Freilauf: Risikofreude vs. Risikoaversion
-
-
Diese 100% Diskussion ist ja eher eine philosophische. Ob ein Hund tatsächlich immer zu 100% gehört hat, das weiß man ja erst sicher nach seinem Tod. Vorher kann man sich höchstens zu 100% sicher sein, dass der Hund wohl hören wird. Unklar ist mir, wie man im Freilauf (ohne Absicherung) einen 100% Gehorsam trainiert, wenn man den Hund doch erst bei 100% von der Leine lässt?
Wann man das Risiko des Freilaufs eingehen kann? Ich denke, wenn man sicher ist, dass man eine Situation so unter Kontrolle hat, dass der Hund weder andere Personen oder Tiere gefährdet oder belästigt und auch keine Sachen beschädigt. Ob man dann von 100% oder nur von 99% spricht (weil im Leben nichts sicher ist, bevor es nicht passiert ist) ist wohl eher eine Frage der persönlichen Einstellung.
Und dann gibt es halt auch Grauzonen, gerade am Anfang, wenn man sich sicher war, das passt hier und dann passte es hier doch nicht. Sollte nicht passieren, passiert aber dann doch mal. Menschen sind ja auch nicht fehlerfrei. Und ja, hat man einen im Prinzip netten und freundlichen, vllt sogar noch nicht-jagenden Hund, dann ist das einfach weniger schlimm, auch wenn batürlich auch das zu vermeiden ist.
-
- Vor einem Moment
- Neu
-
-
Ich glaub es geht gar nicht um an "nicht glauben". Sondern den Anspruch eben nicht erfüllen zu können.
Wenn du diesen Anspruch einfach mal auf alle Hunde übertragen würdest in Deutschland - wie viele müssten demnach an der Leine bleiben? Bzw. wie viele andere Rasse kennst du, die diesen Gehorsam überhaupt leisten können?
Naja, unser westliche Verständnis von Hundehaltung ist mittlerweile ja auch sehr Extrem. Auch der Gesellschaftliche Anspruch liegt bei 100%, daraus resultieren auch immer strengere Regularien.
Mir ist bewusst, dass das ein sehr hoher Anspruch ist, bei dem viele Hunde ein Leben an der Leine fristen. Damit muss man in unserer heutigen, dicht besiedelten Welt Leben und den Hund dann eben an der Leine lasse, sich gemeinsam andere Beschäftigungen suchen.
Das ist ja auch nicht mein alleiniger Anspruch, ich bin da sogar recht locker bei Fremdhunden. Für meine eigene Hunde wünsche ich mir aber weder die Einstufung, noch irgendwelche anderen Probleme oder gar sowas wie einen Verkehrsunfall. Und auch Wildtieren gönne ich es, dass sie ihre Rückzugsorte haben und da nicht noch ständig von Hunden gehetzt werden, weil der Hund erstmal paar Meter macht bis er auf den Rückruf reagiert.
Gesetzlich gibt es ja noch einige Ausnahmen, die finde ich auch ganz ok. Für den Rest gilt: im Einflussbereichs des Halters, diverse verbote die praktisch zum Leinenzwang führen können.
Ich sag auch absolut nicht, dass dieser Anspruch falsch ist.
Liegt vielleicht auch an der Definition von Gehorsam. Hab ich einen Hund der nicht jagt (egal in welcher Form), andere Hunde und Menschen ignoriert, die Wege nicht verlässt, einen kleinen Radius hat und sich an seinem Menschen orientiert ist das ja kein Gehorsam per se. Bei einem solchen Hund bedarf es den aber auch nicht. Weil Rückruf und Co. ist überflüssig. Verstehst du wie ich das meine? Ich finde dann aber persönlich diese Aussage von 100% Gehorsam klingt nach einem enormen Druck für so einen Hund, der vielleicht eben Kommandos nicht unmittelbar umsetzt.
Wenn mein Hund von Hause aus aber eben nicht diese Eigenschaften mitbringt, klar dann muss ich über Kommandos arbeiten. Die setzen wieder voraus, das der Gehorsam funktioniert und diese Kommandos umgesetzt werden.
-
Sehr viel Gehorsam und Kontrollierbarkeit verdanke ich übrigens dem Bösen Schutzhundesport
Warum du das in diese Diskussion zerrst ist mir ein absolutes Rätsel, ging es hier bisher doch so überhaupt nicht um Hundesport?
Aber gut, es gibt einen Grund, warum es z. B. echt sinnvoll ist, niemals nie ein Kleinkind alleine mit einem Hund zu lassen, auch wenn der bisher der Menschenfreund in Person war, in ich weiss nicht welchen Disziplinen ausgebildet ist und Preise für Gehorsam noch und nöcher abgesahnt hat.
Es ist der gleiche Grund warum es auch beim Thema Freilauf keine 100% gibt: es sind keine Maschinen.
Klar ist das Risiko ein anderes bei einem Hund der entsprechend erzogen ist oder entsprechende Anlagen hat wie beim Hund der eh macht was er will und nicht erzogen ist.
-
Seid doch einfach froh drum, dass ich offenbar gut trainierte und erzogenen Gebrauchshunde führe und die nicht bei 90-95% von der Leine lasse…
Mir ist herzlich egal was für Rassen du führst und wann du die Hunde von der Leine lässt.
Mir ist auch generell egal, ob ein Hund angeblich 100% hört. Mir ist eher wichtig, dass der Mensch seinen Hund zumindest eingefangen bekommt (oder es zumindest wirklich versucht), wenn er dann doch mal nicht hört, weil "hat er ja noch nie gemacht, sonst hört der zu 100%!".
-
Je nachdem wie der eigene Hund drauf ist, ist es aber nunmal echt kacke, wenn ein freilaufender Fremdhund hallo sagen kommt.
Ich bin aber recht locker wenn ein unabrufbarer Fremdhund mit netten Absichten hallo sagen kommt. Aber mein eigener Hund ist halt auch nett und findet solche unverhofften Situationen sehr wünschenswert 🥳. Mit seinem Vorgänger hingegen, ist eine solche echt ungünstig (im Zweifel für den Fremdhund) gewesen 👊.
Deswegen begrüße ich es sehr, wenn der Anspruch bei annähernd 100% liegt. Und ganz ehrlich, wäre nicht schlimm wenn dies bedeutet dass deutlich mehr Hunde gar nicht erst abgeleint werden.
Ich hoffe niemand hier fühlt sich angesprochen. Ich selbst fahre ja auch gut mit situativer Entscheidung ob Freilauf möglich ist.
-
-
Ich hab jetzt nochmal die Eingangsfrage durchgelesen, weil ich das Gefühl habe, dass hier teils aneinander vorbei argumentiert wird.
100% Gehorsam hieße für mich, dass ich in jeder denkbaren Situation jedes gewünschte Verhalten beim Hund abrufen kann. Kann ich nicht. Könnte ich mit Momo vielleicht in die Nähe kommen (habe aber nicht die Ambition), mit Lilly ist das illusorisch. Nur auf den Freilauf bezogen ist es hingegen so, dass ich ausschließe, dass meine Hunde hetzen oder Mensch/Mithunde belästigen. Mit einer Restunsicherheit, was passieren würde, wenn sie von anderen Hunden gehetzt bzw. bedroht werden. Das teste ich auch nicht
Um auf Deine Eingangsfrage zurückzukommen: Momo lief von Welpenzeit an frei und da wurden auch die Grundlagen für Abbruch, Rückruf und Rückfrage gelegt. Die Leine kam während der Junghundzeit dann dran, wenn sie geistig gerade woanders war. Sie ist aber auch sehr kooperativ.
Lilly lief die erste Zeit mit Doppelsicherung, dann eine Zeit mit Einzelsicherung, dann an der Schlepp.
Ich habe mit ihr beobachtet: Reaktion auf Wild, Schüsse, Waldarbeiten, fremde Menschen und Hunde, Wind und Sturm. Und ich bin sämtliche Wege rund um unser Zuhause mehrere KM weit mit ihr abgegangen. Ich habe mit ihr potenzielle Verstecke gesucht und geschaut, auf was sie dabei achtet. Wir haben intensiv an Vertrauensaufbau und Bindung gearbeitet. Nachdem ich sicher war, dass sie uns als Bezugspersonen akzeptiert, sich Ronja angeschlossen hat, die Umgebung kennt und als vertraut wahrnimmt und bei einem Schreckreiz nicht davonsprintet, habe ich abgeleint. Erst in abgelegenen Wald- und Wiesenstücken, das hatten wir dann aufgebaut.
Mein erstes Freilaufbild in der Pampa war gute drei Monate nach Einzug, Spielen im Schnee mit Ronja. Recht kurz für einen Angsthund. Freilauf im leicht frequentiertem Wandergebiete nach knapp einem Jahr (ich hab hier viel Pampa und kann mir aussuchen, ob ich jemandem begegnen )will
In Dorfnähe hats nochmal deutlich länger gedauert.
-
Hier hört nichts und niemand zu 100%, weder der Hund, noch ich oder die Kinder. Vom Mann ganz zu schweigen. Trotzdem laufen alle frei.
OK, Spaß beiseite.
100% stecke ich mir nie nicht bei gar nichts. Ich erwarte das auch nicht vom Hund.
Es ist eine Mischkalkulation für mich, denn 0% Risiko gibt's auch nie, außer in Innenräumen vielleicht.
Nouska läuft überwiegend frei, auch an Straßen und im Wohngebiet. Weil wir es können. Sie hat immer ein paar Hirnzellen für mich frei und kennt die Regeln. Gleichzeitig gehe ich aber auch wach mit ihr durch die Welt und gebe frühzeitig Hilfestellung, falls ich etwas erspähe, was sie ihre gute Erziehung vergessen lassen könnte.
Sicher leine ich auch mal an, es ist auch oft von unserer Tagesform und den Gegebenheiten abhängig.
Möglich, dass mal was passiert, was man hätte verhindern können, wenn ne Leine am Hund gewesen wäre. Und dann wird das Schuldgefühl auf meiner Seite sehr groß sein.
Genauso gut möglich, dass es eben nicht passiert und wir beide froh sind, so ein gut abgesprochenes recht freies Leben miteinander geführt zu haben.
Mit meinen früheren Hunden wäre das, was ich jetzt mit Nouska praktiziere, nicht möglich gewesen. Ob das Rasse, Charakter oder meine eigene Unfähigkeit ist, weiß ich nicht. Aber Nouska macht es mir auf jeden Fall sehr leicht, sie frei laufen zu lassen.
-
Wie viel Gehorsam setzt ihr voraus, bevor der Hund frei laufen darf?
Kommt auf die Umgebung usw. an.
Wie viel Risiko, dass er doch mal weg läuft, nehmt ihr in Kauf?
Einen Hund der weg läuft in dem Sinne, würde ich niemals frei laufen lassen. Also weg laufen heißt für mich ohne (guten) Grund einfach vom Menschen wegrennen und da auch weit weg rennen.
Dass meine Jagdhunde mal getriggert werden wo sie sonst nicht hinterher gehen würden und doch mal nicht hören und kurz wo hinterher gehen... Ja, das ist bei allem Gehorsam nunmal ein Risiko und ja, das gehe ich ein, sonst hätten die Lebenslangen Leinenknast. Und der ist, das zeigt die Realität, nunmal ungerechtfertigt.
Wie oft müssen Trigger Situation an der Leine geklappt haben, bevor ihr euch sicher seid, dass ihr entspannt spazieren gehen könnt?
Ich gehe nicht nach Triggersituationen an der Leine. An der Leine wissen meine Hunde, dass die an der Leine sind und schauen maximal. Es ist eher andersrum, wenn der Hund irgendwas zeigt, wo ich ihm misstraue, dann kommt er an die Leine. Also zB total on und schaut schon eine Weile nicht mehr, hört die ganze Zeit schon nur beim zweiten Rufen, versucht die ganze Zeit schon sich vom Weg runter in die Büsche zu schlagen usw., aka der Hund hat einen schlechten Tag oder da ist irgendwas. Dann leine ich eben an.
-
Wenn 100% das einzig Wahre ist kollidieren wir aber heftig mit Genetik die sich halt nicht wegerziehen lässt.
Und mit Tierschutz, denn ein Whippet der niemals die Beine strecken kann fällt (für mich zumindest) unter tierschutzwidrig. Geeignete Ausläufe sind halt auch nicht überall.
Man muss eben gucken wie man so optimal wie möglich durchs Leben geht.
Für mich bedeutet das eben sehr striktes Zeitfenster wann Gassi mit Freilauf möglich ist.
Und eben auch sehr viel Eigenverantwortung! Besonders bei der Rassewahl. Würde es hier mehr Wild geben wäre der Whippet nicht eingezogen, eben weil keine geeignete Hundewiese in erreichbarer Nähe.
Ich persönlich werde immer fauler je älter ich werde, ich mag ein einfaches Leben mit Hunden haben. Darum fiel die Wahl eben auf den Sheltie.
Da kann ich aktuell sagen das er bisher in allen Lagen wohl 100% auf die Pfeife hört, und es war super easy auftrainiert. Sehr angenehm.
-
Es ist so sehr vom Hund abhängig.
Mein erster Hund, Pudelmix, war immer ohne Leine. Auch an der Straße, egal wo. War damals generell üblicher als heute und es ging auch einfach. Der haute nicht ab. Fremde Menschen waren egal, er war freundlich neutral. Als Frühkastrat war er für viele Fremdhunde Prügelknabe, daher hat er auch keinen Kontakt gesucht. Der lief auch frei am Pferd mit, weil gejagt hat er auch nicht. Das war tatsächlich alles nicht mein Verdienst. Der hat das mitgebracht.
Bis zu Lucifers Einzug waren alle meine Hunde ableinbar, teilweise mit Einschränkungen, von Hund zu Hund unterschiedlich.
Bei Lucifer krieg ich es nicht hin. Reizoffen, eigenständig, riesiger Radius im Freilauf und das von Anfang an. Als Welpe und Junghund lief er oft frei, aber die Sache mit dem großen Radius fing früh an. Na und mit etwa 9 Monaten fing die Jagerei an und seitdem isses durch mit Freilauf. Flexi, SL und bei sehr offenem Gebiet darf er dann auch mal flitzen mit schleppender SL. Aber oft klappt das leider nicht.
Oft denke ich, mir fehlt der Freilauf für ihn mehr als ihm. Und oft hat er Phasen, wo er so gut ansprechbar beim Gassi ist und so wenig im Aussen, dass ich mit dem Gedanken spiele ihn abzuleinen. Aber hier in unserer neuen Hood gehen wir halt immer in Wäldern. Und da hab ich einfach zu große Sorgen, dass er eben doch ein Reh in die Nase kriegt, was ich nicht früh genug sehen kann. Daher lasse ich das. Ja, er hat nen Tracker, aber ich finds fürs Wild furchtbar und ich fürchte halt, wenn er einmal die Chance hat hinterher zu gehen, dann wird das Thema noch gigantischer.
-
- Vor einem Moment
- Neu
Jetzt mitmachen!
Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!