Was ich über Leckerlies beim Pferd gelernt habe: Kauen beruhigt.
Pferde, die wirklich kurz vorm Explodieren stehen, nehmen kein Leckerlie an.
Leckerlie habe ich oft ganz gezielt zum "runterfahren" genutzt, gepaart mit eigener Ruhe und geführter Bewegung des Pferdes hat es immer zum Ziel geführt, dass das Pferd mir gegenüber wieder aufmerksamer wurde und sich - Stück für Stück - wieder mehr von mir führen ließ.
Wir haben bei uns ein Pferd am Stall, den wir nur als "nervöses Hemd" bezeichnen, und einen Traber.
Das "nervöse Hemd" ist für den Weidegang immer so aus der Box geprescht, dass du als Mensch höllisch aufpassen musstest bloß nicht im Weg zu stehen, du wurdest sonst überrannt.
Da ich wegen meines zu dem Zeitpunkt kranken Pferdes mehrere Monate täglich am Stall war und die Pferde raus auf die Weide und auch wieder rein in den Stall gebracht habe, habe ich diesem "nervösen Hemd" ein Ritual beigebracht - er wartet bei geöffneter Box auf meine ausgestreckte Hand, auf der ein Leckerchen für ihn liegt, nimmt es und schreitet dann zügig, aber ruhig aus der Box, die Stallgasse lang, über die Betonplatte vor der Halle, und trabt dann gelassen das Stück zur Wiese rauf.
Das gleiche Spielchen beim Traber - der ist immer über die Betonplatte galoppiert, was seiner Arthrose nicht gut tat.
Bei uns am Hof habe ich den Ruf weg, wie ein Röhrchen Valium auf die Pferde zu wirken ...
Nette Story am Rande:
Mein Max hat bei mir einen Trick gelernt - er gibt mir ein "Küsschen" (er drückt mir seine dicke Nase recht sanft auf die Lippen), und bekommt dafür ein Leckerchen. Das macht er auch auf die verbale Aufforderung "Kuss" - er "küsst" mich aber gerne auch freiwillig, aus eigener Motivation
Der Schmid war da, ich kam etwas später dazu, und mein Schmid meinte:
"Dein Max ist heute durch den Wind, den haben wir nicht von der Wiese gekriegt, die haben wohl heute früh ein neues Stück Wiese bekommen. Musst du mal gucken, ob du den runter bekommst , sonst müssen wir halt gleich alle reinholen."
Ich meinte nur: "Jaja ..." holte mir einen Strick, ein paar Leckerchen, ging zur Wiese ... und stand zwei Minuten später bin meinem Pferd in der Stallgasse...
Schmid: " - wie hast du DAS DENN geschafft????"
Ich: "Keine Ahnung - ich bin auf die Wiese, und wurde von Max - wie von allen meinen Männern - mit einem Küsschen begrüßt, habe dem ein Leckerchen gegeben, Strick dann - und jetzt sind wir hier "
Fressen entspannt und macht glücklich.
Mit einem verbalen Lob gebe ich meinem Pferd ein Feedback, dass es etwas gut gemacht hat - aber eine Belohnung ist das nicht.
Ich denke einfach, wenn Druck-Wegnehmen eine Belohnung sein soll, dann habe ich vorher Druck angewandt.
Was ist das für eine Einstellung, wo Belohnen heißt: Du bekommt keinen Druck mehr?
Pferde sind Bewegungstiere, sie fühlen sich wohl, wenn sie sich bewegen können und dürfen.
Das zu tun, belohnt sie.
Wenn sie dann noch einen Reiter auf dem Rücken haben, der gelernt hat das Pferd möglichst nicht in der Bewegung zu stören, dann sind - immer dem jeweiligen Trainingsstand angebracht! - auch anstrengende Bewegungen zum Wohlgefühl des Pferdes.
Eine Erholungsphase nach einer anstrengenden Passage wird dann vom Pferd auch als Wohlfühlphase wahrgenommen.
Ich weiß noch, dass ich bei einigen Trainern belächelt wurde, weil ich nach anstrengenderen Trainingsphasen immer eine Entspannungsphase = Vorwärts-Abwärts am langen Zügel mit leichter Anlehnung geritten bin.
Mehrfach innerhalb einer Trainingsstunde...
So Kommentare wie: "Der steht noch lange genug in der Box, und kann da entspannen." oder: "Der kann nachher auf der Wiese entspannen, der kann jetzt mal die ganze Stunde durch trainieren!" habe ich oft genug zu hören bekommen.
Und ignoriert.
Mein Pferd sollte spüren, dass ich mit ihm zufrieden bin.
Ich konnte meinerseits spüren, wie sehr er diese Entspannungsphasen genoss - und das hat auch mich zufrieden gemacht.
Aber auch biologisch ist dieses "die Stunde zusammengestellt - also permanent angespannt - durchreiten" Unsinn, weil Muskulatur sich durch Spannung und Entspannung aufbaut.
Einige schrieben hier: "Das Training immer positiv beenden."
Joah ... war ich Spezialist für
Es ist mehr als ein Mal passiert, dass ich eine Reitstunde schon nach 40 Minuten beendet habe, weil ich sagte: "Das war jetzt so top - da kann ich nichts mehr draufsetzen, für uns ist Feierabend!" - sprachs, stieg ab, löste den Sattelgurt, schlug die Bügel über, löste den Nasenriemen, gab Max sein Leckerchen ... und dann wurde er den Rest der Stunde trocken geführt
Ich wurde allgemein von vielen Pferdeleuten als "etwas schrullig" eingeordnet ...
Max wird jetzt 27, und genießt seine Rente, mit ganzjährig täglichem Weidegang.
Wir hatten eine großartige Zeit