Grenzen setzen ohne Meideverhalten

  • Auch ein Hund, der liebevoll erzogen wird, macht zwangsläufig schlechte Erfahrung.


    Oder meinst Du das Woody Spaß daran hat, wenn alle anderen frei laufen dürfen, nur er geht an der Leine, weil er wieder einmal nicht auf "Komm" reagiert hat und ich ihn abholen mußte.


    Arthos ist dauerverliebt. Jede Hündin wird umtänzelt und becirct, bis er an eine schlecht gelaunte Dame geriet. Die ist auf ihn los, hat ihm das Ohr gelocht. Folge, heute muß eine Hündin nur kurz knurren oder den Reißzahn zeigen, zack ist er bei mir. Klassisches Meideverhalten.


    Jeder Versuch der Welpen meine Couch zu entern, wurde mit einem "nein" und sanftem Wegschieben beantwortet. Irgendwann wurde es nicht mehr probiert. Dito die Betten.


    Leinenpöbler und jagdliche Ambitionen kenne ich nicht.


    Wollte/will sich einer meiner Rüden tatsächlich an der Leine aufbauen, um einen vermeintlichen Feind fressen zu wollen, gibt es ein "Laß es", im schlimmsten Fall blocke ich ab, in dem ich mich vor ihm aufbaue. Da reicht dann der Name mit entsprechend drohendem Unterton und Hundehirn setzt wieder ein.


    Das "Steh" wurde während der Junghundzeit und jenseits der Leinenführigkeit bis zum Erbrechen geübt. Ich bin nämlich bei Zug auf der Leine nicht kommentarlos stehen geblieben, sondern stand und sagte steh.


    Dieses Steh ist so verinnerlicht, daß es sogar als Abbruchkommando beim durchstartenden Hund wirkt.


    Da gibt es noch viele Beispiele, bei denen ich kein Meideverhalten erzeugen muß, um meinen Hund im Gehorsam zu halten.


    Ein Meideverhalten erzeugt aus der Erfahrung mit der Umwelt, siehe Hündin oder Stromzaun (den kennen meine auch), finde ich lehrreicher, als eins, was ich erzeuge.


    Ich vermeide alle Handlungen, die ein Meideverhalten bei meinen Hunden auslösen könnten.


    Gaby, Idefix und ihre schweren Jungs

  • Zitat

    Natürlich ist Meideverhalten was schlimmes, bzw. wird über was schlimmes aufgebaut. Und damit sage ich noch nichtmal, dass es falsch ist, das zu tun.


    An diesem Punkt sage ich nur, dass das Erlernen von Meideverhalten für den Hund eine sehr unangenehme Erfahrung ist.


    Das sehe ich ganz anders. Ich kann auch etwas meiden, weil ich vor dem, der es verlangt, Respekt habe und mich deshalb füge. Nicht, weil ich Angst habe - und das ist ein großer Unterschied.
    Und Respekt habe ich nicht vor Menschen, die brutal sind, mir weh tun - physisch oder psychisch.
    Meideverhalten ist 1. total normal und kommt in jedermanns und jederhunds Leben alltäglich vor und 2. nichts Schlimmes für den Hund.


    Schlimm ist nur dann, wenn man Meiden über Schmerzen (physisch / psychisch) herstellt oder dadurch, dass man unberechenbar ist und der Hund dann Angst vor eventueller Versehrtheit hat.

  • vielleicht definieren wir Meideverhalten einfach unterschiedlich.


    Für mich heißt es nicht in jedem Fall, in dem ein Hund etwas nicht tut, dass er es auch meidet... Meiden ist - aus meiner Sicht - eine aktive Tätigkeit

  • Zitat

    Und das Problem bei der Erziehung ist doch immer, dass ich etwas haben muss, was dem Hund wichtiger ist als seine aktuellen Absichten.
    Genau, da stimme ich Dir, nur, wenn (m)ein Hund Hund jagen möcht, dann gibt es absolut nichts was ihm in diesem Moment wichtiger ist, deshalb greift dann das ->Oder eben etwas, was ihm unangenehmer ist.


    Was das Beispiel mit der Couch angeht: Da reicht bei Lotte auch ein Wort, um sie am raufspringen zu hindern. Trainiert hab ich das, indem ich ein raufspringen verhindert hab.


    Das ganze sieht schon ganz anders aus, wenn es um nen gefüllten Napf Katzenfutter geht.... Und spätestens bei Kaninchen müsste ich so massiv werden, dass es tierschutzrelevant wäre. Da ließe Lotte sich sicherlich nicht blocken. (Wobei wir das Kaninchenproblem ja inzwischen weitestgehend im Griff haben) Wie???

  • Quebec:
    Wie würdest Du denn das Wurst-vom-Brot-Klau Problem lösen?
    Bevor ich nun rum experimentiere...
    Wenn ich nicht im Zimmer bin und höre, wie er die Pforderpfoten auf den Tisch schwingt, dann reicht ein "nein" aus dem Hintergrund und er hört auch auf, aber er akzeptiert nicht, dass es halt meins ist und er nix dran verloren hat.
    Er versucht es immer wieder.

  • Zitat


    dass Meideverhalten unakzeptabel ist, liest man doch dauernd, auch in dem 42-seitigen aktuellen Thread denn man möchte den Hund liebevoll erziehen, ohne dass er schlechte Erfahrungen macht


    Danke, dass Du mein Fazit aus diesem Thread -wenn auch ganz sicher ungewollt - bestätigst . :D


    Meideverhalten ist absolut nichts schlimmes... Meideverhalten ist das allerschlimmste... Meideverhalten geht nicht ohne P+ bzw. R- ... Meideverhalten funktioniert nicht mit R+/P-


    Klingt konfus, isses aber nicht! Eigentlich isses sogar ganz einfach.


    Meideverhalten ist überhaupt nicht schlimm, wenn der Meidende die Kontrolle über die Situation innehat. Er hat sie dann, wenn passende Reize, Signale und einhergehende Erfahrungen assoziativ sauber verknüpft sind. Und zwar NICHT durch überflüssige Wiederholung eines aversiven Reizes, sondern durch Kontiguität, Intensität und emotionaler Eindeutigkeit.


    Es ist ganz ähnlich dem, wenn ich die Kontrolle darüber habe, ob ich in die heisse Wanne reinhüppe und mit die E**r verbrenne, oder ob ich das eben nicht tue. Oder ob ich als alter Mann vorsichtig übers Eis auf dem Bürgersteig latsche und nicht jogge. Oder ob ich vorsichtig an der Kaffetasse lutsche um mir nicht -wie hier- das Maul zu verbrennen. Ich habe durch mein Tun immer die Kontrolle über den aversiven Reiz und bin nicht im Meideverhalten und auch nicht innerhalb einer konstanten inneren Konfliktsituation.


    Meideverhalten ist dann das schlimmste, wenn der Meidende keine Kontrolle hat.... das heisst, wenn er einen aversiven Reiz meidet, aber nicht weiss, wann der kommt, wofür und wodurch ausgelöst. Das passiert, wenn der Hundeführer wiederholt für ein vermeintliches Vergehen die absicht zur Bestrafung hat, der Hund das aber nur als schmerz und nicht als Bestrafung für unerwünschtes Tun empfindet, weil eben der wichtige Faktor Kontiguität in keinster Weise erfüllt ist.... also letztendlich eine Bestrafung für "nix" vorliegt - wie ich an anderer Stelle schon festgestellt habe. Sowas führt allenfalls zu kontinuierlichem Misstrauen und einer permaneten Haltung zur Schadensvermeidung, ständiger Stresssituation.
    Eine solche "Behandlung" führt dauerhaft zu Verhaltensstörungen in unterschiedlicher Ausprägung.


    Wenn ich mir 'nen Kaffee reinziehe und merke erst nach ner Stunde, dass mir der ganze Schnabel brennt und alles voller Brandblasen ist, ist es schwer das noch in Zusammenhang mit der Tasse zu bringen. Und wenn ich mir an der niedrigen Kellertür die Birne stosse und mein Kumpel begrüsst mich 2 Stunden später mit nem Schlag auf die Schulter und mir explodiert dann der Schädel, dann beiss ich meinen Kumpel in die Waden, habe aber keine Ahnung, dass ich beim nächsten Mal die Kellertütr besser meiden soll... oder mich kleiner mache.
    Das Problem ist nicht P+ oder R-, sondern die korrekte Anwendung mit unbedingt notwendiger korrekter Assoziation. Das ist kein einfaches Thema. Aber korrektes R+ ist nicht minder einfach. Deswegen scheitern die meisten daran.


    Aber.... es ist falsch, generell aversive Reize am Tier zu vermeiden, wie es genauso falsch ist, aversive Reize zur Herbeiführung von erwünschten Verhalten einzusetzen.... wie z.B. Leinenruck bei der Fussübung, auf die Leine treten beim "Platz", Hochblicken mit Gerte unters Kinn usw usw usw. Na ja... hab das ja schon oft wiederholt. Und...


    ...eigentlich wurde jetzt hier in diesem Thread mehrfach bestätigt, wofür ich auch in dem vorherigen Thread einstehe. Aversive Reize? Ja! Aber dann auch korrekt. Denn das lehrt hinsichtlich unerwünschtem Fehlverhalten genauso effektiv wie C&T für erwünschtes Verhalten.


    Das wichtigste dabei ist es, die Ziele sauber zu differenzieren. Es darf keinesfalls in der Übung des Hundesportbetriebs das Verlassen der Fuss-Position als Fehlverhalten definiert werden und dann bestraft werden. Oder der Hund ist in der Ablage und kriegt auf Distanz eine mit dem TT geballert, weil das Aufstehen als Fehlverhalten dargestellt wird. Beides geht ja nun gar nicht. Deswegen trenne ich so konsequent Ausbildung und Erziehung... eben damit der Hundeführer nicht in der Ausbildung in die traditionelle Gewaltschiene abrutscht. Aber offensichtlich sprenge ich damit die Kapazitätsgrenzen des Vorstellungsvermögen einiger hier... :???:

  • Zitat

    Dann ist Deinem Hund seine körperliche unversehrtheit wichtiger als jagen. Bei Lotte ist das nicht so... Sie ist wirklich eine schlimme Memme, aber wenn sie (früher) hinter Karnickel her ist, gab es nichts, was sie da abgeschreckt hätte, kein Wasser, keine Dornen, keine Stromzäune, nichts...


    Sie weiß, dass bei/mit mir jagen erfolgversprechender und lustiger ist.


    Ach ja: ich sag ja garnicht, dass Meideverhalten zu erzeugen falsch ist, nur dass es eben - so wie ich Meideverhalten verstehe - nicht ohne Strafe geht. Und die ist nunmal nie schön

  • MaddinR: Den letzten Satz hättest Du Dir aber wirklich sparen können.
    Ansonsten find ich Deinen Beitrag logisch. Also habe ich doch Recht, wenn ich sage, dass mein Verhalten berechenbar und logisch für den Hund sein soll.
    Aber das das genau sehr schwierig ist.

  • maddinR,


    nönö, du sprengst gar nix. zumindest bei mir nicht.


    im groben sagst du ja nu nix unrichtiges. im detail könnte man anderer meinung sein (ich z.b. bei der zweiteilung bzw unterscheidung von ausbildung und erziehung).



    in genau die richtung gehen ja meine gedanken.


    wenn ich deinen post richtig sortiert hab, und das für ein einfaches mädel vom lande wie mich richtig übersetze - dann komm ich im endeffekt auf etwas ganz logisches und einfaches.


    wenn da der oft so unberechenbare faktor "menschliche emotion" nicht wäre...

  • Mir hat mal ein alter Pferdemensch beigebracht:


    Wenn du ein Tier korrigierst - mach das SOFORT, KURZ und EMOTIONSLOS.


    Ich habe bei meinen Pferden und auch bei meinen Hunden immer versucht, nach dieser Devise zu handeln.
    Und ich muss sagen: bei beiden Spezies bin ich damit bisher gut gefahren.

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