Haben wir ein systemisches Problem mit dem Tierschutz v.a. was "gefährliche" Hunde betrifft?

  • Das TH lässt die Verantwortung da, wo sie auch hingehört: bei den Haltern der Hunde. Für die Tiere ist das natürlich Mist, die können dann die Gedankenlosigkeit ihrer Besitzer ausbaden.

    Ich bin vielleicht etwas bescheidener im Einschätzen meiner Fähigkeiten als Hundehalterin. Kann ich trotz sorgfältiger Überlegung beim Wählen meiner Hunde ausschließen, dass ich jemals einen Problemfall hier sitzen habe, der mir über den Kopf wächst? Ganz sicher nicht. Natürlich muss ich das dann "ausbaden". Das Ausbaden würde ich allerdings viel lieber unterstützt von bereits vorhandenen Strukturen wie Tierheimen samt erfahrenen Mitarbeitenden machen.

    Bei sehr vielen Vereinen war es bei Gründung der Gedanke, Tierschutz regional zu unterstützen, so sind vermutlich die meisten regional angesiedelten Tierschutzvereine entstanden.

    Nur haben sich Zeiten und Strukturen in Deutschland seitdem sehr geändert. Die Probleme, die seinerzeit hauptsächlich zur Gründung der regionalen Vereine geführt haben, gibt es (tierartabhängig) deutlich reduziert. Um beim Hund zu bleiben (Katzen und Kleintiere sind nochmal ein anderes Thema, wobei sich auch da viel geändert hat. Und von „Nutztieren“ fange ich lieber gar nicht erst an):

    Unerwünschten Nachwuchs oder alte, kranke oder verhaltensauffällige Tiere selbst zu „entsorgen“ ist kein Normalfall mehr. Ja, gibt es noch, aber das sind Ausnahmen. Streuner sind selten geworden, es wird auch nicht mehr so oft ausgesetzt. Tierquälerei wird nicht mehr als Privatangelegenheit betrachtet und ist leichter verfolgbar. Das massive offensichtliche Leid von Hunden, das früher Menschen zum ehrenamtlichen Hilfeleisten motiviert hat, ist in Deutschland mittlerweile - dankenswerterweise - seltener geworden (leider gekoppelt mit einer Zunahme an zwar geliebten und umsorgten, aber dysfunktional gezogenen Kreaturen. Aber da kann ein regional tätiger Verein leider nicht viel machen).

    Fundtiere und beschlagnahmte Tiere werden kommunal finanziert und meistens (aber nicht immer) in Kooperation mit einem Tierschutzverein untergebracht. Wenn der Staat ein Tier erbt, ist er auch für dessen Unterhalt verantwortlich und bringt es üblicherweise analog unter. Die Finanzierung ist eher dürftig und leider oft auch zeitlich begrenzt.

    Es gibt je nach Region mehr oder weniger großzügige Zuschüsse für gemeinnützig tätige Vereine. Den Rest der Kosten tragen Verein, Sponsoren und Spender. Auch die Kosten, die für alle Tiere anfallen, die nicht in die Rubrik Fundtier oder Beschlagnahmung fallen.

    Und die Standards für die Unterbringung eines Hunds im Tierschutzverein haben deftig angezogen. Zwingergröße, innen- und Außenzwinger, Wärme- bzw. Kälteschutz, ärztliche Versorgung und Prophylaxe, adäquate Ernährung, Pflege und Beschäftigung im Rahmen der Möglichkeiten, ein Mindestbetreuungssvhlüssel, das sind heute die Erwartungen, die die Vereine zu erfüllen haben.

    Die Erwartungen an Standards und Verantwortlichkeiten haben sich geändert - nicht nur an den Tierschutz, sondern auch an die Tierhalter. Auch dort wird heute (ideologisch zumindest) ein hoher Grad an Verantwortlichkeit erwartet.

    Entsprechend ist die Sicht auf eine regionale Privatabgabe heute üblicherweise die, dass man einem Menschen hilft, der sich der Verantwortung für einen Hund entledigen möchte, die er (üblicherweise) freiwillig auf sich genommen bzw. mit geerbt hat. Den er ggf. auch noch „versaut“ hat. Ohne für alle künftigen Kosten einzustehen, die der Hund verursacht.

    Das ist nun nicht deckungsgleich mit dem Gedanken, der viele Ehrenamtliche bewegt, Tierschutz zu unterstützen :smile: Ich kann es keinem Verein verübeln, der sagt, dass er das nicht tragen möchte bzw. seinen Fokus nicht in diese Richtung verändern möchte (hier im Forum - bei ausgesprochenen Hundefreunden - wird diese Auffassung ja auch recht oft vertreten).

    Im Gegensatz zu vielen Vorurteilen erlebe ich Tierschützer in der Mehrheit durchaus als Menschen, denen bewusst und wichtig ist, auch eine Dienstleistung am Menschen zu erbringen. Regionaler Tierschutz ist noch sehr aktiv und vertreten. Aber selbstverständlich ist das halt nicht. Und wenn wie jetzt hohe Ansprüche auf wirtschaftlich unsichere Zeiten mit steigenden Kosten und sinkender Spendenbereitschaft treffen, dann wirds aber auch bei den Vereinen mit viel Herz für die regionale Arbeit und die Unterstützung der Menschen auch bei „selbstverschuldeten“ Notlagen eng.

  • Wenn der Staat ein Tier erbt, ist er auch für dessen Unterhalt verantwortlich

    Wann erbt der Staat ein Tier? Besitzer verstorben und keine Verwandten auffindbar?

    Tiere gehören ganz regulär zur Erbmasse. Also entweder gibt es keinen (auffindbaren) gesetzlichen Erben und keine Erbregelung, oder alle in Frage kommenden Erben haben die Erbschaft ausgeschlagen oder sind erbunwürdig. In diesen Fällen erbt der Staat das Tier mit.


  • Also haben sie den zweiten Hund decken lassen, um davon einen Welpen zu behalten. Am WE sind jetzt 7 Vermehrer-Mixe geschlüpft:

    Mutter Collie-Pudel-Aussie, Vater Pudel.


    Die Tierheime sind voller als voll, es werden Hunde aufgrund fehlender Kapazitäten eingeschläfert, so viele Hunde von privat suchen ein neues Zuhause - aber nein, man muss unbedingt selbst Welpen machen :wallbash:

    Die Schlussfolgerung, es würde aufgrund solcher Würfe Hunde im TH eingeschläfert, ergibt für mich keinen Sinn, wenn doch die Kapazitäten für: "Jung, nett, gesund" und vermittelbar offensichtlich da sind, man solche Hunde sogar importiert und das eben NICHT dazu führt, dass TH Insassen eingeschläfert werden.

    Das ist keine Schlussfolgerung, lies nochmal.

    Eine Beschreibung der aktuellen Lage, anbetracht derer ich besagte HH nicht gut finde, die bewusst und trotzdem einen Wurf produzieren.


  • Die Schlussfolgerung, es würde aufgrund solcher Würfe Hunde im TH eingeschläfert, ergibt für mich keinen Sinn, wenn doch die Kapazitäten für: "Jung, nett, gesund" und vermittelbar offensichtlich da sind, man solche Hunde sogar importiert und das eben NICHT dazu führt, dass TH Insassen eingeschläfert werden.

    Das ist keine Schlussfolgerung, lies nochmal.

    Eine Beschreibung der aktuellen Lage, anbetracht derer ich besagte HH nicht gut finde, die bewusst und trotzdem einen Wurf produzieren.

    Was ist das sonst?

    Jeder zukünftige Hundehalter hat ja seine eigenen Wünsche, Vorstellungen und Bedürfnisse. Wenn man was kleines, lockiges und einfaches sucht geht man ja nicht ins Tierheim und holt sich bissige 60 kg Kangal. 😅

    Ich würde behaupten das für klassische Tierheiminsasse der Tierschutz aus Osteuropa ein riesiges Problem ist und die Vermehrer von Kampfhunden und Gebrauchshunden. Weil du hast eine begrenzte Gruppe potentieller Interessenten.

    Ein Pudel-Colli-Mix Welpe ist mit Sicherheit bis zur 8ten Woche vergeben. Die nehmen keinem Tierheimhund den Platz weg.

  • Ein Pudel-Colli-Mix Welpe ist mit Sicherheit bis zur 8ten Woche vergeben. Die nehmen keinem Tierheimhund den Platz weg.

    Ich sage nicht, dass diese Würfe das Hauptproblem sind. Aber sie tragen eben auch ihren Teil bei, denn leider landen gerade diese Mixwelpen häufiger bei Menschen, die sich weniger Gedanken bzgl. ihrer Hundeanschaffung gemacht haben (einfach weil sie halt häufig schneller, einfacher und günstiger zu haben sind) und andersherum, wie viele dieser "Züchter" sind tatsächlich bereit, ihre gezogenen Hunde bei Problemen zurückzunehmen, sie neu zu vermitteln oder haben einfach die Kompetenz ihre Welpen nicht nur gut zu sozialisieren, sondern auch nach dem Auszug ihre Familien weiter zu betreuen? Wie gesagt, es geht hier nicht um den Einzelfall, sondern den Durchschnitt. Natürlich landen eigentlich nie die Welpen im Tierheim, sondern erst der heranreifende oder erwachsene Hund. Je kleiner und süßer oder besonderer der Hund, desto später, sowas lässt sich nämlich dann doch noch ganz gut bei ebay ein paar Mal weitervermitteln.

    Und nun habe ich noch gar nicht über die Würfe gesprochen, wo die Auswahl der Elterntiere einfach unpassend war. Sei es aus gesundheitlichen Gründen oder weil die Ausgangsrassen einfach gar nicht zusammenpassen.

    Wie gesagt, mMn wären diese Würfe nicht das Problem, wären sie halt das einzige, was der Tierschutz in Deutschland bewältigen muss.

  • Das ist keine Schlussfolgerung, lies nochmal.

    Eine Beschreibung der aktuellen Lage, anbetracht derer ich besagte HH nicht gut finde, die bewusst und trotzdem einen Wurf produzieren.

    Was ist das sonst?

    Ich weiß nicht, wie oft ich das noch schreiben soll:

    Ist die Lage so angespannt, sollte Mensch sich bei einem Wunsch eines netten Hundes bei bereits bestehenden* Tieren umschauen und nicht noch selbst produzieren**.

    * Möglichkeiten:

    A) Auch im TH gibt es nette Hunde

    B) Ups-Wurf

    C) Nur-einmal-Welpen-Vermehrer

    D) Seriöse Zucht

    ** Natürlich sind diese Hunde schnell vermittelt und landen nicht im TH. Aber das ist eben dieser ewige Kreislauf den ich und andere User hier versuchen zu erklären: Umgekehrt denken.

    Stattdessen könnte ein bereits existierender Welpe egal woher genommen werden, statt die Anzahl der Hunde noch höher zu treiben und das bei nicht nur einem Welpen, sondern eher 5-10 Welpen plus es ist nicht nur ein "nur dieser eine Wurf weil ich Welpen will", sondern viele viele dieser Würfe.


    Bereits jetzt gibt es je nach Region und Hund schon Schwierigkeiten, diesen trotz nur kleiner Baustellen, Krankheiten oder gar ohne alles zu vermitteln bzw. es dauert länger als sonst.

    Ja, nette kleine gesunde junge Hunde gehen immer noch weg wie warme Semmeln, aber nicht immer und überall.

    Produziert/importiert/züchtet mensch dann immer mehr und mehr Hunde, ist irgendwann der Überschuss da, den niemand haben will.

    Schon jetzt bleiben und blieben Züchtende auf ihren Welpen sitzen.

    Jeder zukünftige Hundehalter hat ja seine eigenen Wünsche, Vorstellungen und Bedürfnisse. Wenn man was kleines, lockiges und einfaches sucht geht man ja nicht ins Tierheim und holt sich bissige 60 kg Kangal. 😅

    :doh: Das ist doch klar und behauptet auch niemand!

    Ich weiß nicht, wieso solche Plattitüden wie "aber da sind nur HSH/Kampfhunde!", "im TH gibts keine Welpen", "Welpen sind im TH zu schnell weg!", "Es gibt doch keine Alternativen" immer noch runtergebetet werden.

    Siehe oben: Es gibt TH mit netten Hunden und wenn nicht, gibt es noch den "Nur-einmal-Welpen-Wurf" von Liese Otto 2 Dörfer weiter oder den Züchter, der noch einen Sitzenbleiber-Pudel aus bester Aufzucht.

    Und doch, es gibt Alternativen: TH. Wartet und sucht man eben, wie beim Züchter auch :ka:

    Vielleicht sind die Tierheime in deiner Region in der glücklichen Lage dass sie unterschiedliche Rassen und Mixe anbieten können.

    In meiner Region gibt es Kampfhunde, Schäferhunde und Herdenschutzhunde. Da hat man maximal die Wahl zwischen mit oder ohne Beißvorfall. 😅

    Abwarten und Tee trinken, wie beim Zuchtwelpe auch. Oder den Radius erweitern.

    Der Bestand ist durchaus variabel, aber irgendwo (nicht bei Vermehrer-Mafia) findet sich doch immer ein netter Hund.

    Natürlich gibt es Menschen, die Hunde "konsumieren" und dann "entsorgen" wenn sie in den Urlaub fliegen - aber hinter vielen Abgaben steht ja Überforderung. Eine Überforderung der mit "ich gebe mir ein bisschen Mühe" nicht ohne Weiteres beizukommen ist.

    Wer im TS involviert ist, bekommt leider die Abgründe der Menschheit mit und da sind Abgaben wegen echter unerwarteter Überforderung eher die Ausnahme.

    Viele der typischen "Überforderungsfälle" sind absehbar, aber die Menschen informieren sich nicht, hören nicht zu, denken nicht nach, machen sich keine Mühe oder was auch immer. Beispiele:

    • Oh, ein Welpe schläft nicht durch, pinkelt in die Bude und braucht 24/7 Aufmerksamkeit.
    • Ein süßer kleiner Welpe bleibt nicht immer süß und klein, denn ein Pubertier kann anstrengend sein.
    • Ein Hund, egal wie nett-klein-lieb macht immer Arbeit und braucht Zeit sowie Geld.
    • Der Hund jagt!
    • Verdammt, so eine Qualzucht ist echt teuer.

    Und gerne werden die Hunde erst durch falsches Handling auffällig, klassisch ist der abschnappende Hund, wenn die Kinder mit dem Hund machen dürfen was sie wollen.

    Schon hier im DF kommen doch regelmäßig verzweifelte Erst-HH mit stinknormalen Hundedingen an und denken, sie hätten einen Killerhund oder so.

    Oder Leute werden en detail über alle Eigenschaften des Hundes aufgeklärt und später wird der Hund genau deshalb zurückgebracht. Beispiel:

    DJT wird zurückgebracht, weil er jagt und durch das offene Tor des extra für 4k gebauten Zaunes ab.

    DAS sind die Geschichten, die TS-Personal am Menschenverstand zweifeln lässt, die Ansprüche hoch schrauben lässt, Abgaben kritisch sehen lässt usw. und nicht eine wirklich überforderte Erst-HH Familie, die sich mit Trainer und allem Mühe gegeben hat.

  • Das vorrangige „Problem“ aus Tierschutzsicht bei privat erzeugten Mischlinge und Rassehunden (ohne Verbandsangehörigkeit) sehe ich darin, dass sie einen Markt bedienen, in dem sich auch tierschutzwidrig handelnde Hundemassenproduzenten aus dem In- und Ausland bewegen. Gäbe es die Akzeptanz für diesen Markt nicht, dann hätten Hundehändler ein deutlich schwereres Spiel.

  • Das vorrangige „Problem“ aus Tierschutzsicht bei privat erzeugten Mischlinge und Rassehunden (ohne Verbandsangehörigkeit) sehe ich darin, dass sie einen Markt bedienen, in dem sich auch tierschutzwidrig handelnde Hundemassenproduzenten aus dem In- und Ausland bewegen. Gäbe es die Akzeptanz für diesen Markt nicht, dann hätten Hundehändler ein deutlich schwereres Spiel.

    Wie könnte man dem entgegenwirken? Mehr Aufklärung der Welpenkäufer (Funktioniert aufgrund der Mitleidskäufe wahrscheinlich nicht)? Eine Registrierungspflicht von Würfen beim Vet-Amt?

  • Lies mal eine Woche in den entsprechenden Gruppen bei Facebook.

    "Schweren Herzens muss ich meinen geliebten Hund abgeben."

    Bei den Gründen kannst du Bingo spielen:

    -keine Zeit mehr, bzw. Wird dann nett mit "ich werde ihm nicht mehr gerecht" umschrieben

    -klappt nicht mit dem Kind

    -Umzug

    Ich kann jedem nur empfehlen, ehrenamtlich in einem TH zu helfen oder einer TS Orga. Für die ganz Mutigen: ein Besuch in einem Kill Shelter im Ausland. Das ändert den Blick auf viele Dinge nachhaltig

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