Jagdproblem: Wie wurde es früher gelöst?

  • ein Hund ist kein Dampfdruckkochtopf, in dem die Triebe prodeln und zischen und bei dem irgendwann der Deckel abfliegt, wenn man den Druck nicht ablässt.
    Die Natur war clever genug, die Triebe so flexibel zu gestalten, dass sie sich bei Bedarf verstärken und bei fehlendem Bedarf abschwächen. Der Trieb ist keine Konstante.
    Warum sonst kann ich einen Hund im Trieb so hoch jagen, dass ich ihn nur mit Brachialgewalt wieder in den Griff kriege?

    Mein Hund soll keinem Wild nach. Punkt. Also ist alles, was mit Wild zusammenhängt, jede Fährte, jede Spur, jedes Nachlaufen eines Vogels oder einer Maus Pfui und sei es noch so harmlos und süß bei einem Welpen. Von Anfang an und ausnahmslos.
    Dann habe ich Ruhe.

    Der Hund kann kontrolliert mit mir spielen und toben. Aber Wild und das Suchen desselben ist Pfui. Ein Hund vermag das wunderbar zu trennen.
    Mit allem anderen rufe ich mir womöglich Geister, die mich ein Hundeleben lang verfolgen. Ein zu großer Preis für ein zweifelhaftes Vergnügen.

  • @ LaGuapa:
    Ist jetzt wirklich nicht böse gemeint, aber bei deinem letzten Posting drängt sich mir irgendwie das Bild eines ziemlicfh bemitleidenswerten Hundes auf.
    Wahrscheinlich wirst du jetzt lachen und das vollkommen abstreiten, aber was bleibt von einem Hund, einem Raubtier noch, wenn jeglicher Jagdtrieb unterbunden wird?
    Ist es nicht das, was unsere Hunde ausmacht?
    Wenn ich mir so überlege, warum Hunde so versessen darauf sind, mit uns spazieren zu gehen...das machen sie doch nicht, weil sie sich ein bisschen die Beine vertreten wollen und um frische Luft zu schnappen - sondern um zu Jagen...sei es den vierbeinigen Kumpel über die Felder, dem Dummy hinterher oder einer echten Beute!
    Warum ist es noch niemandem gelungen eine Hunderasse komplett ohne Jagdtrieb zu züchten?
    Evtl. deshalb weil es ohne diesen Trieb Wölfe und damit unweigerlich auch unsere Haushunde gar nicht gäbe?
    Ich hab hier ein extrem jagdtmotiviertes Exemplar zuhause und es hat mich viel, viel Schweiß und Energie gekostet seinen Jagdtrieb zumindest einigermaßen in erträgliche Bahnen zu lenken und zu kontrollieren...einfacher hätte ich es mit Sicherheit wenn er weniger davon hätte, bzw. ich noch intensiver gegenarbeiten würde, aber was würd von ihm dann noch übrig bleiben...wohl nur noch ein Schatten seiner Selbst!
    Also tut mir leid, aber einen Hund daran zu hindern irgendein jagdmotiviertes Verhalten auszuleben, und sei es nur das Buddeln nach Mäusen liegt für mich jenseits jeder Vorstellungskraft...das ist ja ungefähr so, als würde ich einer Kuh das Grasen verbieten!

  • ich habe mich beim Lesen von LaGuapas Beitrag auch gefragt, was dann mit Hunden ist, die zB. eine Fährtenausbildung machen, die Dummy-Training machen, die wirklich jagdlich geführt werden oder es einfach nur lieben, ihrem Bällchen nach zujagen (ich habe hier so ein Exemplar, das Herrchens RC-Cars bei weitem jedem Hasen vorzieht :kopfwand: )

    Das würde ja dann bedeuten, daß diese Hunde, über kurz oder lang unkontrollierbar würden. Das kann ich echt nicht glauben, denn ich denke mir ein unterdrückter Trieb ist so was wie ein Vulkan vor dem Ausbruch, ein in andere Bahnen gelenkter und so kontrolliert ausgelebter Trieb, verhindert, daß der Hund irgendwann mal einfach regelrecht platzt und seinem Trieb hemmungslos nachgibt.

  • Mich würden die Folgen einer absoluten Jagdtriebunterdrückung auch brennend "interessieren"

    Normalerweise ist es ja so, dass sich jedes Lebewesen in so einem Fall, nicht nur ein Ablassventil verschafft,

    sondern auch einen Ersatz dafür...das unterliegt dem Naturgesetz.

    Der "Ersatz" muss nicht unbedingt besser sein als das, was ich versucht habe zu unterbinden.


    Mehr als neugierige Grüsse

  • Björn, genau so meinte ich das auch. :gut:

    Wie kann ich einem Tier, das von Natur aus Jäger ist, jegliches Jagdverhalten verbieten?


    Selbstverständlich sind wir alle bemüht, unsere Hunde nicht unkontrolliert jagen zu lassen. Aber jeglichen Ansatz (und wo fängt man da an? Beim Hetzen, beim Fixieren, schon beim Schnüffeln?) zu unterbinden, das halte ich bei einem Hund für kaum möglich. Bzw nicht ohne eine drastische Beschneidung des hündischen Verhaltens.

    Mag sein, dass ich da auch ein wenig geprägt bin, da mein Hund wirklich ein Vollblutjäger ist, und so sehr ich mir manchmal wünsche, auch mal unkonzentriert Gassi zu gehen (Gruß an Britta ;D), so würde ich mit dem Unterdrücken des Jagdinstinkts doch einen elementaren Wesenszug meines Hundes auslöschen.


    Und gerade Jagdhunde wurden genau für diesen Zweck gezüchtet, wie soll man diesen Trieb, auf den diese Rassen Jahrhunderte lang hin selektiert wurden, einfach unterdrücken? Ohne Folgen?

    Ich halte eine Ersatzbeschäftigung bei solchen Spezialisten, und auch bei anderen Hunden (die ja allesamt Jäger sind) für unabdingbar. Wieso sollte sich der Trieb dadurch noch steigern? Hier kann der Hund sich doch "auslassen", das tun, wofür er von der Natur vorgesehen ist (wenn auch in abgewandelter Form ;)). Meiner Meinung nach dient eine gut ausgeführte Ersatzbeschäftigung eher der Auslastung, und dazu, dem Hund seine Triebe zu befriedigen, nicht um ihn hochzupushen.


    LG, Caro

  • Hier liegt meines Erachtens nach wieder, wie schon auf einer der vorigen Seiten bemerkt, ein Problem in der Definition. Wenn ich als Jagdverhalten nur das Verhalten des Stöberns auf Fährten, hinterherrennen von (Wild)Tieren, usw. bezeichne, dann unterschlage ich einen ganz Teil des Verhaltens. Denn mal ganz ehrlich, jedes Balljagen, Stöckchenaportieren, sogar Schafe hüten ist eigendlich Jagdverhalten. Halt kurzum alles, was für den Hund im weitesten Sinne mit Beute machen zusammenhängt (zB der Ball als Beute oder das Zusammentreiben der Schafe als einkreisen der Beute). Es ist halt nur etwas umgelenkt, wenn es dabei halt nicht um Tiere, sondern um Dinge dreht. Aber die Hauptmotivation bleibt die gleiche, der Hund will in beiden Fällen Beute machen.

    Wenn ich also sage, mein Hund jagt nicht, aber spielt schön Ball mit mir, dann jagd der doch. Wenn der Hundsuchspiele macht, dann jagt er vom Grundprinzip her auch. Aber er tut es im kontrollierten Rahmen und teilweise mit einer Ersatzbefriedigung. Mit Dummyarbeit zB unterdrücke ich es also nicht, sondern schaffe dem Hund Ersatzbefriedigung. wenn einer also alles bei einem ablehnt, was mit Jagd zu tun hat, dann bleiben ihm nur Schutzhundearbeit und Spaziergehen, alles andere hat in meinem Augen mehr oder weniger mit Jagdverhalten zu tun.

    Der Grundbegriff "Jagdverhalten" ist also mehr als schwammig, und fast jeder versteht was anderes darunter. Mäuse fangen bei meinem Hund würde ich zB nicht als jagen bezeichnen, Wildschweine aus Dornenhecken schmeißen und evtl. noch stellen schon. Obwohl es eigendlich dasselbe ist.

    Gruß Christian

  • Auch ich unterstütze die These, dass man jegliches Jagdverhalten verbieten sollte, ganz und gar nicht. Ich halte es so, dass ich meiner Hündin natürlich das intensive Verfolgen von Wildspuren verbiete, sowie auch das "in den Wald rennen", in die Felder rennen und selbstverständlich darf sie von alleine weder Mäuschen ausbuddeln, noch Vögel oder andere Wildtiere jagen. Das wird strikt und konsequent unterbunden.
    Jedoch darf sie mit mir gemeinsam jagen. Mit mir zusammen darf sie auf eine Wiese oder mal auf ein Feld und dort machen wir Dummyarbeit und Verlorensuche von einem sehr kleinen Zielobjekt.
    Sie hat da einen riesigen Spaß dran.
    Als ich sie vor einem Jahr bei mir aufnahm, jagte sie alles. Vögel sowieso, Katzen auch ganz gern, außerdem ging sie kurz in den Wald und nahm eine tolle Spur auf.
    Seit striktem Verbot jeglicher Alleingänge und paralleler Ersatzbeschäftigung und gezieltem Gehorsamstraning in unterschiedlichen Trieblagen hörte sie beispielsweise von ganzn allein auf Vögel zu jagen, sie beachtet sie sogar nicht mehr. Auch an Katzen geht sie anstandslos vorbei. Nur bei flüchtendem Wild ist ein zusätzliches "Nein" nötig.

    Also: Meine Erfahrung zeigt mir, dass man nur unerwünschtes Jagdverhalten unterbinden kann und natürlich auch muss, dies aber noch besser gelingt, wenn parallel eine geeignete Ersatzbeschäftigung stattfindet.

  • Ich finde es hat auch einen weiteren Vorteil, dem Hund zu erlauben seinen Treib auszuleben. Er lernt, das er darf. Aber nur wenn Fraule/Herrle das ok gibt. Natürlich muß ich arg aufmerksam laufen (aber das muß ich ohnehin wegen Lee und anderen Hunden), aber ich muß nicht immer Angst haben, das da jetzt ein Hase o.ä. auftaucht! Peppr ist noch jung, deswegen weiß ich nicht wie sie sich entwickelt. Aber momentan bin ich sehr zufrieden mit ihr und werde deswegen auch weiterhin Dummyarbeit etc. machen.

    Lee hat wengiger Jagdtrieb. Aber auch sie geht einem Hasen hinterher, der 10 cm vor ihrer Nase plötzlich losrennt (und zwar ohne das sie ihn gesucht hat!). Aber sie hat sich bisher immer aus dem hinterher rennen abrufen lassen. Wie soll ich sowas üben, wenn nicht am Dummy o.ä.?

  • jeder Hund würde jagen, wenn man ihn ließe.
    Und ob man dem Hund sein Jagdverhalten komplett aberziehen kann, bezweifle ich. Ich glaub es nicht.

    Meine Hündin darf Grashüpfer jagen. jaja..die armen Grashüpfer. Aber bisher hat sie noch nie einen gefangen. Sie darf auch Mäuselöcher, sofern sie eins findet, ausgraben...ich sah noch nie eine Maus darin. Ich zeige ihr sogar Mäuselöcher und sage:" Ja wo ist die Maus? Wo ist sie?" Und sie gräbt und gräbt und findet nix. Sie ist ein extrem erfolgloser Jäger.

    Was sie nicht darf ist, quer in den Wald zu schießen oder ins Gebüsch. Weil ich wohl spätestens dann die Kontrolle verlieren würde. Und das hab ich mit SL-Training geübt und es hat mich anfangs genervt, und wie, ständig den Hund an der SL aus dem Gebüsch zu holen.
    Aber jetzt weiß sie, sie darf nichts ins Gebüsch und sie darf auf dem Acker nicht querfeldein einem Hasen hinterher.
    Aber ich denke auch, dass ihr Jagdtrieb nicht allzu ausgeprägt ist. Oder ist er nicht so ausgeprägt, weil sie Grashüpfer jagen darf und nach Mäusen buddeln? Ich weiß es nicht.
    Was ich regelmässig mit ihr zu Hause mache ist, ihr Seil zu verstecken. Hinter meinem Rücken und sie muss abwarten. Man sieht es ihr an, wie das Adrenalin steigt. Dann bekommt sie das Seil und sie schüttelt es durch. Seil tot.
    Den Trieb komplett zu unterdrücken -davon halte ich nichts. Ganz ehrlich gesagt, finde ich es auch nicht artgerecht. Ein Hund ist ein Raubtier und er geht auf Jagd indem wir mit ihm Gassi gehen.
    Die Frage ist nur, wie kann ich es so kontrollieren, dass er eben kein Wild reißt. Oder die brütenden Vögel im Frühjahr aufschreckt.
    Wie weit da noch der Grundgehorsam greift, kommt auf die ERziehung und auch auf den Hund an. Mit meiner Hündin hab ich es leicht, weil ihr Jagdtrieb eben nicht allzu stark ist. Sie hat viel zu viel Schiss, dass sie zu weit von mir weg sein könnte. Da bleibt sie lieber da und holt sich ihre Belohnung dafür, dass sie eben da bleibt. Bei anderen Hunden greift die Belohnung da nicht, weil sie ihre Belohnung gerade quer übers Feld hoppeln sehen.
    Hätte ich solch einen Hund, würde ich mich nach Ersatz fürs Jagen umschauen. Trotzdem bleibt er ein Jäger. Er wird seinen Instinkt nie vergessen - er ist ein Hund.

    Ich befürworte das Jagen nicht - aber ich sehe es jetzt auch nicht als absolutes Drama, wenn ein Hund einen Hasen gerissen hat. Auch wenn das hier im Forum als Drama angesehen wird. Das ist für mich das Gleiche, als ob ich dem Hund komplett das Bellen abgewöhnen wollte.
    In Amerika schneiden sie die Stimmbänder durch.
    Ich mache mir auch ehrlich gesagt keine Gedanken darüber, ob, falls meine Hündin mal eine Maus erwischen sollte, ihr Jagdtrieb, sofern vorhanden, völlig durchbricht. Als Halter bin ich grundsätzlich dafür verantwortlich, was mein Hund tut, wenn er von der Leine ist.
    Ob er denn Wild jagt oder Joggern hinterherrennt zeigt, dass er eben ein Hund ist. Und nicht Boomer oder Lassie.
    Ich kann es mit Erziehung oder Ersatzhandlungen ablenken - aber nicht völlig verbieten.
    Meine Hündin ist pausenlos am schnüffeln wenn sie draußen ist. Sind das immer Fährten oder hat sie einen Tick? ich tippe auf Fährten. Fährten von anderen Hunden, Eichhörnchen, Hasen etc...wie sollte ich ihr das abgewöhnen und wäre sie dann immer noch der Hund der sie ist?
    Ich toleriere ihr geschnuppere. Sie ist ein Hund mit einer Nase, die funktioniert. Wenn sie zu weit von mir wegschnuppert, wird sie zurückgerufen. Und sie hört drauf. Was will ich mehr?
    Dann müsste ich ihr auch verbieten nach einer Fliege zu jagen oder mit der Spinne zu spielen die sie in der Wohnung findet. Tu ich aber nicht. Sie darf das.

    lg
    pinga

  • Zitat

    Ich hab hier ein extrem jagdtmotiviertes Exemplar zuhause und es hat mich viel, viel Schweiß und Energie gekostet seinen Jagdtrieb zumindest einigermaßen in erträgliche Bahnen zu lenken und zu kontrollieren...

    und wie hast du das gemacht?

    liebe grüsse, melina

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!