Ein nicht zu beschreibendes Gefühl....

  • Liebe Britta,
    ich sitze hier und mir kommen auch die Tränen, denn ich kann die verstehen.

    Bei meiner Ronja wurde mir die Entscheidung zum Glück von ihr abgenommen. Sie hat Nachts noch mit mir Bällchen auf der Strasse gespielt, am nächsten morgen musste ich mit ihr zum Tierarzt, da innerlich ein Gefäss geplatzt war, und sie langsam innerlich verblutete.

    Ich konnte Ihr "immer weniger werden" nur verkürzen.

    Ronjas, inzwischen verschimmelte Lederleine liegt in einer Tüte im Keller. Ich kann sie einfach nicht wegwerfen.

    Bei Bodo war es meine Entscheidung, und da komm ich immer noch nicht drüber weg. Ich hatte ihn nur 2 Jahre - er war Patient in unserer Tierarztpraxis und ich hab ihn von seinem Frauchen geerbt.

    Er war gegen sich selber allergisch und herzkrank. Irgendwann lag er Abends im Wohnzimmer und fing an zu husten. Herzhusten. Ich hab es dann mit Herz-, und Entwässerungstabletten versucht, aber es wurde Tag für Tag schlimmer.

    Ich frage mich heute noch, ob es zu früh war, ob ich es länger hätte versuchen müssen. Und diese Fragen stelle ich mir, obwohl mein Chef gesagt hat, dass er Bodo schon früher aufgegeben und nicht so lange um ihn gekämpft hätte.

    Seine alte Matratze liegt immer noch in meinem Keller, nimmt viel Platz weg, und wird auf gar keinen Fall weggeworfen.

    Und ich muss feststellen, dass Zeit zwar die Schmerzen lindert, dass es aber keine vollständige Heilung gibt, sonder es wird nur eine mehr oder weniger dicke Kruste drübergelegt.

    Manchmal platzt diese Kruste auf und der ganze Schmerz kommt wieder hoch. Die Ursache kann der Blick auf ein Foto, eine bestimmte Situation, ein ähnlich aussehnder Hund, oder sogar nur ein Geruch sein.

    Man kann diesen Situationen nicht aus dem Weg gehen, daher glaube ich auch, dass es sinnlos ist die Erinnerungsstücke wegzuwerfen.

  • Zitat


    Mache ich meine Augen zu, dann sehe ich ihn vor mir.

    Leider nur die letzten Minuten....die lustigen und schönen Momente bleiben kurioserweise verborgen.

    Versteht ihr, was ich meine?

    liebe britta,

    das verstehe ich nur zu gut.
    ich habe mich bei konny auch lange nur daran erinnern können, wie sie in narkose gelegt wurde, und daran, wie sie tot auf dem op-tisch lag. um mich rum ein ta, der nicht wahr haben wollte, dass ihm der patient da weg gestorben ist und eine helferin, die kein wort über die lippen gekriegt hat - vielleicht hat sie auch was gesagt, in meiner erinnerung ist sie allerdings stumm.
    das war abends, es war dunkel und alles war in zeitlupe. dazu der schock, die frage beantworten zu müssen: was passiert mit dem toten hund? dann das bezahlen der rechnung - irgendwie nach hause kommen - meinen damaligen lebensgefährten auf der arbeit anrufen, der mit allem aber nicht mit der nachricht gerechnet hatte.
    das war immer wieder das erste gewesen, was in der erinnerung hochkam. und dann immer wieder der flashback: morgens besuch in der praxis mit der diagnose und dem termin für abends für die op. ich hörte immer wieder den ta sagen: heute abend wird sie operiert, übermorgen geht es ihr dann schon wieder deutlich besser und in zwei wochen ist sie wieder in ordnung. während der wartezeit habe ich mittags mit ihr unter dem küchentisch gesessen und ihren kopf auf meinem schoß gehabt. eine vertraute enge geste, die sie sonst über so lange zeit niemals geduldet hätte. immer wieder ihr blick in meine augen. und dann wie ein blitz das sichere gefühl, dass der hund sterben wird. ich habe dann bei meiner mutter angerufen, die versucht hat, mich zu trösten. immerhin konnte sie mich beruhigen und ich bin voller hoffnung zum op-termin gefahren.

    an was anderes konnte ich mich nicht mehr erinnern. nur dieser letzte tag und immer zuerst die narkose und anschließend das unaussprechliche und unfassbare. ich kam mir vor wie ein versager, weil konny tot war. die op hätte doch helfen müssen. überhaupt hätte ich doch viel eher erkennen müssen, was der hund hat (so ein quatsch natürlich, die symptome waren von der schneegastritis überdeckt und auch der ta konnte die diagnose ja nicht direkt stellen). hat der ta was falsch gemacht mit der narkose? ich hatte ihn doch gewarnt, dass sie schon mal probleme hatte... usw. und so fort.

    kurz und gut, ich habe mich gefoltert mit "hätte" und "wenn".
    dazu kam, dass konny die angewohnheit hatte, immer hinter mir zu laufen. ich hatte also die angewohnheit mich regelmäßig umzuschauen. eine gewohnheit, die man jahre lang täglich ausgeübt hat, legt man nicht von heute auf morgen ab. und bei jedem blick über die schulter die brennende hoffnung, meinen neuf hinter mir zu sehen. die enttäuschung, wieder nach vorne schauen zu müssen - und das im wahrsten sinne des wortes.
    am tag nach konnys tod bin ich wie üblich die 40 km zum stall gefahren, habe mein lieblingspferd fertig gemacht und bin ins gelände geritten. auf den sandwegen im brandenburgischen war die oberste trittschicht trotz der kälte nicht hart gefroren, weil es vor dem frost nicht nass gewesen war. sobald wir auf den wegen mitten im nichts waren, habe ich mein heißgeliebtes 3/4-vollblut laufen lassen, was die hufe hergeben. ich hatte sie damals schon ein jahr lang auf vielseitigkeitsprüfungen vorbereitet und sie war in bombenkondition. wir sind eine halbe ewigkeit durch den eiskalten, trüb-dämmerigen tag geflogen und ich habe ununterbrochen geschrieen (vielleicht auch nur innerlich, wenn ich sehr erschreckt oder sehr traurig oder beides zusammen bin, habe ich zwar das gefühl, laut zu schreien, kriege aber in wirklichkeit keinen ton raus - ich kann mich einfach nicht erinnern, ob ich geschrieen habe oder nicht) und geheult. nach dem ausritt war ich total ausgepowert (wer mal eine halbe stunde einen schnellen galopp am stück geritten ist, weiß, wovon ich rede), habe das pferd versorgt und dabei kam pamina. tapsige 4 monate alt, blaue augen und auf der suche nach einem abenteuer. ich habe sie beiläufig gestreichelt, ihr irgendein spielzeug weggekickt und mich gewundert, wie komisch sich so ein kurzhaariger hund anfühlt. ich habe mich dann nicht weiter um sie gekümmert sondern um das pferd. allerdings ist sie immer hinter mir hergetapst, sehr zum unwillen des besitzers. ich habe nicht mal gefragt, wie sie heißt.
    zuhause habe ich nicht von pamina erzählt, obwohl mein ex ein heißer weimaranerfan war. ich hatte sie einfach wieder verdrängt.

    pamina hat mich von da an immer wieder im stall begleitet, und versucht mich kennen zu lernen. sie hat versucht, sich in mein auto zu mogeln. die besitzer waren am anfang nicht gerade erbaut darüber, zumal pamina keinerlei enge bindung zu ihnen aufbauen wollte.
    eigentlich habe ich mich nicht groß mit dem kleinen weim befasst. sie war ein schatten, und manchmal habe ich ihr einfach erzählt, dass ich nie wieder einen hund haben will. dann habe ich mich ertappt, wie ich diesem seltsamen schatten von konnys tod erzählt habe. dann auch mehr aus konnys leben - auf einmal kamen die erinnerungen wieder.
    ich hätte wohl besser mit einem menschen darüber reden sollen, aber irgendwie konnte ich das nicht. heute denke ich, dass ich mit menschen nicht drüber reden konnte, weil ich mir selbst die schuld für konnys tod gegeben habe, teilweise sogar, weil ich ihren tod irgendwie als strafe empfunden habe. vielleicht hatte ich angst, dass jemand anderes mir auch die schuld gibt. vielleicht wollte ich auch nicht hören, dass ich nicht schuld bin. ich weiß es nicht...
    es blieb immer nur das gefühl: ich habe nicht gut genug auf meinen schatz aufgepasst und nun ist er unwiderbringlich verloren.

    geena hat das toll ausgedrückt! es ist ein trauma. und man muss lernen, sich selbst das zu verzeihen - ob es nun ein fehler war, was man gemacht hat, oder nicht,. erst dann kann man wirklich loslassen.
    heute weine ich nicht mehr um konny, schon lange nicht mehr - aber es war ein sehr schmerzhafter prozess für mich, an den punkt zu kommen. als ich jetzt diesen text geschrieben habe, habe ich allerdings etwas von der kälte damals ganz deutlich wieder gespürt, nicht nur wegen konny, sondern auch wegen des pferdes, das im frühsommer (während ich im urlaub war und gegen jede absprache) von seinen besitzern verkauft worden ist, und das ich nie wieder gesehen habe. ich musste erst mal ganz doll pamina bekuscheln gerade.

    britta, vielleicht hilft es dir ja, dir zu verzeihen, wenn du hier über dieses traurige erlebnis schreiben kannst.

    liebe grüße cjal, die hofft, dass es ok ist, hier so eine lange geschichte dazu zu schreiben

  • Zitat

    liebe grüße cjal, die hofft, dass es ok ist, hier so eine lange geschichte dazu zu schreiben


    Total lieb von dir, ehrlich :ops:

    Auch den anderen sei Dank.

    Es ist nicht so, dass ich meinen Tag nicht mehr geregelt bekomme,

    aber manchmal überkommt es einen wie die Flut.

    Na ja, und lieber hier, als irgendwo gegen Betonwände sprechen.

    Diesbezüglich bekäme ich ausserhalb des Forums nur so etwas zu hören:

    " Ach komm' Britta...Dino ist schon so lange tot, was soll das jetzt noch? Alles Leben hat irgendwann ein Ende"

    Absolut korrekt, aber nicht das, was mir hilft.

    Vielen, vielen dank an alle von Euch. :bussi:

    Das wollte ich hören, weil das habe ich gebraucht.

  • Bei mir ist es nun 10 Monate her, dass ich meine Bonni gehn lassen musste. Zuletzt Überweisung in eine andere Praxis, dort OP und Entscheidung sie zu erlösen. Zuletzt hab ich sie auf dem OP-Tisch gesehn, weil der Doc mir unbedingt die vielen Krebsgeschwüre zeigen wollte!!! Das Bild krieg ich nie aus dem Kopf. Danach hab ich sie, keine Ahnung wie, noch ca 20 km nach hause gefahren, selber, meine Kleene auf der Rückbank. Ihre Decke hat sie mitbekommen in ihr Grab im Garten.
    Von einem Bekannten dann der Satz: na, war ja gottseidank kein Rassehund, da war er ja nicht so teuer... :schockiert: Und das noch an dem selben Tag...

    Heute hab ich nur ein Bild über Rocky`s Körbchen, hier in meinem Zimmer hängen, mehr würd ich nicht ertragen. Und nur, wenn ich mal einen gemütsmäßig guten Tag hab, kann ich mir die anderen ansehn.
    Vor ca. 2 Wochen, ich war mit dem Auto unterwegs, da gab es einen wunderschönen, ganz kräftigen und klaren Regenbogen. Ich musste anhalten, weil ich nix mehr sah.

  • Hallo Beate,

    Zitat

    na, war ja gottseidank kein Rassehund, da war er ja nicht so teuer...


    auf so etwas einfach pfeifen...das ist so widerwärtig... :kotz:

    Solche Menschen sind für mich gestorben zu Lebzeiten.

    Wie kann man nur so gefühllos sein? :???:

    Ich hoffe, dass du es auch so siehst :streichel:

    Ich werde bei dem nächsten Regenbogen auch innehalten =) ,

    das habe ich noch nie gemacht....danke für deinen Hinweis.

    Oft habe ich ihn schon gesehen.

    Ganz oft im Sommer, wenn ich abends mit Bonny Fahrrad fuhr.

    Ich werde in Zukunft ganz sicher anhalten. :/

  • Dieser Mensch war/ist der beste Kumpel meines Mannes. Und NUR als solchen akzeptier ich ihn, schon immer. Wenn er kommt, versuch ich zu verschwinden, oft ist es ja nicht. Hab ihn nie gemocht. Mein Mann meint, der wusste wohl nix besseres zu sagen/hilfloser Mann... Meiner Meinung nach hätt er besser gar nix gesagt.

    Ja, mit dem Regenbogen, da muss ich dann immer so sehr an sie denken, dass ich blind bin vor Tränen. Aber manches Mal tut es einfach nur gut, ganz tief drin. Versuch es mal.

  • Britta kannst Du nicht mit deinem Mann über Dino reden? So wie "weißt du noch als er hier ankam?" etc.? Das macht mein Familie heute noch bei besagter Hündin. Und so fallen einem viel mehr Augenblicke ein. Andere Augenblicke, als die letzten.

    Mein letztes Bild unserer Hündin, ist ein toter Hund in einem Müllsack :sad2: Ich weiß noch das ich Mittwochs heimkam und mein Bruder TV geschaut hat (trotz Fernsehverbot :ops: ). Und dann wurde mir gesagt, das unsere Hündin tot sei. Mein Vater meinte es sei eine gute Idee sich noch zu verabschieden und hat uns gezwungen, den Hund nochmal anzuschauen.... Dieses Bild werde ich nie vergessen.
    Ich hab auch noch Sachen von ihr. Ihr altes Kettenhalsband und die alte/letzte Steuermarke. Die sind aber im Keller und das finde ich gut so.. (ich muß mal meine Mama fragen, wie alt ich damals war, ich glaube es ist länger als 13 jahre her)


  • :-(

    Ach Britta, das wusste ich ja gar nicht...
    Kein Wunder, dass Du es nicht verarbeiten kannst!

    Diese blöden Kliniken..
    Ich habe mir auch verbieten lassen, meine Roxy zu besuchen.
    Das würde ich mir heute nicht mehr sagen lassen!

    Ich hatte aber das grosse Glück, dass sie lebend die Klinik verlassen konnte.

    Britta, mach Dir keine Vorwürfe!
    Man ist ja fast wie gelähmt
    in einer solchen Situation und kann sich nicht so durchsetzen wie normalerweise.
    Das kenne ich auch!
    Hinterher möchte man so einiges anders machen.

    Dein Dino weiss dass Du ihn geliebt hast und immer noch liebst!

    Und er würde nicht wollen, dass Du Dir solche Vorwürfe machst.
    Er würde bestimmt wollen, dass Du an die schönen Momente denkst die ihr hattet.


    :knuddel:

  • Liebe Britta,

    ich kann sehr gut verstehen was in Dir vorgeht und kann Dir sagen, es ist völlig in Ordnung! Wer will sich anmaßen jemandem vorzuschreiben, wie lange getrauert wird? Wie sehr man an dem Tier hing, daß von einem ging? Mein über alles geliebter 8-jähriger, kerngesunder Mischlingsrüde starb ganz plötzlich vor 1 1/2 Jahren! Es vergeht bis heute kein Tag an dem ich nicht an ihn denke und ich kann bis heute noch keine Bilder von ihm ansehen! Unsere Bindung war einfach zu stark! Wir haben auch wieder einen anderen Hund, wobei ich sagen muß, es war einerseits wichtig, andererseits auch sehr schwierig! Unsere Beziehung zueinander ist kontinuierlich fester geworden und ich liebe ihn sehr! Trotzdem fehlt mir der andere noch immer und manches mal (wie im Moment) ist die Traurigkeit einfach übermächtig!
    Wenn man sein ganzes Leben mit Hunden zusammen war, dann ist die Bindung einfach intensiv! Vor 2 Tagen haben ich von meinem Hund Cäsar geträumt! Er ist mittlerweile seit 30 Jahren tot!
    Pflastere sämtliche Wände mit Bildern von Deinem Hund, er war es wohl wert und Dir ist es ja wichtig!

    Ich wünsche Dir das allerbeste

    qualtinger

  • Liebe Britta,

    ich denke das es den meisten so wie dir geht. Ich habe nach Barrys Tod -unser damaliger Familienhund- alles von ihm weggeräumt, Bilder einfach alles. Nach 1 Jahr konnte ich dann wieder Fotos aufstellen, auch sein Lieblingsball liegt auf meiner Fensterbank. Allerdings werde ich immer stinksauer, wenn ihn jemand unwissentlich nimmt u. damit spielt. Ich hätte jeden sonst wohin wünschen können, wenn er mit mir drüber reden wollte, ich wollte damals einfach nichts mehr über ihn hören. Auch waren alle Erinnerungen weg, ich konnte mich nur daran erinnern, wie ich ihn zum ersten Mal an der Leine hatte. Es dürfte jetzt schon mehr wie 2 Jahre her sein, ich weiß es nicht mal mehr, weil ich es verdrängt habe.
    Auch er hat wie deiner einen traurigen Tod in einer Tierklinik, so hätte es nicht enden dürfen u. ich glaube genau das macht die Sache noch schwerer. Die andere Tragödie war, dass er seit langem nicht mehr gespielt hatte u. ich einen Tag vor seinem Tod mit ihm im Garten noch gespielt habe, ein letztes Mal hat er wohl seine ganze Kraft zusammengenommen um mit mir nochmal im Garten rumzutoben u. das war höchstwahrscheinlich der Grund für seinen Zusammenbruch. Er ist nur 10 Jahre alt geworden u. beinahe wäre er schon mit 8 Jahren wegen einem Tumor eingeschläfert worden.
    Mit ihm ist ein Teil meines Herzens gestorben u. es tat so unendlich weh.
    Innerlich konnte ich dann irgendwann von ihm Abschied nehmen u. seitdem habe ich alle Erinnerungen wieder.
    Du musst vor allem aufhören, dir Vorwürfe zu machen, da du überhaupt nichts dafür konntest.
    Fühl dich mal ganz doll von mir gedrückt u. du wirst sehen, irgendwann kommen auch bei dir alle Erinnerungen wieder.

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