte permanent kauen... die Spannung im Hund war spürbar.
Und ich war es leid! Tucker ist so ein toller Hund, er lernt so schnell, er ist ein großer Kuschler, arbeitet gern... und dann steht er doch ständig unter Strom. Er tat mir einfach leid, das kann doch nicht gut sein.
Ich kratzte all mein Wissen zusammen, las verschiedene Dinge nach und entwickelte schließlich ein Programm:
Kopfarbeit gibbet nicht mehr. Ich stelle das (zumindest erstmal) vollkommen ein. Keine Nasenarbeit, Dummytraining, Tricks...NIX. Dafür ein beständiges Bewegungsprogramm, 15- 20km am Tag am Stück.
Ich gehe recht beständig schnell mit ca. 7km/h, dass sind am Tag ca. 2-2,5 Stunden am Stück. Alles was Tucker in dieser Zeit tun muss, ist normal gut hören, also rankommen oder stehen bleiben wenn ich es sage, keinem Wild hinterhersprinten... fertig, das ist alles. Er kann fast immer freilaufen und sein Tempo selbst entscheiden.
Wir machen das jetzt seit einer Woche. Und ich staune nur wie ausgeglichen mein Stinker plötzlich ist. Obwohl ich nie so viel mit ihm gemacht habe... weil er eben so leicht überstresst ist. Aber es scheint schon sehr wenig zu reichen um ihn in ein Erregungslevel zu versetzen, mit dem er selber überfordert ist.
Es ist unglaublich, dass so ein leistungsstarker und williger Hund einfach die Nerven nicht hat einer Beschäftigung nachzugehen ohne dabei oder danach ein explosives Level zu erreichen.
Ich weiß, dass einige der "Hütehundleute" und vielleicht auch ein paar andere, ähnliche Erfahrungen haben. Ich kenne auch Hunde wo es wirklich einfach "zuviel" ist. Aber so hautnah habe ich es noch nie erlebt und vor allem die gewaltige Veränderung in so kurzer Zeit.
Vielleicht mag sich ja wer austauschen?
PS:
Ich möchte betonen, dass ich Beschäftigung udgl. nicht schlecht finde, im Gegenteil. Es scheint nur eben Exemplare zu geben, die damit nicht zurecht kommen.