Haben wir ein systemisches Problem mit dem Tierschutz v.a. was "gefährliche" Hunde betrifft?

  • Danke für deine Antwort aber ich teile deine Meinung überhaupt nicht.

    Nur kurz du treibst nicht die Anzahl an Hunden in die Höhe sondern einzelner Rassen/Mixe/Tierschutz. Es gibt zeitgleich einen Überschuss und einen Mangel. Preise und lange Wartelisten machen das erlebbar.

    Kein einziger Langzeitinsasse eines TH wird ein Zuhause finde nur weil Züchter X einen Wurf Havaneser aussetzt. Das hat einfach nichts mit einander zu tun.

    Jemandem der einen Welpen einer bestimmten Rasse haben möchte ins Tierheim schicken ist albern.

    Helfen würde vermutlich: Rücknahmegarantie und Kapazitäten von Tierschutzvereinen, Eignungsprüfung zukünftiger Halter und streng regulierte Zucht.

  • Das vorrangige „Problem“ aus Tierschutzsicht bei privat erzeugten Mischlinge und Rassehunden (ohne Verbandsangehörigkeit) sehe ich darin, dass sie einen Markt bedienen, in dem sich auch tierschutzwidrig handelnde Hundemassenproduzenten aus dem In- und Ausland bewegen. Gäbe es die Akzeptanz für diesen Markt nicht, dann hätten Hundehändler ein deutlich schwereres Spiel.

    Wie könnte man dem entgegenwirken? Mehr Aufklärung der Welpenkäufer (Funktioniert aufgrund der Mitleidskäufe wahrscheinlich nicht)? Eine Registrierungspflicht von Würfen beim Vet-Amt?

    Ich muss nochmal im Referentenentwurf fürs neue TSchG nachlesen, ich meine, da gibts was zur Registrierungspflicht. Und unters Qualzuchtverbot werden danach alle Würfe in Deutschland fallen.

    Aber so lange sich kein kompletter Paradigmenwechsel im Umgang mit Lebewesen vollzieht, sehe ich die Grundlage fürs „Gegenwirken“ nicht. Tiere sind in unserer Gesellschaft eine Ware, es ist nur folgerichtig, dass auch bei ihrer Produktion „Marktmechanismen“ greifen. Hunde kommen dabei noch gut weg.

  • Ein Pudel-Colli-Mix Welpe ist mit Sicherheit bis zur 8ten Woche vergeben. Die nehmen keinem Tierheimhund den Platz weg.

    Ich sage nicht, dass diese Würfe das Hauptproblem sind. Aber sie tragen eben auch ihren Teil bei, denn leider landen gerade diese Mixwelpen häufiger bei Menschen, die sich weniger Gedanken bzgl. ihrer Hundeanschaffung gemacht haben (einfach weil sie halt häufig schneller, einfacher und günstiger zu haben sind) und andersherum, wie viele dieser "Züchter" sind tatsächlich bereit, ihre gezogenen Hunde bei Problemen zurückzunehmen, sie neu zu vermitteln oder haben einfach die Kompetenz ihre Welpen nicht nur gut zu sozialisieren, sondern auch nach dem Auszug ihre Familien weiter zu betreuen? Wie gesagt, es geht hier nicht um den Einzelfall, sondern den Durchschnitt. Natürlich landen eigentlich nie die Welpen im Tierheim, sondern erst der heranreifende oder erwachsene Hund. Je kleiner und süßer oder besonderer der Hund, desto später, sowas lässt sich nämlich dann doch noch ganz gut bei ebay ein paar Mal weitervermitteln.

    Und nun habe ich noch gar nicht über die Würfe gesprochen, wo die Auswahl der Elterntiere einfach unpassend war. Sei es aus gesundheitlichen Gründen oder weil die Ausgangsrassen einfach gar nicht zusammenpassen.

    Wie gesagt, mMn wären diese Würfe nicht das Problem, wären sie halt das einzige, was der Tierschutz in Deutschland bewältigen muss.

    Zum einen das. Zum anderen ist: "Solche Würfe machen das Kraut nicht fett." zu vereinfacht betrachtet.

    Die "problemlosen" Welpen sind so wunderbar einfach zu haben. Manchmal recht günstig. Viele schauen nicht so genau hin, wo die niedlichen Welpen landen. Also billiger als Züchter, keine Warteliste, keine Kontrolle. Ich kann mir jetzt in den Kopf setzen, einen Hund anzuschaffen und den heute Abend abholen. Das ist doch topp.

    Was da für Rassen drin stecken - ja, mei. Nebensache. Niedlicher Welpe. Dem erzieh ich das an, was ich will und das ab, was ich nicht will, und schon ist alles super. Ich will mir meinen Hund selbst versauen und das kann ich direkt von Anfang an.

    Und dann kommt das böse Erwachen, wenn der Hund tatsächlich sowas wie Anlagen mitbringt. Wenn der kein puscheliges Stück Lehm ist, dass ich mir gestalte, wie ich will. Wenn er mit dem Erwachsenwerden nicht mehr mit jedem klarkommt. Wenn der Hütehund tatsächlich hütet. Wenn Katzen in die Kategorie Beute fallen. Wenn er Kinder unnötig findet. Usw.

    Und an der Stelle hat man dann die Hunde, die zumindest hier im TH sind. Weil eben nicht Everybody's Darling. Weil kann nicht alleine bleiben. Weil große Individualdistanz. Weil: eigentlich keine riesige Baustelle, aber die Welpen erscheinen erstmal als die deutlich einfachere Wahl, mit denen sowas definitiv nicht passiert. Bis es dann eben passiert. Und wenn das passiert? Ja, dann war der eben defekt. Weg damit und der nächste ran. Denn neu ist immer besser und einfacher als sich um das verkorkste Exemplar zu kümmern, das schon da ist.

    Gäbe es die Option seltener, gäbe es vielleicht auch ein Umdenken - sowohl bei der An- als auch bei der Abschaffung.

  • Viele THs scheinen aber auch vergessen zu haben, dass sie Hunde weitervermitteln sollen. Interessenten werden aus komplett überzogenen Gründen abgelehnt.

    Behaupten die abgelehnten Interessenten....

  • Und dann kommt das böse Erwachen, wenn der Hund tatsächlich sowas wie Anlagen mitbringt. Wenn der kein puscheliges Stück Lehm ist, dass ich mir gestalte, wie ich will. Wenn er mit dem Erwachsenwerden nicht mehr mit jedem klarkommt. Wenn der Hütehund tatsächlich hütet. Wenn Katzen in die Kategorie Beute fallen. Wenn er Kinder unnötig findet. Usw.

    Und an der Stelle hat man dann die Hunde, die zumindest hier im TH sind. Weil eben nicht Everybody's Darling.

    Und wenn sie Pech haben, dann sitzen sie dort direkt mit Einstufung und Auflagen, weil der Ex-Besitzer es zudem noch unterließ den Hund zu sichern oder nach einem Vorfall die entsprechenden Nachweise zu erbringen. Warum auch, der nächste Welpe ist ja leicht zu haben und bringt bestimmt weniger Probleme.

    Und der alte hockt dann eben im Tierheim und wer will den jetzt? Der bringt nicht nur sein Päckchen mit, sondern direkt behördliche Auflagen (auch Kosten) und eine erhöhte Steuer? Ganz toll.

    Und nein, das betrifft nicht nur Kampfhunde, Herdenschützer und Gebrauchshunde, sondern immer häufiger den kleinen süßen Mischling von nebenan.

    Trotzdem werden weniger Welpen nicht wirklich dabei helfen, dass diese Hunde vermittelt werden. Wenige inländische Welpen führen zu mehr Auslandsimporten und hier sind die Kontrollmöglichkeiten von Behörden und Welpenkäufern nur noch eingeschränkter. Auch bin ich der Meinung, dass sich Tierschutzprobleme im Ausland auch nur im Ausland nachhaltig lösen lassen und Hunde häufig viel zu wahllos nach Deutschland "gerettet" werden. Dazu dann die Welpenmafia, die sich auch unter diesem Deckmantel schon tarnt.

  • Ach ja? Ich war 3 Jahre lang ehrenamtlich hier im TH tätig. Ich hab diese Azsreden hautnah mitbekommen. Als ich den Mund aufgemacht hab wurde ich rausgeworfen mit dem Satz: von uns bekommst DU nie einen Hund.

    Guter Freund bekam keinen weil der Hund 2 Tage die Woche für 3 Stunden alleine wäre.

    Nachbarn bekamen keinen weil sie mit 57 Jahren zu alt wären.

    Kollegin meines Mannes bekam keinen weil sie als Lehrerin ja halbtags nicht zu Hause ist.

    Mein Bruder bekam keinen weil er auf einem alten Bauernhof lebt (Landwirtschaft existiert seit Jahren nicht mehr) und der Hund dann vom Bulldog überfahren wird.

    Die Liste kann ich gefühlt bis in die Unendlichkeit fortsetzen. Und das alles bei Leuten die ich kenne!

    Sorry mein Mitgefühl für die überfüllten Tierheime hält sich ziemlich in Grenzen!

  • Die Liste kann ich gefühlt bis in die Unendlichkeit fortsetzen. Und das alles bei Leuten die ich kenne!

    Sorry mein Mitgefühl für die überfüllten Tierheime hält sich ziemlich in Grenzen!

    Ich würde von einem TH, das übertriebene Vermittlungskriterien hat, nicht auf alle schließen.

    In der Regel arbeiten im TH Menschen, denen das Wohl ihrer Tiere wirklich wichtig ist und die jedem einzelnen ihrer Schützlinge ein tolles neues Zuhause wünschen. Weil wenn man den Job nicht aus Tierliebe macht, dann macht man ihn nicht lange.

    Aber es ist natürlich ein Unterschied, für was für einen Hund ich mich interessiere. Wenn ich einen netten, kleinen Begleithund will, hab ich mit z.B. 5 Stunden täglich außer Haus eher schlechte Karten, weil es unter den vielen Bewerbern sicher einen gibt, der (noch) bessere Voraussetzungen bietet. Interessiere ich mich aber für einen Langzeitinsassen mit diversen Beißvorfällen, habe die entsprechende Erfahrung und ein passendes Lebensumfeld für so einen Hund, dann wird es demselben TH wohl eher schnurzpiepegal sein, dass der Hund täglich 5 Stunden allein sein muss - weil sie froh sind, dass überhaupt jemand Kompetentes bereit ist, sich diesem Hund anzunehmen.

  • Auch bin ich der Meinung, dass sich Tierschutzprobleme im Ausland auch nur im Ausland nachhaltig lösen lassen

    Wie denn?

    Ich kann dir sagen, wie es in meinem Verein gemacht wird: durch Kastrationsprojekte und Aufklärung mit den Menschen vor Ort. Aber woher kommt das Geld und die Aufmerksamkeit (ohne die gibt es keine Spenden)? Durch Importe!

    Uli40

    Sind alles nicht die Erfahrungen, die ich gemacht habe. Warum sollte ein TH seine Hunde nicht vermitteln wollen? Was sie definitiv nicht wollen, sind schlecht vermittelte Hunde.

    Was ich in der Vermittlung mitbekomme: Menschen bewerben sich für völlig unpassende Hunde und sind beleidigt, wenn man ihnen keinen Hund gibt. Wenn das dann im Bekanntenkreis erzählt wird, dann liegt es natürlich nie an der eigenen Inkompetenz oder am völlig respektlosen Auftreten, sondern am fehlenden Garten (der für bestimmte Hunde tatsächlich total wichtig sein kann, aber nicht für alle) oder am Alter oder...

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