ANTI-JAGD-TRAINING oder Dr. Jekyll und Mr. Hyde

  • Unser Tierheim-Hund Fiore (2,5 Jahre), den wir vor etwa 4 Monaten zu uns holten, kommt aus Italien. Er wurde dort fast ausschließlich im Zwinger gehalten und wurde außerhalb des Zwingers wohl jagdlich geführt. Wie das ausgesehen hat und was genau mit ihm gemacht wurde konnten mir die Angestellten vom Tierheim leider nicht sagen. Er ist ein reinrassiger English Setter.

    Das dürfte so ausgesehen haben, dass der Hund in extrem weitläufigen Gebieten eine Quersuche allein oder zu zweit in höchstem Tempo gemacht hat. Das war sein Lebensinhalt. Jemand hat hier mal Videos verlinkt, wie italienische Arbeitssetter jagen - sehr beeindruckend!



    Er steht das Wild (Vögel, Hasen, Rehe, Katzen etc.) vor, fixiert es und wenn es abhaut wird hinterher gepirscht. Sein Rückruf klappt in dieser Situation dann leider nicht. Ohne Ablenkung funktioniert der Rückruf gut, auch wenn andere Leute, Jogger oder Fahrräder vorbei kommen.

    Das tönt doch sehr vielversprechend! Dass er sich aus dem Vorstehen nicht abrufen lässt, ist normal und für einen Vorsteher auch richtig, die sollen ja durchstehen. Bau das aus mit Signal, und geh hin und hol ihn ab, belohne ihn für das Vorstehen.

    Wir sollen am Rückruf dran bleiben und ihn an der Leine zu uns ziehen wenn er nicht hört und ihn dann ordentlich belohnen und loben (auch wenn er nicht freiwillig gekommen ist ). Bis jetzt hat das leider nicht wirklich Wirkung gezeigt die Strategie..

    Das erstaumt mich nicht, denn ich verstehe nicht, was der Hund dadurch lernen soll. Erst wird der Rückruf mit etwas Unangenehmen (herangezogen werden) verknüpft, dann gibt es grundlos Leckerlis.... Damit schadet man nur dem freudig ausgeführten Rückruf.

    Vielleicht noch kurz zu Fiores Auslastung: 2-3 Stunden täglich spazieren im Feld und am Waldrand an der 10m Schleppleine, dabei eingebaute Suchspiele wie z.B. Leckerlies im Gras suchen und üben von Kommandos. Daheim dann auch Gehorsamkeitsübungen, Übungen zur Impulskontrolle und Frustrationstoleranz und spielen mit Kong, Plüschtier und manchmal so hölzerne Intelligenzbretter. Er ruht/schläft/döst momentan ca. 18-19 Stunden am Tag.

    Ich denke, ihr seid auf gutem Wege, besonders wenn du noch lernst, mit anstatt gegen das Jagdverhalten zu arbeiten. Jede Kontaktaufnahme belohnen wurde ja schon erwähnt. Zwei Dinge würde ich noch versuchen umzusetzen: dass er wenigstens ab und an an einem sicheren Ort mal richtig rennen kann, und eine etwas anspruchsvollere Auslastung als nur Leckerli im Gras suchen. Freiverlorensuche würde sich anbieten - erst in gesichertem Gelände. Vielleicht mit Futterbeutel mit Fell oder Federn? Wenn diese Ersatzjagd selbstbelohnend geworden ist, dürfte es auch draussen an wildärmeren Orten klappen. Alternativ wäre auch trailen eine Möglichkeit, da bleibt der Hund angeleint.

    Kann ein Hund auf Dauer auch an der Schleppleine "glücklich" sein?

    Siehe meinen ersten Abschnitt - an 10 m sicher nicht, denn er kennt es anders, er weiss, was ihm fehlt. Wenn ihr aber das Vorstehen festigen könnt, dürfte einer deutlich längeren Schleppleine nichts mehr im Wege stehen. Und wenn er zur Arbeit abgeleint werden kann, ist auch schon viel gewonnen, und wenn er ab und an richtig flitzen kann, dann verträgt es auch die Schleppleine auf den alltäglichen Spaziergängen.

  • [Externes Medium: https://youtu.be/R5ceCTHrBs4]



    ^^


    Der muss nichtmal aktiv gejagt haben...die Setter in Italien und Spanien werden häufig auf den Sport selektiert und sollen einfach wie bekloppt über Felder brettern und Vögel suchen. Einige der Tiere gehen dann bei warmen Temperatur hopps, weil sie weit über die Belastungsgrenze hinausgehen (wird ja so für den Field Trial Sport gewünscht)


    Ansonsten ja, gibts dann noch das Leben im Zwinger, aber das Verhalten ist stark genetisch angelegt und bedarf keiner konkreten Ausbildung.

  • Also, ich würde diesen Hund ja alles mögliche nennen, nur nicht einen Sürmel! Der ist doch das pure Gegenteil davon!


    Doch doch :smile: der hat es manchmal faustdick hinter den Ohren und kann sowas von frech in die Landschaft gucken. Rufe ihn, er schaut dich an, kneift die Augen ganz leicht zusammen, legt den Kopf schief... und düst ab. :D ich finde das ist ziemlich sürmelig :smile:



    aaah, soeben die Berndeutsche Bedeutung gelesen: nein, so gesehen ist er absolut kein Sürmel :D
    Hier ist die Bedeutung eher ein Lausbub. Und das ist er.

  • aaah, soeben die Berndeutsche Bedeutung gelesen: nein, so gesehen ist er absolut kein Sürmel
    Hier ist die Bedeutung eher ein Lausbub. Und das ist er.

    Äbe doch. Dass die Zürcher doch alles ins Gegenteil verkehren müssen - vermutlich haben sie das Berndeutsch nicht verstanden, und dann einfach was erfunden. :klugscheisser:

  • Freiverlorensuche würde sich anbieten - erst in gesichertem Gelände. Vielleicht mit Futterbeutel mit Fell oder Federn? Wenn diese Ersatzjagd selbstbelohnend geworden ist, dürfte es auch draussen an wildärmeren Orten klappen.

    Mich würde es interessieren, wie ihr es Felldummys haltet bei Hunden, die nicht jagdlich geführt werden? Ich habe einen Pointer-Mix und habe (reichlich dilettantisch wahrscheinlich :pfeif: ) mit der Freiverlorensuche nach normalen Dummys angefangen. Sie apportiert die Teile mittlerweile zuverlässig und sucht sie auch ausdauernd, ist aber trotzdem nicht mit Feuereifer dabei und macht das auch nur gegen Bezahlung. Ein Dummy mit Fell oder am besten Fasanenfedern fände sie bestimmt deutlich interessanter, allerdings habe ich Angst, dass sie dann noch so richtig heiß darauf mache, Wild zu suchen. Auf der anderen Seite weiß ich nicht, ob es da überhaupt noch was zu verstärken gibt... Bin mir da total unsicher, wie sind denn eure Erfahrungen?


    LG Maren

  • Mein reinrassiger Jagdgebrauchshund ist zwar mittlerweile ein tauber Opi mit 15 Jahren, aber den habe ich auch nicht jagdlich geführt.


    Felldummy war sein Heiligtum - und Hunde sind nicht blöd. Ein gegerbtes Fell auf einem Ball riecht ganz anders als Wild. Lediglich das Gefühl beim "Reinbeißen" ist dann recht ähnlich, was einen hohen Belohnungsfaktor ausmacht.


    Ich habe vor den freiverloren Suchen im ungesicherten Gelände Schleppfährten gearbeitet und die wirklich mit allen Schikanen - bis er auch durch Kaninchenhausen lief und nichts anderes mehr im Kopf hatte, als seinen Dummy zu finden, zu mir zu bringen und damit dann bei mir belohnt zu werden. Dann ging es auch freiverloren problemlos.

  • Ein Felldummy riecht auf jeden Fall anders als Wild, aber auch anders als "normales" Spielzeug oder Kunstfell.
    Als Finja 6 Monate war, bin ich mit ihr zum Hundemaxx gefahren und stand in der Ecke mit den Spielsachen. Sie fand nur den Aufsteller mit den Felldummies interessiert, da wäre sie am liebsten reingekrochen. Und die waren noch in Plastik eingepackt.

  • Da lese ich ja auch mal interessiert weiter. Blinky findet die normalen Dummies zwar toll, aber auch nur solange, bis nichts Interessanteres riecht, und das tut es schnell. Sie ist nicht so konzentriert und schnüffelt dann lieber ihr Ding weiter.. Eventuell könnte sich das mit einem Felldummy auch bessern?

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