Echte Wölfe und blöde Fragen

  • Was ich an der Stelle nicht ganz verstehe: Es gibt ja mittlerweile doch immer mehr Konsumenten, die bei ihrem Fleisch Wert darauf legen, dass es aus artgerechter Haltung stammt. Und da gehört Weidehaltung einfach mit dazu. Und bei uns vor der Haustür: Das Biosphärenreservat Rhön wäre ohne Weidewirtschaft nicht entstanden und würde nicht bestehen bleiben.

    Was macht es dann trotzdem so schwer, da eine vernünftige und auf breiterer Basis stehende Interessenvertretung auf die Beine zu stellen? Warum müssen es Einzelkämpfer sein?

    Ich stelle mir das unheimlich kräftezehrend vor.

  • Was macht es dann trotzdem so schwer, da eine vernünftige und auf breiterer Basis stehende Interessenvertretung auf die Beine zu stellen? Warum müssen es Einzelkämpfer sein?

    Ich sehe das mehr als Aufgabe "der Politik", denn als Aufgabe der Tierhalter.

    Die Tierhalter haben mit der Herausforderung Herdenschutz schon genug an der Backe.

    Von den Tierhaltern aus gibt es verschiedene Interessenvereinigungen, die auch schon Einiges erreicht haben.

    Das Meiste davon bezieht sich aber auf den unmittelbaren Herdenschutz. Auf Zucht und Ausbildung der Hunde, auf Hilfestellung für andere Tierhalter. Das zusätzlich zu einem Beruf/einer Tätigkeit, die eh schon durch überdurchschnittlich hohe Tagesarbeitszeiten gekennzeichnet ist, zu denen sich dann noch der hohe zeitliche Aufwand für den Herdenschutz gesellt hat.

    Sich da jetzt auch noch um Aufklärung der Bevölkerung, sinnvolle Konzepte für den Tourismus, Eingaben für Gesetzesänderungen und Co kümmern zu sollen, wäre arg viel. Das ist schlicht nicht leistbar.

    Ein Bundesland, das HSH fördert, sollte auch die Bedingungen für deren Einsatz schaffen. Sonst wirds absurd.

    Die Tierhalter machens ja dennoch, ihre Herden schützen - aber man muss sich drüber im Klaren sein, dass gefordertes und gefördertes Verhalten von HSH zu grossen Problemen führen könnte. Dass ein HSH einen Fuchs, einen Marder, eine Katze, auch einen Hund auf seinen Flächen tötet, ist normales (und durch die Förderung auch behördlich gewolltes!) Verhalten.

    Was die Leuts im Umfeld draus machen, kann man sich denken.

    Was die Rechtslage dazu sagt, ebenso.

    Dito "nächtliches Bellen von HSH" - manche Tierhalter erleben die absurdesten Dinge. Z. B. die Auflage vom OA, die Hunde nachts (NACHTS!!!!) wegzusperren. Und zwar nicht nur Tierhalter in Ortsnähe.....

    Man MUSS sich fast schon zwangsläufig ausserhalb der Gesellschaft bewegen, um Herdenschutz mit Hunden zu betreiben. Das ist schräg.

    Besonders, weil man doch genau das macht, was "die Gesellschaft" so gern möchte: gescheite Tierhaltung, Natur- und Artenschutz, Herdenschutz.

    Aber der A.... ist man trotzdem. Wer das versteht, sollte dringend zum Arzt. :ka:

  • Ich meinte jetzt auch gar nicht die Tierhalter, sondern die Konsumenten. Sei es nun Natur oder Futter. Die Politik bewegt sich ja auch erst, wenns von irgendwoher Druck gibt.

    Aber das wird sich vermutlich ewig im Kreis drehen...

  • Och - der Nachbarsjunge früher und ich waren da kreativ :D

    Aber im Ernst: So viel gehört da eigentlich nicht zu. Für einen Städter vielleicht schwieriger. Aber da, wo man direkt an den Resten Natur lebt - oder sie öfter frequentiert, da langts doch eigentlich, die Augen aufzumachen :ka:

  • Was ich an der Stelle nicht ganz verstehe: Es gibt ja mittlerweile doch immer mehr Konsumenten, die bei ihrem Fleisch Wert darauf legen, dass es aus artgerechter Haltung stammt. Und da gehört Weidehaltung einfach mit dazu. Und bei uns vor der Haustür: Das Biosphärenreservat Rhön wäre ohne Weidewirtschaft nicht entstanden und würde nicht bestehen bleiben.

    Was macht es dann trotzdem so schwer, da eine vernünftige und auf breiterer Basis stehende Interessenvertretung auf die Beine zu stellen? Warum müssen es Einzelkämpfer sein?

    Ich stelle mir das unheimlich kräftezehrend vor.

    Das Problem ist: es ist heutzutage out in Zusammenhängen zu denken. Also, mache ich A, passiert B, dann folgt C und C führt zu D. Das ist einfach zuviel verlangt.

    Denken bis zur nächsten Tischkante und damit ist der Horizont erreicht.

    Das Biofleisch soll am Besten vom Baum gepflückt werden und irgendwie, auf wundersame Weise, in der Kühltheke landen.

  • Ich möchte mal kurz berichten....... hab heute an einer Beratung für Herdenschutz bei Pferden teilgenommen. Meine Freundin hatte eine Wolfsberaterin eingeladen, es ging um ihren Pferdebetrieb (rund 25 Pferde in zwei Herden in Trailhaltung, nur Offenställe, auf 24ha), da hier bei uns direkt jetzt auch mindestens ein ansässiger Wolf ist. Damit ist hier das letzte "freie" Revier zwischen anderen Rudeln besetzt worden (nordwestliches Brandenburg - Prignitz)

    HSH standen eh nicht zur Debatte, zu aufwändig in der Betreuung und schwierig wegen Einstellern tlw auch mit Hunden. Wobei die Wolfsberaterin sowieso kein gutes Haar an HSH ließ: Schäfer und Tierhalter zuwenig Ahnung, immer falsche Hunde am falschen Platz?? Grundsätzlich riet sie von HSH eher ab, die Haltung sei zu kompliziert....... (fand ich eine komische Einstellung)

    Und dann referierte sie über die Lebensweise der Wölfe, Rudelzusammensetzung, Abwanderungsverhalten, Familienstrukturen und natürlich die Nahrungsbeschaffung. Nicht wirklich was Neues für uns......

    Aaaaaber: eine offenbar ganz patente Frau, die hier sogar mal in der Gegend gelebt hat und uns und unsere Lebensweise / Einstellung kennt - sie redete in einer Tour von den Wölfen als "Familie" mit "Mami", "Papi", den "Kindern / Gören". Wenn Mami sich dann mit den Teenietöchtern zicken und Papa immer öfter die pubertären Jungs einnorden muss, die "Wohnung" (gemeint war das Kernrevier) gegen durchstreifende Fremdwölfe und gegen Freier für die hübschen Töchter verteidigt wird......... uff, das war schon Framing der besonderen Sorte :doh:

    7000 mögliche Wolfsreviere gäbe es in D, da sei noch viel Platz für kommenden Nachwuchs. Und die 50! Rudel alleine in Brandenburg würden ja eher keine Probleme machen, es liegt immer nur an den Weidetierhaltern wenn was passiert.

    Grundsätzlich war die Dame voll proWolf, hat aber versucht, dieses nicht allzu offensichtlich werden zu lassen. Betonte immer wieder, wie extrem intelligent und lernfähig Wölfe seien - als Beispiel: wenn sie einmal Erfahrung mit Strom gemacht hätten, würden sie sich fernhalten. Daß diese Lernfähigkeit auch beinhaltet, Fehler des Menschen oder der Beute auszunutzen - darüber wollte sie nicht so gerne reden.

    Auch unsere Fragen nach Wolfsmischlingen bzw deren Verhalten wurden eher abgewiegelt. Wolfsberater seien sich einig, daß ein Wolfshybride genauso scheu und intelligent wie "echte" Wölfe seien und von ihnen bzw der Genetik keinerlei Gefahren in irgendeinem Sinne ausgingen :denker:

    Wir haben heute gelernt: Wölfe springen NICHT!! NIEMALS!! (nur im Notfall), Wölfe kommen einmal an Strom und haben dann immer und ewig Angst vor beißenden Zäunen, Wölfe fressen keine lebenden Tiere (lebend angefressene Schafe sind unmöglich, bestenfalls ein Fake im www), Wölfe wollen Abwechslung auf der Speisekarte und halten deshalb nach Kadavern von Kälbern und Fohlen Ausschau :skeptisch: Und überhaupt sind Wölfe einfach nur arme Hasipupsi, die auch gerne mal Kalbsfilet hätten - aber wenn Mama Kuh einmal laut "Muh" macht, dann erschrickt sich das arme Hasipupsi ganz schrecklich und ist froh, wenn es einen Ausgang findet :hust:

    Für Wild (Rehe, Hasen, Füchse usw) stellen die Stromzäune übrigens kein Hindernis und keine Gefahr da, die springen einfach durch oder krabbeln drunter durch...... die sind so schnell, daß sie kaum was merken :ka:

    Ich war ehrlich gesagt ziemlich entsetzt über die Wortwahl, über das Negieren von bestimmten Verhaltensweisen (Springen, lebende Tiere anfressen) und das Ausweichen, wenns konkreter werden sollte (Hybriden, Rißstatistiken). Sie betonte immer wieder, wie "friedlich" die Brandenburger Wölfe seien und daß das wohl auch so bliebe, da die "Problemwölfe" aus dem Westen nicht in den Osten zurückwandern würden. Unterschwellig ließ sie durchklingen, daß die Brandenburger beim Wolfsthema eh alles besser gemacht hätten und deshalb nicht solche Probleme wie Niedersachsen habe.

    Positiv: bei begründetem Anliegen wird neuerdings auch der Schutz von Pferden gefördert (Land Brandenburg). Das gilt für Haupterwerbler ebenso wie für Hobbyhalter - die äusseren Umstände müssten halt stimmen. Wer seine Ponys unterm Küchenfenster immer im Blick hat und nachts in den Stall sperrt, der braucht keinen Herdenschutz. Gefördert wird die Umstellung der bisherigen Zaunanlage auf: 5-reihige Zäunung bzw am besten Draht und Breitband, die unterste Reihe 20cm über dem Boden. Die Tore ebenso oder Gittertor mit stromführenden Litzen oben und unten, zusätzlich Untergrabungsschutz bei Toren, 3 Erdungsstäbe müssen ebenfalls sein (viele haben immer noch nur einen oder zwei). Es gibt sogar eine Art "Unterhaltungsföderung" - da das besonders im Frühjahr dauernd erforderliche Freischneiden der unteren Zaunlitze einiges an Manpower, Maschinen und Zeit erfordert....... 7 km Zaun machen sich nicht mal so eben :roll:

    Gefördert werden ebenfalls alle anderen Tierarten und auch dort die Hobbyhalter - Voraussetzung ist ausser begründetem Anliegen natürlich mindestens ein Wolf in der Nähe;)

    Mir ist klar, daß Wolfsberater eine schwere Position haben - irgendwo zwischen Wolfskuschlern und Wolfshassern sich aufzuhalten ist nicht so einfach, zwischen denen zu vermitteln noch schwieriger. Aber diese unnötig verharmlosende Sprache, das Verniedlichen von Raubtieren und das Übergehen von Einwänden und berechtigten Nachfragen......... wir waren erschüttert. Mich hat es bestätigt, daß offenbar alles getan wird um Gefahren und Nachteile schönzureden und kleinzuhalten - und wenn man dafür Raubtiere mit Mami und Papi betiteln muss :kotz:

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