ANTI-JAGD-TRAINING oder Dr. Jekyll und Mr. Hyde

  • "Anti-Jagd-Training" ist - gerade wenn der Hund schon selbstbelohnende Erfahrungen gemacht hat (so wie bei euch heut die Jagd hinter den Rehen) - ein sehr langwieriger Prozess. Den Jagdtrieb eines Hundes kann man nicht mehr "abschalten", der ist ja u.a. auch genetisch verankert und wird dann natürlich durch eigene Erlebnisse und Verhaltensweisen gefördert. Auf bessere Zeiten hoffen ist da wohl leider etwas illusorisch (wenns nicht nur pubertäres Gehabe ist, dazu zähle ich minutenlang nem Reh hinterher aber nicht) Man kann nur über Training und Gehorsam andere, erwünschte Verhaltensweisen etablieren und festigen, unerwünschtes Verhalten in bestimmten Situationen mit einem fairen und funktionirenden Abbruch abbrechen, sinnvolle und anlagengerechte Auslastung für den Hund finden und ihn im Zweifel managen. Und möglichst nicht immer gegen seine Veranlagung anarbeiten, das sorgt für Frust auf beiden Seiten und ist auch nicht sehr fair dem Hund gegenüber. Das ist zumindest meine Meinung.

    Aber um Mut zu machen: meine Hündin hat einen sehr ausgeprägten Jagdttrieb, auf Sicht und auf Spur und durchaus ernsthaft. Dies zeigte sie schon im frühesten Junghundalter. Leider war ich damals völlig unerfahren, von dem Ausmaß auch überrascht und überfordert... wir haben also durchaus auch unsere Geschichte mit einigen Jagderlebnissen. Ich habe mich aber ziemlich reingehängt, mir eine gute Trainerin gesucht und an verschiedenen Themen gearbeitet (s.o.) - habe aber niemals für möglich gehalten, dass völlig entspannter, sicherer Freilauf bei uns irgendwann möglich sein würde. Das habe ich für mich akzeptiert und angenommen und wollte das beste draus machen, hab immer weiter dran gearbeitet. Aktueller Stand (seit etwa 1 Jahr): ganz viel Vertrauen, Bindung, Fokus auf mich und n guter Gehorsam machen viel und entspannten Freilauf möglich. Und ansonsten kann ich sie mittlerweile so gut lesen, die Umgebung einschätzen, dass ich einfach situativ entscheide, wann ich anleine. (Das Ziel muss ja nicht 100% Freilauf immer und überall möglich sein.)
    Der Weg lohnt sich also!

  • Ja das weiß ich, dass so Jagderfahrungen richtig doof sind, aus genanntem Grund.

    Das nervt mich total. Ich hab die Schlepp eigentlich auch meistens noch irgendwie anders gesichert, nur heute gerade nicht.


    Ich wollte nie einen Jagdhund. Wir wollten einen kleineren Begleithund (die Mutter ist ziemlich klein) und ich Depp hab mich von der Tierschutzdame überzeugen lassen. Ziemlich naiv, ich weiß.


    Jetzt haben wir einen Deutsch Kurzhaar-HSH Mix (laut Gen Test) und kämpfen als Anfänger mit Jagd- und ordentlichem Wachtrieb an allen Fronten.

    Ich gebe mein Bestes und vieles klappt auch schon gut. Aber ich befürchte, dass es immer kompliziert sein wird mit ihr. Das frustriert mich immer wieder mal sehr. Einfach weil ich realistisch betrachtet mich nicht so reinhängen kann, wie es wahrscheinlich nötig wäre. Ich hab auch noch zwei Kids die schon viele Abstriche machen müssen durch den Hund. Und sie haben auch nur diese eine Kindheit. Oft muss ich bei Wünschen sagen: sorry Kids, das geht nicht, wegen unserem Hund, weil mitnehmen geht nicht und alleine bleiben kann sie noch nicht so lange.


    Wir haben unseren Urlaub umgebucht von Kroatien in die Bretagne verlegt, weil weniger Menschen und dadurch hoffentlich weniger Stress fur den Hund. Die Kids sind enttäuscht, weil man da halt nicht baden kann.


    Somit wird es vermutlich immer viel Management bleiben und ich werde immer wieder an mir und meiner Einstellung arbeiten müssen. Wir versuchen das Beste aus allem zu machen, auch wenn es womöglich weder für uns noch für den Hund der Optimalfall sein wird.

  • hej Froeschle ich hab auch einen Hund, der sehr gerne jagen würde und wir wursteln uns so durch. Sie ist fünf und seit einer ganzen Weile können wir Spaziergänge an der Leine (3m-Führleine, 8m-Flexi oder 5m-Schlepp) ganz gut genießen. Hab ich mir anders vorgestellt, vor 2,5 Jahren sah es anders aus aber so ists meistens ok.

    Unterschiedliche Hunde haben unterschiedliche Anlagen und vielleicht fällt dir bei deiner Hündin bald auf, was du an ihr schätzt.

    Das Jagdthema beeinträchtigt mich zB wenn wir spazieren. Ansonsten ist sie eine wunderbare Begleitung, das sind ja mehr Stunden am Tag.

    Ich sehe, dass wir Fortschritte machen und ich bin frohen Mutes, dass das nicht aufhört.

  • Das Jagdthema beeinträchtigt mich zB wenn wir spazieren. Ansonsten ist sie eine wunderbare Begleitung, das sind ja mehr Stunden am Tag.

    Ich sehe, dass wir Fortschritte machen und ich bin frohen Mutes, dass das nicht aufhört.

    Das ist hier auch so.

    Hope ist charakterlich zu Hause und egal wo einfach super und problemlos. Toll mit Hunden, toll mit Menschen, angenehm im Alltag.


    Nur beim Gassi haben wir halt unsere Schwierigkeiten, weil das Jagdthema wirklich anstrengend ist.

    Aber wir wurschteln uns halt auch so durch.


    Wir haben übrigens auch das Wandern im Zuggeschirr für uns entdeckt. Hätte mir vor diesem Hund mal wer gesagt, dass ich mit sowas mal anfange, hätte ich den für verrückt erklärt :D



    Heute war ich total in Gedanken, Hope links am Wegesrand wieder Mäuse am suchen, ich schicke sie weiter und plötzlich stehen rechts im Wald so 10m entfernt 2 Rehe.

    Hope hat sie dann auch gesehen und blieb doch tatsächlich stehen.

    Wirklich ansprechbar war sie nicht, aber sie blieb auf dem Weg, zerrte nicht so sehr an der Leine und konnte auch zügig weiter gehen.

    Dafür hat sie dann auf dem Feld wieder ne Krähe jagen wollen -.-

  • Lieben Dank für euren Zuspruch :nicken: das tut gut zu lesen.


    Heißt das, dass der Hund ein eigens fürs Ziehen-dürfen bzw. sollen ein spezielles Geschirr anbekommt? Und lernt man ihm dann nicht auch das Ziehen am Alltagsgeschirr oder kann er da unterscheiden?


    Ja, sie ist ansonsten eine supertolle Maus. Also hier Zuhause. Sie ist megatoll mit den Kids und kuschelt mit allen gerne oder zieht sich in ihre Höhle zurück, wenn sie Ruhe braucht.


    Wenn sie wacht und meldet, lässt sie sich gut abbrechen und auf ihren Platz schicken. Wenn nicht gerade wild oder eine Katze in der Nähe ist, kann sie schon super an der kurzen Leine gehen. Also, ja, sofern wir irgendwann, trotz Jagdtrieb, entspannt an der Leine spazieren gehen können, bin ich ja schon zufrieden. Auch wenn's anders gedacht war. :roll:


    Und natürlich üben wir weiter.

  • Heißt das, dass der Hund ein eigens fürs Ziehen-dürfen bzw. sollen ein spezielles Geschirr anbekommt? Und lernt man ihm dann nicht auch das Ziehen am Alltagsgeschirr oder kann er da unterscheiden?

    Genau, es gibt spezielle Geschirre für Zughundesport. Beim Canicross trägt der Mensch dann einen Gurt um Po und Hüfte, an dem der Hund mit einer flexiblen (also etwas gummiartig) Leine angespannt wird. In der Regel unterscheiden die Hunde da problemlos. Meinem Hund tut es extrem gut, sich körperlich richtig anzustrengen in so einem kontrollierten Rahmen. Schau doch mal im Thread ,,Zughundesport querbeet“ oder ,,Lauftraining mit oder ohne Hund“ vorbei, da findest du ganz viele Einblicke.

    Das muss natürlich nicht euer Weg sein, aber mir hat es sehr geholfen, ,,entspanntes Spazieren in Menschtempo“ nicht als einzig denkbare Option im Kopf zu haben

    |)

  • Lief heute echt gut mit sichtigen Rehen, die in ca. 300m Entfernung auf der Wiese standen und ästen.

    Als Kayas Nase hochging und sie einen Blick riskiert hat, hab ich direkt abgebrochen und sie auf dem Weg weitergeschickt. Erregung ist nicht hoch und sie lief gechillt den Weg weiter, obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass sie die Witterung gefangen hatte.

    In den letzten Monaten ging es richtig gut und ich hoffe, es geht so weiter.

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