Wie viel / wie wenig Aufmerksamkeit ist für den Hund gut?

  • Hallo


    Heute kam das Thema wo anders auf und ich finde die Meinungen von Anderen um dieses Thema sehr spannend.

    Es ging darum, das man sich selber mal bewusst darauf achten soll, wie oft man seinem Hund jeden Tag Aufmerksamkeit schenkt. Dazu gehört jede Art von kleinster Interaktion die von uns ausgeht: Den Hund (auch "unauffällig") ansehen, ansprechen, streicheln, aufsuchen, Kommandos geben, mit ihm reden, ständig an ihn denken usw.


    Die Aufgabe, sich mal bewusst darauf zu achten, zielt darauf ab das man sich selber so ein bisschen Gedanken darum macht, wie viel sich im Leben eigentlich um den Hund dreht und wie der Hund damit unabsichtlich "belastet" wird, wie man damit seine Erwartungshaltung schürt und Verhaltensprobleme (Pöbeln, Kontrollieren, Abhauen, Jagen) provoziert. Oft bekommen die Hunde ja auch ungewollt Jobs zugeteilt, die sie nicht eigentlich gar nicht wollen (Partner-, Kind-, Freunde-ersatz) und oft haben auch so "einfache" Begleithunde massive Probleme. Was ich damit sagen will: Die krasse Vermenschlichung (also ständig um den Hund hantieren) sorgt dafür, dass auch "einfache" Hunde, Begleithunde, plötzlich Verhaltensprobleme bekommen die man sonst nur von Spezialisten-Rassen kennt. Was denkt ihr?


    Wie ist das bei euch?

    Schafft ihr es, euch genügend von euren Hunden "abzugrenzen" oder würdet ihr sagen, dass ihr eurem Hund täglich eigentlich viel zu viel Aufmerksamkeit gebt und das der Hund auch Aufgaben im Haus hat, die eigentlich nicht seine wären? Hier war es eine Zeit lang z.B eindeutig zu viel Aufmerksamkeit und mein Hund kam damit gar nicht gut klar.


    Wenn ihr euch abgrenzt, wie macht ihr das?

    Bei uns ist beispielsweise ein Babygitter im Schlafzimmer installiert und dort wird der Hund auch oft bewusst hingeschickt. Eine andere Art wie ich mich abgrenze ist, das wenn ich arbeite, "dann arbeite ich."

    Hier vergehen Morgen und Nachmittage, an denen ich den Hund nicht anspreche oder anfasse. Aber er liegt dann halt bei mir in der Nähe. Wenn ich merke, das er mich ansieht und bei kleinster Regung aufspringt, weil er denkt, es geht was ab, dann muss er an seinen Ruheort. Ich weiss dann genau, dass mein Hund nicht "chillt", sondern das er ganz klar mit 200% in einer Erwartungshaltung ist und nicht runterkommen kann. Die dritte Art sind "eigene" Hobbys und Abende / Nachmittage, die mir allein gehören und wo ich was für mich mache. Das fiel mir lange sehr schwer. Heute habe ich kein schlechtes Gewissen mehr, wenn ich Abends nach der Arbeit in mein Training gehe und nach dem Training mit dem Hund halt nur 30 Minuten, statt 90 Minuten laufe.


    Wie viel müsst ihr euch vom Hund abgrenzen?

    Ich muss mich z.B sehr viel von meinem Hund abgrenzen, da er mit zu viel Aufmerksamkeit gar nicht klar kommt. Er leidet darunter. Das wird ihm "zu viel" und er fängt an Jobs zu übernehmen, die er eben nicht möchte oder sollte. Das überträgt sich bei uns auch auf Draussen. Seitdem ich für uns ein gutes Gleichgewicht zwischen Aufmerksamkeit und Abgrenzen gefunden habe, bestehen manche Verhaltensprobleme nicht mehr. Ich tu ihn nicht dauernd ins Schlafzimmer, aber die Interaktion meinerseits ist deutlich reduzierter.


    Das ist für mich - trotz der Erfahrung mit Ares - trotzdem nicht immer ganz einfach. Vor allem, da wir ja auch zusammen viele, kurze Trainingssequenzen machen und ich mich da auch oft frage: Wie viel ist zu viel? Obwohl nach diesen Sequenzen danach absolut tote Hose ist.


    Die Gesellschaft macht es einem halt auch sehr schwer, kein schlechtes Gewissen zu haben wenn man 3x pro Woche ins Gym geht oder Abends nach dem Spaziergang halt statt mit dem Hund chillt, lieber aufs Motorrad geht. Natürlich darf der Hundi nicht zu kurz kommen, also man sollte nicht anfangen ihn komplett zu vernachlässigen und das als "Abgrenzen" zu kaschieren.


    Bin gespannt wie das bei euch so ist.

  • Jette lebt ganz normal in unserer Familie als felliges Familienmitglied und bekommt die Aufmerksamkeit, die sie braucht um sich wohlzufühlen.


    Meine Arbeiten mache ich allein. Jette geht mir dann aus dem Weg und liegt entweder im Korb oder auf dem Bett und pennt. Unbehelligt von mir.


    Momentan liegt sie bspw. schlafend im Korb. Ab und an schau ich verträumt lächelnd mein Mädel an und schreib oder lese dann weiter.


    Kein bewusstes Abgrenzen. einfach nur schnöder Alltag mit viel Routinen und Ritualen.

  • Also, ich bin ja relativ viel mit meinem Hund zusammen, da HO. Mein Rüde ist auch sehr anhänglich, das ist für mich in Ordnung, solange er keinen Stress damit hat ohne mich zu sein. Es reicht ihm (und mir) aber, dass wir zusammen sind. Hier gibt es kein ständiges Streicheln oder gar Ansprache. Wenn ich arbeite, darf er mit im Raum sein, da pennt er halt. Er liegt gern Kontakt, aber nicht ständig.

    Bewusst abgrenzen mache ich nicht, dafür ist er zu wenig aufdringlich. Ich mag die vollkommen unnervige Art dieser Anhänglichkeit. Mein erster Rüde war ein Kontrolletti, von dem hätte ich mich viel mehr abgrenzen müssen, weiß ich aber erst jetzt.

    Was ich sagen will, bei uns ist es gut so wie es ist, weil ich eben auch einfach mein Ding machen muss. Er kennt das und lässt mich in Ruhe, ist aber trotzdem immer gern da wo ich bin. Das geht aber eben auch nur, weil er vom Charakter so gechillt, ausgeglichen und in sich ruhend ist. Also sehr individuell.

  • Ich kann mit dem Thema ziemlich entspannt umgehen: Ich habe eine Rasse, die für engen Kontakt mit dem Menschen gezüchtet ist. Das war mit ein Grund dafür, dass diese Rasse bei mir eingezogen ist.


    Bei mir gibt es kein künstliches Abgrenzen. Meine Mädels begleiten mich fast überall hin, liegen im Büro neben mir und auf Sofa/im Bett haben wir fast immer Körperkontakt. Wenn die Mädels mal während der Arbeit Aufmerksamkeit möchten, bekommen sie diese auch kurz, wenn es nicht geht, dann gibt's halt nur einen kurzen Streichler und ich schick sie wieder in ihre Box. Nur bei der Hausarbeit lass ich mich von den Hunden eher nicht stören und schick sie ggf. auch mal vehement weg.


    Da meine Mädels sowohl im Büro als auch auf Sofa/Bett tief und fest schlafen können, geh ich nicht davon aus, dass dieses enge Zusammenleben bei uns zu Problemen führt (wenn man von gelegentlich eingeschlafenen Gliedmaßen meinerseits, weil ein Whippet drüber liegt, absieht).

  • Also, ich bin ja relativ viel mit meinem Hund zusammen, da HO.

    Ich auch, durch 100% Homeoffice bin ich quasi "Daueranwesend".

    Ich erinnere mich das ich einmal irgendwo gefragt habe warum mein Welpe meinen Mann spannender findet als mich und eine Antwort war, das ich halt immer da bin und mein Mann eben nicht. Er konnte sich besser abgrenzen.

    Er kennt das und lässt mich in Ruhe, ist aber trotzdem immer gern da wo ich bin.

    Meiner ist auch gerne dabei und immer in der Nähe.

    Egal wo, hauptsache dabei. Ich tendiere auch manchmal dazu, ihn überall mitzunehmen. Er hatte Phasen wo er quasi aktiv war, obwohl er mit geschlossenen Augen neben mir lag. Da reichte es nur wenn ich mich kurz anders auf dem Stuhl hinsetzen wollte und es verjagte ihn.


    Andererseits ist es halt so, das man ja für "irgendwas" den Hund doch hat und dann halt auch gerne zwischendurch hingeht, knuddelt, ihn anspricht usw.

  • Interessante Frage. Das hängt sicherlich auch viel vom Hundetyp ab. Mein Hund beantwortet mir die Frage zu großen Teilen selbst, da er (mittlerweile) wirklich sehr gut darin ist, sich selbst zurückzuziehen und abzugrenzen, wenn er es braucht. So kommt es, dass er trotz Homeoffice meinerseits (oder vielleicht gerade deswegen) oft in einem ganz anderen Raum liegt, um tief zu schlafen. Er ist auch kein exzessiver Kuschler – was natürlich von uns Menschen berücksichtigt wird – und grenzt sich also auch auf diese Weise ab.


    Er ist allerdings auch mein erster Hund und so habe ich wenig Vergleich. Sind wir z.B. im Urlaub auf engerem Raum und mit mehr Aufmerksamkeit aufeinander unterwegs, scheint ihn das auch nicht sonderlich zu stören, so mein Gefühl. Ich konnte jedenfalls noch keine Verhaltensänderung feststellen beim Wechsel von Urlaub zu Arbeitszeiten oder von Phasen mit mehr Aufmerksamkeit zu Phasen mit weniger Aufmerksamkeit (z.B. auch, wenn schlicht viele andere Termine anstehen und er kürzer tritt).


    Was ich allerdings schon sehr merke: er ist sehr sensibel für meine Stimmungen. Bin ich körperlich krank, weicht er mir nicht von der Seite und das schlaucht ihn nach ein paar Tagen, weil er weniger schläft. Deswegen ist es für mich sehr wichtig auch für ihn auf meine innere Ruhe und Ausgeglichenheit zu achten. Ich glaube ihn könnte man schnell in eine ungute Abhängigkeit bringen, wenn man ihm aufbürdet Seelentröster zu sein.


    Vielleicht ist dieses Bewusstwerden der eigenen inneren Ausgeglichenheit meinerseits ja dann doch eine Form von "Aufmerksamkeitsdosierung", die von mir ausgeht und ausgehen muss, um ihm diesen benötigten Rückzug und damit die eigene Ruhe erst zu ermöglichen.

  • Dein letzter Satz 👍❤️ alsatian_00


    Ich sage halt, es kommt immer auf den Hund an.

    Meiner dreht halt auch wirklich nicht schnell hoch, ist eben tiefenentspannt. Und obwohl ich immer zu Hause bin, findet er mich spannender als meinen Mann. Ich witzele ja immer, dass es daran liegt, dass ich koche 😅

    Aber klar, da fällt mal was ab, wird mal kurz geknuddelt, aber sonst halt nichts.

    Meine, ersten Rüden (andere Rasse) hätte mehr Abgrenzung aber definitiv gut getan. Eros nimmt das hin wie es kommt :smiling_face_with_hearts:

  • dass er trotz Homeoffice meinerseits (oder vielleicht gerade deswegen) oft in einem ganz anderen Raum liegt, um tief zu schlafen. Er ist auch kein exzessiver Kuschler – was natürlich von uns Menschen berücksichtigt wird – und grenzt sich also auch auf diese Weise ab.

    Das käme hier im Homeoffice zum Beispiel gar nie in Frage, das er irgendwo anders freiwillig liegen würde, als bei mir. Das geht auch für die ersten paar Stunden gut, bis er dann langsam gestresst wird und dann Rückzug erzwungen werden muss. Früher war es mit Aufspringen sobald ich nur meine Sitzposition geändert habe oder nach meiner Tasse gegriffen habe.


    Für mich ist das dann auch immer ein abwiegen, es ist halt ein Schäferhund und der möchte bei seinem Menschen sein, überall mit dabei sein - andererseits muss ich auch erkennen wann es ins Kontrollverhalten kippt und wir das dann nicht mit nach draussen nehmen. Find das total erstaunlich, wie unterschiedlich die Hunde da sind.

  • Er hatte Phasen wo er quasi aktiv war, obwohl er mit geschlossenen Augen neben mir lag. Da reichte es nur wenn ich mich kurz anders auf dem Stuhl hinsetzen wollte und es verjagte ihn.

    ah, sowas kenn ich von Jin auch. Aber eigentlich nur, wenn sie weiß, dass "gleich" was spannendes ansteht (also z.B. wenn wir zum Gassi verabredet sind und ich daher auch nicht so 100% entspannt rumsitze) - und tritt v.a. dann auf, wenn sie eher wenig Auslastung bekommt (weil's mich halt gesundheitlich zammgesäckelt hat).

  • Aber eigentlich nur, wenn sie weiß, dass "gleich" was spannendes ansteht (also z.B. wenn wir zum Gassi verabredet sind und ich daher auch nicht so 100% entspannt rumsitze)

    Das tritt hier immer noch auf, genau so. Wenn er weiss, das gleich was spannendes ansteht, dann jagt es ihn hoch.


    Aber wenn es passiert sobald ich nur meine Tasse für einen Schluck nehmen will oder mir Kaffee machen möchte (der Esstisch, also "mein Arbeitsplatz" ist genau neben der Küche), weiss ich das er wohl wieder ein paar Hirnzellen er-schlafen sollte. :lol:

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