Hund aus Tierheim einschätzen

  • Whoa jetzt hab ich so lange für die Antwort auf die ersten Kommentare gebraucht, dass ich die weiteren erst jetzt gesehen habe. :D

    Ich bin noch ein ganzes Jahr in Frankreich und ich bin mir sehr sicher, dass das Tierheim meiner Heimatstadt mir unter diesen Umständen keinen Hund geben wird. Ich finde auch, dass die Hunde es hier in Frankreich noch schlechter haben als in Deutschland. Gerade weil die Hunde bei anderen Organisationen in Pflegefamilien leben, tun mir die Hunde im Tierheim noch viel mehr leid. Das ist ja kein Leben. Vielleicht verspüre ich einen zu großen Helferdrang, seitdem ich es dort gesehen habe, aber jetzt würde ich so gerne einen Hund von dort "retten". Gerade bei diesem glaube ich nämlich auch nicht, dass er bald adoptiert ist, da er kaum Aufmerksamkeit auf sich zieht und eben nicht zum Streicheln ankommt, sondern sich aufs Bewegen freut.

    Die Leute im Tierheim sind leider selbst sehr ahnungslos. Sie konnten mir kaum Auskunft geben nach dem Motto "keine Ahnung, wie er sein wird", und schienen sogar genervt, dass ich so viel nachfragte. Sie können nur sagen, dass er Jagdtrieb hat und viel Bewegung braucht. Aber mehr leider nicht, es scheint sich dort auch niemand näher mit den Hunden zu beschäftigen, sodass sie ihre Charaktere kennen, was sehr traurig ist. Deswegen: Ja, es wäre wohl eine Überraschung, deswegen versuchte ich auf diesem Weg herauszufinden, ob man schon etwas vorahnen könnte.

  • Achso und: Die Leute im Tierheim schlagen gar nichts vor, die hätten ihn mir vermutlich sogar einfach direkt mitgegeben (okay, eine Wohnungsbescheinigung braucht man schon). Ich konnte gar nichts dran rütteln, dass ich mal längere Zeit einfach allein mit ihm Gassi gehen könnte, von Probetagen halten sie auch nichts, ich fürchte, sie sind einfach froh, wenn sie Tiere schnellstmöglich loswerden.

    Dass ein Wohnungswechsel nicht schlimm ist, hatte ich ehrlicherweise sehr gehofft. Ich dachte, dass die Bezugsperson wichtiger ist, und um genau zu sein, wäre das auch eins der schönsten Dinge am Hund: Selbst wenn ich ein recht unstetes Leben habe, wenn ich öfter umziehe und Entfernung zu Familie und alten guten Freunden habe, dass ich dann immer jemanden bei mir habe.

  • Sorry, ich wollte dir nicht den Eindruck vermitteln, als hättest du dich dümmlich ausgedrückt :streichel: Die Frage um die dankbaren Tierheimhunde wirkt nur immer so furchtbar romantisch - und das ist es nun einmal nicht.
    Kannst du vielleicht mal einen Gassigeher festnageln und mehr als 5 Minuten Spaziergang rausdrehen? Dann könnte man auch mal ein paar Katzen aufscheuchen und schauen, wie er reagiert.

    Ich wollte keinesfalls sagen, dass dieser Hund dir kein treuer Begleiter sein kann - wie könnt ich das von hier aus beurteilen? ;) Das Problem ist, dass du den Hund schon genauer kennst und selber nicht einschätzen kannst, ob die Auslastung ausreichen würde bzw. ob er zu dir passt (bitte sieh das nicht als Angriff - das Problem sehe ich mehr darin, dass dir keine Gelegenheit gegeben wird, den Hund kennenzulernen als weniger darin, dass ich dir keine Ahnung unterstelle ;) - tu ich nicht, wirklich :))
    Wenn das TH nicht hilfreich ist und du den Hund dort nicht genauer kennenlernen kannst, wird dir nicht viel anderes übrigbleiben, als dich selbst ins kalte Wasser zu schmeißen - und es einfach zu probieren.

  • Also zuerst: für mich sieht er astrein nach Jagdterrier aus.
    Ich liebe Terrier-Quatschköpfe, aber bei einem Jagdterrier würde ich mir 3x eine Adoption überlegen.
    Die sind keine nebenher-Begleithunde und gehören mMn nur in Jägerhände. Terrier sind generell schwer von so "unsinnigen" Sachen wie Obedience zu überzeugen, bei einem Jagdterrier stelle ich mir das noch schwieriger vor. Die werden glücklich wenn sie sowas hier machen http://djt-vom-wolfskopf.de/s/cc_images/ca…pg?t=1305316111

    Ok, jetzt kann man sagen in Jägerhände wird der Gute eh nicht mehr gehen, aber sei dir wirklich im klaren darüber ob du sowas händeln kannst und möchtest. Freilauf würde ich eher ausschließen, Verträglichkeit mit Mensch und Tier würde ich nicht erwarten.

    Und es ist egal ob der Hund in Jägerhänden war, er ist dafür gezüchtet und das wird somit auch zu Tage treten. Es könnte auch gut sein, dass er bei einer Treibjagd verloren ging und er nicht wieder gefunden wurde.

    Mein Terriermix hat sich bei mir die ersten Tage spitzenmäßig benommen und auch als ich ihn kennen lernte auf der Pflegestelle. Nach einigen Wochen, nachdem er sich sicher zu fühlen begann, zeigte sich dann wie er wirklich tickt. Der mit Rüden verträgliche Hund wurde zum größten Proll der Hundewiese, wir wurden beschimpft ich soll den aggressiven Köter wegnehmen, er jagte Fahrradfahrer und Jogger die er bisher ignorierte, bei Leinenpöbeleien hatte er mich mehrmals gebissen.
    Das alles passierte im ersten halben Jahr. Das heißt so gut kannst du einen Hund gar nicht woanders kennen lernen um genau zu wissen wie er tickt.

    Inzwischen ist mein Terrier ein loyaler und gehorsamer Hund, aber das hat viel Geduld und einige Hundetrainer erfordert.

    Wenn du kein Problem damit hast mal anzuecken und Konflikte auszutragen und damit klar kommst, wenn dein Hund dir die Mittelkralle zeigt während er abhaut, dann besteht vielleicht die Chance, dass du mit diesem Hund glücklich wirst. Für einen Ersthundbesitzer seh ich die Chance allerdings als nicht sehr hoch an.

    Achja ich würde nicht davon ausgehen, dass das mit der Katze bei deinen Eltern klappt...


    Noch eine kleine Anekdote falls es interessiert:

    Spoiler anzeigen

    Wiegesagt Terrier-Mix hat Fahrradfahrer gejagt. Wir hatten das größtenteils durch viel Training an der Schleppleine im Griff. Zu dem Zeitpunkt lief er viel frei.
    Wir waren im Wald unterwegs als sich von hinten zwei Radfahrer näherten. Ich rief Janosch zu mir und ließ ihn neben mir sitz machen. Die Fahrradfahrer fuhren vorbei, ich grüßte freundlich und als sie schon ein Stück weiter waren lobte ich Janosch und sagte ihm "lauf". Daraufhin lief Janosch wie ein Irrer den Fahrradfahrern hinterher und war natürlich nicht mehr abrufbar. Er ging einem dann ans Hosenbein, der Janosch daraufhin mit ziemlich Schmackes gegen den Kopf trat. Janosch jaulte auf, bellte zwei Meter entfernt weiter und wollte dann wieder ansetzen hinterher zu gehen.
    Für mich ein schönes Beispiel wie Terrier ticken. Sie geben nicht auf. Man braucht so einen langen Atem für sie, da ging mir anfangs oft die Luft aus.
    Bei Auseinandersetzungen mit anderen Hunden galt das natürlich auch. Er legte sich einige Male mit größeren an und selbst wenn er bei einem Kampf deutlich unterlag gab er nicht auf und schimpfte weiter. Nervenaufreibend für mich und gefährlich für ihn.
    Ich könnte ewig solche Geschichten erzählen über diese verrückten, größenwahnsinnigen, aber liebenswerten Clowns :D

  • @Wysiwyg: alles gut, vielen Dank :) und ja, das ist wirklich das Problem ...

    @AnjaNeleTeam: oh okay, vielen Dank für die Auskunft. Dass er ein richtiger Jagdhund, der nur in Jägerhände gehört, ist, war so das "Schlimmste", was ich vermutet habe ... Umso trauriger ist es, dass er wohl nie mehr zu einem Jäger kommen wird. Und ich traue mir zwar nicht gar nichts zu, aber das scheint dann doch eine zu schwierige Rasse zu sein, fürchte ich.

    Leider muss man ja auch davon ausgehen, dass über Weihnachten noch ein paar mehr Hunde ihren Weg ins Tierheim finden, vielleicht muss ich einfach etwas warten, dass ich eine größere Auswahl habe, oder eben doch auf einem anderen Weg nach einem Hund suchen, doch wie gesagt würde ich schon gern zumindest einem Hund dort dieses Leben ersparen. Auch wenn es romantischer klingt, als es sein wird, ja. ^^

  • Für mich sieht es auch wie ein kurzhaariger Jagdterrier aus.
    Wenn du einen anpassungsfähigen Begleithund suchst, nimm die Warnung ernst, daß Jagdterrier nur in Jägerhand gehören: es sind Extremterrier. Neben dem Jagdtrieb ist auch die Rauflust mit anderen Hunden ein Thema.
    Roterfindus hier im Forum hatte mal eine Jagdterrierhündin aus dem Tierschutz in Pflege, du kannst ihr ja mal eine PN schreiben und sie nach ihren Erfahrungen fragen.
    Es war sehr schwer, einen passenden Platz für diese Hündin zu finden und ehrlich gesagt, ich hätte sie nicht geschenkt haben wollen.
    Es ist tragisch, wenn solche Hunde im Tierschutz landen, denn Jäger haben kein Interesse an einem 'versauten' Hund ohne Papiere und Normalhundehalter sind meist überfordert.

    Dagmar & Cara

  • Vielen Dank an alle! Ich bin sehr froh, hier mal nach Erfahrungen gefragt zu haben. Ich werde wohl weiter suchen müssen, auch wenn es mir sehr leid für den Hund tut, aber bei mir wäre er dann wohl keineswegs richtig aufgehoben.

    Immerhin habe ich noch ein Tierheim in der näheren Umgebung gefunden, in dem ich auch mal schauen werde am Wochenende. Falls ich einen neuen Kandidaten finde, würde ich ihn gern wieder hier vorstellen, wenn das in Ordnung ist. :)

  • Der Hund hat sogar eine kupierte Rute. Die dürfte er in D nur haben (oder reden wir von Frankreich?) wenn er von einem eingetragenen Züchter für die jagdliche Verwendung gezogen wurde. Gut möglich also, dass der kleine Kerl Papiere hat und sogar mal im jagdlichen Einsatz stand. Vielleicht ist er auch auf diese Weise abhanden gekommen.
    So ein Hund kann eine Lebensaufgabe sein.
    Ich würde dir abraten.
    Viel Glück für die weitere Suche.

  • Danke, @dagmarjung, dass du mich hier erwähnt hast.
    (natürlich haben meine Augen direkt geleuchtet, als ich diesen wunderschönen Jagdterrier gesehen habe!)

    @Pustekuchen, Jagdterrier sind tatsächlich Arbeitshunde durch und durch. Ich hänge dir hier (auch wenn du schon von diesem wunderschönen Terrier abgekommen bist) eine "nette" Rassebeschreibung an.
    Vielleicht bestärkt dich diese Rassebeschreibung ja noch mal in deiner Entscheidung
    ;)

    http://www.krambambulli.de/infos/detail.php?nr=7298&

    Mit viel Glück erwischt man einen Jagdterrier, der auch anders ausgelastet (Rettungshundearbeit, Mantrailing, Dummy; am besten alles auf einmal ;) ) ein angenehmer (wenn man das Terrierwesen denn angenehm findet) Mitbewohner sein kann.

    Meine herzallerliebste Pflege-Jagdterrierhündin lebt tatsächlich ohne Jagdeinsatz recht gut. Allerdings erst, seitdem sie sehr städtisch wohnt (auf dem Land wars tatsächlich schwieriger), wo es kaum was zu jagen gibt. Mit ewig langen Spaziergängen, Kopfarbeit, Dummyarbeit und ausgesuchten Hundekontakten kommt sie im neuen Zuhause als Einzelhund gut klar. Absolut Menschenfreundlich ist sie auch.

    Im Zweifel bist du warscheinlich nicht schlecht beraten, dich nach anderen TS Hunden umzuschauen (was du ja sowieso vor hast).
    Denn wenn es mies läuft, bringt dir dein vierbeiniger Freund mehr Stress als Freude (und das wäre ja nicht so toll!).

  • Ich finde, er sieht einem Manchester Terrier sehr ähnlich.

    Wie dem auch sei- ich kann dir sagen, daß ein Terrier unglaublich wandelbar ist- vom Superschmuser (zuhause, da wo´s keiner sieht) bis zum gnadenlosen Raufer, wenn er eine Provokation wittert.

    Lass´dich vom Eindruck im Tierheim nicht täuschen, auch bei dir zu Hause wird es ca. ein halbes Jahr dauern, bis der Hund richtig "auspackt".
    Vorher kannst du es nur anhand von Erfahrungswerten abschätzen.

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