Erfahrungen Direktimporte

  • würde der Halter/ die Halterin alles richtig machen und dann packt der Hund einfach so schlimmste Verhaltensweisen aus.

    Je nachdem was man als "schlimm" definiert kann das schon sein, klar.

    Für den Hund ist das ja auch nur ne Verhaltensweise die sich in der Vergangenheit bewährt hat oder auf die er sogar genetisch getrimmt ist.

    Der weiß doch nicht ob die für uns schlimm ist oder nicht.


    Es ist Wahnsinn wie kleinlaut manche "Problemhunde" im neuen Zuhause sein können. Aber egal wie sehr du dich anstrengst und alles richtig machst der Hund ändert sich dadurch ja nicht um 180 Grad sondern zeigt irgendwann einfach nur sein "wahres Gesicht" (welches wohlgemerkt NIE weg war).


    Und ja natürlich macht es einen Unterschied wie ich darauf reagiere usw das ist klar. Es geht hier aber explizit um diese Anfangsschockstarre in der sich manche Hunde befinden und später eben ihr "Köfferchen auspacken". Das ist im Kern erstmal komplett unabhängig davon wie versiert der Mensch so ist.

  • Aber das dann auftretende "komplizierte" Verhalten ist doch immer in Resonanz mit dem (aktuellen) Hundehalter(in)? Der Hund packt das ja nicht im Vakuum aus, sondern immer in Reaktion mit dem "Gegenüber". Und da können ja blöde Verstärkungsreaktionen etc. hervorgerufen werden.

    In den Schilderungen klingt es aber immer so, als würde der Halter/ die Halterin alles richtig machen und dann packt der Hund einfach so schlimmste Verhaltensweisen aus.

    Reaktion-Gegenreaktion mal ausgeblendet und es kommt natürlich immer darauf an, was man als kompliziertes Verhalten empfindet.


    Aber was der Hund auspackt, sind neben Traumata auch einfach genetisch fixierte Züge. Jagdtrieb, territoriales Verhalten, andere Hunde unnötig finden und je nach Stärke wird das dann schon mal kompliziert. Zumindest wenn diese Verhaltenweisen (im jeweiligen Ausmaß) bei diesem Halter unerwünscht sind.


    Die Verhaltensweisen sind nicht an sich schlimm, sie gehören einfach zum jeweiligen Hund. Aber wenn sie nicht in das Leben oder die Vorstellungen des Halters passen, können sie als schlimm empfunden werden.

    Zum Beispiel, wenn dessen eigentliches Ideal ein Begleithund ist, der sich im Freilauf wie an der Leine an seinen Menschen orientiert, Bewegungsreizen und Jagdobjekten mit etwas Training widerstehen kann, mit anderen Menschen zumindest kein Problem hat, mit anderen Hunden gut auskommt, bei Besuch aufgeschlossen oder neutral ist und maximal aufhrocht und wufft, wenn etwas außerhalb der Wohnung vor sich geht. Da habe ich jetzt sicher noch einiges vergessen, aber daran sieht man ja, wie lang und spezifisch die Liste der Anforderungen sein kann.


    Vom jeweiligen Hundehalter hängt eher ab, wie das Verhalten geleitet und gemanagt wird. Aber nicht so sehr, ob das Verhalten auftritt oder wieder verschwindet. Der Hund ist ja der Hund, der er ist.


    Oder habe ich dich jetzt total falsch verstanden?

  • Ich glaube, das Problem ist eher die Interpretation dessen, was geschrieben wird.


    Wenn jemand den Hinweis gibt, dass ein Hund Territiorialverhalten oder Jagdtrieb zeigt, oder mehr Aggressionspotential aufweist als ein Labbi, dann hat das nichts mit "schlimm" oder "Monster" zu tun.


    Es kommt immer jemand um die Ecke (oft unerfahrene Hundehalter), der sich dann aufregt, man würde Rassen "schlecht machen", wenn man nur auf die rassetypischen Eigenschaften hinweisen möchte, die in unerfahrerenen Händen oder dem falschen Umfeld zu Problemen und Überforderung des Halters führen können.


    Es sagt aber niemand: "Malinois sind Monster" oder HSH sind schlimm". Ich würde beides nicht haben wollen (passt nicht in mein Umfeld), würde aber niemals einen Hund als "Monster" bezeichnen.

  • Übertragen auf Tierschutzhunde gilt dasselbe.

    Man muss einfach darauf eingestellt sein, was sein kann. Bei den Rumänen ist es häufig eine ausgeprägte Angst/Stressthematik, Territorialverhalten und/oder Schutztrieb, und recht häufig gesundheitliche Baustellen.


    Dass heisst weder, dass die Hunde eine "Katastrophe" sind (das Wort würde ich auch nicht benutzen - allenfalls bei Beissvorfällen), noch dass sie alle so sind.


    Meistens geht es ja "gut" in dem Sinne, dass sich alle Beteiligten arrangieren. Oft nicht so, wie erwartet. Das ist ok - aber man sollte eben bereit sein, sich auf das Unerwartete einzustellen und das eigene Leben uU einschränken können.


    Dazu gehört für mich eine gewisse Erfahrung, niedrige Ansprüche an den Hund und ein flexibles Umfeld (Garten, Hund muss nicht zwingen alleine bleiben oder mit zur Arbeit, man hat ein reizarmes Gassigelände und nicht grad Großstadt oder Gassimeile vor der Tür, man kann Kinder, Katzen, andere Hunde ggf. trennen, man hat genug Geld für TA).


    Natürlich geht es oft genug auch ohne all das gut, aber der Hinweis darauf sollte doch ernst genommen werden.


    Das ist doch keine "Warnung vor der Katastrophe".


    Ich empfinde auch einen Hund, den man nicht ableinen kann, nicht als "Katastrophe". Aber wenn sich jemand ausdrücklich wünscht, stunden lang träumend durch die Landschaft zu schlendern, mit dem (leinenlosen) Gefährten an der Seite - dann ist es durchaus vernünftig, von bestimmten Hundetypen eher abzuraten.


    Auch wenn dann kommt: Ach, auf den Youtube-Videos sind die auch alle leinenlos...

    Nun ja, ich könnte auch Fotos und Videos von meinem Hund und mir machen, wo alles PERFEKT aussieht. Wäre aber Lügen durch Auslassung...


    Hab mal eine Samojedenbesitzerin gefragt, deren Hund auf den schönen Insta-Bildern immer leinenlos war. Tja, die Schleppleine, die IMMER am Hund ist, war wegretuschiert... Die Wahrheit liegt immer irgendwo dazwischen - weder das Idealbild noch der "Teufel an der Wand" stimmt je zu 100%. Aber man sollte eben beides einbeziehen.

  • Das ist alles richtig, trifft aber auch auf Züchterwelpen zu, die dann "auspacken"/erwachsen werden.


    Ich glaube, viele können sich auch einfach nicht vorstellen, was so Eigenschaften wie "Schutztrieb" und Co bedeuten.

    Ganz ehrlich, ich habe Hunde da beschränkt sich der Jagdtrieb auf "Oh, da is'n Reh! Sollen wir hinterher?" "Nee, bitte lasst das mal." "Okay". Neulich war ich mit einem Terrier spazieren, der kreischend in der Leine hing, weil er was gerochen hat. War auch eine neue Erfahrung, obwohl ich grundsätzlich weiß, was Jagdtrieb ist und das Terrier den haben.


    Bei den Hunden aus dem Tierschutz tauchen meiner Meinung nach häufig Probleme auf, weil die Leute nicht richtig zuhören und sich hartnäckig das Bild vom dankbaren Hund hält, der aus lauter Liebe seine Retter niemals infrage stellen oder gar anknurren würde.

  • Ich kann nur als Pflegestelle sprechen.


    Keiner der Pflegehunde war so wie beschrieben. Klar die ersten zwei Wochen waren sie alle toll und nett, aber wenn sie realisiert haben dass sie bleiben, zeigt sich nach und nach der echte Charakter.

    Sie waren allesamt auf ihre Weise schwierig. Ressourcenaggressiv, stark kontrollierend, extrem panisch, krank, ein beißvorfall der im Tod geendet hat, starker jagdtrieb.

    Der einzige wirklich komplett freundliche und nette Hund war ein 11 jähriger Senior, der allerdings so krank war, dass er einfach nur Ruhe wollte und auch nicht mehr lange gelebt hat.

    Ich würde keinen direktimport wollen, wenn überhaupt nur einen Hund der schon wirklich Monate auf einer kompetenten!! Pflegestelle ist, die ihn auch sicher einschätzen kann.

  • Ich glaube, viele können sich auch einfach nicht vorstellen, was so Eigenschaften wie "Schutztrieb" und Co bedeuten.

    So ging es mir mit dem Thema Jagdtrieb. Ich muss immer noch lachen, wenn ich daran denke, dass ich dachte, das wird nicht sooo ein Problem, da ich ja in der Stadt lebe, was soll der Hund da jagen.


    Aber genau deshalb finde ich den Weg als Pflegestelle hier eine gute Idee. Für einen Hund ist es eine erste Station in sein neues, hoffentlich fantastisches Leben. Für 15027 eine Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln, ohne sich gleich für 10 - 15 Jahre einem Hund zu "verpflichten". Und wenn alles passt, kann der Hund einfach bleiben und alle sind hoffentlich glücklich.


    Der Vollständigkeit halber: Ich selbst habe einen Direktimport aus Italien und würde das nicht noch einmal so machen. Meinen Elvis liebe ich über alles. Ich bin froh, dass ich ihn habe und froh, dass er nicht mehr im Tierheim ist. Aber in einem Paralleluniversum, in dem sicher wäre, dass er anderweitig gut unterkommt, würde ich ihn nicht noch einmal übernehmen. Er ist ein unendlich lieber, verkuschelter Hund, aber nicht für dieses Leben in der Stadt gezüchtet. Insgesamt habe ich aber ohnehin momentan das Gefühl, es wird keinen Nachfolgehund hier geben, auch weil Elvis's gesundheitliche Baustellen mich so mitnehmen (ihn naütrlich noch mehr, genau das ist ja das Schlimme).

  • Aber genau deshalb finde ich den Weg als Pflegestelle hier eine gute Idee. Für einen Hund ist es eine erste Station in sein neues, hoffentlich fantastisches Leben. Für 15027 eine Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln, ohne sich gleich für 10 - 15 Jahre einem Hund zu "verpflichten".

    Und genau das empfinde ich ganz, ganz oft als...falsch.

    Also jetzt nicht auf 15027 bezogen, sondern allgemein.

    Ich fuer meinen Teil empfinde es falsch einen Hund als Testobjekt zu nutzen um zu gucken, wie das mit Hund so ist. Und bei 'Wundertueten', die in der ersten Station gewisse Dinge lernen sollen und auch u.U. gewisse Ansprueche stellen, finde ich es nochmal...kritischer.

    Ja, ich habe eine spezielle Einstellung zu Pflegestellen und viele finden die komplett uebertrieben. Aber wenn dieser Test schief geht, dann meistens richtig und der Hund hat die Ars**karte.

  • Das ist alles richtig, trifft aber auch auf Züchterwelpen zu, die dann "auspacken"/erwachsen werden.

    Genau das dachte ich halt auch, das wird hier aber anders dargestellt bzw. ich lese es hier anders.


    Vielen Dank für die Erklärungen.

  • Das ist alles richtig, trifft aber auch auf Züchterwelpen zu, die dann "auspacken"/erwachsen werden.

    Genau das dachte ich halt auch, das wird hier aber anders dargestellt bzw. ich lese es hier anders.


    Vielen Dank für die Erklärungen.

    Dem ist mMn auch nicht so. Zumindest nicht im gleichen Maß, in gewissem Sinne trifft es natürlich auf jedes Tier zu. Man weiß nie zu 100% wie sich ein Lebewesen entwickelt. Aber es gibt schon Unterschiede, z.B. dass man die Elterntiere und die genaue Rasse kennt und so ungefähr den Charakter abschätzen kann. Genau das ist ja der Sinns des Züchtens. Zudem sollten Welpen von einem Züchter keine schlechten Erfahrungen gemacht haben und schon gar keine traumatischen. Sie sind auch nicht eingeschüchtert oder verängstigt, sondern zeigen sich gleich so wie sie halt sind beim kennenlernen.

    Kannst es drehen und wenden wie du willst, ein Tierschutzhund hat je nach Herkunft halt ein gewisses Überraschungspotential. Gerade das macht es ja auch so spannend. Also ich zumindest finde es schön ein "Original" zu haben. Klar, jeder Hund ist das, aber TS-Hunde und sowieso Mixe sind für mich die schönsten Charakterhunde. Ich bin aber auch bereit, wenn ich einen Hund aufnehme, mich mit ihm intensiv auseinanderzusetzen und mich drauf einzustellen und spreche mir eine gewisse Empathie bezüglich Tieren zu. Wenn du das hast ist ja alles tutti. Allen die das nicht wollen und können ("ich stell doch nicht mein Leben für einen Hund um!") würde ich davon abraten.

    Versteh mich blos nicht falsch, ich bin total für Direktimporte! Ich persönlich könnte mich ganz schwer für was anderes entscheiden, wenn ich weiß, dass so viele Hunde in ihrer persönlichen Hölle dahin vegetieren. Aber passen muss es halt schon auch.

    Letztlich kennt dich ja niemand hier und die Entscheidung muss jeder selbst treffen. So wie ich es verstanden habe ist sie ja schon getroffen und daher drücke ich die Daumen und wünsche viel Spaß und Erfolg! So eine gewisse Gelassenheit und "wird schon" Einstellung ist ja auch oft zuträglich und wird belohnt.

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