Aufregung draußen, wie kann ich dran arbeiten?

  • Liebes Forum,

    ich schreibe zu euch, da ich befürchte wohl etwas grundlegendes falsch zu machen mit meinem Junghund.

    Ich erhoffe mir hier Kritik an meinem Vorgehen und vielleicht Verbesserungsvorschläge.


    Es geht um das Thema Aufregung/Stress.

    Mein Hund zeigt in diversen Situationen draußen eine hohe Aufregung. Das äußert sich vor allem in Leine ziehen (Leinenführigkeit kann er in Momenten der Ruhe sehr gut) und Stressrennen (bzw. Zoomies, ich denke aus Stress) und manchmal Gras fressen (nicht büschelweise).


    Mir wurde von einer Trainerin empfohlen, sehr ruhige Spaziergänge zu machen, wenn er „drüber“ ist, ihn an die kurze Leine zu nehmen und viele Pausen einzulegen. Das mache ich so, ich habe aber das Gefühl, dass es nicht hilft. Grade das an die kurze Leine nehmen erfordert ja viel Konzentration von ihm. Bei der Pause legt er sich nach ein paar Minuten hin, bleibt aber der Gegend gegenüber wachsam.


    Im Freilauf (Schleppleine) muss ich ihn oft ansprechen, damit er nicht in die Leine düst, er hört auch in vielen Situationen gut, aber diese dauerhafte Ansprache führt denke ich weniger zu einer Entspannung der Situation.


    Leider hat er auch nur Kontakt zu einem ruhigen souveränen Althund, welcher nicht mit ihm düst, da er grade im Hundekontakt nicht ansprechbar ist und schnell drüber. Die Trainerin meinte, ich muss aufregende Kontakte mit viel Gerenne vermeiden, das mache ich konsequent, allerdings hat er so auch niemanden, wo er sich mal die Seele frei rennen kann.


    Irgendwie weiß ich nicht was das richtige Maß für einen aufgeregten Hund ist zwischen Entspannung und Gas geben dürfen. Mir ist aufgefallen, dass er entspannter ist, wenn ich ihn gezielt Laufen lasse (Hetzangel, mache ich alle zwei Wochen mal, da es ja auch großes Suchtpotenzial mit sich bringt bzw. gezielte Aufregung ist). Aber vielleicht auch nur, weil er danach fertig ist. Regelmäßiger mache ich eine Futtersuche (im Gras oder per Futterdummy).


    Zuhause ist er grundsätzlich recht entspannt, döst und schläft viel, da achte ich auch drauf und schicke ihn auf seine Decke, wenn es sein muss. Ich versuche auch immer mit einer ruhigen Energie die Spaziergänge zu starten.


    Leider komme ich aus der Stadt und hier ist Freilauf nur bedingt möglich, sodass er zwei Mal am Tag an kurzer Leine (ca. 30 Minuten) mit mir unterwegs ist und ich einmal am Tag mit ihm raus in die Natur fahre (ca. 1 Stunde). Im Laufe des Jahres werde ich wohl aber aufs Land ziehen, der Hund hat meinen Wunsch nochmal verstärkt.


    Dinge, die ihn besonders pushen: Ansprache von Menschen oder Menschen mit denen ich mich unterhalte, Sichtung von Hunden die nicht so gut geführt werden oder zu nah sind, im Freilauf schätze ich gewisse Gerüche. Und vielleicht auch meine Energie manchmal (?).


    Irgendwie war das jetzt viel Blabla, aber ich habe das Gefühl, dass ich das Thema angehen muss, damit wir beide zufrieden sein können. Es geht also insgesamt um die Fragen:

    Was braucht ein leicht erregbarer Hund denn nun? Sollte ich gezieltes Rennen ermöglichen oder vermeiden (z. B. über Futterjagen)?

    Wie kann ich Spaziergänge entspannter gestalten? Was tut man am besten konkret in den Situationen wo er sehr aufgeregt ist?


    Ach ja: Labrador, 9 Monate

  • Ich wollte schon fragen, von welcher Rasse wir hier überhaupt reden.

    Gut, daß Du es unten noch einmal angemerkt hast, ebenso das Alter vom Hund!




    Also


    wenn er „drüber“ ist, ihn an die kurze Leine zu nehmen


    Das mache ich so, ich habe aber das Gefühl, dass es nicht hilft

    Klar, kann es nicht funktionieren.

    Das ist sogar kontraproduktiv, wenn der Hund eh schon drüber ist, die Leine kürzer zu nehmen.




    Dinge, die ihn besonders pushen: Ansprache von Menschen oder Menschen mit denen ich mich unterhalte, Sichtung von Hunden die nicht so gut geführt werden oder zu nah sind, im Freilauf schätze ich gewisse Gerüche. Und vielleicht auch meine Energie manchmal (?).

    Was für einen so jungen Labbi "normal" klingt. Die sind so drauf, in solchen Situationen.





    Also, es ist schon mal gut, daß der Hund auch Ruhe kann. Er kann sich im Haus entspannen und sogar pennen. Prima.


    Draußen sollte er auch mal toben dürfen. "Frei" rennen, egal, ob an der Schlepp oder im gesicherten Gelände, sollte der Hund ansonsten nicht hören können.



    Ich würde in so jungem Alter echt Training und Alltag ein bißchen trennen wollen.

    Solange er nichts lernen kann, warum auch immer, Geschirr dran, und Hund "darf" an der Leine ziehen. Das nimmt Dir und dem Hund etwas Streß raus.

    Leinenführigkeit dann ohne die großen Ablenkungen üben. Also erst einmal im Haus, dann im Garten, dann mit gesteigerter Ablenkung. Immer so, daß der Hund stets erfolgreich sein kann, mit dem, was er so tut. Auch das nimmt Euch den Streß raus.


    Es bringt (noch) nichts, ihm in diesen Situationen, wo ihm eh das "Gehirn rausknallt" diese Übungen aufzwingen zu wollen, auch wenn dies natürlich später auch im Alltag Euer Ziel ist.

  • Was macht der Hund denn sonst so den ganzen Tag? Was macht ihr genau beim Spazieren gehen. Es klingt für mich eher so, als ob der Hund den ganzen Tag pennen soll und wenn er dann mal was coolen machen kann, völlig überfordert ist und dann auch wieder ruhig sein soll.


    Hast du die Möglichkeit, in der Nähe mal ein umzäuntes Gebiet zu mieten o.Ä.?

  • Dinge, die ihn besonders pushen: Ansprache von Menschen oder Menschen mit denen ich mich unterhalte, Sichtung von Hunden die nicht so gut geführt werden oder zu nah sind, im Freilauf schätze ich gewisse Gerüche. Und vielleicht auch meine Energie manchmal (?).

    Das würde ich ne Zeit meiden.



    Also, dass Leute ihn ansprechen, da kann man das Kommando "Hinter" etablieren und der Hund geht hinter einen und überlässt die Situation dem Menschen.


    Unterhalte ich mich, hilft mir sehr das "Pause-Signal", das wir in der Hundeschule erarbeitet haben. Hund steht, sitzt oder liegt ohne Kommando hinter mir, ich stehe auf der Leine, die genug Spielraum hat, dass der Hund sich nicht eingeengt fühlt, aber so eng, dass er nicht zum Menschen hin kann.


    Anderen Hunden würde ich ne Zeit soweit es geht ausweichen. Dazu muss man vorausschauend laufen, ggf die Straßenseite wechseln, umdrehen.


    Sich selbst muss man manchmal dran erinnern: "Das ist nur eine Phase." Diesen Satz möglichst oft wiederholen :partying_face: Die Pubertät ist irgendwann vorbei und das Hundehirn wieder im Normalzustand. Ich vermute, dass hier auch die Hormone ihren Teil beitragen.

  • Aus euren Beiträgen entnehme ich das, was mein Bauchgefühl mir wohl schon verraten hat (deswegen der Beitrag). Wahrscheinlich deckel ich ihn zu viel im Alltag. Die Trainerin hat mich insgesamt auch etwas verunsichert, ich habe das Gefühl mit Ruhe - Einschränkung - Ruhe kann ich ihm gar nicht ermöglichen einfach mal Hund sein zu dürfen und halt sein Ding zu machen.


    Auf dem „Freilauf“ Spaziergang übe ich halt so Alltags-Dinge. Bleib auf dem Weg und halte doch bitte den 15 Meter Radius. Wenn da ein Vogel ist, dann schau doch mal vorbei, hier gibts nen Keks. Wenn wir auf nen Hund treffen, dann gehen wir zur Seite oder gemeinsam dran vorbei. Halt so was. Und dann noch 1-2 Suchen. Umorientierung so bietet er häufig an, das wird von mir gerne verbal oder mit Keks bestätigt. Wenn er drüber ist auf Empfehlung der Trainerin kurze Leine oder auf der Stelle verweilen.


    Auf den Spaziergängen an der kurzen Leine abwechselnd zwischen Halsband und Geschirr. Am Geschirr schnuppern und ich bleibe oft hinter ihm stehen, um ihn nicht zu drängen. Am Halsband immer mal wieder für ein paar Minuten leinenführig gehen. Ab und zu noch ne Suche von Futter im Gras.


    Zuhause gibt es eher weniger Unterhaltung. Hier trickse ich alle paar Tage mal mit ihm, aber ansonsten wird hier nicht wild gespielt. Das Erregungslevel halte ich von meiner Seite aus recht niedrig, das ist mir wichtig, ich möchte keine Erwartungshaltung im Haus. Drinnen ist hauptsächlich Ruhe. Spielzeug hat der arme Kerl zur Beschäftigung alleine nicht, weil er das in den meisten Fällen auffrisst.

  • Hi, und danke für deine ausführlichen Beschreibungen!


    Zusätzlich zu den Vorposts noch zwei Anmerkungen:


    Schleppleine ist (leider) kein Freilauf.

    Suche dir bitte Möglichkeiten, wo dein Jungspund gefahr- und problemlos frei laufen kann.


    Dann schreibst du, du baust Pausen ein - also wohl mehrere kurze Pausen in der einen Stunde, die ihr mittags unterwegs seid?


    Grundsätzlich sind Pausen gut, aber sie müssen eben auch dazu beitragen, dass der Hund auch wieder runterfährt.


    Bei meinen Hunden habe ich schon beim Welpen Pausen gemacht, wo ich mit einem Kausnack den Effekt des Runterfahrens gezielt erreichen konnte.


    Bei den Pausen geht es ja genau darum, dass der Stresspegel (Adrenalin und Noradrenalin) wieder runterfährt - und das tut er eben nicht, wenn der Hund zwar liegt, aber doch scannt, was er als nächstes machen kann, sobald es wieder los geht.


    Hier würde ich dann weniger, dafür aber längere Pausen (mindestens 10min) etablieren, mit einem entsprechenden Kausnack für den Hund.

    Rinderkopfhaut und Ochsenziemer wären hier für mich der Kausnack meiner Wahl.

    Wasser anbieten.


    Ach ja - Schleppleine bitte IMMER am Geschirr.

  • Du darfst eines nicht vergessen!

    Du hast einen jungen Labrador.

    In diesem Alter kommt oft noch "neue Knete" dazu, sprich, alles Gelernte ist dann "schon wieder vergessen", und die Knete muß entsprechend neu geformt werden.


    Da braucht man viel Zeit, sehr viel Humor und noch eine Menge mehr an Geduld.


    Und Hunde sollen auch mal wild durch die Gegend toben dürfen, eben halt dort, wo es geht.

    Damit meine ich nicht die Wiesen und Felder, die zu Bauern gehören, oder öffentliche Parkanlagen, wo eben viele Passanten zu Fuß (teilweise sogar mit Hund(e)), unterwegs sind, oder im Wald. Aber irgendwo, wo es halt erlaubt ist, sollte er mal toben dürfen.

    Hundespielwiesen würde ich persönlich meiden wollen, aber das muß jeder selbst wissen, was er da tut.



    Klar, man kann jetzt schon Dinge üben, die man später im Alltag braucht.

    Aber man muß das Training dem Alter, dem Leistungsstand und auch dem Hund selbst anpassen, und man darf halt noch nicht erwarten, daß der Hund jetzt schon so viel Konzentration aufbringen kann.

  • Das klingt für mich nach echt viel Input, viel Kopf anstrengen und wenig mal einfach Hunde Dinge tun. Ich würde mal in der Gegend schauen, ob du irgendwo ein umzäuntes Gebiet mieten kannst (also für ne Stunde oder Ähnliches), wo der Hund einfach mal rennen und schnüffeln kann. Manche Hundeschulen bieten so etwas zB. an.

    Wie lang ist deine Schleppleine? Vielleicht hilft dir da auch eine noch längere


    Vielleicht findest du ja auch über Seiten wie Dogorama neue Hundekumpels, die zufällig auch einen Garten haben....

  • du hast einen jungen Hund.

    Wo darf der denn die Energie mal raus lassen?

    Irgendwo muss die ja mal raus.

    Und austoben an einer Schleppleine ist schwerer möglich als im Freilauf.

    Darf er nie mit anderen Hunden spielen?

    Armer Kerl ehrlich gesagt.

    Klar ist Ruhe wichtig, Energie raus lassen aber auch.

  • Für einen 9 Monate alten Hund finde ich insgesamt 2 Stunden draußen sein recht viel, davon noch die allermeiste Zeit an der kurzen Leine oder Schleppleine.

    Das ist das Programm meiner erwachsenen Hunde, nichtmal jeden Tag und 90% der Zeit davon sind sie im Freilauf und machen einfach Hundedinge.


    Es klingt ein wenig so, als wäre er draußen ständig unter Ansprache und ihr stresst euch immer weiter zusammen rein, im Haus soll er dann aber die anderen 22 Stunden dösen/schlafen.


    Gibt es bei euch die Möglichkeit für ein eingezäuntes Grundstück, Hundeplatz o. Ä. zur Miete vielleicht?

    Oder du suchst aktiv in Gruppen und Apps (Facebook, Dogorama) nach Besitzer mit jungen Hunde, so mancher hat einen Garten, da kann man auch schon toll toben und rennen.

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