Der halterorientierte Hund

  • Ich finde diesen Thread - wie leider so oft bei der TS - seltsam, wenn nicht sogar widersprüchlich.

    Man nimmt als Aufhänger etwas, was man eigentlich für jeden gut erzogenen Hund, der eine gewisse Bindung zu seinem Halter hat, bejahen kann, oder zum Ziel erklärt. Ein Hund, der sich am Halter orientiert. Quer durch alle Methoden wird doch eigentlich immer das angestrebt, oder? Der Hund rennt, spielt, schnüffelt im Freilauf, so soll es doch sein. Und er soll auf Empfang gehen, wenn der Halter was von ihm will. Ist doch toll, so einen Hund will ich auch!

    Doch dann wird näher erläutert, was "auf Empfang sein", auf "Standby sein" tatsächlich bedeutet.

    Zitat

    Halterorientierte Hunde sind Hunde die IMMER GESPRÄCHSBEREIT sind. Heisst sie stehen IMMER auf standby.
    ......

    Sie sind sensiben in der Komunikation mit ihren Menschen, sie regieren auf LEISE Signale.

    Immer wenn man sie anspricht nehmen sie Kontakt zu einem auf. Und da ist dann die Komunikation mit ihren Menschen wichtiger als ALLES andere- DAS genau DAS mach sie aus.

    Ihr Mensch ist ihnen das wichtigste.

    Egal ob Hase, postbote, Hirsch, Kinder, Bälle, der Hund reagiert LEISE auf DEINe Ansprache und tritt mit DIR in s Gespräch.


    Wie so oft, ist das rechte Mass entscheidend - hier bei dem Teil der Aufmerksamkeit, die der Hund auf den Halter richtet. Und genau da unterscheidet sich der gut erzogene, normale halterorientierte Hund von dem von flygoodspeed beschriebenen und als Ideal dargestellten hörigen Hund. Denn wenn der Hund IMMER, 24 Stunden am Tag, auf das leiseste Zeichen des Halters reagieren muss, so muss er im Standby notgedrungen einen sehr grossen, wenn nicht den grössten Teil der Aufmerksamkeit auf den Halter richten - sonst kann er diese leisen Zeichen schlicht nicht wahrnehmen. Er darf sich nie 100% oder auch nur 98% auf etwas eigenes konzentrieren, er muss ständig maximal einsatzbereit sein. Das rennen und spielen können erhält so auch eine etwas andere Bedeutung, denn er darf ja nicht ausser der Reichweite eines Flüstertons geraten, und er darf sich schon gar nicht voll auf seinen Spielpartner einlassen. Er darf keine Leidenschaften haben, ausser der Erfüllung des Willens seines Herrn und Meisters. Er soll nicht nur ständig gesprächsbereit, sondern auch dienstfertig sein. Er soll nicht (bildlich gesprochen) auf das Klingeln des Telefons warten, sondern er soll ständig intensiv in die offene Leitung lauschen. Er wird nie selbständig arbeiten können, da es für ihn undenkbar ist, in intelligentem Ungehorsam die anderslautenden Zeichen seines Halters zu ignorieren. Sein Halter ist sein Nabel der Welt, ihm ordnet er sämtliche hündischen Instinkte unter und würde auf ein leises Zeichen freudig von der Klippe in den Tod springen.

    Ich sage nicht, dass solche Hunde keine Persönlichkeit haben. Aber sie wird ständig durch die immerwährende Dienstfertigkeit eingeschränkt - ein Hund, der immerzu seinen Halter nach leisen Signalen belauern muss, dürfte Mühe haben, seine Persönlichkeit zu entfalten.

    Für mich ist es eher nebensächlich, wie diese Hörigkeit erreicht wird - ich möchte schlicht keinen solchen Hund. Mir reicht es, wenn mein Hund, um auf das Bild zurückzukommen, Telefonanschluss hat. Es wird Zeiten geben, da ist die Leitung offen und aktiv, und mein Hund reagiert auf das sprichwörtliche Heben der Augenbraue. Zu anderen Zeiten wird er etwas weiter weg vom Hörer sein, vielleicht, weil ich ihm eine anspruchsvolle Aufgabe gegeben habe, die er selbständig lösen soll. Oder er ist freigegeben und verfolgt wichtige hündische Interessen und checkt nur periodisch Richtung und Distanz zum andern Ende der Leitung. Da lass ich es halt lauter klingeln, wenn ich möchte, dass er wieder voll auf Empfang und Sendung ist. Ich will einen Hund, der sich aktiv, neugierig und begeistert auf seine Umwelt einlässt, für den sie nicht eine beliebig auswechselbare Kulisse darstellt. Das er dann am einen oder andern Ort nicht mehr so perfekt programmiert funktioniert, nehme ich gerne in Kauf.

    Man kann nicht beides haben: selbständiges Agieren und Entscheiden des Hundes innerhalb eines recht weiten Rahmens, und jederzeit perfekte Reaktion auf minimale Zeichen. Mir fällt kein Stein aus der Krone, wenn ich das Telefon mal laut klingeln lasse.

  • Da mag ich mich auch anschließen.

    Du hast nur ein Stadium vergessen, naijra: Manchmal, ab und an, mag die Leitung auch besetzt sein :smile: Da hilft dann eine gute Portion Humor einerseits und die Überprüfung der eigenen Konsequenz andererseits.

    LG
    cazcarra

  • Zitat

    Da mag ich mich auch anschließen.

    Du hast nur ein Stadium vergessen, naijra: Manchmal, ab und an, mag die Leitung auch besetzt sein :smile: Da hilft dann eine gute Portion Humor einerseits und die Überprüfung der eigenen Konsequenz andererseits.

    LG
    cazcarra


    Da hast du Recht, und das Rezept ist auch gut! :gut: Ein Hund, der gar nie besetzt hat und sich mal wichtigen Hundedingen widmet ist mir genauso suspekt wie einer, der im besten Alter immer nur am Nullpunkt der Erregung verbleibt. Vielleicht denke ich mit 80 anders, aber jetzt bevorzuge ich einen Hund, der intensiver lebt und der Passion hat! Auch wenn er mich manchmal wie einen Idioten dastehen lässt.....

  • @najira, ich stimme deinem Beitrag voll und ganz zu.


    Und doch habe ich genau so einen Hund.

    Genau da treffe ich auch auf mein größtes Problem: Mein Hund reagiert so dermaßen sensibel auf mich, dass er meine kleinsten Gefühlsäußerungen ausdrückt.

    Ich habe psychische Probleme, die eben ins negative münden. Dies in Kombination mit einem ängstlichen Hund (sie kommt aus einer ungarischen Tötungsstation) kann nur verdammt schwierig werden.

    Denn wenn wir draußen sind, macht Ganji allein nur das, was ich auch tue bzw ihr vorgebe (auf eine Wiese gehen, auf einen Baumstumpf springen etc).

    Allein wenn es mir gut geht, kann sie mal auch entspannen und etwas schnuppern oder auch mit anderen Hunden spielen.


    Mein Hund ist also das Spiegelbild meiner Seele.
    :gott:

  • Zitat

    Mein Hund ist also das Spiegelbild meiner Seele.
    :gott:

    Das sind Hunde doch immer. Eine Freundin von mir meinte mal: "deine Hunde sind jeder ein Teil von dir."

    Rocky mit ihrer Trampeligkeit, ihrem selbstbewusstem Auftreten
    Peppi mit ihrem Arbeitseifer und ihrer Gelassenheit in schweren Situationen
    Frida (als sie noch da war) immer gut gelaunt, genau wie Frauchen
    Kalle mit ihrer Feinheit und Aufmerksamkeit

    Ich denke man gibt sehr viel an seine Hunde weiter und wenn man mit sich selber im reinen ist, merkt man das an den Hunden am ehesten.

  • Zitat

    Allein wenn es mir gut geht, kann sie mal auch entspannen und etwas schnuppern oder auch mit anderen Hunden spielen.

    Mein Hund ist also das Spiegelbild meiner Seele.
    :gott:

    Liebe Lena,

    ist zwar jetzt ein wenig vom Thema abweichend -
    aber ich finde es total fazinierend welche "Zufälle" einem Menschen immer genau DEN Hund bringen, den dieser Mensch braucht um sich persönlich weiter zu entwickeln.

    Mein Seelenhund Jacko ist auch auf einem Weg bei mir gelandet, der eigentlich für mich völlig untypisch ist. Und wow - was für eine Herrausforderung war und ist er noch immer für mich. Obwohl ich schon mächtig gewachsen bin durch ihn.

    Ich hoffe Deine Ganji läßt Dich ebenso wachsen. :bussi:

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