Darf ich das Ganze bitte mal von der anderen Seite beleuchten.
Seit über 20 Jahren Hunde, derzeit 2 Hunde, 4 Kinder, Hobbysportlerin (UO, RO Beginner und Trailen) und schwer angetan von Gebrauchshunden! Ich finde es absolut faszinierend, wie blitzschnell und kraftvoll sie reagieren, wie hochtriebig sie ihre Arbeit verrichten, wie viel Power und Hartnäckigkeit sie beim Verbellen und Beissen zeigen usw. Alles cool und super und toll.
Warum wir uns trotzdem einen "schnöden" Begleithund geholt haben und das die beste Entscheidung unseres Lebens war?
* Das Leben besteht zu 90 % aus Alltag. Was habe ich vom Überdrüberhund, wenn die Freunde meiner Kinder im eigenen Haus gestellt werden, sobald sie das Kinderzimmer verlassen. Viel schöner ist es doch, wenn das Tierchen inmitten der tobenden Rasselbande gemütlich vor sich hin döst und sich ab und zu ein paar Streicheleinheiten abholt.
* Ich will und brauche einen Hund, der ganz unkompliziert in den Urlaub mit kann, ins Einkaufszentrum oder zur Geburtstagsfeier von Tante Erna in die Pizzeria. Ich brauche einen Hund, der überall willkommen ist, gerne mal ein paar Stunden beim Hundesitter verbringt und diesen schwanzwedelnd begrüßt, wenn er ihn abholt.
* Ich brauche einen Hund, der auch dann ganz gesittet neben mir geht, wenn uns der auf Krawall gebürstete Bello vom Nachbarn auf dem engen Gehsteig entgegenkommt. Und das auch noch, wenn ich nebenbei Einkaufstaschen, Kinderwagen und ein quengelndes Kleinkind mit mir mitschleppe und gar keine Hand und keinen Kopf frei hätte, um einen randalierenden 30kg Hund zu halten.
Das sind nur ein paar Beisiele, die Liste ist beliebig fortzuführen.
Ein kleiner Hund kam für uns nicht in Frage, unsere Eurasierin z.b. hat jetzt 19 kg bei 55 cm Widerristhöhe, ist also für viele beeindruckend genug wie ich finde (falls das ein Argument für einen DSH wäre). Im Erstfall meldet sie (d.h. sie bellt), wenn jemand am Gartentor ist. Ist ausreichend abschreckend für Leute die ich nicht im Haus haben will. Mehr muss und soll und darf sie auch gar nicht machen!
Ich bin jeden Samstag und Sonntag vormittag auf dem Hundeplatz, unter der Woche geh ich oft trailen. Am Abend besuche ich hin und wieder Seminare, manchmal dauern die auch das ganze Wochenende. Mehr Zeit hätte ich beim besten Willen nicht neben der Familie, den Kindern, der Arbeit, dem Haushalt.
Und trotzdem macht es so irre viel Spaß, mit der Kleinen zu arbeiten, kleinschrittig Kommandos aufzubauen (nach der Heuwinkl-Methode übrigens, falls dich das Thema wirklich interessiert, lies dich mal ein). Es ist völlig ausreichend, was wir machen, ich muss nicht zur WM, auch hobbymäßig kann es die totale Erfüllung sein, Hubdedport zu machen. Für Hund und Halter! Und wenn man sich da rein kniet und das ernsthaft betreibt, ist man auch genug beschäftigt und kann tolle Erfolge verbuchen.
Dafür hab ich zuhause einen absolut unkomplizierten, leichtführigen, gemütlichen Hund, der auch mal ein paar Tage einfach nix macht, der frisst und schläft, gechillt seine Runden geht und überall mit kann. DAS hab ich 90%...eben im Alltag.
Überleg mal, was du willst, was du dir vorstellst unter dem Zusammenleben mit Hund. Mit einem Gebrauchshund wirst du so einen Alltag zu 99,9% nicht haben. Eher genau das Gegenteil. Klar schielen ich auch oft zu den Malis und LZ-Schäfis, wenn ich auf dem Platz stehe (ich trainiere in einem SV), aber möchte ich einen dieser Hunde zuhause haben? Bei den Kindern? In den Urlaub mitnehmen? Beim spazieren gehen kontrollieren müssen. Never!