Umwelt-Belohnungen nach Premack-Prinzip

  • mh, mir ist die Premack-Methode zu kompliziert.


    Ich vergleiche das gerade mit: wenn ich von Berlin nach Hamburg möchte kann ich über Hannover, Bremen und dann nach Hamburg fahren (Premack) oder ich kann von Berlin gerade nach Hamburg fahren (Respekt).


    Meine Beispiele:



    Und was lernt er da? Welcher Sinn steht dahinter. Oder verpeile ich gerade etwas :D .


    Ich frage mich: ist es Sinnvoll einem Hund den Umweltreiz, den ich ja nicht möchte (also das der Hund diesem folgt), noch schmackhafter zu machen (Nutzung im Sportbereich bzw. in dem Bereichen die nicht im Alltag zu finden sind aussen vor gelassen) anstatt dem Hund den einfachen Weg nahe zu bringen, nämlich der Mensch möchte das Verhalten einfach nicht?
    Oder ist das eher etwas für HH welche diese Thematik Spaß bereitet und nicht für den doch recht einfach gestrickten HH (wie mich) der einfach nur einen Hund möchte der nicht hinter z.B. Vögel herjagt, andere Menschen nicht anspringt (außer sie fordern extrag dazu auf) zu anderen Hunden nicht hinlaufen sollen?

  • Terry,
    du gehst den Gelichen Umweg, du nennst ihn nur anders :p


    Der Sinn dahinter ist dieser.
    Den Umweltreiz will ich auch nicht.
    Ich kann entweder dagegen anarbeiten - und damit gleichzeitig auch gegen den Hund (was man an Deinen "ich lass ihn nicht an den Futternapf -Beispielen seeeeehr gut sehen kann!! ;) ) - oder ich kann es eiskalt für mich nutzen.


    Wie oft lesen wir hier im Forum von Hunden, die im Haus alles können, die aber schon im Garten alles vergessen haben, und spätestens in Feld, Wald, Wiese keine Leckerchen oder Spielzeug mehr nehmen. Die sind komplett von der Umwelt abgelenkt.
    Wie will man diese Hunde trainieren, die Umwelt auch mal zu ignorieren, und auf ihren Menschen zu achten, wenn weder Kekse noch Spielzeug noch Mensch "ziehen" man aber auch nicht mit aversiven Mitteln arbeiten mag (oder sie jedenfalls so wenig wie möglich einsetzen will) Anmerkung: hier jetzt bitte keine Diskussion über aversive Mittel - Dankeeee :gut: ).


    ich kann entweder die Spaßbremse für den Hund machen oder sagen "Hey, wenn Du Verhalten XY machst, darfst du anschließend im See schwimmen!"
    Weil "im See schwimmen" für diesen Hund der Oberknaller und Höhepunkt des Tages ist, wird Verhalten XY positiv bestärkt = es wird öfter gezeigt und es wir direkt mit dem Höhepunkt des Tages Gefühl verknüpft = wann darf ich das Vehalten XY endlich wieder machen, dann darf ich auch wiede rim See schwimmen.
    ich arbeite MIT dem Hund und MIT der Umwelt um das Verhalten, das ich haben möchte bestärken zu können.
    Es ist Mühsam und sieht mal so gar nicht elegant aus, und es dauert vielleicht was länger als bei einem Fressack-Hund, der immer und überall alles fressen kann und will, aber es geht ziemlich viel schneller, als wenn man gegen die Süchte seines Hundes anarbeitet.


    Ich habe eine Schäferhündin im Training, die mag manchmal keine Leckerchen. der Gebe ich einen Keks, und belohne das "Keks in den Mund nehmen" mit Reizangel-Spiel - das mache ich vier fünf Mal, und dann kann ich Leckerchen als Belohnung nehmen, und muß nicht zum "Bei Fuß"-Üben eine Reizangel mit mir rumschleppen - das habe ich anfangs gemacht, und es war extrem umständlich, kann ich Dir sagen :lachtot: - aber für sie war das der Oberknaller!!


    Leider sind Herrchen und Frauchen ziemlich unkoordiniert und bekommen das nicht in schönem Timing hin - daher die "Essen durch Reizangeln bestärken"-Umwege...


  • Ich versuche mir bei diesen Dingen immer den Alltag mit meinen Hunden vorzustellen.


    Ich versuche es mal anhand von Ashkii so zu erklären wie ich es verstehe:
    Erste Runde, mir kommt eine Person entgegen. Ashkii soll lernen diesen nicht anzuspringen (bei ihm ist dies tatsächlich eine Sucht). Würde ich dies nun als Bestätigung nutzen wollen (in der Hoffnung der Passant spielt da mit) würde ich also warten bis Ashkii mir etwas Anbietet (ein Sitz z.B.) und dann dürfte er, als Belohnung, diesen Passanten begrüssen und anspringen. Gut, irgendwann wird sich Ashkii dann also von allein Hinsetzten wenn er einen Menschen sichtet. Wie wird das dann gehändelt wenn man sehr viele Menschen trifft (denn Hund wird ja schließlich auch auf Belohnung warten, denn nur aus dem Grunde macht er ja etwas, nicht weil ich es möchte)? Oder ich mache es eben mit Keksen, dann bekäme er den Keks wenn er ordentlich an dem Passanten vorbeigeht. Wobei sein ganzes Denken nur auf den Keks gerichtet ist. Ich bin da nebensächlich, bin ja nur der Keksgeber. Und das dann ausgedehnt auf die Runde mit Vögel jagen, zu anderen Hunden hinspringen, öfters Passanten begegnen, alles Fressen was man findet (oder darin wälzen). Das wäre dann meine Gassierunde mit 100% mir überlegen was und wie ich ihn "belohne" damit er etwas nicht tut, ne eigentlich das er es letztendlich doch tun darf aber vorher etwas anderes machen darf? Ach ja, und einen zweiten Hund habe ich auch noch der gern mal was aufnimmt (wenn ich es ihm in der Form erlauben würde, als Umweltbelohnung), andere Hunde gern Maß nimmt usw.?
    Du siehst wie kompliziert das für mich ist. Da gehe ich lieber den geraden Weg (der natürlich auch mit Arbeit verbunden ist), sage den Hunden was ich nicht wünsche und kann mit ihnen laufen ohne ihnen für jede Handlung die ich nicht wünsche, irgendwas bieten zu müssen.
    Oder ich verstehe das alles falsch und müsste mir das mal einen Tag in der Praxis anschauen.

  • Ohne zu wissen, wie das heißt, was ich tue, habe ich das bei der Tibi-Hündin meiner Mutter angewendet. Die Hündin ist ein begeisterter Jäger (Häschen, Vögel, Eichhörnchen). Da wir morgens von 4:30 Uhr - 6:00 Uhr Radfahren und dementsprechen viele Kaninchen runhoppeln, habe ich ihr beigebracht, dass sie, wenn sie auf Kommando zu mir kommt und "fragt", losrennen darf und Häschen jagen darf. Mein Rüde wartet sowieso auf Erlaubnis, bei ihm gleiches Prinzip.


    Seitdem ist die Hündin super abrufbar und komischerweise auch bei rumliegenden fressbaren Müll draußen so drauf, dass sie zu mir kommt und sich dafür loben lässt, dass sie es liegen lässt.


    Mit dem Ball oder Futter bräuchte man ihr beim Jagen garnicht kommen . . .

  • Zitat

    Ohne zu wissen, wie das heißt, was ich tue, habe ich das bei der Tibi-Hündin meiner Mutter angewendet. Die Hündin ist ein begeisterter Jäger (Häschen, Vögel, Eichhörnchen). Da wir morgens von 4:30 Uhr - 6:00 Uhr Radfahren und dementsprechen viele Kaninchen runhoppeln, habe ich ihr beigebracht, dass sie, wenn sie auf Kommando zu mir kommt und "fragt", losrennen darf und Häschen jagen darf. Mein Rüde wartet sowieso auf Erlaubnis, bei ihm gleiches Prinzip.


    Seitdem ist die Hündin super abrufbar und komischerweise auch bei rumliegenden fressbaren Müll draußen so drauf, dass sie zu mir kommt und sich dafür loben lässt, dass sie es liegen lässt.


    Mit dem Ball oder Futter bräuchte man ihr beim Jagen garnicht kommen . . .


    Bedeutet dies aber nicht das ich diese "Belohnung" immer mal wieder bieten muss, damit das Ergebnis bleibt? Will heißen ich muss dem Hund das Hetzen erlauben? Holt sie sich die Erlaubnis aus Prinzip oder hetzt sie sofort wenn du sie nicht abrufen würdest (damit sie erst kommt und dann losläuft nach Erlaubnis)?
    Wie wird das gehändelt in den Fällen, in denen Jäger jeden hetzenden Hund erschießen? Ist das nicht ein Risiko? Wie wird das gehändelt wenn ein Hund jedesmal auf die Belohnung besteht? Erhält der Hund je die Chance zu lernen das er erst gar nicht hetzen soll?
    Oje, je mehr ich mich damit beschäftige umso mehr Fragen hab ich :D

  • Zitat

    Holt sie sich die Erlaubnis aus Prinzip oder hetzt sie sofort wenn du sie nicht abrufen würdest (damit sie erst kommt und dann losläuft nach Erlaubnis)?


    Sie lässt sich abrufen, dann folgt auch mal eine kleine gehorsamseinheit und dann darf sie laufen.

    Zitat

    Wie wird das gehändelt in den Fällen, in denen Jäger jeden hetzenden Hund erschießen? Ist das nicht ein Risiko? Wie wird das gehändelt wenn ein Hund jedesmal auf die Belohnung besteht?


    Da gibt´s keine Jäger, weil es kein Wald ist. Ist ein Wanderweg um den Hamburger Flughafen rum mit viel Wiesen etc. Sie fordert nicht ein - sie lässt sich abrufen, weil Zurückkomen nicht automatisch heißt: Spaß vorbei.
    Wenn ich auf der Wiese mit den Hunden arbeite, lässt sie die Hasen Hasen sein und macht mit.

    Zitat

    Erhält der Hund je die Chance zu lernen das er erst gar nicht hetzen soll?


    Was heißt Chance? Ich denke bei diesem Hund gilt: Er macht es ohne oder mit Kontrolle. Und da es nicht mein Hund ist und ich ihn demnetsprechen am WE oder im Urlaub selten sehe, bin ich mit unsere Lösung mehr als zufrieden.

    Zitat

    Bedeutet dies aber nicht das ich diese "Belohnung" immer mal wieder bieten muss, damit das Ergebnis bleibt?


    Es ist auf jeden Fall sinnvoll, wenn es mehrmals die Woche ist, zumindest in der "Lernphase".

  • Du hast geschrieben, dass Du den Napf runterstellst, den Hund aber nicht ran läßt. Das kannst Du "Respekt" nennen, oder eben "Premack" - der Lernprozess, der dahinterliegt ist der gleiche.
    Das Verhalten, dass Du bestärkst, könnte man vielleicht "Frauchen respektieren" nennen, oder "sitzen" oder "liegen" oder "warten". Auf jeden Fall ist es ein Verhalten, was wir haben möchten, und das durch das anschließende Fressen dürfen bestärkt wird.


    Ich denke, der wesentliche Unterschied, zwischen dem was ich geschrieben habe und dem was Du schreibst ist Semantisch.
    Wichtig ist doch, dass der Hund weiß, was er machen soll, oder nicht?
    Dass er weiß, was die verschiedenen Signale seines Menschen bedeuten, und dass er sie befolgen sollte.
    Weiß er dass er kommen soll, weil er Respekt hat?
    Ist "Respekt" eine Motivation?
    Ich muß gestehen, dass ich mit solchen Begründungen ein Problem habe und zwar, weil Hunde Oportunisten sind, und tun, was sich lohnt. Natürlich kann es sich lohnen "respektvoll" zu sein. Aber kann man so Verhalten erklären, besonders welches, was den Hunden in der jeweiligen Situation wiederstreben würde: z.B. Abruf von Wild?
    Das muß aus Hundesicht ja komplet wiedersinnig sein, warum sollte er das machen?
    Was genau ist "Respekt" und wie wird es erreicht?
    Ist "REspekt" u.a. zum Beispiel, dass der Hund sich hinsetzt und sich die Leine anklipsen läßt, anstatt wild durch die GEgend zu toben? Falls ja, sioeso sagt man dass dann nicht einfach: ich möchte, dass der Hund in Situation XY sich setzt. Punkt.
    Statt, ich möchte das der Hund Respekt zeigt. Weiß ich, wie das ausieht? Weiß ich wie man das Trainiert?, weiß der Hund wie es aussehen soll?


    Ich finde es ist umständlich, das so auszudrücken ;) obwohl es doch das gleiche will!
    Was ich damit sagen will: bei der einen Version hat auch ein Unbeteiligter ein ziemlich klares Bild im Kopf, wie das aussieht. bei der anderen stellt sich jeder was anderes Vor, weil jeder "Respekt" anders definiert.



    Hunde lernen genau wie alle anderen Tiere den Lerngesetzen folgend Verhalten zu wiederholen, dessen Kosequenz für sie lohnend erscheint und Verhalten zu meiden, dass ihnen vermeidenswert erscheint.
    Jedes Verhalten hat eine Motivation (entweder die Kosequenz zu erhalten oder zu vermeiden).
    Welches ist die Motivation Deines Hundes?



    Hm, verrenken.
    Wie versuche ich es zu verdeutlichen...
    Wenn Barry gerne schwimmt, aber er in der Gegend wo er ist, gar nicht von "der Möglickeit schwimmen zu können" abgelenkt ist, hat Du natürlich keine Gelegenheit zu "Premacken".
    DAs was man nutzen kann, hängt doch von den Interessen des Hunde UND den Gelegenheiten der Umwelt ab.
    Wenn ich mit einem Mäusefetischisten in der Stadt wohne, wo es in dem Stadtpark, in dem ich ausschließlich spazieren gehe keine Mäuse gibt, dann kann ich das nicht verwenden...
    Beim Premacken geht es (mir zumindest, vielleicht sehen andere das ja anders) darum, dass wenn ich merke, Hund ist JETZT gerade von Ablenkung XY fasziniert, ich die Gelegenheit beim schopfe packe und ein Verhalten, dass noch etwas Politur gebrauchen kann und was man in der Situation gut abfragen kann, abfrage, um die Ablenkung als BEstärker zu verwenden.
    Wenn ich einen Beagle habe, der immer mit der Nase auf dem Boden hängt, kann ich "Blickkontakt" durch "Geh Schnüffeln" bestärken. Mache ich das oft genug, erhalte ich immer besseren Blickontakt, irgendwann vielleicht mal sogar beim an der Leine gehen.
    Wenn ich einen Rüden habe, der fünf Meter vor der nächsten Laterne in der Leine hängt, weil er "I was here" da dran schreiben muß, dann kann ich doch welches Verhalten auch immer damit belohnen.
    Denn, die meisten lassen den Beagle sowieso mit der Nase an die ERde und den Rüden an die Laterne Pinkeln. Also quasi gratis. Ich lass mir das vorher bezahlen...




    Terry, ich will gar nicht, dass der Hund seine Süchte besiegt. Ich möchte sie für meine Zwecke nutzen. Als Nebenprodukt erlange ich Kontrolle darüber. Und wahrscheinlich bekommt auch der Hund etwas Kontrolle darüber - nämlich das, was man "Impulskontrolle" nennt.
    Es ist für den Hund Lebensnotwenig, schnüffeln, buddeln, rennen, spielen zu dürfen. Das will ich doch nicht "beheben". ich willes nutzen, dass er das will und braucht.
    Es gibt eine Phantastische Kanadische Trainerin, die nebenher Llamas züchtet. Die belohnt ihre Llamahengst für "an lockerer Leine gehen" mit Sex... sie macht das garantiert nicht, um dem HEngst "Lamastuten decken" abzugewöhnen, sondern um ihn vernünftig an der Leine von A nach B führen zu können. Und sie nimmt den Bestärker, der ihr in einer bestimmten Situation (nämlich in der, wo sie mit dem Hengst zur Stute unterwegs ist...) zur Verfügung steht. Sie hat alles, was sie zum Premacken braucht: ein dringendes Bedürfnis des Tieres, eine Gelegenheit, wo es ds sowieso ausleben wird!!! Und einen Traingsweg, der ein anderes anderweitig benötigtes Verhalten bestärkt.
    Natürlich MUSS sie das nicht machen, aber warum eine solche Gelegenheit verschenken? Warum ein solch hochwertigen Bestärker "für Lau" oder womöglich noch für unerwünschtes Verhalten (ziehen an der Leine) hergeben?


    Wenn Barry ein Wasserfanatischer Hund wäre, der schon beim Geruch von "Teich" ausflippt, sosehr, dass er jeglichen Respekt vergißt (und ich kenne solche Hunde...), und Du an dem Teich jedes einzelne Mal vorbei müßtest um mit Barry Gassi zu gehen - hättest Du dann nicht vielleicht gerne eine Möglichkeit diesen Scheißteich, diese Riesenablenkung für Deine Zwecke (die Erinnerung für Barry etwas respektvoller zu sein) zu nutzen?



    Dein Beispiel mit dem Anspringen finde ich schön.
    ich versuche es ein wenig zu verklaren:
    Der Hund springt ja nicht an, weil er anspringen, will, sondern weil er angemessen (aus Hundesicht) den Menschen begrüßen will, und dazu muß (aus Hundesicht) Hundenase an Menschenmund schnuppern.
    Das Verhalten ist also nicht "Anspringen" sondern "Begrüßen". Das kann ich ja erlauben, aber eben auf die Art und Weise, die auch den begrüßten Menschen angenehmer ist (Hund streicheln, während der sitzt).
    Ein wesentlicher Bestandteil DIESES Verhaltens wiederum ist "Sitzen unter Ablenkung" und das kann ich eben in allen möglichen anderen ablenkenden Situationen bestärken, z.B. bevor ich die Leine abmache und Fido zum rennen freigebe.
    Ich KANN sogar "Anspringen" unter Singal stellen - mit Leuten, die sich gerne anspringen lassen, es soll sie ja geben... und das Anspringen dann tatsächlich bei diesen bestimmten Leuten als Bestärkung für "vorher aber Hinsetzen" verwenden.
    Dadurch wird das Hinsetzen IN DER SPEZIELLEN Begrüßungssituatiuon mit genau dem Bestärkt, was der Hund will und zwar auch noch im besonders Wirksamen "variablen BEstärkungs" Modus. Lottogewinn, jipeeeeh!


    Durch das Premacken versuchen wir Sitzen, Liegen, Bleiben, Warten, Fuß gehen, Zurückkommen, an lockerer Leine gehen etc. vielfältig mit dem zu bestärken, was die Umwelt für den Hund als Bestärker bereit hält.


    Das mit dem "Keksgeber" finde ich auch nicht richtig. Ich weiß nicht genau, wie solche Ansichten zustande kommen. Daher fällt es mit schwer, die richtigen Argumente zu finden. Aber wenn wir noch eine bißchen weiter schnacken fällt mir vielleicht noch was ein, was irgendwie aufklärt, was ich meine :???:
    Ich versuch mal.
    Hunde tun, was lohnt.
    Jeder Hund muß essen.
    Warum also das Essen "für Lau" in den Napf tun?
    ich kann doch statt dessen ziemlich häuft damit sagen: ja, genau das Verhalten gerade fand ich prima, bitte mehr davon in zukunft zeigen!
    Ich glaube ein großer gedanklicher Haken liegt in dem oft gelesenen Satz "ich bestärke den Hund für XY". Der ist leider nicht ganz richtig, denn es wird nicht der Hund bestärkt, sondern das Verhalten, das er gerade gezeigt hat. Und wie sehr das stimmt, kann man bei Clickern toll sehen. Wenn ich ein Verhalten clicke, wird dieses Verhalten öfter auftreten, auch wenn sich der hund noch nicht bewußt ist, welches Verhalten es genau ist. DAs ist eine Tatsache und ein oft geschildertes Clickeranfänger-Problem. Denn es wird in diversen Büchern empfohlen, den Hund erst mal tagelang auf den Clicker zu konditionieren. Weil die Leute damit beschäftigt sind, den "clicker zu konditioieren", achten sie nicht darauf, was der Hund macht, und der sitzt und bietet Blickkontakt an. Irgendwann ist "der Clicker dann Konditioniert" und man versucht was zu shapen und der Hund "sitzt nur und starrt mich an und bietet kein Verhalten an! - Ach!
    Na, wenn das drei Tage lang tausendmal bestärkt wurde?? Welch Wunder!
    Wenn ich also "nett am Passanten vorbeigehen" mit einem Keks, durch Lob, oder wie auch immer bestärke, ist das Verhalten danach besser als zuvor! Es ist egal mit was ich belohne und was ich selber über diese Belohnung denke, der Hund muß diese Belohnung nur in dem Moment gerade als belohnend empfinden.


    Wenn der Hund es toll findet, sich in Fuchskakka zu wälzen ist es ihm egal, was ich darüber denke, er tuts, weils ihm gefällt.
    Wenn ich ihm jetzt also erlaube, sich in FK zu wälzen bin ich dann der FK-Spender?
    Er wird "ich wälze mich" mit dem Verhalten direkt davor in Verbindung bringen. Wenn ich dummerweise gerade "Komm" gerufen habe, als er mit großem Satz in sein Lieblingsparfüm sprang, habe ich geade grandiose Scheiße gebaut, indem ich nämlich das Nichtbefolgen des "Komm" mit "FK-Wälzen" bestärkt habe. Ups!
    Andererseits wird er das Wort "Komm" vielleicht jetzt schöner finden als zuvor, weil es ja dicht gefolgt von Stinkebad war...


    In der Praxis:
    Was macht einer Deiner Hunde gerne, was Du zwar nicht wirklich gerne siehst, aber weder gefährlich für den Hund, noch für andere ist, und was Du aber quasie immer verbietest?


    Ich habe gerade neulich in einem FRed gelesen, ich weiß nicht ob das hier war, oder einem anderen Forum. Wo der Hund immer wieder Pommes von der Straße gesammelt hat (da war wohl ein Mäkkes in der nähe...). Als Alternativ-Verhalten wurde Umorientierung auf Frauchen mit gelegentlichen Pommes essen dürfen bestärkt (erst mal natürlich an der Leine um Selbstbedienung verhindern zu können) - Jetzt fängt der Hund an, Pommestüten Anzuzeigen, indem er auf die Tüte guckt, Frauchen anguckt, die Tüte an guckt, Frauchen anguckt... ohne Leine!
    Er KÖNNTE sich also direkt auf die Pommes stürzen, fragt aber trotzdem, ob Frauchen das erlaubt. Frauchen sagt manchmal, ne, die sind zu gammelig, nimm lieber ein stück Putenwurst! oder "ja, hau rein!

  • Martina ... solltest du irgendwann ein Buch schreiben wollen ... ich würde es sofort lesen!!!


    Wobei ich auch Terrys Weg interessant finde, zumindest was sie schreibt. Man muss "Erziehungsmethoden" life bzw. eben in bewegten Bildern sehen um genau zu sehen was sie meint. Schade das Terry nicht mehr in Berlin wohnt.


    Was diese Premack Methode u.ä. angeht, habe ich mich ja die letzten Tage durch den Blog von Ute BB gelesen und geschaut und kann mir da schon viel mehr vorstellen wie das in der Praxis aussieht und ich finde es sehr faszinierend.

  • Hallo,


    mal kurz was zu den Methoden von Terry.


    1. wird diese Respekt-Geschichte bei vielen Hunden nicht funktionieren, weil Hunde nicht so einfach sind, wie es dargestellt wird.
    Ich finde auch das Wort "Respekt" zwischen Mensch-Hund-Gefüge äußerst unglücklich gewählt. Das passt einfach nicht.
    Mein Hund ist ja wie gesagt, ein leidenschaftlicher Fresser. Und er vergisst buchstäblich die Welt um sich herum, wenn er was "Leckeres" draußen findet. Terry, Du würdest ihn dann in dem Moment als respektlos mir gegenüber empfinden.
    Mein Hund gehört aber zu der Sorte, der sich während er das gefundene frisst tot prügeln lassen würde.
    Das ist dem einfach wichtiger. Der lässt sich durch nix beeindrucken, was das Thema angeht. Da komm ich mit 3 Mal Bewegungseinschränkung nicht weiter, zumal ihm Bewegung auch nicht wichtig ist. Dem ist das Latte, ob da 3 Stunden Leine dran ist oder nicht.


    2. Ein Mensch bildet mit dem Hund kein Rudel. Rudel bilden sich nur innerartlich. Und natürlich folgt der Hund dem Mensch, er wurde auf diesen geprägt und ist automatisch abhängig. Wir regeln alles, daher ist es zu einfach zu sagen, ich schränke halt ein und schon hab ich den gut erzogenen Hund.


    3. Ich persönlich mag lieber dem Hund vermitteln welches Verhalten ich wünsche und nicht umgekehrt erstmal vermitteln was ich NICHT möchte.
    Ich schränke meinen Hund den ganzen Tag ein und daher finde ich es fairer, dem Hund zu zeigen was ich möchte.
    Er weiß ja erstmal nicht, dass Hasen jagen, Menschen anspringen, Dinge draußen fressen etc. nicht vom Menschen gewünscht ist.


    Für einen leicht zu beeindruckenden Hund wird das sicher mal in einigen Bereichen klappen, wenn ich mir "Respekt" verschaffe.
    Aber ich hab ein lebendiges Wesen mit Hirn und Emotionen hier liegen und kein Stofftier.


    Der Bach würde um an den begehrten Futternapf zu kommen die Integralrechnung erlernen wenns sein müsste. :D


    LG Regine

  • Martina, vielen Dank, du hast mir viel Schreibarbeit erspart. Hatte nämlich vor, nach dem Hundespaziergang eine Antwort zu schreiben, dass Terri selber das Premack-Prinzip anwendet, wenn auch nicht in Verbindung mit einer Belohnung, die der Umwelt entnommen ist.... ;)

    Zitat

    Ich stelle Futternapf trotzdem hin und lasse Hund nicht ran. Hund wird sich also zurückziehen und erst ran gehen wenn ich weg bin (Respekt, verstehen die meisten Hund beim zweiten Mal, nur etwas "langsamere" Hunde brauchen da mal eine Ansage).


    Super Beispiel! Der Hund möchte das Futter, darf aber erst ran, wenn er Terri den Respekt erwiesen hat. Da die Belohnung in dem Moment sehr hohen Wert hat, wird das "Respekt erweisen" verstärkt und für den Hund positiver belegt. Gleiche Sache mit dem Spielzeug; auch da verstärkt Terri gezielt die weniger gern gezeigte Handlung mit der nachfolgenden Belohnung. Die Unterschiede liegen tatsächlich weniger im Vorgehen, sondern im Benennen und in der Interpretation.


    Zitat

    Ich frage mich: ist es Sinnvoll einem Hund den Umweltreiz, den ich ja nicht möchte (also das der Hund diesem folgt), noch schmackhafter zu machen (Nutzung im Sportbereich bzw. in dem Bereichen die nicht im Alltag zu finden sind aussen vor gelassen) anstatt dem Hund den einfachen Weg nahe zu bringen, nämlich der Mensch möchte das Verhalten einfach nicht?
    Oder ist das eher etwas für HH welche diese Thematik Spaß bereitet und nicht für den doch recht einfach gestrickten HH (wie mich) der einfach nur einen Hund möchte der nicht hinter z.B. Vögel herjagt, andere Menschen nicht anspringt (außer sie fordern extrag dazu auf) zu anderen Hunden nicht hinlaufen sollen?


    Eine berechtigte Frage, die auch die Grenzen der Umwelt-Belohnungen aufzeigt. Ich würde da keine pauschalen Antworten geben, es hängt viel vom Hund-Halter-Gespann ab. Nicht jeder Halter kann Verbote so etablieren und durchsetzen, dass der Hund sie auf jede Distanz respektiert. Oder die Motivation, Verbotenes zu tun kann so hoch sein, dass sie die Angst vor Sanktionen übertrifft - ein Hund tut immer das, was ihm gerade am lohnendsten erscheint.


    In vielen Fällen ist es aber einfacher und absolut ausreichend, dem Hund etwas zu verbieten. Handelt es sich allerdings um Grundbedürfnisse des Hundes, wird es schwierig, wenn man nicht gleichzeitig anderweitig dafür sorgt, dass der Hund die Bedürfnisse in passender Form stillen kann. Sprich: wenn ich nicht möchte, dass der Hund sich sein Futter selbständig sucht, werde ich ihn irgendwie füttern müssen.


    Es kommt immer drauf an, was man will. Kann man ein Verhalten zuverlässig deckeln, ohne nennenswerte Frustration zu erzeugen, ist das in meinen Augen ok. Ich habe auch so Dinge, die ich einfach nicht haben will und das klappt (noch besser aber klappt es, wenn ich erwünschtes Verhalten auch verstärke). Bei andern Dingen haben der Hund und ich weniger Stress und mehr Befriedigung, wenn das Verhalten unter Signalkontrolle kommt und gezielt genutzt werden kann. Ich würde auch nicht den Hund mit einer echten Hasenhetze belohnen. Ich wähle Belohnungen, die ich vertreten kann, bzw. modifiziere die vom Hund angestrebte Belohnung zu einer Ersatzhandlung.

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