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Alles anzeigenWarum Dobermann...
Ich hab die Frage schon öfter gestellt bekommen, wenn es draußen um die Rasseberatung bei der Anschaffung ging und ich so gut wie immer davon abriet, sich einen Dobermann zu holen. Irgendwie passt es immer nicht so recht irgendwo rein, deshalb dachte ich mir, ich pack es mal - zusammen mit ein paar hübschen Bildern - in meinen Pfotothread.
Hier also die Antwort auf die Frage, wieso man sich eigentlich keinen Dobermann holen sollte und wieso ich trotzdem - auch wenn ich zwischendurch gezweifelt habe - immer einen haben werde.
Der Dobermann war einer der ursprünglichsten Gebrauchshunde. Er hatte nie einen Dualpurpose wie zB der DSH, für ihn gab es immer nur eine Aufgabe, den Schutz seines Herrn und dessen Besitzes und da haben wir schon die Ausgangslage für das erste Problem. Egal wie man es dreht und wendet, der Dobermann ist im Grunde seines Wesens bis heute ein Wachhund. Macht vor allem in der Mietwohnung im Wohnblock großen Spaß, einen Hund zu haben, der erstmal prinzipiell bereit ist, beim kleinsten Geräusch die Hölle los brechen zu lassen.
Hinzu kommt, dass der Dobermann durch die Gebrauchshundherkunft wie die meisten dieser Rassen im Grunde seines Herzes ein Vollblutjäger ist. Bewegungsreize, Wildspuren, all das spricht den Dobermann in den Tiefen seines Charakters an und weckt den Beutetrieb. Aufstöbern, Hetzen, packen und meist auch Töten, liegt ihnen nach wie vor im Blut.
Und die moderne Zucht dieser typischen Gebrauchsrasse bringt nur neue Probleme. Denn der Dobermann ist hübsch, schick, elegant und cool. Macht sich gut auf schicken Fotos neben dem polierten Audi und leider haben es sich auch viele Züchter auf die Fahnen geschrieben, dieses Klientel zu bedienen. Der Dobermann als schicker Begleiter, der mehr Accessoir denn Gebrauchshund ist. Schärfe, Härte, Jagdtrieb und Co waren nicht mehr gewollt, statt dessen wollte man Kolosse mit riesigen Schädeln und freundlichem Charakter, die man zwischen dem Schaulaufen auf der Promenade in die Ecke stellen konnte.
Nur leider funktioniert Genetik nicht so, dass man einzelne Merkmale herauspickt, die man noch haben will und die anderen verschwinden. Das Ende vom Lied ist, dass man nicht mehr sagen kann, was am Ende heraus kommen wird. Wird der Hund jagen? Wird er noch schützen? Taugt er noch zur Arbeit? Ist er freundlich genug für die Hundewiese am Rand der Großstadt?
In den Leistungslinien kann man sich noch halbwegs sicher sein, was man bekommt, in den Showlinien kann es richtig interessant werden.
Hinzukommt die Gesundheit.
Mittlerweile dürfte jeder von DCM gehört haben und viele vermutlich auch verstanden haben, dass selbst der beste und seriöseste Züchter nichts dagegen unternehmen kann aktuell. Hinzu kommt eine deutliche Neigung zu Krebserkrankungen und manche Linien bringen auch eine hohe Gefährdung für Magendrehung mit sich.
Überall das hinaus bringt der Dobermann auch noch einen schlechten Ruf mit. Seit er nicht mehr kupiert wird in unseren Breitengraden, ist es etwas besser geworden. Aber in den Köpfen der Leute ist er immer noch der scharfe, bösartige Schrottplatzwächter, den man aus Filmen kennt, der den Zuhälter begleitet, etc. Hinzu kommt auch noch der schöne Aberglaube mit dem zu großen Gehirn im zu kleinen Schädel. Die Geschichte bekommt man als Dobermannhalter mindestens einmal im Leben unter Garantie zu hören.
Was hat der Dobermann aber auf der Haben Seite nach all den negativen Punkten, außer seiner hübschen Optik?
Der Dobermann ist ein wahnsinnig intelligenter Hund. Wobei intelligent nicht mit arbeitswillig oder WTP zu verwechseln ist. Sie lernen schnell, aber eben nicht immer und vor allem nicht nur das, was der Halter gerne hätte. Die Problemlösungsfähigkeit und vorallem die Manipulativität dieser Hunde ist beeindruckend. Die Jungs scheinen schneller zu lernen, was ich von ihnen möchte, aber im Vergleich zu den Dobermännern sind sie einfach nur doof. Dobermann lernt nämlich nicht nur den Lösungsweg, wie ich es gern haben möchte, sondern auch 23 Möglichkeiten, wie sie sich vor der Arbeit drücken und dennoch ihre Belohnung abstauben können.
Ein weiterer Punkt ist die extreme Körperlichkeit dieser Hunde. Ja für mich ist das ein Plus. Denn es beschränkt sich nicht auf Rempeln beim Spielen, sondern auch auf ein enormes Nähebedürfnis zu ihren Menschen. Möglich, dass manch einer das nervig findet, aber es gibt nichts schöneres, als Kuscheleinheiten mit Dobermann und die Blicke, wenn der große gefährliche Dobermann im Wartezimmer am Liebsten auf dem Schoß sitzt, sind einfach unbezahlbar.
Die Arbeit mit dem Dobermann ist anders, manchmal sind auch in manchen Bereichen einfach Grenzen gesetzt, aber sie ist spannend, sie ist eine Herausforderung. Sie lehrt einen, was es wirklich heißt, einen Hund auszubilden. Es ist ein ganz besonderes miteinander. Schema F geht in den seltensten Fällen ins Ziel. Es ist eine ständige Gratwanderung zwischen Erfolg und Demut und die ständige Erinnerung daran, dass man selbst nie auslernt und nur weil etwas gestern noch galt, muss es morgen schon nicht mehr funktionieren.
Der Dobermann ist der persönliche Kobayashi Maru Test für jeden Hundeführer. Es gibt keine Lösung, es gibt nur ein gemeinsam durch und sehen, wie weit man es schafft.
Zusammengefasst:
Wann sollte man sich KEINEN Dobermann holen? Wenn man bestimmte Erwartungen und Anforderungen hat, die erfüllt werden sollen/müssen.
Wann sollte man sich einen Dobermann holen? Wenn man mit allen Eventualitäten des Gebrauchshundcharakters umgehen kann, kein Problem mit seinem Ego bekommt, wenn die Dinge nicht so laufen, wie man es halt gern hätte und weil man Dobermann will.
Ich lass das einfach mal zum Thema "guter Anfängerhund" da.