Wie passen Jagdtrieb, Wachsamkeit, Ernsthaftigkeit... noch in den Alltag?

  • Ich kenne jetzt deinen Hund nicht, aber evtl. ist deiner gar nicht so schlecht veranlagt wie du glaubst, aber du beschäftigst ihn eben rassegemäß und so fällt dir nicht auf, dass er doch recht typisch ist?Denn was soll ein Jäger denn mit einem Hund, der vor lauter Wild gar nicht mehr lenkbar ist? Die meisten Jagdhunde müssen eben ansprechbar bleiben und nicht selten werden grade die Tiere, die viel zu sehr "jagen" im Kopf haben aussortiert und nicht ausgebildet. Es gibt auch die, die schlichtweg keinerlei Interesse zeigen, aber wenn der Hund ansonsten Ersatzbeute spannend findet glaube ich nicht, dass der nicht tauglich wäre.

    Was seine Ansprechbarkeit am Reiz und seine Ruhe angeht, wäre er vielleicht geeignet, Spurlaut hat er auch. Aber er hat einfach kaum Interesse an Spuren von
    Tieren und auch nicht an Tieren, die flüchten. Ich hab da natürlich auch dran gearbeitet-aber er war nie so krass, wie viele andere Beagle die mir inzwischen bekannt sind.. Er leif ja auch beim Vorbesi ab und zu frei, ohne abzuhauen-er kam halt nur nicht wieder wenn man es wollte... Aber er ist trotz chronischer Unterbeschäftigung nie abgegangen (vielleicht war er auch einfach zu fett damals :D)
    Er hat Trieb, das merke ich beim Dummytraining, da kann er auch hochdrehen und sich mal kurz vergessen-aber für ne Jagd glaub ich nicht, dass es reicht.
    Da ich kein Jäger bin, ist es für mich schwierig, das genau zu beurteilen.
    Ich weiß nur, dass ich es angenehm ist, dass er eben nicht bei jedem Reh,Vogel,Maus brüllend in der Leine hängt und übern Boden robbt wie ne Krabbe :D

  • {...}

    Darum die Frage, wer egt bestimmt, was eine Rasse ausmacht. Historisch reicht ja offenbar nicht.


    Wenn Du so fragst...

    Betrachtet man den Hund in seiner Eigenschaft als "Ware", dann ist er den üblichen Marktgesetzen unterworfen und die Entwicklung einzelner Rassen im Prinzip gut nachvollziehbar.

    Da der Großteil der Abnehmer den Hund nicht mehr zu Arbeits-, sondern zu Hobby-Zwecken unterhält, ist es nicht verwunderlich, dass Begleithunde stark nachgefragt werden.
    Die Zucht spezialisierter Gebrauchs- und Arbeitshunde wird folglich mehr und mehr zum Nieschenmarkt.

    Züchte ich spezialisierte Hunde, kann ich das weiterhin für einen kleinen Kundenstamm tun oder versuchen, mein "Produkt" zu Gunsten einer breiteren Kundschaft anzupassen.

  • In meinem ersten Post meinte ich doch, dass beinahe alle Rassen ihren ursprünglichen Zweck nicht mehr ausüben. Trotzdem beharren hier einige darauf, diese Qualitäten zu erhalten, weil es die Rasse ausmacht. Nicht beim Collie, der war nur ein Beispiel, aber grade bei den Gebrauchshunden.

    Darum die Frage, wer egt bestimmt, was eine Rasse ausmacht. Historisch reicht ja offenbar nicht.

    Wen genau meinst du? Wenn eine Rasse schon lange zum Begleithund umfunktioniert wurde, sind die fraglichen Qualitäten grösstenteils weg, und nur noch in vereinzelten Exemplaren bruchstückweise erhalten.

    Ich persönlich würde nicht versuchen, einen Scheintoten widerzubeleben. Ich würde eine Bestandesaufnahme machen, um zu sehen, ob allenfalls sowas wie eine Arbeitslinie noch vorhanden ist, die erhalten werden könnte - was nicht mehr da ist, kann man nicht erhalten. Vielleicht gibt es zwar noch sportliche, arbeitsfreudige Hunde, aber die Verwendung hat sich geändert. Auch da würde ich das Rad nicht zurückdrehen, und nicht jede Veränderung ist per se schlecht. Ich kenne mich bei Hütehunden nicht aus, aber für etliche Rassen ist doch da der Zug längst abgefahren, genauso wie zB für den Pudel als Jagdhund. Falls sie eine andere, sportliche Verwendung gefunden haben, umso besser. Aber muss man die Rassen, bei denen diese ursprünglichen Qualitäten noch recht oft vorhanden sind, alle den gleichen Weg gehen lassen? Bestenfalls erfolgt eine Separierung in Arbeits- und Modelinien. Was wiederum der genetischen Vielfalt nicht gut tut. Man kann nicht beliebig eine Unterpopulation in Minimalgrösse züchten "nach Bedarf", wenn als Outcross nur noch arbeitsuntaugliche Hunde zur Verfügung stehen.

    Seien wir ehrlich. Bei der überwältigenden Mehrheit der Rassen sind die Vertreter, die durch den Showring paradieren nicht mehr tauglich für den ursprünglichen (wobei auch das relativ zu sehen ist, niemand strebt an, zB Setter und Spaniels wieder unter Fangnetzen zu sehen) Verwendungszweck. Und das sehr oft seit vielen Generationen nicht mehr. Da ist das "fit for function" leeres Gerede. Bei manchen Rassen gibt es aber noch Arbeitslinien, die aber oft Mühe haben, noch eine ZZL zu erreichen, weil sich reine Leistungszucht und optischer Modetrend weit auseinanderentwickelt haben. Im Extremfall hat man de facto getrennte Rassen, auch wenn sie noch im selben Zuchtbuch stehen (was fast nur noch in Ländern ohne Körzwang möglich ist).

    Aber es gibt sie noch, die Rassen, die noch zum Gebrauch verschiedenster Art gezüchtet werden. Und nun gelangen sie zunehmend in das begehrliche Blickfeld der Begleithundehalter, die zwar einen Mainstream-Familienhund möchten, aber bitte in exklusiver Optik, und nicht wie die Hunde von Hinz und Kunz! Und mit dem Totschlagargument, dass die Arbeitsqualitäten xy heute von der Mehrheit als nicht zeitgemäss eingestuft werden, macht man sich daran, die von einer weiteren Rasse zu eliminieren. Und da bin ich strikt dagegen.

  • Aber es gibt sie noch, die Rassen, die noch zum Gebrauch verschiedenster Art gezüchtet werden. Und nun gelangen sie zunehmend in das begehrliche Blickfeld der Begleithundehalter, die zwar einen Mainstream-Familienhund möchten, aber bitte in exklusiver Optik, und nicht wie die Hunde von Hinz und Kunz! Und mit dem Totschlagargument, dass die Arbeitsqualitäten xy heute von der Mehrheit als nicht zeitgemäss eingestuft werden, macht man sich daran, die von einer weiteren Rasse zu eliminieren. Und da bin ich strikt dagegen.

    Dem stimme ich so zu - und das als "0815-Familienhund-Halterin". :D

    Was ich spannend finde, ist die Sache mit der Optik:
    Hoov hab ich auf der Homepage des Vereins immer übersehen. Sie hat mir optisch einfach nicht gefallen.... Und sie ist mein absoluter Arsch-auf-Eimer-Hund.

    Mein Zweithund, den ich gar nicht gesucht habe, entspricht in 5 von 5 Punkten, dem was ich NICHT haben wollte: er kam als Welpe, ist groß, plüschig, weiß und ein Rüde.... Nenenene.... und doch passt er ideal.
    Aber ich muss gestehen, dass ich immer ein wenig erstaunt bin, wenn ihn andere Menschen so hübsch finden. :ops:

  • Und das ganze dreht sich im Kreis. Würde man alle Rassen nur noch für ihre eigentliche Arbeit oder für Sportler züchten, würden viele einfach aussterben. Grade die meisten (Ex-)Hütehunde würden dann vom Border Collie ersetzt, ein paar Sportler hier und da vielleicht die keinen solchen extremen Hund möchten, aber das wars. Deshalb glaube ich, funktioniert das nicht so einfach.

  • Mir ist ja nun auch wichtig, dass der Hund vom Charakter zu mir passt, aber mir deshalb einen Hund nehmen, der mir vom Aussehen gar nicht gefällt?
    Also nein, mit Sicherheit nicht!

    Mir gefallen die Kurznasen zB absolut gar nicht. Die könnten meinetwegen so gut passen, wie sonst kein anderer Hund, es würde hier einfach keiner einziehen.

    Finya hat damals auch nicht meinem Idealbild von Hund entsprochen und jetzt könnte ich mir keinen schöneren Hund vorstellen, nur wären etwas längere Beine schon mal praktisch, aber das können wir verschmerzen :lol:

    Der Pudel hat auch keine Stehohren...für mich sowieso ein Rätsel, warum es Hunde ohne Stehohren gibt. Da fehlt doch was am Kopf :D

    Ich schweife ab...sorry

  • Das der Shar Pei so arbeiten kann wie ein klassischer Gebrauchshund glaube ich alle mal!
    Das sind wirklich vielseitige Hunde, leider auch heutzutage in China noch häufig für Kämpfe eingesetzt.

    Man darf aber bitte auch nicht vergessen, dass ich nicht von den übertypisierten Faltenmonstern rede (für die, die meiner Darstellung nicht über den Weg trauen).

    @Akiko hat leider recht, der Shar Pei wird noch immer als Chinese Fighting Dog bezeichnet, obwohl er sich nicht einmal wirklich erfolgreich dafür missbrauchen lässt (GsD!!).

    Selbstverständlich findet man nicht viele gute Arbeitsvideos zum Shar Pei, weil er eben nicht vorrangig dafür gezüchtet wird - der Markt will die faulen Faltenmonster, leider.

  • Mir wäre der Shar Pei nie als Begleithund in den Sinn gekommen. Das was man so ließt und hört entspricht dem finde ich nicht in vollen Zügen.

    Ein Begleithund ist für mich persönlich nicht zwingend ein Wächter und wenn man das teils so mitbekommt, muss man ja anscheinend schon sehr vorbeugend erziehen, wenn es um die Akzeptanz von Hund und Mensch geht, damit das später nicht aus dem Ruder läuft in Kombination mit dem Wachtrieb und dem verhalten Fremden gegenüber, oder einige Exemplare lesen ihren Standard auch nicht richtig.

    Ich wohne ja in Berlin, wenn man im Grunewald 2Std. rumläuft trifft man unübertrieben sicher 200 Hunde auf den entsprechenden Routen, bei uns im Park sind es ca. 60 die man regelmäßig sieht und ich kenne hier tatsächlich nur zwei Shar Peis, bei uns im Park einen.

    Mir wäre nie in den Sinn gekommen, sie in die Begleithundecke zu packen.

    Davon ab, glaube ich auch, viele wissen um den Ursprung ihrer Rasse, machen sich dazu aber wie es schon erwähnt wurde keine Gedanken. Hier führt der JRT eindeutig an, aber das sind auch die, die auffallen. Haufenweise Beagle haben wir hier auch, die sind aber auch meist auffällig. Die sind halt knuffig, haben die richtige Größe für die Stadt,... letzendlich latschen die 2x am Tag für 20min immer die selbe Strecke durch den Park und das war es, gelöst wird sonst auf der Wiese vorm Haus. Ableinen ist nicht, weil Jagdtrieb und keine Erziehung und dann wird sich über Sachen aufgeregt wo sich ein informierter Mensch nur denkt "ist halt ein Beagle".

    Ich denke die meisten Menschen sind sich da selbst gegenüber nicht ehrlich genug, oder glauben tatsächlich das wird schon, ganz automatisch, die Ergebnisse dieser Überlegung sieht man dann hier rumflitzen, außer Rand und Band.

  • Ich finde, das Problem ist haeufig, dass "Familien-" und "Begleithunde" gleichgesetzt werden mits "nicht Arbeitshunde". Natuerlich, wenn man sagt "ich nehme die Arbeitsrasse xy nur will ich die rassetypische Eigenschaft nicht", dann kann da nichts gescheites bei rumkommen.
    Aber Zucht ist doch immer Auswahl nach bestimmten Kriterien. Wenn man das mal positiv belegt und sagt, "das sind die Eigenschaften, die ein guter Familienhund braucht [Nervenstaerke, gute Bindung, Leichtfuehrigkeit, etc], drum ist das mein vorrangiges Zuchtziel", dann koennte da schon was draus werden. Ich jedenfalls waere sehr beeindruckt, wenn ein Zuechter demonstrieren kann, dass er einheitliche Wuerfe mit angenehmen, nervenstarken Welpen produzieren kann.

    Wie najira schon vor ein paar Seiten geschrieben hat, wuerde ich es durchaus begruessen, wenn es auch fuer das Zuchtkriterium "Familienhund" stringente Auswahlkriterien gaebe. Es gibt ja leider nicht mal fuer die FCI Gruppe 9 Auswahlkriterien nach Wesensfestigkeit etc.

    Im Moment ist es ja leider so, dass Familienhund ein bisschen so definiert ist, dass der Hund halt nix anderes kann. Es gibt "Arbeitslinien", die in erster Linie gute Leistung in einem (meistens sehr engen) Bereich zeigen muessen, und es gibt "Showlinien", die in erster Linie huebsch aussehen muessen, aber "Familien- und Begleithundlinien" gibt es nicht - evtl mit Ausnahme der Zucht fuer Blindenhunde.
    Leider ist es oft so, dass der Hund nichts geleistet hat und auch nicht huebsch genug zum Ausstellen ist, sie soll aber trotzdem Welpen haben, weil es ja "so eine Nette" ist und man eh nur Familienhunde zuechten will.
    Oder Jagdhund ist nicht schussfest - macht ja nichts, der wird dann halt dann als Familienhund abgegeben.
    Ich finde das nicht richtig. Ich finde, es werden heute so viele Ansprueche an Familienhunde gestellt, dass schluessige Zuchtstandards da sehr vonnoeten waeren.

    Es gibt durchaus einen Markt fuer gute Familienhunde, einen sehr grossen sogar. Die hier viel verspotteten Doodle, Elo & co haben sich genau in diese Nische gesetzt, und das mit Erfolg! Wie gut die Hunde das halten, was ihre Zuechter versprechen, darueber laesst sich streiten. Aber das "Zuchtziel" (-> freundlicher, leichtfuehriger, nicht haarender Familienhund) scheint ja sehr gefragt zu sein.
    Das haben meiner Meinung nach die traditionellen Zuchtverbaende einfach ein bisschen verpennt.

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