Hallo liebe Foris
Ich hab noch keinen entsprechenden Thread gefunden, deshalb dachte ich, er ich erstelle mal einen zur MDR-1 Problematik, für Interessierte, Ängstliche oder Kritiker.
An alle, die nicht wissen was das ist, hier die vereinfachte Kurzfassung:
Der MDR-1 Defekt ist eine Mutation an der Blut/Hirnschranke, welche die Aufnahme bestimmter Stoffe (der wichtigste Punkt sind hier Medikamente) ins Gehirn egt verhindern soll. Durch den Defekt wird dieser Schutz eingeschränkt bzw. geht verloren. Das führt bei bestimmten Medikamenten zu verstärkten Nebenwirkungen bis hin zu Vergiftungserscheinungen, die (je nach Dosis) auch tödlich für den Hund enden können.
Liegt der Defekt doppelt vor spricht man von -/- Hunden, diese Hunde haben keinen Schutz durch die Blut-/Hirnschranke. Ein Träger (+/-) reagiert auf entsprechende Medikamente ebenfalls, allerdings müssen sie dafür 200-300 fach dosiert sein, um die selben starken Symptome zu zeigen.
MDR-1 kommt in einigen Rassen vor. Am bekanntest ist es durch den Collie (sowohl lang- als auch kurzhaar) aber auch andere Hütehunde wie zB. der Sheltie, Border Collie oder weißer Schäferhund haben das in der Population. Der Verbreitungsgrad in den Rassen variiert jedoch stark:
ZitatAlles anzeigenRassen mit einem MDR1(-)-Defekt in %:
Collie, Kurzhaar 68%
Collie, Langhaar 55-57%
Longhaired Whippet 42-65%
Australian Shepherd 20-50%
Shetland Sheepdog 7-35%
Silken Windhound 18-30%
McNab17- 30%
Wäller 19%
Weißer Schäferhund 14%
Old English Sheepdog 1-11%
English Shepherd 7-15%
Deutscher Schäferhund 6-10%
Border Collie 10%
Hütehund-Mischlinge 6-7%
Quelle: http://www.tierarzt-nordhorn.de/hunde-katzen/mdr-1-defekt/
Diese Zahlen beziehen sich auf Hunde, die mind. ein defektes Gen haben, also +/- und -/- Hunde.
Was bedeutet das für den Hund?
Es gibt mittlerweile eine ganze Liste von Wirkstoffen, auf die MDR-1 Hunde reagieren. Bekannt wurde der Defekt durch Wurmmittel, welche nicht vertragen wurden. Man sollte bei einen betroffenen Hund immer Medikamente verwenden, welche für ihn verträglich sind, für viele Krankheiten gibt es bereits Alternativen und im Zweifel wird ein Hund, dessen MDR-1 Status unbekannt ist und welcher einer Rasse angehört, welche den Defekt hat, vorsorglich wie ein betroffener Hund behandelt. Für eher seltene oder spezifische Krankheiten gibt es allerdings nicht immer eine Alternative, weshalb ein solcher Hund in der Therapie eingeschränkt sein kann. Dazu wird ihnen ein scheinbar erhöhtes Narkoserisiko nachgesagt.
Ebenfalls haben -/- Hunde offenbar einen niedrigeren Cortisolspiegel, was den Hund stressanfälliger machen kann und es wurden gehäuft chronische Darmerkrankungen bei betroffenen Hunden beobachtet, worüber es allerdings keine Studien gibt und man deshalb nichts genaues dazu sagen kann.
Dazu kommt, dass Pferde über ihren Kot Rückstände von Wurmmittel ausscheiden können, was bei dessen Aufnahme natürlich ebenfalls bei einem betroffenen Hund zu Vergiftungen führen kann.
Was bedeutet das für mich als Halter?
Will ich einen Reitbegleithund einer dieser Rassen sollte ich die Verpaarung entsprechend wählen und mir keinen möglichen -/- Hund ins Haus holen. Ein guter Züchter wird einen solchen Hund auch nicht an einen solchen Platz vermitteln. Ebenfalls sollte man vor jeder Medikamentengabe dem TA daran erinnern, dass der Hund bitte entsprechende verträgliche Wirkstoffe bekommt. Gerade bei meinem KHC's kann ein TA schon mal vergessen, dass das tatsächlich ein Collie ist. Zur eigenen Beruhigung würde ICH es immer nochmal dazu sagen.
Das klingt jetzt natürlich wirklich heftig. Man muss aber natürlich immer die Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Faktoren bedenken. Versehentliche MDR-1 Vergiftungen kommen doch sehr selten vor, auch wenn es dazu natürlich keine Studien gibt.
Einige sprechen deshalb von Qualzucht. Warum züchtet man mit solchen Hunden? Die sollten von der Zucht ausgeschlossen werden! etc..
Ich kann mich ab jetzt natürlich nur auf den KHC beziehen also verzeiht, wenn es bei anderen Rassen anders gehandhabt wird, das kann ich nicht wissen:
Die kleineren Vereine (cfbrh, DCC) des VDH wollen nur vor der ZZL den MDR-1 Status bestimmt haben, schreiben aber bei der Verpaarung nichts vor. Es ist also erlaubt -/- Hunde zu züchten. Es wurde aber ausdrücklich darauf hingewiesen, das zu vermeiden.
Nun wurde das die letzten 6-7 Jahre getan. Und was ist passiert? Die ~68% der MDR-1 Träger/Betroffenen wurden nur mit der Minderheit von ~32% der +/+ Hunde verpaart. Resultat: MDR-1 freie Rüden werden vielfach eingesetzt, während fast niemand mehr einen Träger für seine Hündin nehmen möchte, geschweige denn einen -/- Rüden, da die meisten Zuchthündinnen zwangläufig auch Träger sind. Heißt, plötzlich sind viele Hunde miteinander verwandt und es kommen keine neuen Rüden mehr nach, weil es sich sowieso nicht lohnt, einen Träger oder gar betroffenen Hund anzukören. Den will ja sowieso niemand.
Man hat also massive Einbüßungen bei dem sowieso schon kleinen Genpool und dazu eine noch immer kleiner werdende Auswahl an Deckrüden, weshalb man zwangläufig auf die selben zurückgreifen muss. Dazu kommt, dass aufgeklärte Welpenkäufer natürlich keinen -/- Hund haben möchten und sofort davon ausgehen, dass ein Züchter nicht seriös ist, wenn er solche Verpaarungen durchführt, da wird dann "Kurzsichtigkeit" vorgeworfen etc.
Jetzt ist die Frage, ob der Hype um MDR-1 und dessen ausmerzen tatsächlich so gut für diese Rasse ist. Ganz klar ist es nicht ok, MDR-1 herunterzuspielen oder zu verharmlosen, gar leichtfertig damit umzugehen. Aber ist das aktuelle Vorgehen wirklich eine Verbesserung? Beim Collie gibt es ja nicht nur MDR-1 sondern diverse Augenkrankheiten, beim KHC muss man den Langhaarfaktor berücksichtigen der noch vielfach vorhanden ist, man ist farbtechnisch eingeschränkt (blue merle darf nur mit tricolor verpaart werden), und dann soll der Hund noch ein nettes Wesen haben und möglichst rassetypisch aussehen (Ohren sind hier ein großes Thema), DM steckt vereinzelt in der Rasse und Importieren ist gar nicht so einfach, da andere EU Länder auf MDR-1 gar nicht erst testen, zusätzlich zu den vor kurzem geänderten Bestimmungen für den Import von Welpen.
Was ist denn nun richtig und was ist schlimmer - Inzucht oder MDR-1? Kein leichter Spagat für einen Züchter.
Bei Rassen die diesen Defekt seltener in der Population haben mag das Gott sei Dank so funktionieren, also Träger nur mit freien Hunden zu verpaaren. Beim Collie, insbesondere beim seltenen KHC, wird es dagegen echt eng und das schon nach wenigen Jahren.
Ich hab jetzt absichtlich nicht überall Quellen angegeben um den Lesefluß nicht zu stören, wenn jmd aber Quellen möchte, einfach nachfragen.