Sind Hunde noch Hunde ?

  • Wie akzeptiere ICH die Triebe meines Hundes?
    Jagdverhalten kann man natürlich durch Dummyarbeit und ähnliches in etwas kontrolliertere Bahnen lenken, aber ein jagdbegeisterter Podenco für den Rest seines Lebens an der Schlepp? Oder soll man ihn besser laufen lassen, na los, hol Dir das Reh? :???:

    Und soll mein Hund sich vermehren, weil er eben einen Sexualtrieb hat?
    Unsere Hunde sind kastriert, es gibt natürlich Fälle, in denen ich sagen würde, es ist unnötig, aber genauso oft gibt es Fälle, wo ich nur dazu raten kann. Es erleichtert das Leben ungemein, nicht nur meines, auch das meines Hundes! Und wie sagt der Fuchs zum Prinzen: "Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast."
    Und so handhabe ich das auch...ohne mich verhungert und verdurstet mein Hund, ohne mich geht er kläglich ein. Und somit muss ich mich darum kümmern, dass es ihm so gut wie möglich geht, ich muss ihn lesen können und feststellen können, was er braucht, ohne dass er mir das sagen kann.
    Und danach lebe ich mit meinen Tieren. Ich gebe mir alle Mühe, dass sie Auslastung haben, Spaß, gutes Futter und Zuwendung. Ich gebe ihnen einen festen Tagesablauf vor, sie müssen nicht selbst entscheiden sondern dürfen folgen (was Hunde meiner Meinung nach brauchen).
    Ich habe eine Partnerin, ich habe Freunde, ich habe Familie. Meine Hunde sind meine Hunde, die ich sehr liebe, aber sie sind keine Menschen (sicherlich ein Grund, weshalb ich sie so liebe...).

    LG

  • Mein Hund ist so sehr Hund, wie er es im Rahmen der Gesetze und einer Gesellschaft auch nur sein kann. Er hat täglich Hundekontakt (und das nicht nur für 5 Minuten), er darf rennen, sich einsauen, bellen, sich prügeln und andere Hunde im Spiel hetzen, wenn er es denn wünscht. Nur eins darf er nicht: Sich fortpflanzen. Und es wäre albern deswegen dem Hund das Hundsein abzuerkennen, nur weil er keine Welpen produzieren kann. Das ist auch nicht das ganze Leben.

    Und alle Hundehalter die ich kenne bei mir, sind genauso wie ich.

    Ich kann nunmal nicht mit einem unangeleinten Hund durch die Straßen gehen, vorallem dann nicht, wenn er so aussieht wie meiner. Auch innerhalb eines Rudels hat ein Hund seine Regeln und Pflichten und die muss man auf die Gesellschaft ausweiten.

  • Der Beitrag von Silja regt zum Denken an, und das finde ich gut.

    Irgendwie denken wir alle immer weniger nach, alles scheint festgefahren zu sein.
    Wenn man unsere Hunde jedoch Hunde sein lassen würde, so wie von der Natur so vorgesehen, dann würden sie in unser "Lebenskonzept" einfach nicht mehr hineinpassen.
    Mittlerweile führen wir Menschen auch ein unnatürlich angepasstes Leben, und alles was wir machen entspricht nicht mehr dem Ursprung.
    Zum Beispiel ist auch der Mensch ursprünglich darauf ausgelegt, weitere Distanzen am Tag zu laufen, was er aber nicht tut, zumindest nicht im vorgesehenen Ausmaß.
    Die Folge ist Degeneration und Erkrankungen des Halteapperates mit entsprechenden Spätfolgen.
    Früher waren nur die Lendchen leicht umwickelt, heute ist es der edle Zwirn :smile: , den man sich schon berufsbedingt antun muss.
    Unser Leben bestimmt, und das kann niemand abstreiten, die auferzwungenen Konventionen.
    Kinder dürfen auch nicht mehr wirklich Kinder sein, so wie es früher einmal war.
    Einschränkungen von allen Seiten nehmen ihnen ihre Kindlichkeit viel zu früh.
    Wenn wir alle ohne Regeln und Gesetze in den Tag hinein leben dürften, ja dann könnte auch ein Hund wieder etwas mehr Hund sein, ein Kind wieder mehr Kind....wir könnten alle wieder Mensch sein.

    Wollen wir das überhaupt wirklich bis zur letzten Konsequenz auch so haben?
    Wir müssten schon auf Vieles auch verzichten :???:
    Für mich gibt es in unserer realen und momentanen Welt eigentlich nur ein Kriterium:
    Hunde müssen sich genauso an dieses Leben anpassen, wie es unsere Kinder oder wir tun müssen, denn es öffnet einfach die Tore.

    Was kann ich dafür tun?

    Ich muss meinen Hund dafür erziehen und anleiten, und ihn in in dieses/unser Leben führen.
    Ich muss ihm seine Ernährung und Beschäftigung, gemäss seiner Anlagen, verantwortungsbewusst gestalten.
    Dazu gehört bei mir auch ein gewisser "Kuschelfaktor", da bin ich ganz ehrlich, und dafür schäme ich mich auch nicht.
    Mögen sie zu früherer Zeit im Hunderudel kontaktgekuschelt haben, was sicherlich effektiver war, so muss ich dieses entstandene Manko als Mensch kompensieren.
    Und nun kommt der Egoist in mir durch , denn ich mag das auch :smile:
    Irgendwie wird es wohl auf eine Art Symbiose hinauslaufen, und das muss nicht verkehrt sein.

    Das ist nun all' das, was ich aktiv für ihn ausrichten kann.
    Halstüchlein, stylistische Geschirre mit fragwürdigen Sprüchen, Filetspitzen im Hundefutter etc. etc....das sind alles Sachen, die der Befriedigung von uns Menschen dienlich sind , dem Hund jedoch nichts nützen, aber auch nicht schaden.
    Zu Denken gibt eventuell nur die Einstellung zu dieser Materie im Allgemeinen, und das womöglich daraus resultierende Verhalten den Hunden gegenüber.
    Ein Hundi mit Strasshalsband wird sicherlich nicht gerne in Matschpfützen gesehen.

    Zusammenfassend möchte ich sagen, dass ein Hund nicht mehr so zu halten ist, wie ursprünglich in seiner Natur genetisch verankert.
    Ich kann nur versuchen, dem Ursprung so nahe wie mir ( denn da liegt die Betonung) es möglich ist, gerecht zu werden.

    Silja hatte übrigens in ihrem letzten Absatz Fragen gestellt, die ich nicht so ohne Weiteres beantworten kann.

    Zitat

    Welchen Stellenwert hat der Hund zwei Generationen später ? Gibt es dann noch Hunde ? Schafft man es bis dahin, den idealen Sozialpartner zu züchten, alle unbequemen Veranlagungen auszumerzen und nur den für uns wichtigsten Part, den Sozialtrieb herauszukitzeln ? Kann man ES dann überhaupt noch Hund nennen ?


    Kann es jemand von Euch, den bislang blieben die Fragen unbeantwortet, so weit ich mich erinnere?

    LG Britta

  • Guter Beitrag, Silja, wie immer :smile:

    Ich denke schon, dass es möglich ist, in wenigen Generationen
    den optimalen Gesellschafts- und Schmusehund zu züchten,
    der dann eventuell mit seinem Leben auch zufrieden ist.

    Vorher müssten sich aber die Menschen in ihren Ansprüchen
    an einen Hund einig werden.

    Da dürfte dann keiner mehr Jagd- oder Hütehunde wollen.
    Solange noch Arbeitslinien gezüchtet werden,
    wird es auch immer Menschen geben, die sich so einen Hund als
    Familientier zulegen, und dann mit der Arbeitslinie rumprollen.
    Hund ist dann halt sein Leben lang leicht neurotisch aufm Agi-Parcours unterwegs.

    Manchmal denke ich, es wäre besser, nur noch stumpfe und triebneutrale
    Familienhunde zu züchten, damit wären wir alle viel glücklicher.

    LG
    Chrissi

  • Zitat


    Welchen Stellenwert hat der Hund zwei Generationen später ? Gibt es dann noch Hunde ? Schafft man es bis dahin, den idealen Sozialpartner zu züchten, alle unbequemen Veranlagungen auszumerzen und nur den für uns wichtigsten Part, den Sozialtrieb herauszukitzeln ? Kann man ES dann überhaupt noch Hund nennen ?

    Möglicherweise bin ich zu naiv oder auch zu sehr Optimist, für mich stellen sich diese Fragen aber nicht.

    Denn ich sehe, Hundezuchttechnisch, keinen Supergau auf uns zu kommen.
    Weil es eben solche und solche gibt.
    Und zu jedem Extrem wieder etwas da sein wird das es ausgleicht.

    In die Zukunft gucken kann keiner, wer weiß, vielleicht gibts die Spezies Mensch in zwei Generationen ja auch gar nicht mehr.

    Sollte aber alles "normal fortschrittlich" weitergehen dann werden auch die Hunde so wie man sie kennt und liebt noch da sein.
    In allen (und schlimmstenfalls noch viel mehr oder traurigerweise in weniger) Variationen.

    Und ob man ES dann noch Hund nennen kann?
    Das liegt, wie fast alles andere auch, ganz in eigener Hand.
    Der Hund ist nicht das was er ist wenn er geplant und geboren wird, er ist vor allem das was wir aus ihm machen.
    Und solange es Menschen mit Hirn und Herz gibt so wie hier und diese Menschen sich bemühen und ihr Bestes geben so wie die Leute hier es tun kanns nicht völlig schiefgehen.


    LG
    Tina

  • Zitat

    Möglicherweise bin ich zu naiv oder auch zu sehr Optimist, für mich stellen sich diese Fragen aber nicht.

    Denn ich sehe, Hundezuchttechnisch, keinen Supergau auf uns zu kommen.
    Weil es eben solche und solche gibt.
    Und zu jedem Extrem wieder etwas da sein wird das es ausgleicht.

  • Zitat

    Welchen Stellenwert hat der Hund zwei Generationen später ? Gibt es dann noch Hunde ? Schafft man es bis dahin, den idealen Sozialpartner zu züchten, alle unbequemen Veranlagungen auszumerzen und nur den für uns wichtigsten Part, den Sozialtrieb herauszukitzeln ? Kann man ES dann überhaupt noch Hund nennen ?


    Generationen Mensch sind gemeint nehme ich an? Also so ca 40 Jahre?

    Ich zitiere mal mich selbst:

    Zitat

    Die Zukunftsperspektive:
    Es wird immer Menschen geben, die den Hund tatsächlich für die Arbeit brauchen, ihm echte Aufgaben geben.
    Es wird immer Menschen geben, deren Hund sein Sexualverhalten ausleben darf (weil es sonst irgendwann keine Hunde mehr gäbe)


    Und nicht zu vergessen die ganzen Vermehrer, die ohne züchterische Ambitionen vor sich hinvermehren.
    Nicht zu vergessen der Auslandstierschutz über den viele Hunde ins Land kommen, die nicht den oben genannten züchterischen Ansprüchen entsprechen.

    Und was wäre so schlimm an einem Hund, dessen Hauptaufgabe die soziale wäre? Der überwiegend freundlich durchs Leben geht? Der sich mehr für Herrchen/Frauchen interessiert als für's Spurensuchen und Jagen?
    Wäre das wirklich kein echter Hund mehr?

    Zitat


    Wie müßte "Hund ist immer noch echter Hund" denn konkret aussehen?

    Die Antwort steht noch immer aus.

  • Hallo

    Ich habe Siljas Posting nicht so verstanden,
    dass sie nach einem fröhlich jagenden und raufenden
    sich ungehemmt vermehrenden, vierbeinigen Freidenker verlangt.

    Ich kann auch nirgendwo lesen,
    dass sie auf Regeln im Zusammenleben verzichten möchte.
    Kann ich mir, gerade bei Silja, auch sowas von überhaupt nicht vorstellen.

    Ich habe es so verstanden, dass es um einen anderen, offeneren Ansatz
    in der Hundehaltung geht. Darum dass wir bei allen
    Erkentnissen, vielleicht doch auch viel verloren haben.
    Zum Beispiel eine, für beide Parteien wohltuende Gelassenheit.

    Und selbstverständlich sollen Hunde schmusen und beschmust werden,
    haben sie immer gewollt und gerne gemacht, sie durften aber früher vielleicht doch mehr Hund sein.


    Viele Grüße

    Viele Grüße

  • :winken:

    Irgendwie ist das ganze Thema "Hund" ein Teufelskreis.

    Hunde dürfen schon seit Jahrzehnten (wenn nicht sogar seit Jahrhunderten) keine "wirklichen" Hunde mehr sein.
    Es gabe so viele verschiedene "Haltungs-Varianten" in den ganzen Jahren.
    Es gab jahre, wo Hunde fast ausschließlich auf Höfen gehalten wurden.
    Jahre der "Streunder"
    Jahre der unkontrolierten Vermehrung
    ....

    Das große Problem ist der Hunde-boom in den letzten 10 Jahren.
    die Vorstellung viele (Deutschen) ist, das zu einem Perfekten Leben ein Hund gehört.

    mehr Menschen > mehr Nachfrage > mehr Hunde > mehr Überforderte > mehr Vorfälle > mehr Einschränkungen und Gestzte > ein eingeschränktes und nicht artgerechtes Hundeleben.

    "Früher" wurden Hunde wie gesagt hauptsächlich auf Höfen gehalten, Höfe die weit ab von Schuß lagen oder ind dörfern, wo es normal war, das der Hund "aufpasst" und mehr oder weniger leben konnte wie er wollte.
    Die Jagthunde, die bei besser Situierten lebten.
    Ganz selten sah man Hund in Städten- meist "nur" Hunde, die als Streuner galten und vertrieben wurden.
    Und dann gab es noch die sogenannte "Oberschicht", die den Hund als Luxusgegestand betrachteten.

    Der Hund als sogenannter "Urhund", der sich vollkommen frei nach seinen Trieben orientieren durfte-gibt es (leider) schon seit jahrunderten nicht mehr.

    Das Große Problem ist und wird auch immer so bleiben:
    Selbst wenn man versuchen will seinen Hund "artgerecht" zu halten stößt man sehr schnell an seine Grenzen. Es ist in der heutigen Zeit einfach fast unmöglich seinem Tier eine sogenannte artgerechte Haltung zu bieten. Die Haltungsbedingungen für eine artgerechte Haltung sind schier nicht mehr gegeben. (ausnahmen bestätigen die regel-nur leider ganz ganz selten)

    Die "Halstuchfraktion", "Sofa-und Bettschläfer", und die "Sprüche auf dem Geschirr träger" lasse ich mal außen vor.
    Denn auch wenn es vieleicht nicht "artgerecht" erscheint- seinen wir ehrlich- stören tut es dem Hund in den seltesten Fällen. - Ob da nun ein Spruch auf dem Geschirr steht oder nicht. Der Spruch schränkt nicht die "artgerechte Haltung" ein, sondern das geschirr an sich.- Und das wiederum ist in der heutigen Zeit "Bedingung" in der Hundehaltung.

    Ich für meinen Teil finde mich auch in Staffy´s Text wieder.
    Und ich denke jeder HH findet sich in diesem Text wieder,-der eine mehr, der eine weniger.

    Ändern werden wir das alle nicht mehr können, dafür ist der Mensch zu festgefahren in seinem Leben, ect.
    Ich weiß nicht wo wir in 10 oder 20 jahren stehen.- Ob das ganze noch viel schlimmer wird, oder ob ein Gesetz das ganze "eindämmt" (denn ich fürchte, das nur ein Gesetz diesen Rattenschwanz enden lässt.)

    LG Nadine

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