Das Problem ist nicht Langeweile, sondern Überforderung

  • Jeany:
    Wir lesen hier im Forum genauso häufig den Hinweis, dass Hunde ausgelastet/beschäftigt werden müssen, wie den, dass sie auch mal zur Ruhe kommen müssen. Ich finde beides wichtig, sowohl mangelnde Beschäftigung immer wieder in Erinnerung zu rufen als auch mangelnde Ruhephasen immer wieder in Erinnerung zu rufen.
    Und dass bei "ein bisschen" sofort der Hinweis kommt, wäre mir noch nicht aufgefallen. Allerdings schon mehrfach an Stellen, wo ich auch dachte (oder das ggf. selbst geschrieben habe), dass da das Beschäftigungsangebot, teilweise für einen Welpen/Junghund einfach too much ist, dass der Hund überhaupt nicht runterkommen kann. Es gibt sie doch leider wirklich, die Threads, in denen HH sich beschweren, dass sie so hibbelige Hunde haben, dabei versuchen sie doch schon so gut wie möglich, die Hunde müde zu kriegen! (O-Ton) Bei den Auflistungen wundert mich dann in der Tat nicht, dass der Hund nciht runterkommt ;)

    anni:
    Ja klar geht das auch mit Kopfarbeit. Die Leistungsfähigkeit sinkt, die Erfolgserlebnisse für den Hund bleiben aus, der Hund spürt die Erwartungshaltung, weiß, dass er irgendwas soll, kann aber eigentlich schon nimmer und versucht mit Ach und Krach irgendwie doch das gewünschte abzuliefern - der Hund hat Stress und den nicht zu knapp, die Situation überfordert ihn ganz klar, also auch bei Kopfarbeit immer in Maßen und so, dass der Hund Spaß dran behält. Es ist halt einfach ein schmaler Grat zwischen fordern und überfordern.

    Lg, Henrike

  • Es kommt doch aus sehr darauf an, welches Modell Hund man hat. ;)

    Bei mir sind ja nun 2 Hunde gleicher Rasse und fast gleichen Alters da.
    Die Hündin aus Leistungszucht muss und möchte arbeiten. Die wird nervig, knabbert an den Pfoten und scheuert sich den Bart ab, wenn sie nicht ausreichend gefordert wird.
    Der Rüde dagegen mag Sport und Beschäftigung, aber bitte nicht zu oft und zu lange. Er ist der geeignete Hund für eine normale Haltung in einer Familie oder für einen "Wochenendsportler".

    Beide Hunde wären bei einem Halter, der sich jeweils genau den anderen Typ vorgestellt hat, sehr unglücklich und "fehlgefordert".

    LG
    das Schnauzermädel

  • Zitat

    Es kommt doch aus sehr darauf an, welches Modell Hund man hat. ;)

    Bei mir sind ja nun 2 Hunde gleicher Rasse und fast gleichen Alters da.
    Die Hündin aus Leistungszucht muss und möchte arbeiten. Die wird nervig, knabbert an den Pfoten und scheuert sich den Bart ab, wenn sie nicht ausreichend gefordert wird.
    Der Rüde dagegen mag Sport und Beschäftigung, aber bitte nicht zu oft und zu lange. Er ist der geeignete Hund für eine normale Haltung in einer Familie oder für einen "Wochenendsportler".

    Beide Hunde wären bei einem Halter, der sich jeweils genau den anderen Typ vorgestellt hat, sehr unglücklich und "fehlgefordert".

    LG
    das Schnauzermädel

    Gut, du hast Ahnung und den Vergleich - aber woran erkennt denn ein Otto-Normal-Halter, ob sein Hund über- oder unterfordert ist? :???:

    Ich bin ja auch erst durch die Trainerin darauf gekommen...

  • Ich denke, daß es doch sehr viel lesen des Hundes bedeutet, um herauszufinden, ob mein Hund über- oder unterfordert ist.

    Ich habe zwei extrem unterschiedliche Hunde, beide auf ihre Art einzigartig, aber eben auch total unterschiedlich.
    Dusty habe ich bisher nur überfordert gesehen, in Stresssituationen, aber nie, was die Auslastung betrifft.
    Bei Bibo ist das schon anders, sie mag körperlich arbeiten, Schutzdienst war ihr Heiligtum, da konnte Dusty nichts mit anfangen.
    Und ja, ich habe auch beide Hunde gleich gefordert, wenn ich mit Dusty mind. 10km gelaufen bin, dann war Bibo dabei.
    Das fand Bibo auch nicht schlimm, aber sie hätte es nicht gebraucht. Aber sie war nicht überfordert, daß war eigentlich das Wesentliche.

    Und dieses, von wegen überfordern, naja, warum nehmen soviele Leute ihre Hunde mit zur Arbeit, weil sie Angst haben, der Hund könnte unterfordert sein, der muss unbedingt immer dabei sein etc.
    Das ist in meinen Augen einfach ein Trugschluss.
    Meine Mäuse wurden früher, jetzt ist das auch anders, morgens eine halbe Stunde draußen bespaßt, Pippi machen, etc. mal ein Ball werfen, ein bißchen toben und dann haben die Beiden gepennt. Und wenn ich von der Arbeit kam, 8-9 Stunden später, kamen mir zwei gähnende, freuende Hunde entgegen.
    Was ich gelernt habe, Hunde brauchen ihren Schlaf und das einfach dringend, denn sonst sind die extrem genervt, meine auch. Kriegen die zu wenig Schlaf, dann sind die total nölig.

    Was ich nicht mag, wenn man den Hund als Sportgerät nutzt. Klar, mancher Hund mag Agilitiy und den ganzen anderen Quatsch, aber sollte das nicht nur mal passieren und nicht immer zu festen Tagen und Zeiten?
    Wenn ich ein sportlicher Mensch bin, dann sollte ich mir entweder ein Fitnessstudio suchen oder eine Truppe, mit der ich joggen kann.
    In meinen Augen haben die Hunde wenig davon, wenn sie mit ihrem HH joggen gehen, dröge vor sich hinlaufen, was ist daran toll??

    Vielleicht habe ich auch Sonderexemplare, aber in meiner Kindheit wurden die Hunde auch nicht anders behandelt und denen ging es super.

    Wie Schnauzermädel schreibt, es gibt selbst in den Rassen unterschiedliche Vertreter, denn jeder Hund ist nun mal anders, auch wenn man sich einen Gebrauchshund holt, der sonst wie veranlagt ist, kann es passieren, daß der Hund einfach keinen Bock auf den ganzen Mist hat.
    Ich hoffe, daß da bald ein Umdenken passiert und die Leute sich mit ihren Hunden beschäftigen und lernen, was sie wirklich brauchen.
    Und ja, ich finde es sehr gut, wenn die Leute ihre Hunde analysieren, was brauchen sie wirklich, denn da liegt oft der Fehler. Es wird gehandelt, aber der Hund braucht es eigentlich nicht.
    Und schwupps ziehe ich mir einen Junkie ran, der er eigentlich nicht sein wollte.

    Einen Hund unter Dauerpower zu halten, kann nie richtig sein und so werde ich das auch halten. Wenn mein Hund selbst nicht weiß, wo die Grenzen sind, dann zeige ich ihm die.

    Gruß
    Bianca

  • Hallo,

    Zitat

    Was ich gelernt habe, Hunde brauchen ihren Schlaf und das einfach dringend, denn sonst sind die extrem genervt, meine auch. Kriegen die zu wenig Schlaf, dann sind die total nölig.


    Gruß
    Bianca

    Oh ja da hast Du Recht.
    Rambo ist eher ein ruhiger Hund, wenn ich mal früher von Arbeit komme, freut er sich zwar das ich da bin, aber er schaut als wollte er sagen "was willst Du denn schon hier, jetzt ist Schlafenszeit"
    Wenn wir mit dem Wohnmobiel in Urlaub fahren, das ist für Rambo zwar eine tolle Abwechslung aber auch Stress. Die ersten Tage ist er total aufgedreht und möchte immer und überall dabei sein (er könnte ja was wichtiges verpassen) und er findet ganz schwer ruhe (wie ein überdrehtes Kleinkind). Da merken wir deutlich, das ihm der Schlaf fehlt.
    Wir machen es jetzt meistens so 1 Tag ist Action, 1 Tag ist Ruhepause das klappt ganz gut.

  • Ich glaube ein Problem ist die Junghundphase, in der man den Eindruck hat, dass der Hund "nicht kaputt zu kriegen ist". Dann fängt man an, den Hund auszupowern, damit er endlich mal Ruhe kriegt. Und zieht sich so nen Bewegungsjunkie heran.

    Mein Hund hat auch ne Aufgabe: Mich zu begleiten.
    Wir haben Grundgehorsam trainiert und in ihrem Fall auch Angst- und Stressabbau. Aber seitdem machen wir "nichts". Für meinen Hund ist das normale Leben Aufgabe genug!
    Wenn Joy zu Hause bzw im Büro ist, liegt sie ausschließlich pennend oder dösend rum. Sind wir unterwegs, ist sie damit beschäftigt, mich zu begleiten, sich in neue Situationen einzufügen und ihr bekannte zu meistern.
    Typisch Begleithund, läuft sie ganz viel mit, ist dabei, ohne selbst im Mittelpunkt zu stehen.
    Kommandos trainieren sich "von alleine", weil sie im Alltag nötig sind (zB "Bleib", damit sie mir im Zug nicht aufs Klo hinterher gerannt kommt).

    Neben den Gassigängen zum Lösen, gibt es eine große Hunderunde am Tag. Die ist mir heilig. Da kann Joy 1 Std lang schnuppern und laufen, wie sie will (und ich meinen Gedanken nachhängen und durchatmen). Ort und Zeit für die Runde wechseln, aber sie findet immer statt.

  • Unter den Hundehaltern, die sich um ihre Hunde bemühen, ist das Problem tatsächlich mittlerweile sehr massiv.

    Für mich ist der Grund ganz einfach: Arbeitshunde werden plötzlich in Lebensbedingungen gehalten, für die sie nie gezüchtet wurden.

    Der Hund ist, wie jemand schon schrieb, Partner. Und damit immer dabei. Außerdem bekommt er noch seine eigenen Hobbies. Schließlich bekommt man ja von allen Seiten erzählt, der müsse ausgelastet werden.

    Und der Arbeitshund fordert. Nervt herum, rast herum, hüpft herum... also ist es offensichtlich nicht genug.

    Dann findet man nicht selten Hunde, die nach Grenzen suchen, indem sie dauernd in den Familien herumpoltern. (Sich ständig dazwischendrängen, Herumhüpfen etc...) Und keiner bietet diese Grenze. Das macht auch Stress.

    Hunde, die als Arbeitshunde genutzt werden, leben in der Regel nicht so nah mit ihren Menschen zusammen und daher haben sie diese Probleme erst gar nicht. Der Hund bekommt ganz automatisch mehr Distanz, mehr Ruhezeiten, weniger action...

    Und dann noch der Irrglaube, dass Abwechslung den Hund fordert. Es gibt keine klare Aufgabe, sondern ein wildes Durcheinander... Wenn man mal was machen will, hat der Hund keine Konzentrationsfähigkeit, weil er es nie gelernt hat.

    Begleithunde haben damit kein Problem. Aber es muss ja ein Arbeitshund sein. Weil er ein bestimmtes Image verkörpert.

    Viele Grüße
    Corinna

  • Meine Hündin war eine Zeitlang auch "gestresst". Aber nicht durch Sport, Spaziergänge, ... , sondern durch den ganz normalen Alltag bei ihrer Sitterfamilie. Jetzt ist sie vormittags fünf Stunden zu Hause alleine und ist viel entspannter.

    An Sport und Spaziergängen machen wir (nach der hier im Thread herrschenden Meinung) viel, laufen mindestens 2 Stunden am Tag und ich mache Suchhunde und Obedience mit ihr. Wir üben eigentlich jeden Tag eine kleine Einheit (clickern, Futterdummy, ...).
    Mache ich das nicht merke ich recht bald das meiner Hündin langweilig ist, dann beginnt sie nämlich selbstständig zu werden und alles zu jagen was sich bietet... Ist sie ausreichend körperlich und geistig beschäftigt macht sie das nicht.

    Unter dem Strich schläft meine Hündin mind. 15 Stunden am Tag, beschäftigt wird sie gut 3, mal 4 Stunden. Dann bleiben noch 5 Stunden zum dösen, kuscheln, ... So viel Stress muss mein Hund abkönnen. =)

  • Naja .. und genau hier ist ja wieder die Sache: WAS für einen Hund habe ich, WAS möchte ich später machen?

    Wenn der Hund an sich schon ein Hibbel ist und generell höher im Trieb steht und gefordert werden möchte, ist natürlich absolut klar, dass dieser Hund feste Ruhezeiten braucht und nicht dauerbespaßt werden sollte. Aber gleichzeitig finde ich es einfach ne Zumutung so einen Hund - in dem Glauben er könne sich sonst zu einem Adrenalinjunkie entwickeln - die geistige Auslastung und rassespezifische Beschäftigung zu verweigern! Das finde ich auch nicht richtig - solche Hunde können die Ruhe nur lernen, wenn man ihnen auch die Gelegenheit gibt dosiert ihrer Arbeit nachzugehen, denn das macht sie glücklich und nicht 23 Stunden am Tag in der Ecke zu liegen ...

    Deswegen finde ich hier oft gegebene Pauschalaussagen wie: "Im ersten Jahr darf der Hund nix lernen, außer RUHE!" schon ziemlich daneben ... muss ich ehrlich sagen.

    Ich hab auch einen lernbegierigen Hund, die selbst nie weiß wann Schluss ist. Hier liegt es an mir, sie richtig zu lesen und die Pausen und Auszeiten zu legen. Aber das klappt gut, im Haus ist sie unauffällig, schläft die ganze Zeit. Sie kommt gut damit klar, wenn mal eine Woche kaum was gemacht wird, oder wenn ich im Prüfungsstress bin. Aber sie ist definitiv glücklicher, wenn sie was tun darf. Da reichen fünf Minuten Clickertraining am Tag völlig aus und sie rollt sich zufrieden irgendwo ein ...

    Ich denke für jeden Hund muss man die goldene Mitte finden. Und ich sehe leider noch viel zu viele Hunde, die absolut gar nichts tun dürfen und einfach unaussthlich sind, da muss man sich nicht wundern.

  • Ich bekommen von sehr vielen Leuten hier aus meiner Umgebung zu hören, wie sehr sie sich bemühen um den Hund tot zu bekommen und welche anstrengungen sie dabei unternehmen, so das sie selber unter argem Streß geraten.

    Auslastung wichtig-keine Auslastung auch nicht gut.
    Da ist sie..die goldene Mitte...manchmal schwer zu finden das optimum.
    Ich bin froh das dieses Thema momentan sehr aktuell ist, habe meinen Hund nie so ausgepowert das er am Boden kriechend nur noch in sein Bett wollte.

    Aber alle haben das schon fast verlangt...ich bin hier in der Straße wohl eine böse die ihren Hund nur um den Pudding schickt.
    Stimmt so nicht...aber kann mir gut vorstellen, wenn ich das so lese...das die übermotivierten sowas von mir denken würde.

    Habe oft mit nem schlechtem Gewissen gekämpft weil ich bemerckt habe das zuviel meinem Hund nicht gut tut...dachte sogar schon mich erklären zu müssen. Die Meinung halt BC-Mix muss rennen bis zum umfallen :|

    Ich habe noch nicht das optimale Gefunden...denke schon das mir mein Hund ab und an mal die Leine an den Kopp werfen würde...weil zu wenig oder zuviel.

    Es ist oftmals schwer sich von den Allgemeinen Meinungen nicht zu arg beeinflussen zu lassen und nur den Hund im Blick zu haben...was ER braucht und nicht was andere denken das er brauchen könnte.

    So sehe ich dieses Thema wie den Trend---zurück zum Hund und weg von der Modewelle.

    Gruß Gwen

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