ANTI-JAGD-TRAINING oder Dr. Jekyll und Mr. Hyde

  • Ja, über die Überlebenskünste von Rehen wundere ich mich auch manchmal. Warum rennen die vor Raubtieren nicht weg, sondern direkt vor die Füsse?
    Komische Taktik...

  • Vor Jordi hockte vor einigen Tagen in 2 Meter Entfernung ein Kaninchen vor seinem Bau.
    Wir standen da bestimmt 2 Min und Jordi hat es nicht gesehen |) .
    Naja im allgemeinen lässt er sich an der Schleppleine zu 95% vom Kaninchen abrufen und kann auch im Fuß an denen vorbei..
    Leider würde er ohne Leine sofort abdüsen..
    Er macht das an der leine wirklich gut! Trotzdem befürchte ich, dass er nie ableinbar sein wird.
    Selbst wenn ich die Leine Stück für Stück abschneiden würde, dann würde er nach einem Erfolgserlebnis es immer wieder machen.
    Wir haben hier aber auch einfach so unfassbar viele Kaninchen. Die sitzen bei uns schon morgens vor der Tür und wir wohnen an einer viel befahrenen Straße...
    Im Park habe ich jetzt 2-3 Hundehalter getroffen die so ein Sprühhalsband benutzt haben und deren Hunde hopsen nun ohne Leine durch den Park.
    Da komme ich schon ins grübeln, wer denn nun glücklicher ist. Mein bewegungsfreudiger Hund, der nur an der Leine laufen darf, oder die Hund die 2-3 Mal einen großen schrecken bekommen haben, aber nun ohne Leine unterwegs sind und miteinander spielen können.
    Naja ich will gar keine endlose Diskusion lostreten, aber mir hat das zu denken gegeben.

  • Zumindest bei meinen Hunden habe ich das Gefühl, dass sie sehr wohl zwischen Rennbahn und echtem Wild unterschieden können. Meine beiden sind auf der Bahn ziemliche Berserker, laut und extrem hasenscharf – also Verhalten gegen das ich im „echten Leben“ anclickere, denn da will ich keinen schreienden Hund an der Leine haben. An ihrem Verhalten auf der Bahn habe ich aber nicht großartig gearbeitet oder Impulskontrolletraining gemacht, denn dort sollen und dürfen sie Rennen. Solange sie mir beim Warten das Auto nicht zerlegen und keinen riesen Terz machen wenn sie nicht dran sind nur weil sie die Maschine hören, ist es OK für mich.

    Auf unser normales Training und Zusammenleben wirkt sich das ganze aber so gut wie gar nicht aus, weder positiv noch negativ. Nur Loki ist vielleicht nen Tacken angeknipster (finde ich aber bei nem „Langweiler“ wie ihm gar nicht schlimm, sondern eigentlich ganz nett :D ). Meiner Meinung nach haben sie das „Jagen dürfen“ ganz arg mit dem Motorgeräusch der Hasenzugmaschiene verknüpf. Die sind sofort voll da sobald ein Moped oder ähnliches an uns vorbeifährt ^^ Jetzt ist die Rennbahn aber auch tatsächlich der einzige Ort an dem die beiden jemals Jagderfolg hatten, und ich finde es schön, dass man eine Alternative bieten kann, wo sie den Hetztrieb kontrolliert ausleben dürfen.

  • Ich hab auch schon drüber nachgedacht, was ich mache, wenn die nette Methode auf lange Sicht nicht funktioniert. Dabei käme für mich durchaus eine aversive Methode in Frage, aber nur mit einem guten Trainer mit optimalem Timing. Alleine würde ich mir das nicht zutrauen.

  • Ganz ehrlich - würde ich wirklich an eine nachhaltige Wirkung des Sprühhalsbandes im beabsichtigten Sinn glauben - ich würds machen.

    Problem ist, dass das Risiko unerwünschter Fehlverknüpfungen irrsinnig hoch ist. Und ich bezweifle sehr stark, dass die Lernerfahrung dauerhaften Erfolg zeigen würde.

    Bei uns ist es eher eine Frage, ob der Hund generell in einer hohen Erregungslage ist. Unser Training zielt also einfach auf Ansprechbarkeit und Impulskontrolle, um Gehorsam zu ermöglichen - und den natürlich auszubauen.
    Wenn der Hund tatsächlich mal abdüst, ist er in dem Moment wohl zu aufgeregt, als dass er nachhaltig aus der Situation was lernen könnte.

    Für "Hirn aus Hund weg" Pseudojäger wie meinen, denen es mehr um den Bewegungsreiz und das Rennen geht als ums Jagen an sich, glaube ich einfach nicht an den Sinn.

    Wie es bei echten Jägern aussieht, kann ich nicht beurteilen.

    Dass man eine Methode auf Knopfdruck verführerisch findet, das kann ich gut verstehen. Auch wenn ich es nicht ausprobieren werde.

  • Wir waren letztens auf einer großen Wiese, wo in einiger Entfernung Pferde auf der Weide standen. Also soweit, dass Finya sie nicht als Pferde erkannt hat (sie geht nämlich an sich nicht auf Vieh und hat davor sogar ziemlich Respekt).
    Irgendwann hat Finya die Pferde entdeckt und sich mit Blicken festgesaugt. Die hat sich mit Worten nicht mehr rausholen lassen, also habe ich testweise Frodos Halsband auf sie geworfen. Ich wollte einfach wissen, wie sie reagieren würde, ob sie praktisch aus der "Trance" rauskommen würde.
    Finya spürt das Hb an ihrer Seite, guckt kurz nach hinten und sofort wieder nach vorne. Meine Ansprache an sie hat sie auch dann nicht mitbekommen, aber sie hat sich absetzen lassen und dann auch ablegen und ist die ganze Zeit brav neben mir gelegt und hat halt einfach geschaut.
    Wirklich laufen durfte sie dann allerdings dort nicht, da ich doch Angst hatte, dass sie umschaltet und im Jagdgalopp auf die Pferde zusaust. Die hätte zwar gemerkt, dass das nichts Jagdbares ist, aber den Stress braucht ja weder Finya, noch die Pferde.

    Ich könnte mir bei der im Leben nicht vorstellen, dass die sich von einem Sprühhalsband vom Jagen abhalten lassen würde :ka:

    Frodo dafür auf jeden Fall, aber der jagt ja nur, weil er rennen lustig findet xD
    Wenn ich pfeife, rennt der auch genauso gern zu mir zurück.

  • Problem ist, dass das Risiko unerwünschter Fehlverknüpfungen irrsinnig hoch ist.

    Daher kann man das nur mit jemanden machen, der weiß, was er tut...

    Und ich bezweifle sehr stark, dass die Lernerfahrung dauerhaften Erfolg zeigen würde.

    Das ist die Frage...

    Beispiel: Felix hat sich vor ein paar Wochen mal spontan überlegt, dass er doch mal schauen könnte, was so nach dem Essen auf dem Tisch stehenbleibt, wenn alle gegangen sind. In diesem speziellen Fall hat eines der Kinder eine angebissene Salamisemmel liegen lassen. Er geht also hin, stellt die Füße auf den Stuhl, packt zu und zieht an der Semmel. Er hatte aber Pech, denn der gesamte Teller kam mit der Semmel vom Tisch. Er sprang zur Seite, es schepperte lautstark - Felix rannte um sein Leben. Seitdem ist der Tisch für ihn absolut Tabu und hat keinerlei Anziehung mehr.
    Ist dumm gelaufen, hätte ich seine Aktion rechtzeitig gemerkt, hätte ich ihn abgebrochen. Aber so hat er sich selbst bestraft und das sitzt.

    Was halt anders ist, ist der Erregungslevel bei Wildsichtung. Wie viel Hirn da noch auf Funktion ist, kann man schwer sagen.
    Ich glaube nur, dass man einem "echten" Jäger das Jagen eh nie abgewöhnt. Man kann das nur deckeln und die letzten Prozente managen. Da wir aber bei Vögeln durchaus Fortschritte verzeichnen, hätte ich die Hoffnung, dass auch Eichhörnchen irgendwann mal passierbar werden. Ggf. auch mit aversivem Abbruch.

    Thema Jagd: nachdem Schafe ja seit ein paar Wochen für Felix okay sind und kein Jagdverhalten mehr auslösen, haben die nun leider alle Lämmchen bekommen. *pling* Felix wieder im Jagdmodus. Wir beginnen also von vorne...

  • aber sie hat sich absetzen lassen und dann auch ablegen

    Aber dann war sie ja ansprechbar! Ist doch toll. Sie kann sich ja nur nicht unsehen.

    Ich denke schon, dass Jordi von so einem Sprühstoß beindruckt wäre. Es muss halt wirklich im richtigem Moment gedrückt werden. Da hätte ich auch echt Angst, dass da was schief geht.
    Ausserdem muss das Alternativverhalten im vorraus sitzen und ich denke, da machen viele den fehler.
    Ich abe aber auch total Angst vor Fehlverknüpfungen. Im Internet habe ich echte Horror Geschichten gelesen.
    Im echt Leben habe ich aber noch nie etwas derartiges gehört. Bei einem sehr sensieblen Hund würde ich sowas aber auch auf keinen Fall in betracht ziehen.
    Jordi handelt sehr überlegt, wenn er jagen geht. An der Leine reagiert er teilweise kaum auf die Tiere genausowenig, wie wenn ihm ein Zaun von den Tieren trennt.
    Es war auch schonmal so, dass er ohne Leine ein Kaninchen gesehen hat und man es richtig rattern sah, in seinem Kopf, ob er jetzt auf mich hören soll oder nicht. Tja er hatte ja keine Leine dran, also ist er dann doch los.
    Ich habe mich mal mit einer Trainerin getroffen und die riet mir quasie dazu, obwohl sie erst einmal in ihrer gesamten Trainerlaufbahn dazu geraten hat. Sie sagte, dass es für Jordi echt blöd ist an der Leine zu sein, weil er sonst gut hört und die Orientierung an mir super ist. Mehr würde ich an der Schleppleine nicht hinbekommen..
    Naja aber ich konnte mich bisher nicht überwinden.

  • Ich hab auch schon drüber nachgedacht, was ich mache, wenn die nette Methode auf lange Sicht nicht funktioniert. Dabei käme für mich durchaus eine aversive Methode in Frage, aber nur mit einem guten Trainer mit optimalem Timing. Alleine würde ich mir das nicht zutrauen.

    Ich finde es immer schade, dass optimales Timing nur bei aversiven Methoden als wichtig dargestellt wird. Man kann sich auch beim Clickern etc. total dämliche Verhaltensketten heranzüchten durch nicht optimales Timing.

    Aus dem Hetzen heraus werde ich Caspar niemals abrufen können, ich hab mir als Trainingsziel eher gesetzt, das Losstarten so lange zu verzögern, dass ich mich noch auf den Hund werfen und ihn vom Durchstarten abhalten kann. Von Spuren lässt er sich halbwegs abpfeifen, bei ganz frischer Spur muss man eine Denkpause abpassen, wenn die Nase nicht mehr auf dem Boden klebt. Da ist sicher noch Luft nach oben, aber das ist bei der Trainingsintensität, die ich leisten kann, derzeit einfach Maximum.
    Erfolge erzielt haben wir bei Pferden (was waren wir überrascht, als er dem ersten im Schweif hing...) und bei Kaninchen. Letzere waren einfach so zahlreich und es gab nie einen Erfolg, so dass Caspar sie irgendwann als "appetitlich, aber zu vernachlässigen" kategorisiert hat. Rehe und Katzen bringen ihn immerhin nicht mehr minutenlang ins Kreischen, Wildschweine treffen wir gottseidank nicht oft genug zum trainieren.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!