Der Titel mag etwas seltsam klingen, aber ich versuchs zu erklären und generell kurz zu halten.
In meinem anderen Thema habe ich schon sehr ausführlich beschrieben, an welchem Punkt Acqua und ich/wir stehen. (Ganz kurze Zusammenfassung: Anfang Mai haben wir unseren ca. 1-jg Mischling (Typ Dogo Sardo in kleiner Version, ca 20kg) in Sardinien direkt vom Waldwanderparkplatz (ausgesetzt / verwildert) gefunden und mitgenommen. Wir leben im Van mit ihm und haben nach einer anfänglichen sehr freien Phase nun extrem mit seinem super super ausgebildeten Jagdinstinkt zu arbeiten. Seit ca. 1 Monat nur mit Schleppleine unterwegs. Ich damit auch noch viel am Lernen, wird aber Stück für Stück besser.
Jetzt mein aktuelles großes Problem: viele haben mich schon im anderen Thema "vorgewarnt", dass Hunde mit leicht bulligem Aussehen wie er, ziemlich sicher auch nen Schutz- / Wachtrieb haben. Dieser ist jetzt so ziemlich aus dem Nichts explodiert und ich bin gerade sehr überfordert. Habe mich darauf noch gar nicht vorbereitet, weil so sehr auf die Arbeit an der Jagdbaustelle beschäftigt... nun bin ich gerade allein mit ihm mit dem Auto auf Mallorca wegen Papierkrams etc und habe plötzlich extrem mit einem überaus agressiven Verhalten seiner Seite aus ggü. anderen Hunden (vor allem das!), aber auch vermehrt anderen Menschen zu tun.
Es sind vieeele kleine Momente, die sich verändert haben. Wo er vorher entspannt den Kopf gehoben hätte und nun total vehement gegen diesen Eindringling vorgeht. Natürlich wird er älter, aber ich hatte nicht mit so einem radikalen Wechsel gerechnet, kann das aber sein? Ich war vorher auch schonmal allein 2 Wochen mit ihm unterwegs, deswegen denke ich auch nicht, dass es nur daran liegt, dass mein Partner nicht mitreist. Meiner Meinung nach liegt es an der Unausgeglichenheit, die das nicht jagen gehen können bei ihm bewirkt, eine Frustration, vor allem, wenn er andere freilaufende Hunde trifft (was ich klar, jetzt in der Schleppleinentrainingszeit vermeide, aber sich nicht immer vermeiden lässt!)... und seine Unfähigkeit, mit dieser Unsicherheit umzugehen. Aggression als Verteidigung und Plan B eben. Mir ist auch klar, dass er mich noch nicht als Vertrauensperson sehen kann, aber konkret welche Haltung hilft diesem Prozess? Viel Gehorsamkeitsübung? Oder eher positiv und lieb unterstützen?
Leider hatte ich das große Pech, dass mir das ganze sogar direkt eine Anzeige eingebracht hat, was mich immer noch im Schock hält. Ich hatte ihn nachts neben meinem Auto an einer Leine (das haben wir uns so angewöhnt zu machen, nur bei ruhigen Plätzen natürlich) und morgens kam eine Frau mit zwei unangeleinten Hunden vorbei. Ich bin durch das Gebell wachgeworden und habe die drei Hunde sehr sehr nah (aber nicht verbissen) und aggressiv bellend beinander gesehen. Ich sofort raus, Acqua an der Leine zu mir gezogen, aber die Frau ist sehr sehr sehr wütend gewesen und ließ auch gar nicht mit sich reden (ihr zufolge ist Acqua wie eine Bestie sofort auf ihre Hunde los). Leider war das auch nur ein semi-offizieller Stellplatz und ich glaube, es war ein Mix aus verschiedenen Sachen, weswegen sie direkt die Polizei angerufen hat. Die Hunde hatten sich ja nicht verbissen und Acqua hat sie auch nicht gebissen. Laut ihr hätte er sie aber auch fast gebissen als sie dazwischengegriffen hat, um sie zu trennen und hat gesagt, dass ich diese Bestie ja wohl nicht ohne Maulkorb rumlaufen lassen dürfte. Diese ganze Situation war natürlich ein Schock.
Ich bin mir sicher, dass Acqua nicht per se ein aggressiver Hund ggü anderen Artgenossen und schon gar nicht ggü Menschen ist. Ich habe ihn schon so oft im Freilauf mit anderen Hunden und Menschen beobachtet (am vorherigen Tag war ich noch in einem eingezäunten Gebiet, wo er mit allen anderen ggü. ein super friedliches Verhalten gezeigt hat) und er hat nie Aggression gezeigt, sondern war eher derjenige, hinter dem alle anderen her waren oder eingebunden in Spielen zu dritt, ist aber auch hier relativ schnell raus, weil er wieder jagen geht und Fährten selbst auf einem einfachen Sandplatz sucht und in die Luft schnuppert etc....
Es wird wieder so lang. Ich bin einfach verzweifelt im Moment grad. Ich muss noch 10 Tage hier bleiben und erst danach (wenn ich in Italien dann bin) kann ich mit einem Hundetrainer langfristig arbeiten. Hier vor Ort werde ich so schnell nix finden und natürlich will ich das dann auch längerfristig angehen.
Daher die konkrete Frage an euch: wie verhalte ich mich in solchen Momenten richtig? Beim Führen an der Leine versuche ich schon Abstand einzubauen, mit Keksen seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken, bevor es zur Explosion kommt. Oft reicht der Platz aber nicht (bei den schmalen Bürgersteigen) oder überraschenden Begegnungen hinter Ecken. Sollte ich trotz meiner eigenen Befürchtung, dass es gleich wieder knallt, die Leine locker lassen? Wenn ich merke, dass sich jemand mir nähert und Acqua sich schon anspannt, wie kann ich dann am besten vermeiden, dass er anfängt zu bellen und den Platz zu schützen und in diesen krassen "Bellrausch" zu kommen? Weggehen? Bleiben und ablenken? Streicheln (oder stütze ich damit seine Motivation uns verteidigen zu müssen), ein harsches Unterbinden bereits vorher? Manchmal sind es auch andere Hunde, die ihn zuerst anmachen, aber rasch aufhören... nur wenn er einmal drin ist beim Bellen, kriege ich ihn da echt kaum mehr raus. Was hilft, wenn er schon drin ist? Bisher ist er echt erst nach einem großen Radau meinerseits dann wieder runtergekommen.
Ich weiß, dass ihr mir von weiter weg eh nicht so viel helfen könnt, ich habe einfach Angst, dass ich in dieser Zeit hier nun Verhalten manifestiere, die ich überhaupt nicht wünsche, aber durch mein Fehlverhalten ihm gegenüber begünstigt werden! Klar ärgert es mich und ich weiß, dass es kontraproduktiv ist, wenn ich nervös werde, sobald ich einen anderen Hund sehe oder sich jemand mir oder dem Auto nähert... (übrigens muss er nun trotz Hitze im Auto schlafen, klar...)... aber nun habe ich dieses Bild und werde es gerade nicht los.