Was ist Vermenschlichung und wann und wo beginnt sie ?

  • Ich glaube, dass wir alle unsere Hunde in gewisser Weise vermenschlichen.

    Das ist ja auch kein Wunder, denn schliesslich verbringen wir gemeinsam ein Stück unseres Lebens mit ihnen...und das unter einem Dach.

    Ein Hund wird dadurch automatisch zum "Familienmitglied", auch wenn es sich nur um einen Hund handelt.

    Ich finde daran gar nichts Verwerfliches, ganz im Gegenteil.

    Schliesslich erwarte ich ja auch, dass er sich meinem menschlichen Leben anpasst, meinen Tagesrhytmus akzeptiert und sich in der Familie als angenehmes Mitglied einfügt.
    Da kann man auch mal beiläufig in ganzen Sätzen dahinquatschen, auch wenn er meine Wortwahl ganz und gar nicht versteht.

    Aber den Sinn und den Tonfall hat er gelernt zu verstehen, denn Zeit uns zu beobachten und zu studieren hat er mehr als genug.
    Für mich ist es auch keine Vermenschlichung, wenn ich in der Küche koche und ab und an (rein zufällig :D ) mal ein Stückchen auf den Boden fällt.
    Vermenschlichung ist es für mich auch nicht, wenn mein Hund auf dem Sofa liegt.
    Mein Hund ist auch eindeutig mein Freund, obwohl ich niemals Hundefreund/Menschenfreund gegenüberstellen würde.
    Alles zu seiner Zeit.
    Ich bin mir auch bewusst darüber, dass Hunde ihre Menschen nicht lieben..menschlich gesehen.
    Es ist eben eine ganz andere Definition von Liebe, die Hunde gegenüber den Menschen zeigen, sicherlich nicht uneigennützig.
    Aber auch das macht nichts, denn ich bin auch der Nutzniesser in dieser Beziehung.
    Als Hundebesitzer zieht man so unglaublich viele Vorteile heraus, dass auch meinem Hund noch ein Stück von diesem Kuchen übrig bleiben soll.

    Das alles geht bei mir aber auch nur bis zu einer gewissen Grenze.

    Die ist erreicht, wenn Hunde verhätschelt und über die Massen betüddelt werden. Auch die Babysprache finde ich abartig.
    Abgesehen davon bin ich der Meinug, dass das nicht wirklich ein Hund mag.
    Mäntelchen und Co , darüber habe ich mich ja schon in dem anderen Thread geäussert, gehört in meinen Augen nicht zum Hundeleben dazu.
    Über Ausnahmen gesundheitlichen Ursprungs bin ich ja jetzt aufgeklärt worden, und habe diesbezüglich ein kleines bisschen Verständnis.
    Nicht aber, wenn Frauchen friert und meint, dass Hundi solidarisch gleich mit friert.

    Erreicht ist bei mir die Grenze auch, wenn ich die horrende Auswahl an Hundeaccessoires sehe, die so in den diversen Läden angeboten wird.
    Schleifchen, Strasssteinchen besetzte Halsbänder und und und...
    Armer Hund :/
    Arm sind für mich auch die Hunde, die ständig Badezimmerkultur betreiben müssen, um frisch und duftend zu sein.

    Und jetzt möchte ich noch etwas zur Regenbogenbrücke sagen.

    Der Glaube kann Berge versetzen, und ich finde es einfach nur schön, wenn man anderen in ihrer Traurigkeit und Verzweiflung damit helfen kann.
    Ein Hund lebt lange in der Familie und die Trauer über den Verlust ist nun mal immens gross....wie schön, wenn man den Betroffenen mit der "Regenbogenbrücke" etwas auffangen kann.

    Und mein Hund, der jahrelang sein Leben mit mir geteilt hat, soll auch in Würde über die Regenbogenbrücke gebracht werden.
    Ausserdem....wissen manche wirklich ganz genau, ob es sie nicht vielleicht doch gibt? :???:
    Trauer um einen Hund hat nichts mit Vermenschlichung zu tun, sondern mit Gefühlen.

    Und die machen nicht Halt, vor Hund und Katz.
    Und wenn ich ganz ehrlich bin, dann bin ich froh, dass es so ist.

  • Den ersten Satz übernehm ich glatt von Britta.

    Auch ich bin der Meinung, dass wir alle unsere Hunde vermenschlichen.

    Jedoch gibt es da gravierende Unterschiede. Jeder sieht es ein Stückweit anders und für jeden fängt Vermenschlichung woanders an.

    Ich persönlich kann mich nicht ausschließen, dass ich meinen Hund vermenschliche. Mein Ansinnen ist es das Leben von Paul so angenehm wie möglich zu gestalten. Jedoch achte ich sehr darauf, dass dieses Angenehm so hundgerecht wie möglich ist. Also keine Kleidchen oder so sondern dass er Rennen kann, täglich Hundefreunde trifft, seine Bedüfnisse ausreichend befriedigt werden.

    Schlimme Vermenschlichung ist für mich, wenn Hunde nicht mehr Hund sein dürfen. Wenn sie mit Frauchen oder Herrchen am Tisch sitzen müssen, dick und fett gefüttert werden, Kleidchen tragen müssen und als Modepüppchen, Kindersatz - halt so eine vom Menschen vorgegebene Rolle übernehmen müssen. Das ist für mich wirkliche Vermenschlichung.

    Ich denke und hoffe, dass Paul mit meiner Vermenschlichung ganz gut leben kann :-).

    LG
    Ulli

  • Bei mir fängt Vermenschlichung nicht bei den Beiträgen an, die man über/an seinen Hund schreibt, auch nicht da, wie man mit seinem Hund ab und an mal spricht oder wieviele tolle Dinge man für ihn kauft und woraus er frißt und worin er schläft.

    Bei mir fängt Vermenschlichung an, dass man die Kommunikation seines Hundes vermenschlicht ("Mein Hund schämt sich", "Mein Hund will mich ärgern" u.a.) und dass man die Erziehung vermenschlicht ("Ich gebe meinem Hund immer die Reste von meinem Essen, sonst guckt er so traurig", "Ich lasse meinen Hund nicht zu großen Hunden, denn die könnten ja böse zu meinem Kleinen sein" u.a.).

  • Zitat

    Vermenschlichung? Ist für mich

    - den Hund nicht wie einen Hund, sondern wie einen Menschen zu behandeln
    - dem Hund menschliche Gefühle und Gedanken zu unterstellen
    - dem Hund menschliche Bedürfnisse zu unterstellen

    Dem kann ich mich nur anschließen.

    Menschliche Gefühle einem Tier gegenüber zu hegen heißt noch lange nicht, dass man das Tier vermenschlicht. Wird aber das Tier als Partnerersatz genommen, dann wird es gerne vermenschlicht. Es gäbe weniger Hundeprobleme, wenn man die Hunde nicht so vermenschlichen würde.

    Übrigens, die Regenbogenbrücke ist eine schöne Geschichte, aber dran glauben tue ich nicht. Aber ich finde es ein zuläßiges und schönes Synonym für die Beziehung Mensch-Hund und den Tod! Trauer gegenüber einem Tier finde ich wichtig und zuläßig. Was wären wir für Menschen, wenn wir keine Gefühle hätten?! Aber Regenbogenbrücke? Nein, die gibt es nicht, die Sache ist frei erfunden. Dann glaube ich eher an den kleinen Prinzen, der sich mit dem Fuchs vertraut gemacht hat und jetzt oben bei den Sternen wohnt. Ja, bei den Sternen werde ich eines Tages meinen Hund suchen.

    Ein Regenmantel, ja das ist so ne Sache. Wenn man dem Hund nach dem Hundesport wegen den Muskeln einen Mantel anzieht finde ich das ok, alles andere, naja, da hab ich ein Problem. Der Hund wird sich nie ans Wetter gewöhnen, wenn man ihn verweichlicht. Und dass ein Hund ein Mantel braucht wie wir, das ist wahrscheinlich den Hund vermenschlichen und verweichlichen in einem. Ein Hund der nass wird und sich bewegt, braucht keinen Mantel, er braucht anschließend ein großes Handtuch und eine warme, trockene Unterlage.

    Was habe ich mal gelesen? Vom Wolf abstammen heißt nicht, ein Wolf zu sein. Aber man sollte nie vergessen, ein Hund bleibt ein Hund!

    Und in diesem Sinne viele Grüße
    Biber

  • Für mich beginnt die Vermenschlichung wenn jemand nachweislich sein Tier missbraucht für seine Bedürfnisse, weil niemand anders hält. (z.B. Mosshammer Hund).

    Man dem Hund den Zugang zu Artgenossen verweigert, weil Hundi sich nur mit Mami und Papi wohlfühlt :kopfwand:

    Seine eigenen Gedanken und Probleme in das Tierchen reininterprediert und dann an der Lösung arbeitet, anstelle sich selbst mal zu durchleuchten. Hundi ist immer traurig, Hundi hat immer ein schlechtes Gewissen.

    Wenn man seinen Hund als Zuflucht benutzt, weil man mit den Mitmenschen nicht zurecht kommt :kopfwand:

    Meine Hunde sind in erster Linie verweichlicht,
    ein Beispiel draussen regnet es, ein natürlich aufgewachsener Hund würde jetzt freudestrahlend rauswollen.
    Meine liegen freudestrahlend auf dem Sofa, wo wir jetzt gleich Schläfchen machen:-))

    Tine

  • Zitat

    Bei mir fängt Vermenschlichung nicht bei den Beiträgen an, die man über/an seinen Hund schreibt, auch nicht da, wie man mit seinem Hund ab und an mal spricht oder wieviele tolle Dinge man für ihn kauft und woraus er frißt und worin er schläft.

    Bei mir fängt Vermenschlichung an, dass man die Kommunikation seines Hundes vermenschlicht ("Mein Hund schämt sich", "Mein Hund will mich ärgern" u.a.) und dass man die Erziehung vermenschlicht ("Ich gebe meinem Hund immer die Reste von meinem Essen, sonst guckt er so traurig", "Ich lasse meinen Hund nicht zu großen Hunden, denn die könnten ja böse zu meinem Kleinen sein" u.a.).

    Genau genau genau! Das könnte ich jetzt alles nochmal abtippen und ein
    "Das ist meine Meinun:" davor tippen :D

    Mir ist es gleich, wo mein Hund schläft. Er darf manchmal ins Bett, wenn
    ich es erlaube. Sobald er runter muss, geht er runter.

    Vermenschlichung heisst für mich auch, eine Demokratie mit seinem Hund
    anzustreben. So à la: "heute entscheide ich, in welche Richtung wir
    gehen, morgen darfst Du mal."
    Vermenschlichen ist, Ausnahmen zu machen. "Ok ok, nur heute leine ich
    Dich ab, weil Du so ziehst."
    Vermenschlichen ist, wenn man meint, der Hund könne einem auch mal einen Gefallen tun (z.B. etwas ausnahmsweise lassen), man ist ja schliesslich immer so toll zu ihm :irre:
    Und die schlimmste Form der Vermenschlichung ist, wenn hündische Bedürfnisse ignoriert oder verwehrt werden, weil es "dreckig", "eklig", "nass" oder sonstwas ist.

    Lieben Gruss
    Kaja

  • Ich schliess mich auch voll Britta an. Der Hund ist definitiv ein vermenschlichtes Tier, deshalb lebt er ja mit uns. Nicht einmal mit einem Pferd kann man so zusammenleben, wie mit einem Hund. Er ist im Laufe der Zeit auch entsprechend gezüchtet worden. Man kann zwar einen Tiger abrichten, dressieren, aber mit den Hunden ist das doch irgendwie ganz was anderes. Sie haben eine sehr enge Beziehung zu uns. Trotzdem verstehen wir sie nicht. Und was ich wirklich nicht ab kann, ist, dass man vom Hund erwartet, dass er genau so reagiert, wie ein Mensch. Mein verstorbener Mann z.B. war immer total sauer, wenn unser Rüde nicht gehorchte und wollte einfach nicht einsehen, dass ein Hund anders reagiert, als ein Mensch. Der Hund konnte nie richtig erzogen werden aufgrund dieser beidseitigen Missverständnisse. Mein jetziger Freund ist ähnlich, aber er akzeptiert wohl oder übel, dass es meine Hunde sind und ich das sagen habe. Wenn er das nicht täte, würde ich ihn wegen der Hunde verlassen! Dabei vermenschliche ich die Hunde nicht, sondern sie sind mir so wichtig, weil sie ohne mich hilflos wären und natürlich weil ich sie liebe, vielleicht sind sie auch ein Kindersatz, weil ich sie genauso bedingungslos liebe, aber auf jeden Fall sind sie Lebewesen, die ich respektiere und die ich nicht abschieben kann und will, auch nicht, wenn der Mann meines Lebens das von mir verlangen würde.
    Eine Freundin von mir wäscht ihrem Pudel jedes Mal den Popo ab, wenn er sein Geschäft gemacht hat. Das finde ich auch pervers, aber sie liebt ihren Hund und behandelt ihn gut und das ist das wichtigste.
    Saluditos

  • Hallo,

    ein wirklich interessantes Thema.

    Ich glaube jeder Tierhalter vermenschlicht seine Tiere bis zu einem gewissen Maße. Das ist menschlich. Und da ist es egal, ob es sich um Hund, Katze, Maus, Pferd usw. handelt.

    Wie weit dieses vermenscheln geht, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab und auch davon was der einzelne Tierhalter für "normal" befindet.

    Dem einen Hundehalter genügt ein Pappkarton mit Decke und der andere kauft ein handgefertiges Designersofa, dem Hund, letztlich ist es egal.

    Was aber so gar nicht geht, weil das in meinen Augen über das normale heraus geht, ist z. B. eine Hochzeitsfeier für Hunde oder dieses Puppenhafte ankleiden von Hunden (ganz in rosa, passend zu Frauchens Nagellack) oder eine Schönheits-OP für kastrierte Rüden, damit diese nicht das Gefühl haben mussen, das denen was fehlt... :irre:

    Wenn das nicht vermenschlichen ist.

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