Wesensfest/gutes Wesen - was heißt das?

  • Das finde ich wiederum nicht.Ich habe meine Hündin auch mit 10 Wochen bekommen und die ersten paar Wochen mussten wir an fast allem arbeiten was sie nicht kannte.
    Sie konnte sich zwar schon immer irsinnig schnell selbst beruhigen, verängstigt und kopflos war sie trotzdem in vielen Situationen.
    Heute mit 6 Monaten kann sich zwar noch viel tun, jedoch geht sie bei, für sie komische und fremde Situationen, ruhig und bedacht hin, bzw bleibt bei mir und wartet ab was ich mache.


    Ihr Schwester blieb bei der Mutter.
    War von anfang an die "stärkste", sprich selbstbewusst und bestimmt. Bis jetzt hat sie wenig kennengelernt und es wird nix mit ihr gemacht, was sich auch deutlich zeigt! Extrem unsicher, nervös ggü Situationen die sie nicht kennt und kopfloses Verhalten wenn sie sich nicht sicher ist!


    Bei der Beschreibung nach einem "guten Wesen", stimme ich @Marula übrigens zu! :bindafür:

    Was ich da immer wieder interessant finde:

    Meine beiden Salukis sind beide nicht grade nach Dogforum-Maßstäben aufgezogen und sozialisiert worden, aber beide sehr ähnlich von den Bedingungen her.

    Ich hab beide mit 7 Monaten direkt vom Züchter übernommen.
    Beide sind im Familenrudel aufgewachsen mit Mutter, Vater (bzw Altrüde als Vaterersatz), Tanten, Geschwistern (bei beiden waren noch ein bzw mehrere Geschwister zuhause) und je einem andersrassigem Hund im Rudel (in einem Fall DSH-Mix, im anderen Kaninchenteckel).
    Beide waren nie groß vom Grundstück runter, nur mal zum TA zum impfen, aber nicht groß zum spazierengehen.
    Beide hatten kaum jemals ein Halsband umgehabt, geschweige denn, dass sie mal spaziergangen wären oder Auto gefahren oder so.
    Die Züchterin der Hündin lebte zwar in der Vorstadt, aber hatte eine hohe Mauer um den Garten, so dass die Welpen/Junghunde von der Außenwelt nicht viel mitkriegten.
    Die Züchterin des Rüden lebt mitten im Wald in Finnland, absolute Alleinlage, die einzigen Nachbarn die sie hat sind Elche und Eichhörnchen.

    Die Züchterin der Hündin hatte ab und an mal Besuch, allerdings nicht so schrecklich viel Hundebesuch.
    Die Züchterin des Rüden hatte viel Besuch zum Welpenknuddeln und auch Kinderbesuch (hatte ihre Nichten und Neffen über die Sommerferien da) und viel Hundebesuch verschiedenster Rassen. Das ist der größte Unterschied in der Aufzucht.

    Die Hündin hat wie gesagt nen Schatten. Weil ich das weiß und sie entsprechend führe, ist sie im Alltag unauffällig, aber das braucht eine gewisse Aufmerksamkeit.
    Der Rüde ist absolut wesensfest, für den ist das Leben ein einziger roter Teppich, der nur für ihn ausgrollt ist. Ok, er findet große Landmaschienen (Mähdrescher, Treckergespanne) ein bisschen unheimlich, aber eben auch nur ein bisschen - er geht ein paar Schritte rückwärts, legt die Ohren an und beschwichtigt, aber er wird nicht kopflos. Das ist ok, finde ich. Ansonsten ist er bombensicher mit Menschen, einschließlich Kinder und Behinderte (untypische Bewegungsmuster, plötzliche unvoprhergesehene Reaktionen) und freundlich + selbstsicher mit anderen Hunden, ohne dabei auf dem Bauch rumzukriechen.


    Die Geschwister der Hündin sind ähnlich diffiziel wie sie, die Geschwister vom Rüden sind alle so "Hansdampf in allen Gassen" wie er. Das setzt sich auch im Rest der Familien so fort, auch wenn ich das bei der Hündin in dem Umfang leider erst lange nach dem Kauf erfahrne habe. Beides überrascht mich nicht mehr.


    Also, lange Rede kurzer Sinn:
    Ich denke, bei nem mangelhaften Wesen kann man manches durch gute Sozialisation und früher Erziehung überdecken, aber ein von Haus aus schon wesensfester Hund braucht nicht viel Aufwand, damit er ein unauffälliger, unkomplizierter Erwachsener wird.

  • und stehen die vielleicht auch manchmal mit anderen Anforderungen an einen guten Charakter im Konflikt?

    Nimm mal die Russell.
    Die sind vom Charakter her nicht wesensfest (In Deinem Sinn), zu hibbelig, zu wenig Will to please, zu triebig.

    Ob es da "saubere" Zuchtlinien gibt?

    Um das, was Du unter "wesensfest" beschreibst, beim Russell durchzusetzen, braucht es Erziehung. Und nicht zu knapp.
    Frag mal @Theobroma. Und ich kann davon auch ein Lied singen.

  • Nimm mal die Russell.Die sind vom Charakter her nicht wesensfest (In Deinem Sinn), zu hibbelig, zu wenig Will to please, zu triebig.

    Ob es da "saubere" Zuchtlinien gibt?

    Um das, was Du unter "wesensfest" beschreibst, beim Russell durchzusetzen, braucht es Erziehung. Und nicht zu knapp.
    Frag mal @Theobroma. Und ich kann davon auch ein Lied singen.

    Inwiefern? Papierlose JRT sind mit die häufigesten Kleinhunde die ich behandele und auch wenn es da echte Arschgeigen gibt, die beißen wie die Zecken, sind die meisten total unauffällig.
    Als Terrier halt recht willensstark, wenn man ihen den kleinen Finger gibt, dann nehmen sie gern die ganze Hand, aber wenn sie einen Besitzer haben der ihnen Bescheid sagt was geht und was nicht meistens ziemlich robust vom Nervenkostum her und können ne Menge ab.

  • Naja, das klingt son bisschen nach dem perfekten Hund...
    Laut der Auflistung ist ein Hund, der vor 1 Sache richtig Angst hat ja schon ungeeignet für die Zucht.


    Wesensfest hat für mich ganz viel mit Rasse zu tun.
    Denn viele Rassen sind sehr unterschiedlich im Bereich Reaktivität.
    Der Zwergpinscher sieht für den Bernhardinerhalter aus wie ein nervöses Wrack, dabei ist ein Zwerpinscher einfach viel reaktiver als ein Bernhardiner. Oder die Leute die alte Hunde haben, für die ist die Junghundezeit häufig ganz weit weg und die finden junge Hunde oder reaktive Rassen als super nervös und anstrengend.

    Ich hab hier ja doch 2 unterschiedliche Rassen sitzen.
    Super Beispiel, wir gehen essen und sitzen draußen auf der Terasse.
    Arren ist nach wenigen Minuten, also sobald er gerafft hat es streichelt ihn keiner, gechillt und liegt unterm Tisch.
    Hamilton legt sich selten hin, meist sitzt und steht er. Abwechselnd. Die Gegend muss im Auge behalten werden, was geht da drüben ab? Der Typ da 80 Meter auf der anderen Strassenseite hat grad die Hand aus der Tasche genommen, die Frau noch weiter entfernt in der anderen Richtung hat sich grad an der Nase gekratzt.
    Er bekommt alles mit, wechselt zwischen stehen und sitzen, ab und zu liegt er mal.
    Die Leute um uns herum halten ihn für nervös. Ich nicht. Nervös sieht bei ihm ganz anders aus, er hibbelt nicht, er fiept nicht, er tut einfach was er gerne tut: Alles im Auge behalten. (Und ab und zu testen ob er nicht doch auf den Schoß darf, weils da bequemer ist)
    Aber im Gegensatz zu Arren, der unterm Tisch liegt und döst, sieht er natürlich aus als wär er hypernervös. Das Arren nix mitkriegt was nicht direkt vor seiner Nase passiert wissen die ja nicht, die glauben er ist brav weil er da liegt.
    Das er resigniert da liegt weil ihn niemand streichelt, das weiß halt nur ich.

    Hamilton hat 2 "Baustellen": Er ist nervös bei Hundebegnungen, weil er schlechte Erfahrungen gemacht hat. Trotzdem ist er sozial und ich kann ihn bedenkenlos mit allen laufen lassen.
    Und er hat furchtbare Angst bei Feuerwerk. Von Anfang an. Wenn es sonst irgendwo knallt isses ihm recht schnuppe, aber Feuerwerk geht garnicht.
    Ich halte ihn trotzdem für wesensfest und würd keine Bedenken haben ihn in die Zucht zu lassen, weil "Problem 1" durch schlechte Erfahrungen erworben ist und "Problem 2" keine generelle Geräusch- oder Knallangst ist.
    (Er reagiert auch nicht ängstlich auf Filme mit Feuerwerk. Es muss wohl das Zusammenspiel sein mit Gerüchen und Geräuschen)


    Und grad das Hunde durchaus schlechte Laune kriegen und die auch zeigen wenn was nicht nach ihrer Schnauze geht ist in meinen Augen auch kein Wesensmangel, halt je nach Rasse.
    Käme doch etwas doof wenn der Hund mit Schutztrieb die Backen hält wenn da vorne der komische Mann rumtorkelt und grölt... Klar muss es händelbar sein und er darf nicht einfach reinhacken, aber Bürste, Lefzen kräuseln und sowas gehört für mich zum normalen Verhalten.


    Wenn für dich schon bei einem Shih Tzu fraglich ist ob er für Zucht geignet ist - weil er Angst vor Feuerwerk hat... sorry, aber wir reden hier von einem Shih Tzu und keinem Jagdhund.

    Warum denn nicht? Weils soviel besser ist wenn der ängstliche Hund klein ist?
    An sich ist Angst vor Feuerwerk nun kein Problem, aber wenn sich die Ängste eben nicht nur auf Feuerwerk beschränken, sondern auch Knallgeräusche an sich bis hin zur Angst vor vielen lauten Geräuschen dazukommen, dann ist das durchaus eine Wesensfrage.
    Und dann ist es egal ob der Hund klein oder groß ist.

  • Nimm mal die Russell.
    Die sind vom Charakter her nicht wesensfest (In Deinem Sinn), zu hibbelig, zu wenig Will to please, zu triebig.

    Îch kenne eine Menge wesensfester Russels!
    Trieb und Eigenständigkeit schließt, meiner Meinung nach, Wesensfestigkeit nicht aus. Im Gegenteil, gerade bei solchen Hunden ist es für die Händelbarkeit enorm wichtig!

  • @Lionn
    Gut, in solchen Fällen kann man wirklich nur versuchen "das Beste" draus zu machen und versuchen ein möglichst eingespieltes und entspanntes Leben zu kreiren.
    Jedoch glaub ich trotzdem, dass ein Großteil der heute wesenschwachen Hunde dazu gemacht wird.
    Den perfekten Hund wirds natürlich nie geben, bzw jeder hat eine andere Form von perfekt, aber ich seh hier einfach viel zu viele Hunde die als Welpe zu Adrenalinjunkies gemacht werden und später dauernd auf 180 sind und von selber nicht abschalten, bzw Situationen auch nur annähernd angemessen beurteilen können (vom Verhalten ganz zu schweigen).



    Die Hündin hat wie gesagt nen Schatten. Weil ich das weiß und sie entsprechend führe, ist sie im Alltag unauffällig, aber das braucht eine gewisse Aufmerksamkeit.

    Hab ich das überlesen, oder bin ich einfach zu blöd... Aber was ist mit "Schatten" gemeint? :hilfe:


    Ich glaub auch, dass es Hunde gibt die von Welpe an sehr schwierig sind. Jedoch ist mir ehrlich gesagt bis jetzt noch kein so ein Hund begegnet.
    Bis jetzt warns eigentlich immer völlig normale Hunde, die halt nie gelernt haben Situationen richtig einzuschätzen, und vom Besitzer meist völlig missverstanden werden.

    Ein Bekannter hat sich erst wenige Wochen vor mir einen Deutsch Langhaarwelpen gekauft (ist Jäger, Hund also grad in Selbstausbildung).
    Als Welpe hab ich sie öfters gesehen, mit komplett "normalem" Welpenverhalten eben!
    Vom Züchter perfekt geprägt, hat sowohl auf Name, als auch auf Pfiff zu 95 % gehört (vom Züchter zum füttern verwendet), und allgemein sehr Menschen bezogen und freundlich ohne Aufdringlich zu sein!
    Heute ist sie 8 Monate, und es ist das absolute Chaos!
    Extrem gestresst sobald sie 4 Wände um sich hat und mehrere Menschen um sie rum sind. Wird halt sonst auch in den Zwinger gesteckt und kommt nur raus wenns action gibt!
    Ggü andere Hunde und Menschen extremst aufdringlich und überdreht! Sobald die Tür offen ist, ist sie weg. Am Halsband wird nur extremst gezogen, oder sie rennt ohne Leine mit geducktem Kopf schleichend neben Herrchen (weils halt sonst eine auf den Deckel gibt wenn sie nicht spurrt) ....

    Ich könnt die Liste noch ewig weiterführen und werd jedesmal ziemlich wütend wenn ich die Beiden seh! (Gepräche über Hundeerziehung führen wir mitlerweile nicht mehr)

    Das ist für mich eben zu 100 % ein Fall, in dem aus einem potentiel perfekten und wesensstarken Hund, ein sehr wesenschwaches Nervebündel das immer 100 % Aufmerksamkeit von einem verlangt, gemacht wurde!

  • Naja, das klingt son bisschen nach dem perfekten Hund...
    Laut der Auflistung ist ein Hund, der vor 1 Sache richtig Angst hat ja schon ungeeignet für die Zucht.

    Deswegen frage ich ja auch, was ihr ok findet und was nicht. ;)


    Zitat

    Und grad das Hunde durchaus schlechte Laune kriegen und die auch zeigen wenn was nicht nach ihrer Schnauze geht ist in meinen Augen auch kein Wesensmangel, halt je nach Rasse.
    Käme doch etwas doof wenn der Hund mit Schutztrieb die Backen hält wenn da vorne der komische Mann rumtorkelt und grölt... Klar muss es händelbar sein und er darf nicht einfach reinhacken, aber Bürste, Lefzen kräuseln und sowas gehört für mich zum normalen Verhalten.

    Finde ich auch. "Nicht gut finden" ist ok, "unkontrollierbar rumspacken" nicht. Ordentliche Erziehung und Führung natürlich vorausgesetzt, der beste Hund kann von nem unfähigen Hundeführer verdorben werden.

    Hab ich das überlesen, oder bin ich einfach zu blöd... Aber was ist mit "Schatten" gemeint? :hilfe:

    Ist in meinem Bekanntenkreis ein anderer Ausdruck für "Hat nen Vogel" oder "Hat ne Schraube locker".

  • @Marula

    Und ich dachte schon an eine ganz spezielle Krankheit oder so! :lol:

    Nee, ganz so schlimm dann doch nicht. :lol:


    Deswegen frage ich ja auch, was ihr ok findet und was nicht. ;)

    Zusatz weil ich nicht mehr editieren konnte:

    Wobei ich es wirklich so sehe: EINE wirkliche, echte Panikbaustelle - raus damit, sofern es eine irrationale, grundlose Panik ist.

    Wenn es begründet ist, z.B. durch schlechte Erfahrungen (ich kenne einen Hund, wo die ganze Familie keine Schussangst hat, aber dieser Hündin wurde im Alter von 7 Monaten ein dicker Böller direkt unter die Füße geworfen von so ein paar Ghettokindern und seitdem hat sie schrecklich Angst vor Knallgeräuschen), dann soll's mir recht sein.

    Aber wenn ein Hund blinde Panik (von der Sorte wo sie vom Balkon springen oder sich durch 3 cm dicke solide Holztüren arbeiten oder die Amaturen aus der Wand reißen... hab ich alles schon gesehen und das ist weder für den Hund noch für den Halter ein tragbarer Zustand) vor irgendwas hat ohne jemals schlechte Erfahrungen gemacht zu haben, dann ist das für mich ein Wesensfehler der mindestens ebenso schwerwiegend ist wie ne D-Hüfte und damit absolut zuchtausschließend.

    Bei milderen Formen von grundloser Furcht (leicht Nervosität bei Geräuschen, Angst vor fliegenden Insekten...) würde ich es mir von Fall zu Fall überlegen, aber ich persönlich würde, wenn ich wählen müsste, eher nen Welpen von Eltern mit unkorrektem Gebäude kaufen als einen mit flattrigen Nerven.

  • Für mich ist ein wesensstarker Hund einer, der schon von der Veranlagung her eine gewisse Resistenz ggü Umweltreizen (egal welcher Art) mitbringt.

    Wenn ihn die Reize aufwühlen, dann in einem Maß, das ihn nicht gleich in Flucht oder Angriff (oder Freeze) kippen lässt, sondern so, dass er noch "denken" kann.

    Ein wesensschwacher Hund ist dementsprechend das Gegenteil. Wobei ich glaube, dass man nicht pauschal davon sprechen kann, dass ein Hund "komplett" wesensstark oder schwach ist, sondern, dass er Stärken und Schwächen hat - und manche eben (leider) sehr viele Schwächen oder eben Stärken.

    Artgenossenverträglichkeit gehört für mich nicht wirklich dazu.

    Meiner Lieblingsrasse (Malinois) sagt man so einige Wesenskrüppel nach (was sicher je nach Linie auch stimmt). Aber es gibt auch sehr wesensfeste Malis.

    Meine Hündin hat für mich durchaus vertretbare Wesensschwächen - die lassen sich über ihre Führerweichheit und ihren Trieb gut kompensieren, so dass es keine Einschränkungen im Alltag gibt. Und ich finde ihren gesamten Charakter genau so wie er ist, total großartig. Ein kleiner Psycho-Mali (es gibt auch andere Linien).

    Unschön wird´s, wenn die Wesensschwäche so ausgeprägt ist oder der Hundebesitzer so unfähig sie zu kompensieren, dass es zu Einschränkungen im Alltag kommt. Denn aus Reaktionen (also aus dem, was ursprünglich nur eine Reaktion war) wird gelerntes Verhalten und das kann, gerade wenn ein Hund das nach vorne umsetzt, schon mal unschön sein.

    So viel zu meiner Definition.

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