Hartz IV - und dann?

  • Was ist, wenn Herrchen oder Frauchen stirbt? Dann landet das Haustier eben im Tierheim. Aber der Mensch war zumindest nicht alleine.

    Mit dieser Argumentation dürften generell keine alleinstehenden Menschen einen Hund halten, oder?

    Und ich habe tatsächlich nur mit Leuten ein Problem, die bei einer sagen wir mal 200€ Rechnung sich weigern, weil kein Geld da ist, obwohl das Haustier dringend eine OP oder Medikamente bräuchte.

    Damit habe ich auch ein Problem. Und zudem eins mit Menschen, die urteilen, ohne die Hintergründe zu kennen. Erwähnte ich schon, oder?
    Die Frau, von der ich hier erzählt habe, hat übrigens eine Krankenversicherung für ihren Hund (auch wenn ihr der Betrag sicherlich weh tut). Aber das Urteil steht fest, ohne dass nachgefragt wird. Genau wie bei der Familie im Film.

    • Neu

    Hi


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    • Ich weiß, was Du meinst, aber gerade diesen Denkansatz sehe ich auch sehr kritisch. Ich habe letztens gelesen, dass jeder 10. in Deutschland "überschuldet" sei, sprich, jeder 10. habe angeblich Schwierigkeiten, seine Verbindlichkeiten zu erfüllen. Mich würde es nicht wundern, wenn diese Zahl stimmt, denn gerade Werbung für Zinslose Ratenkredite, vor allem in Verbrauchersegmenten, will ja auch zeigen: hey, auch mit kleinem Budget und vielen, vielen kleinen Raten kann man als nicht so ganz finanzkräftiger Mensch am Konsumleben teilhaben, sich Freude kaufen. Und am ende stehen wenns schlecht läuft Umschuldung und wenns ganz schlecht läuft Offenbarungseid.

      Wenn die Finanzen begrenzt sind, dann müssen die Dinge, die einem Freude und Sinn im Leben bringen, einfach den Finanzen angepasst werden, vor allem wenn es sich um Lebewesen mit eigenen Bedürfnissen handelt. Letztlich ist Geld ja auch nur eine Resource, genau wie Zeit. Wer keine Zeit für ein Tier hat, soll sich ja auch keins anschaffen, das ist hier ja zumeist Konsens. Für mich persönlich verhält sich das beim Thema Finanzen genauso.

      Ich wusste, dass das kommen wird.
      Und ja, ich verstehe deinen Punkt auch gewissermassen. Aber menschlich gesehen ist es eben echt sch..., wenn du nicht viel Geld zur Verfügung hast und deshalb sollst du keinen Hund haben dürfen. Zumal: Wie viel ist genug Geld für einen Hund? Das ist so eine individuelle Sache, hat ja jeder Mensch andere Fixkosten und Verbindlichkeiten und andere Vorstellungen von der Hundehaltung etc. Ich finde, da kann man gar nicht so pauschalisieren.

      Ich kaufe manchmal auch gern unnötiges Zeugs für meinen Hund, aber wenn ich jetzt mal nachrechne, MUSS ein Hund nicht teuer sein. Meinen Rex könnte ich wohl auch für 20 Euro im Monat ernähren (derzeit sind es pro Monat sicher um die 40 Euro, weil er meist hochwertiges NaFU bekommt), und er bräuchte auch nicht mehrere Leinen und Geschirre, nicht unbedingt ständig neue Leckerlis, auch die 200 - 400 Euro pro Jahr für HuSchu-Kurse könnte man theoretisch sparen. Und schon hätte man wieder mehr Geld übrig für den TA. Also man kann auch seine Hundehaltung anpassen an ein geringes Budget. Es gibt doch auch genug Leute mit eingeschränktem Budget, die Kinder haben. Und da denke zumindest ich mir auch nicht, dass man soundsoviel verdienen muss, um Kinder haben zu können.

      Irgendwie hat das für mich immer so einen schalen Nachgeschmack, dieses "Wer wenig Geld hat, soll mehr und mehr verzichten". Ich verurteile z.B. auch keinen Obdachlosen, der einen Hund hält. Kann ich einfach nicht, ich schaffe das einfach nicht, weil hinter jeder solchen Geschichte ein individuelles Schicksal steht.

      Zu deinem ersten Absatz: Kann ich so nicht bestätigen, dass die Leute quasi selbstverschuldet, weil sie so viel "Freude kaufen" wollen, in die Schuldenfalle rutschen. MEistens ist es so, dass die Lebenskosten schlicht zu hoch sind. Mietwohnungen in Großstädten z.B. - da ist es ja teils schon echt verdammt schwer, was Bezahlbares zu finden, gerade wenn man z.B. als Verkäuferin oder ungelernte Bürokraft arbeitet und vllt. auf knapp 1000 Euro netto monatlich kommt. Da muss nur mal was Unvorhergesehenes passieren, schon ist man im Minus.
      Bei uns schaut es finanziell auch nicht so mau aus, weil meine Mutter so ein Luxusfan ist oder so. Sie ist schon lang chronisch krank und die KK zahlt nur einen Bruchteil der Untersuchungen und Behandlungen, die sie braucht, das muss sie aus eigener Tasche tun. Und mit unter 1500 EUro netto und einem 3-Personen-Haushalt ist das halt nicht immer einfach zu bewerkstelligen. Hinzu kommen weitere Arztkosten für ein Familienmitglied, die die KK ebenfalls nur teilweise übernimmt.

    • Die Frage lautet nun: Wenn kein Geld für nötige Behandlungen des Tieres vorhanden ist, da man als Hartz IV-Empfänger fast schon mit der Aufgabe überlastet ist, seine Familie satt zu bekommen, wie verantwortungslos ist dann eine Tierhaltung,

      Dieser Satz impliziert irgendwie: Einmal Hartz IV - immer Hartz IV und dem ist nicht so. Hartz IV sehen wohl die wenigsten Empfänger als Lebensmodell.

      Das Thema an sich ist sehr komplex und individuell, daher muss jeder so entscheiden, wie er es für sich persönlich vertreten kann.

      Verantwortungslos ist für mich Tierhaltung generell dann, wenn Tiere vernachlässigt werden, das hat aber mit dem Kontostand des Halters nichts zu tun

    • Zitat

      In meinem Umfeld gibt es eine ältere Dame, die eine kleine Rente hat, von der sie nicht leben kann, und die deshalb Aufstockung vom Amt bekommt. Sie hat keine Familie, ihr Mann ist verstorben, sie sitzt den ganzen Tag alleine zu Hause. Das Einzige, was ihrem Leben Sinn und Struktur gibt, ist der Hund, den sie sich vor einigen Jahren aus dem Tierschutz geholt hat.


      Und so einem Menschen willst Du nun allen Ernstes erzählen, dass es verwerflich und egoistisch ist, einen Hund zu halten? Egoistisch bedeutet doch, in erster Linie das eigene Wohl im Auge zu haben, ohne ein Gefühl für seine Mitmenschen zu haben, oder? Ich finde, dass solche Statements nicht sehr weit von genau dem Vorwurf entfernt sind, der den Verlierern unserer Gesellschaft gemacht wird. Und genau das ist etwas, was ich in der Tat verwerflich finde.

      Schwierige Thematik, aber: Tierhaltung ist immer egoistisch. Deine Darstellung oben betrachtet schlichtweg nur eine Seite der Medaille, nämlich dass der Mensch vom Hund profitiert. Umgekehrt muss aber nun mal auch die medizinische Versorgung des Hundes sichergestellt sein. Wenn dem nicht so ist und es sich dabei vor allem um einen dauerhaften Zustand handelt, dann ist die Haltung dem Tier gegenüber einfach unfair. Das klingt hart, ja, aber ganz nüchtern betrachtet wäre alles andere verantwortungslos.

      Aber diese Einstellung hat doch wirklich rein gar nichts damit zu tun, dass man empathielos wäre, kein Mitleid mit der alten Frau hätte, sie verurteilen würde o.ä. Man kann auf menschlicher Ebene durchaus Mitgefühl und Verständnis für das Verhalten und das individuelle Schicksal eines Menschen haben und auf der rationalen Ebene dennoch zu einem konträren Schluss kommen.

    • Er würde Ratenzahlung anbieten, oder die Rechnung mal ein paar Monate "stehen" lassen. Wenn alle Stricke reißen, hilft er auch, entweder Spenden oder im schlimmsten Fall neue Halter zu vermitteln.

      Hmmm... Diese Leute sind oft ja nicht das erste Mal beim TA.

      Realistischer ist es leider, dass da schon 2 oder 3 offene Rechnungen rumliegen, teilweise schon im Mahnverfahren....

      Was würde Dein TA machen, wenn die Halter nicht abgeben wollen (eine Vermittlung also nicht geht) und er eine OP und Nachbehandlung durchführen soll, wo er weiß, dass zu den bereits offenen Rechnungen nochmal 200 Euronen dazu kommen, die er nicht bekommt?

      Hier in der Ecke gibt es einen TA, der oft und gerne die Tiere von Mittellosen sehr günstig, teilweise umsonst behandelt hat.
      Macht er nicht mehr!

      Irgendwie war auf einmal jeder, der ihm sein Tier vorstellte, mittellos.....

    • Bisher hat er seine Praxis jedenfalls noch.
      Er ist auch der Tierarzt, der in erster Linie die Tiere aus dem Tierheim behandelt, wenn sie was haben. Da er ein "stinknormaler" Tierarzt ist, führt er spezielle Operationen, die in die Tausende gehen, sowieso nicht selber durch. Insofern hat er es da natürlich auch leichter, Patienten mit Geldproblemen entgegen zu kommen. Und da er die Praxis schon fast 20 Jahre hat, kennt er die vielen Stamm-Patienten und ihre Halter inzwischen auch ganz gut. Und Menschenkenntnis gewinnt man in diesem Job sicher auch so einige.

      Dass in Deiner Ecke plötzlich alle mittellos zu sein vorgaben - traurig. Aber soll vorkommen. Zum Glück scheint es hier anders zu sein.

    • Wie weißt man sowas denn eigentlich nach?
      Per Steuerbescheid vom Hund, der vor den ALG2-Erstbescheid datiert sein muss?!

      Bei meiner Tiertafel-Filiale waren die da recht kulant, wenn es glaubhaft war. Steuerbescheid oder Impfausweis mit Besitzername und Stempeln der letzten Jahre. Ich glaube einer hatte auch nur Bilder auf dem Handy von ihm und seinem Hund, die älter waren xD Vor allem kann man halt nicht einmal (wird in der Kartei festgehalten) Futter für einen Hund holen und beim nächsten Mal für 2 Hunde und eine Katze...

    • Dass in Deiner Ecke plötzlich alle mittellos zu sein vorgaben - traurig. Aber soll vorkommen.

      Wo Missbrauch möglich ist, findet er auch statt. Das halte ich auch nicht für die Ausnahme sondern für die Regel. Das betrifft/betraf nicht nur Sozialleistungen, sondern trifft auf alle Bereiche zu, wo es was zu holen gibt/ gab: Siehe z.B. Existenzgründerpauschale, Kleidersammlungen für die "Dritte Welt".

      "Edel sei der Mensch, Hilfreich und gut! Denn das allein. Unterscheidet ihn. Von allen Wesen, Die wir kennen." (Goethe) :ugly: :lachtot:

    • Herrje, da hab ich ja was los getreten. Die Überschrift "Hartz IV und dann" bezog sich auf die im Eingangspost genannte Sendung, in der die Besitzer leider von einer weiteren Behandlung auf Grund Liquiditätsmangel die notwendige OP nicht stemmen konnten. Ich habe nie behauptet, dass ich Menschen die Haltung von Tieren auch mit kleinem Budget abspreche. Und dass jeder von uns in so eine Situation geraten kann, ist mir bewusst und hatte ich auch so geschrieben.

      Es liegt mir fern, Menschen, die Hartz IV beziehen zu diskriminieren geschweige denn in eine Schublade zu stecken.

      Ich lebe in England und die Arbeitslosenquote hier in unserer Stadt ist sehr hoch. Dennoch werden sich Tiere angeschafft, die wie im Fall "Tierklinik Hautnah" leider aus Kostengründen tierärztlich nicht behandelt werden können. Auf unserem Auslaufgebiet treffe ich zig Hunde mit "Cherry Eye", Hunde mit ständigem Durchfall, Epilepsiehunde, die ihr Leben mit dieser schlimmen Krankheit ohne Medikamente "fristen" dürfen. Die Besitzer lieben ihre Tiere genauso wie ich und leiden natürlich auch stark darunter, nicht helfen zu KÖNNEN. Ein Teufelskreislauf mit bitterem Nachgeschmack.

    • Mit dieser Argumentation dürften generell keine alleinstehenden Menschen einen Hund halten, oder?

      Damit habe ich auch ein Problem. Und zudem eins mit Menschen, die urteilen, ohne die Hintergründe zu kennen. Erwähnte ich schon, oder?Die Frau, von der ich hier erzählt habe, hat übrigens eine Krankenversicherung für ihren Hund (auch wenn ihr der Betrag sicherlich weh tut). Aber das Urteil steht fest, ohne dass nachgefragt wird. Genau wie bei der Familie im Film.

      Immer wieder schön, wenn Zitate aus dem Zusammenhang gerissen werden oder der Sinn entstellt wird.
      Aber ich ergänze gerne noch einmal: Jeder kann gerne ein Haustier haben oder viele, wie er mag. Ich bin nur der Meinung, dass man einen Plan B für den Notfall haben sollte. Ansonsten finde ich es schrecklich unfair dem Tier gegenüber. Und da ist mir Alter, Anzahl der Familienmitglieder oder Geld völlig egal.
      Und zum zweiten Zitat: ich bezog mich absichtlich nicht auf deine Bekannte, da ich diese und deren Umstände nicht kenne. Ich schrieb allgemein von einer medizinisch notwendigen Untersuchung, die bei kleineren Beträgen abgelehnt wird aus Geldmangel. Das kann ich nicht nachvollziehen. So sehr sollte einem sein Tier durchaus am Herzen liegen.

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