Einfache Umorientierung oder gezielte Gegenkonditionierung?

  • Hallo! :smile:


    Meine Cala hat ein Problem mit anderen Hunden - dies zeigt sich seit etwa einem Jahr, seit bei ihr eine Muskelerkrankung ausgebrochen ist, welche mit Erschöpfung und vermutlich auch Schmerzen einhergeht.


    Taucht ein fremder Hund auf der Bildfläche auf, richtet sich erstmal alles an Cala nach vorne: Körperschwerpunkt, Ohren, Rute dabei hoch über der Rückenlinie.
    Wagt der entsprechende Hund es, näher zu kommen, beginnt Cala mit einer Art Grunzen (kein Knurren, kein Bellen) - man hört dabei die Empörung förmlich heraus.
    Das alles passiert vor allem, wenn in nächster Nähe unerwartet Hunde um die Ecke biegen - auf größere Entfernungen haben wir bereits eine funktionierende Umorientierung zu mir.


    Da das alles mit viel Stress einhergeht, wäre es mir vor allem wichtig, dass mein Hund den Anblick anderer Hunde mit einer möglichst positiven Emotion verbindet.
    Stress ist Gift für Calas Krankheitsbild - anhaltenderer Stress löst bei ihr Schübe/Erschöpfungszustände aus.
    So dachte ich dann in Richtung Gegenkonditionierung/Zeigen und Benennen.
    Allerdings habe ich nun den Denkanstoß bekommen, dass so eine Gegenkonditionierung zum einen langwierig ist, zum anderen schwierig zu bewerkstelligen (Zeitpunkt vor jeglicher Erregung des Hundes abpassen) und auch wiederum mit Stress behaftet.
    Mir wurde vorgeschlagen, es bei einer einfachen Umorientierung zu belassen. Also: Hund erblickt Auslöser - Umorientierung zu mir - Click - mit Alternativverhalten aus der Situation herausführen (zB "Fuß" oder Handtarget).


    Meine Bedenken dabei sind, dass es ja an der grundlegenden Emotion anderen Hunden gegenüber nichts ändert. Ich betreibe doch einfach nur Management und nehme auch nicht unbedingt die Anspannung von ihr?


    Wir arbeiten momentan wieder verstärkt an einem Signal für die konditionierte Entspannung - vielleicht ist das in Zukunft ja auch ein Weg für uns.
    Zum jetzigen Zeitpunkt sind wir aber noch beim Aufbau.


    Dazu muss ich sagen, dass Cala krankheitsbedingt maximal 12 Minuten am Stück laufen kann. Viermal am Tag laufen wir in unterschiedlichen Umgebungen, öfters fahren wir auch in hundelose Gegenden, das ist aber nicht immer möglich. Komplett vermeiden (um Stress zu entgehen) kann ich also auch nicht.


    Ich habe aufgrund der kurzen Gassizeiten auch nicht alle Zeit der Welt, Situationen zu üben und Alternativen zu festigen - in einem bestimmten Maß schon, aber halt nicht unbegrenzt.


    Nun geht es mir, wie gesagt, hauptsächlich um einen Lösungsweg, um Cala einen Teil des Stresses zu nehmen ohne dass jeder zweite Gassigang ein Spießrutenlauf wird, weil wir ständig nur ausweichen müssen.


    Denkanstöße sind höchst willkommen! =)

  • Hat echt keiner ne Idee?


    Vielleicht klingt auch alles zu theoretisch: Ich möchte Cala einfach nur möglichst viel Stress in Begegnungssituationen nehmen.
    Im Idealfall möchte ich nicht ewig Management betreiben, sondern, wenn machbar, etwas an ihrer Grundeinstellung ändern.

  • Es ist pure Spekulation, ob und was du genau an der emotionalen Bewertung des anderen Hund änderst. Es kann sogar sein, dass sie den anderen Hund ruhig anschaut und perfekt vorbeitänzelt, um ihr Stückchen Wurst nach dem Trainingsprozess zu bekommen, aber dennoch innerlich gestresst ist. Das kann unter Umständen den Stress potenzieren.


    Ich würde das Weggehen/Ausweichen als Alternativverhalten weiter gut belohnen und sie entscheiden lassen.


    Das andere wäre mir gerade mit Hinblick auf ihre Krankheitsgeschichte zu spekulativ.

  • Hm...ok, stimmt natürlich: In sie hineinschauen kann ich nicht. :/
    Aber wäre somit nicht das gesamte Konzept der Gegenkonditionierung ad absurdum geführt? (Jetzt mal abgesehen von Calas Erkrankung)


    Wie genau meinst du das mit dem "entscheiden lassen"?
    Würde sie sich nicht umorientieren, wäre ihre Entscheidung:
    -mit zunehmendem Gebrüll und steigendem Stress Richtung anderer Hund, dort ankommen, die Klappe halten, desinteressiert schnüffeln, weitergehen


    Da sie sich meistens umorientiert, sieht es so aus: Hund gerät in ihr Blickfeld, Umorientierung zu mir, Click, Belohnung ----> dann könnte ich sie wie gesagt mit Alternativverhalten aus der Situation führen. Ich denke, Distanzvergrößerung ist trotz allem ein wichtiger Verstärker bei ihr, auch wenn es ein wenig schizophren ist, da sie ja ohne Umorientierung eher weiter offensiv werden würde.
    Ich würde sie in dieser Situation auch einfach gerne besser verstehen!


    Ich finde es auch so schade...sie war mal ein so offener, unverbissener Hund. Aber gut, ist nicht zu ändern, die Erkrankung ist da, wo sie auch ist.


    Hätten wir mehr zeitlichen Spielraum und Cala einfach mehr Kraft, wären die Möglichkeiten sicherlich vielfältiger. So fürchte ich auch, ich muss mich einfach mit ihrem "Hass" abfinden.
    Spekulieren will ich nicht mit Calas Gesundheit und Wohlbefinden.


    Du würdest also einen geordneten Rückzug vorschlagen?

  • Ich denke nicht das du Ihr den Stress bei fremden Hunde nehmen wirst durch Umkonditionierung oder so.



    Mir ist bei Sammy damals aufgefallen je mehr Probleme sie mit Ihrem Knie hat umsomehr Probleme hatte sie mit fremden Hunden.


    Cala wird Ihre eigene Erschöpfung merken und fremde Hunde erstmal als Bedrohung sehen. Sie hat denen im Ernstfall nicht´s entgegen zu setzen und macht im Vorfeld schon klar "komm ja nicht näher".



    Das ist Sch...... aber ich fürchte nicht zu ändern. Ich habe damals mit meinem Trainer gesprochen was ich tun soll. Wir haben das "Back" (hinter mich gehen) geübt. Hat etwas geholfen ABER der Bringer wars auch nicht.


    Ich hatte auch gehofft das wenn sie nur oft genug merkt das Ihr bei mir nichts passiert wird es sich ändern. War/Ist aber leider nicht so. An guten Tagen komme ich locker an fremden Hunden vorbei an anderen führt die sich auf wie ein ...........

  • [quote='Dirkita','https://www.dogforum.de/index.php/Thread/186811-Einfache-Umorientierung-oder-gezielte-Gegenkonditionierung/?postID=12903508#post12903508']Ich denke nicht das du Ihr den Stress bei fremden Hunde nehmen wirst durch Umkonditionierung oder so.


    Cala wird Ihre eigene Erschöpfung merken und fremde Hunde erstmal als Bedrohung sehen. Sie hat denen im Ernstfall nicht´s entgegen zu setzen und macht im Vorfeld schon klar "komm ja nicht näher".



    /quote]


    Ich denke da wie Dirkita und würde, wäre die Situation bei einem meiner Hunde so, bei dem bisher erreichten Lösungen bleiben und notfalls wirklich den Rückzug oder Abstandsvergrößerung wählen, gerade aufgrund des Erkrankungsbildes. Wenn Cala damit "gut" zurecht kommt gilt es vll. Deine Einstellung dazu zu ändern und nichts anderes forcieren zu wollen. Ich weiß daß ist schwer, vor allem wenn es schon mal anders war.


    Wünsch Die viel Kraft!

  • Gegenkonditionierung kann nur dann wirken, wenn man den Ursprung kennt und die Motivation ichtig beurteilt. Das geht meist aus der Ferne nicht bzw. dann nicht, wenn der Halter das zugrundeliegende Gefühl nicht richtig erkennt.


    Wenn man diese erkennt und die richtigen, also daraus folgenden Alternativen wählt, kann man durchaus den Stress reduzieren.


    Nehmen wir mal ein Beispiel. Hund geht andere Hund an, keift sie an, wie auch immer. Der Halter denkt, der Hund möchte seine Ruhe und geht immer aus dem Weg. Eigentlich ist der Hund aber frustriert, weil er nicht den Kontakt haben kann, den er will. Also bestraft man ihn mit jedem Ausweichen.


    Hat der Hund Schmerzen oder eben sehr viel anderweitigen Stress, kann so eine Konfrontation (gerade wenn die Desensibilisierung nicht richtig gemacht wird), alles verschlimmern. Auch müsste vorher eine Schmerztherapie bzw. eine sonstige Stressreduzierung stattfinden. Meist steht das Problem nicht alleine, sondern ist eng verzahnt mit anderen kleinen Alltagsproblemen.


    In deinem Fall solltest du nicht zu viel wollen.




    Ich muss aber etwas widersprechen: beim richtigen Aufbau ist Z&B an sich nicht stressfördernd.

  • Gegenkonditionierung kann nur dann wirken, wenn man den Ursprung kennt und die Motivation ichtig beurteilt. Das geht meist aus der Ferne nicht bzw. dann nicht, wenn der Halter das zugrundeliegende Gefühl nicht richtig erkennt.


    Es ist immer Spekulation, welche Motivation einem Verhalten zu Grunde liegt. Man kann sich im Sinne von Wahrscheinlichkeiten annähern (beispielsweise Angst bei distanzvergrößernden Bewegungsmustern) aber solange man nicht ins Hundehirn hineinschauen kann, handelt es sich immer um Interpretation.


    Und ob operante Gegenkonditionierung/Desensibilisierung nun Stress bei dem jeweiligen Hund auslöst, kannst du egal bei welchem Aufbau nicht im Vorhinein feststellen bzw. ohne das genaue checken physiologischer Parameter wie der Herzfrequenz.

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