Fremdeinkreuzungen/Outcrossing in der Hundezucht

  • Weil es im Richback Thread doch bissl OT wird, aber gleichzeitig ein sehr interessantes Thema ist, erstelle ich mal nen Thread damit man das Thema anderweitig diskutieren kann.


    In besagten Thread ging es um sog "Artländer Wolfspudel" - eine Mischung aus Irish Wolfhound und Großpudel, mit dem Ziel den Irish Wolfhound dauerhaft gesünder und langlebiger zu machen.

    Die Meinungen dazu gehen auseinander - manche User finden die Idee nicht allzu verkehrt, Andere finden das passt überhaupt nicht.


    Nun gibt es aber sicherlich noch weitere Kreuzungsprojekte mit ähnlichen Zuchtzielen.


    Wie steht ihr dazu? :)

  • Ich hab den Thread nicht verfolgt, also davon unbelastet meine Meinung:


    Ist für mich vom Ziel und der Methode abhängig. Nur ein gerade gefragtes Merkmal, womöglich mit Nachteilen für die genetische Gesundheit der Rasse verbunden, neu in eine Rasse bringen (Merle, Dilute usw.): rigoros NEIN. Über enge Inzucht dieses Merkmal festigen und verbreiten, als isolierte Aktion eines oder weniger Züchter? Rigoros NEIN.


    Analog den Zuchtprogrammen bei gefährdeten Wildtierarten unter Begleitung von Genetikern den Genpool einer Rasse gezielt und langfristig erweitern, um verlorengegangene Fitness zurückzuholen? Eindeutig JA.


    Für mich gutes Bespiel: LUA-Dalmatiner, Continental Bulldog (im Vergleich zur EB)

    Schlechtes Beispiel: genetisch rutenlose Boxer in GB


    Leider bewegen sich die meisten Einkreuzungen, trotz vollmundiger Versprechen, im sinnlosen bis schädlichen Bereich. Daraus resultiert auch bei mir eine Grundskepsis, wenn ich wieder von irgendwelchen Versprechungen höre, mittels Einkreuzung von allen möglichen Rassen schnelle "Wunderheilungen" vollführen zu können.


    Schade, gescheit gemacht, sind Einkreuzungen ein Werkzeug, mit dem sich arbeiten liesse....

  • Ich setz mich jetzt als erstes in die Nesseln, haut bitte nicht zu fest drauf. :lol:

    Outcrossing definiere ich hier die systematische Verpaarung von zwei Hunden unterschiedlicher Rassen mit festgelegtem langfristigen Ziel.

    Das züchterische Outcrossing mit Verpaarung zweier Hunde gleicher Rasse die nicht miteinander verwandt sind ist hier nicht gemeint.


    Ich finde gut gemachte Outcrossing-Projekte super, selbst wenn der VDH meistens nicht mitspielt (aber am Ende die Lorbeeren einstreicht - da gab's doch mal nen Fall). Solange das erklärte (und verfolgte) Ziel ist, eine Rasse über mehrere Generationen wieder zurück zum rassetypischen Phänotyp und Wesen zu bringen, unterstütze ich das.

    Das heißt für mich, das in späteren Generationen der genetische Anteil der Ursprungsrasse wieder höher werden muss. Laufend 50/50-Mischlinge zu produzieren gehört da also nicht dazu.

    Ich hatte irgendwo mal eine Liste mit erfolgreichen Projekten auf dem Gebiet, ich Versuch die mal wiederzufinden.


    Bei einigen Jagdhunderassen ist das ebenfalls noch Gang und Gäbe, dort aber eher im Hinblick auf das ausmerzen von Wesensschwächen und stärken von jagdlichen Anlagen. Insbesondere in Osteuropa ist man da ziemlich offen.

    Viele erfolgreiche Hundeführer arbeiten sogar mit eigenen Gebrauchskreuzungen (Heideterrier, Schniete Spezialbracke) die im Zuge solcher Projekte "angefallen" sind oder gezielt "erschaffen" wurden.

  • Ich bin Gebrauchskreuzungen nicht abgeneigt und halte den FCI Anspruch auf Reinrassigkeit für sehr sehr kurzsichtig, über viele Generationen gedacht auch für nachhaltig schädlich.


    Trotzdem halt ich es für unsinnig, einfach irgendwo irgendwie rumzukreuzen. Und die Kombination klingt für mich nach: da kennt sich jemand mit dem Hundetyp nicht aus, wenn ihm nix anderes einfällt.


    Wenn ich nen großen Hetzhund will, oder sonst einen bestimmten Hundetypus, ist es sinnvoller, im Typ zu bleiben, statt konträre Typen einzukreuzen.


    Pudel ist halt ganz drauf, also Irish Wolfhound Besitzer sich das erwarten und die Fellstruktur passt nicht. 5 Quadratmeter Kackfell im Mix braucht auch keiner


    Es gäbe ganz andere große, rauhaarige Windhunde als Reservoir, und das teilweise ziemlich ohne genetische Reinrassigkeitsanspruch-und Aussehen erhalten- durch-enge-Linienzucht-Verarmung, zum Teil auch mit ihrerseits Wolfhound-Einschlag.


    Zur Verfügung stünden mindestens Deerhound, rauhhariger Galgo Espanol, American Staghound, Galgo Patagonico, Australian Staghound.


    Einkreuzung/Outcross im Blindflug kann halt neue genetische Defekte auch rein bringen.

  • Für mich ist es eigentlich klar: kann jemand nicht gescheit begründen, warum diese Rassen Verpaarung werden sollten, ist es kein sinnvolles Outcross. Also ist dieser "Wolfspudel" für mich auch kein Outcross. Denn hätten sie es gescheit begründet, würden wir hier nicht rätseln.


    Outcross ist für mich so etwas wie es flying-paws von den Border Collies berichtet und ja auch selber macht. Was arbeitet wie ein BC, darf als BC in die Zucht, so oder so ähnlich war das doch? Und dann noch mit allen gesundheitlichen Untersuchungen, top.


    Für mein Verständnis kann Outcross im Gegensatz zu @BurisHand auch innerhalb einer Rasse bedeuten, wenn man zwei eigentlich getrennte Farben verpaart.

  • In besagten Thread ging es um sog "Artländer Wolfspudel" - eine Mischung aus Irish Wolfhound und Großpudel, mit dem Ziel den Irish Wolfhound dauerhaft gesünder und langlebiger zu machen.

    Ich werde nie verstehen, warum man glaubt, dass ausgerechnet der Pudel nun eine Rasse retten soll!


    Sinnvolle Outcrossverpaarungen halte auch ich für richtig. Allerdings nur dann, wenn das alles unter fundiertem Wissen und genetischem Hintergrund basis. Ott-Normal-Züchter ist damit überfordert. Da braucht es Leute, die das in die richtige Hände nehmen, überwachen und auch steuern.


    (Nein, Deinen Thread habe ich nicht gelesen. Ich antworte völlig unbedarft)

  • Outcrossing wäre es doch - meinem Verständnis nach - wenn die neuen Gene dann auch Eingang in die Gesamtpopulation der IW finden würden.

    Das wird hier wohl kaum der Fall sein.


    Also ist das eher ein Doodle-Projekt eines einzelnen Züchters, aber kein systematisches Zuchtprogramm.

  • In der Theorie mit durchdachter Zuchtstrategie ausgerichtet auf den späteren Gebrauchszweck, Gesundheit und Charakter und einem weiterführendem Zuchtplan, der die Ergebnisse der Versuchsanpaarungen auch weiter in die Zucht einbringt, bin ich solchen Versuchsanpaarungen absolut positiv gegenüber. Hätte ja selber einma beinahe bei einem solchen Projekt mitgewirkt.


    Die Praxis hat mich aber einfach gelehrt, dass es zu 99,9% schlicht hirnloses Gedoodle ist, das zu nix führt außer ein paar überteuerten Mischlingen.

  • Ich bin Gebrauchskreuzungen nicht abgeneigt und halte den FCI Anspruch auf Reinrassigkeit für sehr sehr kurzsichtig, über viele Generationen gedacht auch für nachhaltig schädlich.

    Ich meine, dass vernünftig durchdachte Kreuzungsprojekte nicht durch den FCI blockiert werden, sondern eher durch die konkreten Rassezuchtvereine abgelehnt werden.

    Der FCI schreibt beispielsweise auch nicht vor, dass beim DSH STH und LSTH getrennt werden müssen. Empfiehlt sogar, keine getrennten Populationen dahingehend zu führen.

    Der SV will aber nicht. Im RSV2000 kein Problem. Mal so als Beispiel.

    Auch Kreuzungen sind durch den FCI prinzipiell nicht verboten, es gibt halt Richtlinien und nicht einfach "irgendwie".

    Der FCI ist mMn nicht das Hauptproblem was das angeht.




    Für meinen Geschmack wurde alles gesagt. Sinnvolle Projekte - gerne. Auch "nur" um den Genpool zu verbessern und frisches Blut reinzubringen, nicht erst, wenn die Gesundheit schon leidet. Ich schätze auch Rassen mit einer hohen Varianz in der Optik und mag diesen Trend zum Klon nicht. Aber eben durchdacht und passig.


    Halt nicht um "Merle", "Dilute" oder sonstwas zu haben, danach Inzucht zu betreiben oder rumgedoodle.

  • fliegevogel


    Genau, nur bei manchen Rassen würde das genetisch scheinbar auch nix mehr bringen, weil alle Linien zu eng verwandt sind.


    Innerhalb der FCI müsst man übel tricksen, um die teilweise schauerliche genetische Vielfalt wieder höher zu kriegen, denn innerhalb dieser Denkweise ist das so gut wie nicht möglich.


    Beim Irish Wolfhound würde sich mir die Frage stellen: was machen mit den Kreuzungsprodukten? Wenn ich sie nicht irgendwie über Phänotypisierung doch in Zuchtbücher schleusen kann, bleiben sie bedeutungslos. Im Windhundsport bleiben sie etwa komplett irrelevant, weil sie ohne Papiere eh nirgendwo offiziell mitmachen können.


    Ich kann hierzulande nur Sofa-Wolfhounds erzeugen. (Wobei es beim IW scheinbar sowieso viel Nichtverbandszucht gibt, wohl mehr, als bei anderen Windhundrassen, vom Windspiel vielleicht abgesehen, gut möglich, dass etliche der besonders desolaten Exemplare just von dort kommen).


    Persönlich fast wichtiger fänd ich ja, erst mal dem Sportsystem, das im deutschsprachigen Raum mit FCI-Anerkennung und Papieren steht und fällt, auf die Zehen zu treten oder, aber das ist halt auch sehr mühsam, Alternativvereine und Veranstaltungen zu haben. Dann kann ich auch sinnvoller außerhalb von FCI-Regularien agieren. Außerhalb dieser Welt gibt es nämlich - grundsätzlich - noch deutlich mehr (Windhund)rassen einerseits, ich hätt aber auch ein Zuchtauslesekriterium mehr für etwaige Gebrauchskreuzungen.

    Das würde nicht ohne den üblichen Zank ablaufen, aber es existiert längst anderswo. In England etwa, gibt es verschiedene Systeme gleichzeitig. Vorallem beim Whippet. Kennel Club Hunde. Papierlose, teilweise aber über Generationen nachvollziehbar systematisch gezüchtete Hunde mit und ohne Einkreuzungen. Gebrauchskreuzungen 1er, 2er, 3er Generation so cirka. (Gestritten wird trotzdem)

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