Bernhardiner Welpe zu wild und überdreht. Was machen wir falsch?

  • Lernfenster hin oder her, Leinenführigkeit,würde ich so früh wie möglich trainieren. Solange der Hund noch nicht so viel Kraft hat, ist es halt einfacher.

    Gerade weil dieser Hund sehr groß und schwer wird ist das umso wichtiger

  • Die sozial sensible Phase endet um die 16. Woche. Sprich dein Welpe sollte Erfahrungen in der Kommunikation mit anderen Welpen und ausgewählten Althunden sammeln können, dabei ist die Qualität wichtig, nicht die Menge. Auch an unterschiedliche Arten von Menschen gewöhnen macht Sinn. Ebenso verschiedene Untergründe, Orte, Geräusche... Aber eben alles sehr dosiert, denn "viel hilft viel" gilt hier nicht, ein Welpe braucht auch viel Zeit alles zu verarbeiten. Macht man zu viel, macht man mehr kaputt.


    Lernen findet selbstverständlich lebenslang statt :ka:


    Bei der Leinenführigkeit würde ich lieber nur 3-5min wirklich konzentriert und mit hohem Erfolg (konstant durchhängende Leine) arbeiten, als 10min und der Hund strafft immer wieder die Leine.

  • ich würde es lassen, dass die Kinder in diesem Alter spielerisch mit ihm Kommandos üben. Es bringt nichts wenn der Welpe zig mal am Tag „sitz und platz“ hört, damit macht ihr euch nur die ganzen Kommandos kaputt. Kinder können in diesem Alter keinen Hund erziehen. Den ganzen Nachmittag die Kinder mit dem Welpen spielen lassen, ist natürlich schon sehr aufregend für ihn.

    Ich würde wichtige Dinge wie Fellpflege, Zähne und Ohren kontrollieren, Pfoten anschauen usw. mit ihm üben, wenn er erstmal groß und schwer ist, dann wird das schwierig wenn er das nicht kennt.

    Ansonsten wenn man die vielen Beiträge liest, dann bekommt man schnell den Eindruck, dass der Welpe 24 Stunden pro Tag schlafen sollte, so ist es natürlich nicht. Ein junger Hund spielt natürlich viel, entdeckt seine Umgebung und lernt Alltagsgegenstände und Geräusche kennen. Man sollte nur darauf achten, dass er nicht ständig bespaßt wird und sich alles nur noch um ihn dreht. Zur Not packt man auch mal die Spielsachen weg, damit er sich auch mal entspannt. Beim nach Hause kommen der Kinder wird der Welpe auch nicht überschwänglich begrüßt, das steigert nur seine Erwartungen und er ist vorher schon aufgeregt.

    Ansonsten wird ein Bernhardiner wenn er erwachsen ist, schon sehr ruhig. Wir hatten mal einen in der Hundeschule, der ist während die Hundetrainerin etwas erklärt hatte, immer eingeschlafen.


    LG

    Sabine

  • Ach, ich kann dich an vielen Punkten gut verstehen :smile:

    Man weiß, Hund wird (schnell) sehr groß werden. Also müssen die Basics sitzen, man will keine Zeit verlieren und von Anfang an ordentlich trainieren. Wenn man sich online (und auch in einigen Erziehungsratgebern) informiert, wird dort auch großer Stress gemacht. Der Welpe soll da jede Woche x Kommandos lernen, mit 13 Wochen stubenrein sein, mit 15 Wochen super Alleinebleiben und mit 18 Wochen perfekt an der Leine gehen.


    Jaaa. Die Realität sieht (zum Glück!) anders aus. Bzw. werden so einige Dinge nicht so heiß gegessen, wie sie gekocht werden ;) Zum Thema Kommandos trainieren zum Beispiel: Meine Hündin konnte, bis sie so 8 Monate alt war, eine Handvoll von Kommandos. Sitz, Aus, Nein, den Rückruf. Das war es eigentlich schon. (Wort)Kommandos sind am Ende simpelste Konditionierung. Inzwischen kann sie z.B. auch Platz, das hat sie schneller gelernt, als sie als Welpe Kommandos gelernt hat (weil jetzt mehr Hirnschmalz verfügbar ist). Also gerade mit der Sitz, Platz, Bleib... Geschichte, mach dir bitte keinen Stress. Sowas kann man machen, wenn eh gerade Kapazitäten beim Welpen 'über' sind. Aber brauchen tut man es nicht in dem Alter.


    Leinenführigkeit: Ich kann deinen Gedanken sooo gut verstehen. Mir war die Leinenführigkeit auch von Anfang an sehr (!) wichtig. Ich wusste, Reika wird groß und schwer. Meinen Rüden haben ich übernommen, da zog er wie ein Elch. Ich weiß also, wie nervig fehlende Leinenführigkeit bei 'nur' 35 Kilo sind. Das nochmal hochgerechnet auf noch mehr Kilo... Oh je....

    Doch auch hier gibt es ein 'Aber': Wie bei vielem im Leben, so gilt auch beim Lernen, Qualität vor Quantität! Ich habe mit meiner Hündin in dem Alter täglich ein paar Minuten Leinenführigkeit trainiert. Das wars. Diese Minuten dann konzentriert, mit variierender Ablenkung. Danach war sie platt! Den Rest des Tages haben wir normalerweise einen größeren Spaziergang gemacht, ausschließlich im Freilauf. Da wir unpraktisch wohnen (und sie mir zum Tragen schnell zu schwer war), saß ich dafür täglich im Auto und bin zu einer entsprechenden Stelle gefahren, wo Freilauf gut möglich war.


    Das Kinderthema: Ich habe keine Kinder, aber bei uns toben zu 50% der Zeit drei Kinder rum. Bei Reikas Einzug das Jüngste 1, das älteste 6. Und ja, das kann wirklich herausfordernd sein! Wir hatten natürlich das gleiche Problem wir ihr. War ich einmal zu langsam und die Kinder wurden mal angerempelt, dann war das direkt ein Problem. Deswegen gab es keine Interaktion ohne Überwachung! Auch bei den Größeren nicht. Und ja, die Kids kennen den Umgang mit Hunden. Mein Rüde lebte ja vorher schon bei uns. Aber es sind halt Kinder. Die können (und müssen) nicht perfekt agieren. Bei uns gab es nicht nur einen Liegeplatz, sondern die Grundregel: Wenn Hund ruht, dann wird er in Ruhe gelassen. Das gilt für die erwachsenen Hunde nach wie vor, wenn ich in der Situation nichts anderes sage.


    Also lange Rede, kurzer Sinn: Ich kann eure Sorgen und Gedanken wirklich gut verstehen! Große Hunde sind eine Aufgabe, mit Kindern erst Recht. Aber passt auf, dass ihr nicht aus Sorge zu viel Druck macht. Wie gesagt, Qualität vor Quantität. Damit ihr die paar Minuten Aufmerksamkeit, die ein Welpi so hat, gut nutzen könnt, braucht es als Grundlage genug Schlaf. Das war immer mein erster Fokus bei meiner Hündin. Das ist quasi die Basis, ohne die wirklich nachhaltiges Lernen ohnehin unwahrscheinlich ist.

    Reikas dicke (nicht wortwörtlich) Freundin ist übrigens ein Bernhardiner. Die Besitzer haben es sehr ähnlich gehalten wie ich, was Beschäftigung und Training angeht. Und heute ist sie zu einer tollen Junghündin geworden. Ja, mit manchmal Flusen im Kopft (das gehört auch so). Aber die Basis stimmt da absolut. Und das ohne täglich stundenlanges Training :smile:


    Edit: Ach, fast vergessen! Die Bilder sind wirklich zuckersüß :herzen1: Da werde ich ganz nostalgisch, wenn ich an die Welpenzeit zurückdenke.

  • Diese 16 Wochen beziehen sich auf die Fähigkeit zu generalisieren.

    Wenn ein Welpe in diesen ersten 16 Wochen keinen Kontakt zu Artgenossen, Menschen etc. hat dann wird er nicht in der Lage sein zu generalisieren und zu lernen.

    Das bedeutet zum Beispiel: Welpe lernt Schaf kennen. Bestenfalls läuft das ohne direkten Kontakt und mit der Erfahrung "komisches Wesen, mir passiert aber nichts, ich muss auch gar nichts aktiv machen". Damit hat er die Erfahrung mit anderem Lebewesen gemacht und kann das später auf andere Tierarten übertragen.

    Das bedeutet aber nicht, dass Welpe Katze, Maus, Igel, Pferd, Kuh, Ziege, Hase, Emu und Elefant auch noch kennenlernen muss.

    Und so ist es bei anderen Eindrücken auch.

    Euer Welpe ist bestimmt mit seinen Geschwistern bei seiner Mutter aufgewachsen und kennt schon eure ganze Familie.

    Im Auto saß er bestimmt auch schon mal, Haus kennt er, verschiedene Untergründe und jede Menge Umweltgeräusche (Staubsauger, Kaffeemaschine, Fernseher, Klingel).

    Bei all diesen Dingen hat er gelernt: "komische Sache, mir passiert aber nichts". Das reicht fürs Generalisieren später. Er kann diese positiven Erfahrungen übertragen und muss nicht mit allem neu bekannt gemacht werden.


    Erinner dich an die Zeit mit deinen Babys und Kleinkindern. Die ganze Welt ist ein Abenteuer, alles ist neu.

    So geht es eurem Welpen auch. Er lernt in jeder Wachphase unglaublich viel.

    Der Rest hat noch Zeit.


    Ein Welpenauslauf (Gitter Elemente) könnte euch sehr viel helfen. In stressigen Situationen (Begrüßung, Verabschiedung, Kinder rennen) kann der Welpe sich dort aufhalten und zur Ruhe kommen. Kauspielzeug, Decke und Wasser rein, mehr nicht.

  • Leinenführigkeit trainieren ist natürlich wichtig. Aber wenn man es falsch macht, macht man es sich eben auch kaputt.


    Viel hilft NICHT viel! Bei einem so jungen Hund kann und sollte man das nur ganz dosiert trainieren, eben WEIL es so wichtig ist. Wenn jetzt falsche Verknüpfungen entstehen und der Hund die Leine als Stress und unangenehm kennenlernt, hat man später ein - wortwörtlich in diesem Fall - Riesenproblem.


    Viele Anfänger bringen ihrem Hund das Ziehen regelrecht bei. ... mit den allerbesten Absichten. Wenn man es richtig machen will, sollte man sich anleiten lassen.


    Keiner kauft sich mal eben ein junges Pferd und denkt, ach, da setz ich mich mal einfach drauf, und dann lernt es das schon! Reiten muss man lernen, Pferde müssen ausgebildet werden, und auf einem Fohlen kann man nicht reiten, das leuchtet jedem ein. Aber beim Hund - ? Da soll der Welpe in Anfängerhand Sachen können, für die es eigentlich Monate und Jahre braucht - und einiges an Können des Menschen.

  • Wieviel zieht so ein 13 Wochen alter Welpe denn an ner 5 oder 10m Schlepp?

    In dem Alter geh ich mit den Kleinen hier nur ganz ganz kurze Strecken auf dem Bürgersteig.

    "Spaziergang" heißt hier: Schleppe dran und fernab von Straßen die Welt entdecken. Mehr stehen als gehen meistens.

    Man kann mit ihm natürlich noch keine Stadtrunden drehen.

  • Ich rufe mal landima :sweet:

    Danke fürs rufen und da bin ich schon. Fiete wird ja auch immer für einen Bernhardiner gehalten...


    Also ich kann mich den Vorrednern nur anschließen. Welpen und Kinder habe ich auch nie unbeaufsichtigt gelassen. Meine waren 6,8,10 als Fiete eingezogen ist. Ich weiß nicht, wie es bei Euch mit der Beißhemmung ist, aber Fiete musste die noch lernen und gerade, dass die Zähne an den Kindern gar nichts zu suchen haben.Das kann man dem Welpen aber nur vermitteln, wenn man selbst daneben steht.

    Dementsprechend kamen zur Not auch Welpe oder Kind mit auf die Toilette.

    Die Kinder mussten am Anfang vor allem lernen den Welpen zu ignorieren, das klappte aber nach kurzer Zeit gut. Dann kam er auch zur Ruhe. Unter Aufsicht durften sie mal Leckerchen verstecken oder ihn natürlich streicheln wenn er zu ihnen kam. Es hört sich für mich auch danach an, dass Du dem Welpen einfach mehr Ruhezeit - auch vor den Kindern geben solltest.


    Die Zeit geht ja schnell vorbei und nach ein paar Monaten kann man da auch lockerer werden, wenn sich Hund und Kind auch gegenseitig besser einschätzen können. Aber gerade in den ersten Monaten halte ich das für wichtig. Die schwierigste Zeit hatten wir übrigens als Fiete 9 oder 10 Monate alt war - kommt also erst noch ( ohne dass ich Dir Angst machen will). Im Kopf noch Baby und körperlich schwerer als die meisten erwachsenen Hunde. Außerdem wild... Da hilft nur Ruhe bewahren und eine gute Hundeschule.


    Bei so einem großen Hund ist auch die Sozialisation mit anderen Hunderassen groß und klein im Welpenalter wichtig finde ich und bin damit bei Fiete gut gefahren. Plant Ihr überhaupt den Besuch einer Hundeschule? Ich hab festgestellt, dass es uns unheimlich Spaß macht, dort als Team etwas zu lernen und wir machen jetzt immer noch Hoopers und Dummytraining. Das half auch unheimlich für das Gehorsam im Alltag und natürlich unsere Bindung. Ist aber natürlich kein muss.


    Zur Leinenführigkeit: Das war mir aus offensichtlichen Gründen ebenfalls sehr wichtig. Ich hab dabei leider aber auch einige Fehler gemacht und unter Aufregung/in fremder Umgebung ist es leider noch nicht optimal. Ich würde da beim nächsten Mal viel mehr von Anfang an mit der Unterscheidung Geschirr - darf ziehen und Halsband - Leinenführigkeitstraining- arbeiten. Leider war ich da nicht konsequent genug und bade es jetzt immer noch aus. Also kann ich Dir da nur raten, insoweit konsequent zu sein. Es bringt aber gerade am Anfang nichts, den Kleinen zu überfordern, also würde ich ihn durchaus am Geschirr ziehen lassen und die Leinenführigkeit getrennt in sehr sehr kurzen Sequenzen üben. Ansonsten wo es geht Freilauf ( Folgetrieb falls vorhanden ausnutzen oder Schleppleine).


    Dein Kleiner ist unheimlich süß! Es wäre schön, noch weiter von Euch zu lesen und Bilder zu sehen.

    Die "sanften Riesen" sind am Anfang eben auch junge Wilde, das hatte ich mir tatsächlich auch nicht so extrem stürmisch vorgestellt. Jetzt bin ich aber sehr froh, dass ich keine Schlaftablette habe, sondern einen agilen Junghund, der für jeden Spaß zu haben ist und eben nicht nur dick und flauschig in der Ecke liegt, wie sich viele bei diesen großen Rassen vorstellen. Und lernen tut er auch mit fast drei Jahren noch jeden Tag und gern... Mit langen Spaziergängen wäre ich an Deiner Stelle allerdings vorsichtig und würde mich an die Faustregel von 5 Minuten pro Lebensmonat halten. Gerade bei den großen Rassen muss man im Wachstum wirklich aufpassen.


    Ich hoffe, das waren nicht zu viele ungewollte gute Ratschläge und wir hören wieder von Dir.


    Liebe Grüße :winken:

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!