Jagdtrieb und Schleppleine

  • Hallo,


    mein Oskar ist jetzt 2,5 Jahre und seit 2 Jahren bei uns. Und er hat Jagdtrieb. Leider ist er auch schon einem Reh hinterher, kam aber bisher immer zwischen 1 min und ca. 4 min. zurück (ich hab meist auf die Uhr geschaut). Ist keine Entschuldigung, ich weiß ja, jagen ist jagen, egal wie lange.


    Im Laufe der Zeit lernt man ja ganz viele HH kennen, im Wald, auf irgenwelchen Feldern usw. Oft entsteht ein nettes Gespräch und manchmal kommt man auch auf das Thema Jagdtrieb.


    Aber was ich da oft zu hören bekomme, macht mich doch etwas stutzig.


    "Nö, der jagd nicht, läuft schon mal irgendwo rein und ist nie länger als 10 min. weg" - Terrierbesitzer
    "Ja hat er früher mal gemacht, da war er auch mal 2 Stunden weg, macht er jetzt aber nicht mehr" - Dackelbesitzer
    "Sie rennt schon hinterher, kommt aber dann auch gleich wieder" usw. - irgend ein Jagdhund-Besitzer
    "Ist ja ein Sichtjäger, da sehe ich die Rehe meist vor dem Hund" - Weißer Schäferhundbesitzer
    "Er wird jagdllich ausgebildet und hat einen ganz engen Radius (leider ist er dann doch abgedüst) - Jack Russel-Besitzer


    Wir sind super gerne im Wald, derzeit wieder mit 10 m Schleppi und wir treffen dort auch andere HH. Aber ich habe bisher noch keinen mit einer Schleppleine gesehen. Außer einer Freundin, die einen Podenco hat kenne ich eigentlich niemand der mit Schleppi läuft und arbeitet.


    Klar macht grad bei dem Schmuddelwetter nicht ganz so viel Spaß (manchmal weiß ich nicht wer dreckiger ist, mein Hund oder ich). Und bisher hatte ich Glück, weil er wirklich recht schnell wieder da war. Aber er ist ein Jäger, und zwar nicht nur auf Sicht sondern schön mit Spurenlesen und noch schöner (für ihn) wenn man dann grad noch auf ein Reh stöst.


    Ja wann fängt denn der Jagdtrieb an? Wenn der Hund nen halben Tag weg ist? Wie haben das manche hingekriegt ohne Training, aussitzen bis der Hund so alt ist, das ihn das nicht mehr interessiert? Doch ein Sprüh- oder Elektrohalsband (wobei das haben einige dann doch mal zugegeben).


    Manchmal glaube ich, ich trainiere mir hier den Wolf ab mit Rückruf, Stopp, Pfeife usw. und die anderen lassen es einfach laufen.


    Wie ist das bei Euch?


    LG Sabine


    Wir machen seit neuestem Fährtensuche und ein AJP. Aber bis er soweit ist, dauerts glaub noch lange und ich weiß nicht, ob er jemals 100 % abrufbar ist.

  • Der Jagdtrieb fängt mit Sichtung des Tieres an... Mit Vorstehen... Mein Hund hat auch Jagdtrieb. Und sie ist an der Schlepp - seit einem Jahr. Mittlerweile sind wir soweit, dass sie Vorsteht und anzeigt und nicht gleich hinterher will. Sie ist also Ansprechbar. Das war anfangs nicht so... Wenn mein Hund ne Minute weg wäre, hätte ich auf kompletter Linie versagt :ops: Mein Hund war noch nie weg, er wollte "nur" hinterher. Für mich ist es schon blöd, wenn der Hund nur in die Schlepp rennt, da bin ich total gefrustet... Gott sei Dank passiert das nicht oft - letztens einmal im dunkeln als ich das Wild nicht gesehen hatte :verzweifelt:

  • Der Jagdtrieb fängt für mich da an, wenn der Hund bei Wildsichtung losdüst und nix mehr hört, egal wie lange er wegbleibt.
    Wenn du einen richtigen Jäger hast, wird dir auch das Training mit Schleppleine und Co. nichts nützen. Sobald so ein Hund die Gelegenheit hat, wird er bei Wildsichtung wieder verschwinden.
    Mein letzter Rüde hatte so einen ausgeprägten Jagdtrieb. Im Wald blieb er grundsätzlich an der Leine, in den Feldern konnte man es wagen, wenn alles überblickbar war. Meistens hab ich die Rehe da vor ihm gesehen und konnte ihn ranrufen.
    Elektro- oder Sprühhalsbänder: manche arbeiten erfolgreich damit, ich persönlich mag solche "Hilfsmittel" nicht.

  • Als ich vor letztes Jahr aufs erste Dorf zog, war ich ein Alien mit der Schleppleine.
    Hier lief alles frei, alles hetzte rum. Mal "nur" kurz hinterher, mal Minuten weg, mal Stunden und Halter drehten sich um mit dem Kommentar"Der kommt schon nach Hause, kennt ja den Weg." :omg:
    Ich bin viel negativ angegangen worden, weil ich meinem Hund die natuerliche "Auslastung" enthalten wuerde.
    Unsere Jaeger waren entsprechend berechtigt angep.... und ich wurde manchmal auch von denen bloede angemacht, selbst mit angeleintem Hund.


    Jetzt wohne ich auf nem anderen Dorf.
    Die jagdtriebigen Hunde sind alle an der Schlepp, Wild ist beliebt und wird gepflegt. Den Jaeger kennen wir persoenlich, seit er uns mal unterwegs angesprochen hat.
    Er wollte wissen, ob wir dauerhaft hier wohnen, weil er uns schon oefter gesehen hat. Falls der Hund mal ausbuechst und jagen sollte, wo er hingehoert, wie er heisst und ob er immer oder zeitweise nur "Schleppi" ist. Er mag "Dauerschlepper" oder Hunde, die im AJT stehen nicht abschiessen( lieber einsammeln), weil er eine moegliche Hatz von denen anders einschaetzt als von immerzu freilaufenden jagenden Hunden mit sorglosen Haltern.


    Bei Holly faengt Jagdlust an ihrer Koerperspannung an. ;)
    Wenn sie anspannt muss frau nur noch Ohren, Rute und Fuesschen angucken, dann weiss sie was in der Naehe ist. Sie zeigt jegliches Wild anders an und setzt sich dann ab oder verharrt. (antrainiert)
    Sie wittert auch mal selten was aus der Luft( was sie anzeigt)stoebert aber nicht aktiv und folgt auch keinen Spuren.
    Ihr Hauptfocus liegt auf den Ohren und Augen. Das laesst sich jetzt nach 1 1/2 Jahren Schlepparbeit gut einschaetzen und sie ist gut kontrollierbar im Freilauf, weil sie nicht auf eigen Faust loshetzt, sondern stehen bleibt oder absetzt, so dass ich sie ohne Gefahr einsammeln kann.

  • Wenn man die verschiedene Elemente des Jagens anschaut, spricht man ab der ersten Stufe ja schon einen Jagdrtieb: Orientieren, Fixieren, Beschleichen, Hetzen, Festhalten, Töten, Zerlegen, ...Fressen


    Ich würde mich nie an anderen Leuten orientieren, wenn diese dieses Thema so unterschätzen dann ist das ihre eigene Sache. Wichtig ist, dass du es nicht unterschätzt und am Ball bleibst. Ich bin oft auch nur die Einzigste die mit Schleppleine bewaffnet unterwegs ist, aber ich kenn auch die Risiken. Egal ob 1min oder wie lang auch immer, solange der Hund nicht kontrollierbar ist, wird es kein Leben ohne Schleppleine geben. Misserfolge gehören auch dazu, sie zeigen uns eben noch die Defizite auf. Methoden um den Jagdtrieb zu unterdrücken, halte ich für nicht würdig. Es sollte das Ziel sein zu kontrollieren und umzulenken und Ersatzbefriedigungen schaffen.


    Ich arbeite seit 2011 am Jagdtrieb meiner Fellnase und wir sind noch lange nicht am Ende. Wir haben Phasen wo ich ihm mehr Freiraum geben kann, aber wie jetzt im Winter, wo ich sie mitunter auch wieder einschränken muss. Wir hatten gleich zu Beginn der Winterzeit extreme Wildbegegnungen, sodass mein Hundi auch gewisse Dinge wieder in Frage gestellt hat. Rehe auf Sicht sind mittlerweile kein Problem, genauso wie Hasen. Was mir noch Probleme bereitet sind frische Fährten, die z.b. von einen frischen Wildwechsel stammen. Ich kann ihn lesen und sehe auch sofort wenn er was in der Nase hat, ab da nehm ich die Schlepp dann auch wieder auf. Hier heisst es auch für uns weiterhin trainieren...bedürfnisgerecht belohnen, Ersatzmöglichkeiten schaffen.


    Und ganz Wichtig...nicht frustieren! Ärmel hoch krämpeln und weiter machen :D

  • Als Halter von Podenco- & Galgo Mix kann ich dich gut verstehen. Ständig begegnet man Hundehaltern die das mit dem "Jagen" oder "einfach mal verschwinden" nicht so ernst nehmen & man selbst kämpft seid Jahren mit Schleppleine und AJT und kein Ende in Sicht.
    Manchmal denke ich echt dass ich blöd bin, warum die Mühe machen, zumindest mein Galgo Mix hört mindestens genauso gut wie die meisten Hunde die ich hier täglich im Freilauf treffe. Trotzdem bleibt bei uns die Leine dran. Ich kenne meine Hunde, für uns gibt es kein "Wildarmes" Gebiet, denn meine Hunde wissen dass immer irgendwo Wild ist und wissen dass man das auch aufstöbern kann. Uns begegnet täglich Wild welches ich nicht vorher sehen kann (und wir sind wirklich gut im Umgebung scannen). Oftmals reicht auch eine frische Wildfährte oder das Eichhörnchen im Baum.
    Mit AJT ist es deutlich besser geworden, gerade an der Leine können wir oftmals auch Wild beobachten ohne dass sie wie Anfangs kreischend in der Leine hängen, aber Ohne Leine wären sie trotzdem weg.
    Meine Emma würde wiederkommen, spätestens nach 10min. Aber sie würde bei Sichtreiz auf jeden fall hinterher rennen wenn sie kann.
    Geschichten zum Elektrohalsband bekommt man hier fast jeden Tag zu hören, war für mich aber nie eine Option.
    Sprühhalsband bin ich sogar am darüber nachdenken, weil Emma den Rückruf wirklich verstanden hat, dieser ab bei Wildsichtung oder Witterung einfach nicht mehr in ihren Kopf gelangt. Da eine einmalige unfreiwillige Berührung mit einem Elektrozaun dazu geführt hat dass alle Hühner ignoriert werden, vermute ich dass sie auch sensibel genug wäre auf ein Sprühhalsband (bei richtigem Einsatz) zu reagieren. Bis jetzt konnte ich mich aber nicht durchringen und trainiere weiter.
    Da ich die Schleppleine gerade bei Mistwetter total nervt und das mit 2 Hunden auch nicht funktioniert (zumal wir vor der Arbeit und in der Mittagspause unserer größten Runden am Tag drehen und ich da keine Lust habe total eingesaut zur Arbeit zu kommen) haben wir für jeden Hund eine 8m Flexileine. Genug Freilauf für die Hunde, Radius zum Training trotzdem groß genug, Frauchen dadurch entspannter.
    Schleppleine gibt es nur wenn ich mit den Hunden getrennt unterwegs bin oder zusammen mit meinem Lebensgefährten.

  • Zitat

    Manchmal glaube ich, ich trainiere mir hier den Wolf ab mit Rückruf, Stopp, Pfeife usw. und die anderen lassen es einfach laufen.


    Ja, das siehst du richtig. Die Leute scheren sich entweder nicht darum, dass sie damit Wild, Hund und z.B. Autofahrer massiv gefährden, oder ihnen sind die Risiken gar nicht bewusst. Aber das ist ja noch lange kein Grund, sich selbst auch so fahrlässig zu verhalten. :smile:


    Zitat

    Sie zeigt jegliches Wild anders an und setzt sich dann ab oder verharrt.


    Das ist aber zweideutig. :D

  • Zitat

    Was bin ich mal wieder verwundert, welche Hunde angeblich alle vorstehen.


    wieso angeblich?
    Du musst es nur bemerken und das tun viele Hundehalter nicht. Sie sagen "mein Hund rennt einfach los", doch die meisten Hunde zeigen an, dass sie im nächsten Moment losrennen werden und da sind wir als HH gefragt. Wir müssen lernen, unsere Hunde zu "lesen" und dann ist es gar nicht mehr unmöglich, das Vorstehen zu erkennen.......ich spreche aus Erfahrung


    Zitat

    Manchmal glaube ich, ich trainiere mir hier den Wolf ab mit Rückruf, Stopp, Pfeife usw. und die anderen lassen es einfach laufen.


    So ist das oft und ich kann es nicht verstehen. Da bleiben die HH lässig im Wald stehen und warten darauf, dass ihre Hunde irgendwann mal zurück kommen.
    Atti hat auch eine gute Portion Jagdtrieb und ich habe 1 Jahr lang AJT mit ihm gemacht. Die SL fand ich , gerade bei Matschwetter auch zum K....., aber anders ging es nicht. Heute bin ich froh, dass ich mir diese Arbeit angetan habe, denn wir laufen in der Dämmerung ohne Leine durch den Wald, die Rehe neben uns, Atti guckt mich an , ich sage nur "alles gut" und er bleibt bei mir.

  • Wir haben hier auch ganz viele HH die ihre Hunde rennen und jagen lassen und sagen "der kommt doch wieder", "Der muss mal rennen", etc. etc.
    Ich verstehe es nicht und lasse mich davon nicht beeinflussen. Janosch ist seit einem Jahr bei uns und seitdem an der Schlepp. Seit ein paar Wochen merke ich, dass unser Training langsam fruchtet und ich ihn viel besser lesen kann. Er bleibt auf Kommando stehen und ist viel aufmerksamer, aber der Weg für uns beide ist noch lang und er ist und bleibt an der Schlepp.
    Er ist mir zweimal abgehauen während er mit anderen Hunden gespielt hat und kam wirklich schnell zurück, ABER ich hab mich so geärgert und all das Training war für die Füße, er war danach bei jedem Spaziergang direkt im Jagdmodus, richtig ätzend.
    Also, bleib deiner Linie treu und lass dich nicht verwirren, jagende Hunde gehören an die Leine.

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