Miserable Ratgeber für Ersthundehalter

  • Als ich damals in meiner letzten Arbeitsstelle angefangen hab vor 10 Jahren (eine öffentliche Bibliothek) und glücklicherweise mit dem Bestandsmanagement für den Bereich Landwirtschaft und Hobby (also auch Hunde) betraut war, fiel mir in einem Hundebuch von 1990 folgender Rat ins Auge:


    Wenn Ihr Hund zu viel Schnüffelt, dann sprühen Sie ihm einfach viel Parfum auf die Nase und das umliegende Fell, dann riecht er außer dem Parfum nichts mehr und wird aufhören exzessiv zu schnüffeln.


    Wtf echt. Das Buch landete umgehend im Altpapier und nicht wie sonst üblich auf dem Medienflohmarkt. Meine Vorgängerin hat halt gerne Kochbücher gekauft und der Hundebücherbestand war ihr egal, dementsprechend veraltet.

  • So denk ich eben auch , danke ich war gestern echt viel zu Platt um das auf den Punkt zu bringen 😂 aber ja sehe ich das auch

  • I‘m so sorry 😂 aber wusste nicht, ob das so geht hier einfach über „schlechte“Ratgeber/ Autoren so öffentlich herzuziehen, deswegen alles eher oberflächlich gehalten

    Tut mir trotzdem echt leid dich zu enttäuschen ,haha


    ——-


    Noch kurz zu den Buch, es hat mich tatsächlich echt am meisten gestört, dass es eben so festgefahren war - so und nicht anders! Alles andere wirkt sich total schei*** aus

    (Nicht in diesem Wortlaut natürlich) aber eben auch ohne jegliche Begründungen.


    Zb steht da: du musst immer zuerst durch jede Tür/ Engstelle etc. gehen - sonst bist du nicht der Boss !

    Kann man so stehen lassen, muss man aber nicht, aber „sonst bist du nicht der Boss“ ist für mich lächerlich und keine Erklärung/Begründung.

    Es ist natürlich keineswegs schlecht, wenn der Hund in diesen Situationen hinter einem läuft, aber diese Begründungen sind eben das was mich so nervt.


    Tatsächlich haben wir das auch so ne Weile gehandhabt, bis ich ein Mal nicht aufgepasst habe. Ich habe eine Tür geöffnet (schwere Brandschutztür) bin vorgelaufen und der Hund hinter mir. Der Herr Hund ist stehengeblieben, um kurz zu schnüffeln (muss wohl gut gerochen haben) und die Tür ist ihm hinten raufgeklatscht, er hat aufgeschrien und sich erschrocken. Der Schreck war schnell weg und alles halb so wild.

    Seitdem öffne ich die Türen schau kurz ob dahinter irgendwelche Gefahren lauern, der Hund sitzt/steht neben mir fragt kurz mit einem Blick zu mir ab , ich nicke und Hund geht vor.

    Kleine Änderung funktioniert für uns super, den Hund kann keine Tür mehr wehtun.

  • Ihr Lieben, ich danke für eure Meinungen und euren Senf! Ist ne schöne Diskussion geworden.


    Tatsächlich steht dieses sei souverän und authentisch- ohne Kontext da - also nicht an einem Beispiel erklärt und ohne weitere Erläuterungen.

    Es steht gefühlt willkürlich im kompletten Buch verteilt immer mal wieder „sei authentisch“

  • Ja, das mit dem zuerst durch die Tür gehen mach ich bspw auch. Für bestimmte Typen Hund Find ich das echt wichtig und nen guten Ratschlag.

    Auch so Dinge wie bspw der Hund wartet aufs okay bevor er fressen darf.


    Allerdings halt nicht aus dem "Du musst der Boss sein! /Du musst dominanter sein!" Ding.

    Sondern ersteres weil ich einfach wachtriebige Hunde habe, denen ich vermitteln muss dass ich vorher die Lage checke, und das nicht deren Aufgabenbereich ist. Sonst kanns sein dass die vorpreschen und verbellen was da grad im Treppenhaus steht oder abgeht, statt sich zurück zu halten und normal nach draußen zu gehen.

    Fällt unter dem selben Bereich wie an Ecken nicht vor laufen lassen und abgewandt führen. Weil Hund zwischen mir und fremder Person ist für zumindest einen der beiden so = Du sollst die Person im Auge haben ( oder sie fühlt sich da zumindest unwohl weil ich nicht als Puffer dazwischen stehe).


    Und der Punkt mit dem Füttern ist bspw aus dem Grund, damit die gesittet warten und nicht vor Euphorie über "juhuuu es gibt Fressi!" rum springen wie ein Känguru xD

  • So, mal Butter bei die Fische. Jan Fennell fand ich damals ja wahnsinnig faszinierend. Unter anderem, weil sie Dinge wie diese da sagte:

    "As the strongest, healthiest, most intelligent and most experienced

    members of the pack, it is the Alpha pair’s job to ensure its survival. As
    a result, they dominate and dictate everything that the pack does. Their
    status is maintained by consistent displays of authority. Underlining this,
    the Alpha pair are the only members of the pack who breed. As humans
    we have, of course, developed along different, what we would like to
    believe are more democratic, lines. Yet sometimes I wonder whether it is
    we rather than the dogs who took a wrong turn."

    (Jan Fennell, The Dog Listener, s. 47)


    "The first task is to get the dog used to a lead. I personally prefer light
    rope leads. Chains, to me, seem like weapons, and if you bear in mind
    that a dog only pulls on a lead because it believes it must, being leader,
    any form of physical restraint will not change its mind. The dog’s mind
    must be changed as to its role in the pack."


    (Dasselbe interessante Werk, s. 60)


    Bei Hilary Harmar sagte das Buchcover (1986 auf Deutsch erschienen) eigentlich auch schon alles. Eines der bisher brutalsten Werke, das ich in die Finger bekommen habe. Anschaulich sind darin auch die gezeichneten Bilder und die Fotos, auf denen dargestellt wird, wie eine Dame in Schuhen mit Absatz und Rock ihren Hund am Kettenwürger quält erzieht.


  • Faszinierend, aber komplett falsch, da stimmt nicht ein einziger Satz. Selbst daß nur die Eltern sich fortpflanzen nicht. Auch die Nachkommen von familienfremden Vätern oder von Wölfinnen, die sich der Familie angeschlossen haben, werden gemeinsam aufgezogen. Mal davon ab, daß auch die Jungwölfe mal ein Schäferstündchen einlegen. Ergibt ja Sinn, damit frisches Blut reinkommt.

  • Ich bin vor allem fasziniert von dem protofaschistischen Schlusssatz. Holla die Waldfee.

  • Ich verstehe nämlich auch nicht wieso man ein neues Verhalten einüben sollte. Ein Hund wird um die 15 Jahre alt, und bei jemandem mit dem man zusammen wohnt permanent nicht man selbst sein zu dürfen ist permanent anstrengend und langfristig ungesund für die Psyche.

    Es geht doch nicht darum, ein anderer Mensch zu sein und seinem Hund 15 Jahre lang was vorzuspielen, sondern darum, dass man verstehen lernen muss, dass Hunde in gewissen Bereichen anders ticken als Menschen. Wenn man das verstanden hat, muss man sich auch nicht verstellen.
    Natürlich ist es sinnvoll, wenn der Hund wesensmäßig zu einem passt und das nicht oder nur selten notwendig ist.
    Für meine etwas verschüchterte und geräuschempfindliche Pflegehündin war die Interessentin, eine ziemlich temperamentvolle Opernsängerin, nicht die Richtige. Also grundsätzlich sollte es schon passen.
    Aber warum soll man nicht dazulernen und sein Verhalten damit auch ändern?

    Oder mal ein anderes Beispiel: Wir hatten ja immer sehr liebe, unkomplizierte Hunde, mit denen es einfach so gepasst hat. Da konnten wir uns immer so verhalten, wie wir eben sind, und brauchten nie einen Hundetrainer.
    Dann kam Lucumon - und der wollte nach einer Eingewöhnungsphase meinen Freund aus dem Weg räumen. Ok, vielleicht nicht töten xD , aber zumindest in seine Schranken weisen, von deren Existenz Herr Hund überzeugt war.
    Mein Freund sollte sich nicht mehr frei in der Wohnung bewegen, vor allem nicht im Bereich der Küche. Das führte auch zu zwei Bissen, die man mit viel gutem Willen als Zwicken durchgehen lassen könnte - aber es gab Wunden durch die Jeans hindurch. Es gab Situationen, in denen wir nur mit einem Backblech als Beißschutz bewaffnet die Küche verlassen konnten.
    Wir mussten also lernen, dass lieb sein manchmal leider nicht das ist, was es zum friedlichen Zusammenleben braucht. Mein Freund ist sehr lieb - und das hat Lucumon ausgenutzt.
    Wir waren erstmal unendlich deprimiert, weil das, was wir dann sein mussten (nämlich die Chefs) genau das war, was wir nie wollten. Ich weiß noch, wie deprimiert ich war, als ich gelernt habe, dass ich meinem Hund in bestimmten Situationen einen Platz zuweisen muss etc. - ich musste noch nie einen Hund in so einer Weise einschränken.
    Aber es hat gefruchtet, und das Ganze hat sich ziemlich schnell aufgelöst, und nachdem das geklärt war und wir einander besser kennengelernt haben und uns gegenseitig vertrauen, ist alles in Butter.
    Mein Freund kann mit ihm kuscheln und schmusen, Lucumon hört auf ihn, freut sich, wenn er heimkommt etc.
    Kurz: Wir konnten uns, nachdem dieses Problem aufgetreten war, NICHT authentisch verhalten. Aber glücklicherweise (weil Lucumon nämlich ein Superhund mit sehr viel Brav-sein-Potential ist) hat sich alles in Wohlgefallen aufgelöst.

  • Als ich damals in meiner letzten Arbeitsstelle angefangen hab vor 10 Jahren (eine öffentliche Bibliothek) und glücklicherweise mit dem Bestandsmanagement für den Bereich Landwirtschaft und Hobby (also auch Hunde) betraut war, fiel mir in einem Hundebuch von 1990 folgender Rat ins Auge:


    Wenn Ihr Hund zu viel Schnüffelt, dann sprühen Sie ihm einfach viel Parfum auf die Nase und das umliegende Fell, dann riecht er außer dem Parfum nichts mehr und wird aufhören exzessiv zu schnüffeln.

    Dafür vermutlich exzessiv niesen :headbash:


    Ich hab Mal als Kind so eine "Perle" aus der Bibliothek ausgeborgt, da stand drinnen, dass man einen bissigen Hund einfach ganz fest ins Ohr beißen soll, dann wisse der schon, dass man der Chef sei. Ich hab mich damals immer schon gefragt, wie man an das Ohr kommen soll, bevor der Hund einen erwischt hat und hab beschlossen, den Tipp beim bissigen Schäferhund der Tante nicht anzuwenden.


    Für Anfänger besonders schlimm find ich ja diese Listen, was der Welpe wann gesehen/gelernt haben muss, damit man ja nicht die Prägezeit verpasst - Das macht nur unnötig Druck und manche Leute machen dann ja wirklich alles mit dem armen Welpen, weil wenn er mit 10 Wochen noch nie eine Giraffe gesehen hat ist das Leben so und so vorbei.

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