Auslandstierschutz: Osteuropa, Südeuropa - unterschiedliche Charaktere?

  • Ich denke auf dem Dorf in einem Häuschen würde es besser klappen, aber es ist eben wie es ist.

    Dino kam zu mir, als ich noch in einer Wohnung im Mehrfamilienhaus gelebt habe. Das ging, aber hier im freistehenden Häuschen am Dorfende ist es eigentlich super. Kein Treppenhausmanagement mehr, keine Nachbarn, die sich über den meldenden Hund beschweren könnten usw.

    Und er ist dadurch gefühlt auch deutlich entspannter, lernfähiger ... dafür ist aber das ausgeprägte Territorialverhalten explodiert. Die Vorteile überwiegen aber definitiv.


    Ich scheu mich nur davor, mit ihm zurück in eine Wohnung im MFH zu ziehen. :lepra:



    Was "will to please" angeht... mhm, schwierig.

    Dino will arbeiten, hat auch Spaß am Tricksen und bietet Tricks wie Männchen machen, Pfote geben usw. auch von sich aus an, wenn er etwas möchte. Er verhandelt damit quasi. Ich würde schon sagen, dass er mit einer Portion WTP gesegnet ist. Verfressen ist er übrigens auch, für manche Leckerli überschlägt er sich förmlich :ka: Ein Ausnahme-Rumäne? Nur für Lob arbeitet er auch, aber man merkt schon, dass er dann nicht so motiviert dabei ist, wie beim Belohnen mit Futter. Beides zusammen ist optimal bei ihm.


    Bei Bonny bin ich mir echt unsicher, ob das WTP oder schlicht Will to eat ist. Sie steht sich mit ihrer Aufregung beim Tricksen total im Weg; sobald es Leckerli geben könnte, ist der Hund ein einziger Flummi. Die paar Tricks, die sie kann, werden enthusiastisch ausgeführt, aber Sitz und Platz zB werden ständig verwechselt xD


    Bei Masha bin ich mir sehr sicher, dass sie wegen dem Futter mit mir arbeitet. Nur für Lob Sitz machen? Nö vergiss es. Alle Jubeljahre vielleicht mal, weil sie es mir gönnt. Sie frisst für ihr Leben gerne, da ist Futter auch die Bestätigung der Wahl. Egal was, Nudeln sind cool, Karotten auch, Brotstückchen sowieso und für die ollen Pedigree-Kekse rennt man dann auch mal zu mir. Weil die sind oberaffengeil.

  • Ich hab nicht viel Vergleichsbasis, nur eine Slowakin und einen Italiener. Der slowakische Dackelmix ist nett, sanft, gut über Futter motivierbar, gut trainierbar, leicht hemmbar, freundlich Menschen gegenüber, fremde Hunde findet sie unnütz aber ist grundsätzlich sozialverträglich, wenig Jagdtrieb und der wohl unkomplizierteste Hund ever.

    Der Italiener ist eigenständiger, hat ordentlich Jagdtrieb, nicht sehr verfressen, fühlt sich durch die Leine grundsätzlich seiner Freiheit beraubt und würde lieber sein Ding machen, ist Menschen gegenüber freundlich und aufgeschlossen, völlig überfordert mit fremden Hunden aber sozialverträglich, deutlich schwerer trainierbar als meine Slowakin.

    Wenn ich mir die Tierschutzvereine anschaue, wo meine Hunde her kommen, dann scheinen in der Slowakei eher kaum HSH-Mixe unterwegs zu sein, denn die sehe ich in dem TS-Verein so gut wie nie. Das ist alles bunt gemixt. Das italienische Tierheim hat da eher schon mal HSH-Mixe und diverse langohrige Jagdhunderassen und ansonsten überwiegend undefinierbare Mixe.


    Will to please ist für mich eh so ein Begriff, den ich schwierig finde. Die meisten Hunde machen Dinge nicht, weil sie ihrem Menschen gefallen wollen, sondern weil sie das Futter haben wollen oder ihre eigene Sicherheit bedroht sehen. Betty hört super aufs Wort, weil sie gerne frisst und meine Nähe ihr viel Sicherheit gibt und sie extrem leicht hemmbar ist und jedes strengere Wort für sie eine ziemliche Strafe ist.

  • Wie sieht es denn eurer Erfahrung nach mit, es will mir kaum über die Tastatur, "will to please" bei unseren verschiedenen Charakteren aus?


    Dem Klischee nach hat das doch gar kein Auslandstierschutzhund.


    Warum soll ein Hund aus dem Auslandstierschutz generell keinen will to please haben? :ka:


    Ich habe in einem Haus voller Italiener gearbeitet und kann das so gar nicht bestätigen. Die Maremmani nehme ich da jetzt mal etwas raus, weil ich bei denen rassebedingt nicht den gleichen WTP erwarte wie vom DK-Mix.


    Es kommt immernoch auf den Mix und das Individuum an, aber ich sehe keinen vernünftigen Grund, warum ein spanischer Hund automatisch weniger WTP mitbringen sollte als ein deutscher Hund.


    Ali kam als Welpe von Italien nach Deutschland - mit deutlichen Spuren von Misshandlung. Seine Geschwister fanden ein Zuhause, er blieb mit seinem kaputten Auge und seiner schiefen Schnauze immer sitzen. Er lebte isoliert und wurde immer wieder von Hunden angegriffen (in D, nicht in IT). Als er mit drei zu mir kam, war er ungestüm, unerzogen, überdreht und unsicher, bei Hunden und alkoholisierten Männern ging er vorsorglich nach vorne. Hob ich die Hand, warf er sich auf den Rücken und bepinkelte sich.

    Aber Ali war auch von Anfang an ein Teamplayer. Er entwickelte sich ganz unglaublich. Ressourcenverteidigung anderen Hunden gegenüber blieb bis zum Schluss ein Thema, wenn auch in einem anderen Umfang als am Anfang.


    Ali hatte eine spannende Mischung aus Eigenständigkeit und WTP. Ich schreibe das weniger seiner Nationalität zu als seinem Rassemix und der Summe seiner Erfahrungen.


    Ali hatte übrigens weit mehr WTP als mein reinrassiger, deutscher Goldie aus Kellerhaltung in den ersten Jahren.

  • Bei mir selbst wohnt kein Hund aus dem Auslandstierschutz aber ich bin TFA und bekomme deshalb täglich sehr viele Hunde mit. Was wirklich auffällig ist, ist dass die Rumänen grundsätzlich ängstlich bis panisch sind (zumindest beim Tierarzt). Das erlebe ich bei Hunden aus Südeuropa kaum oder jedenfalls weniger stark ausgeprägt. Wir haben bei uns in der Praxis nur ganz wenige, zugängliche Rumänen. Natürlich ist das auch eine Ausnahmesituation aber das konnte ich über meine Zeit dort wirklich so beobachten.

  • DIE Frage ist halt "woher kommen die Hunde"?


    Diese aussortierten Jagdhunde(mixe) aus Südeuropa sind selektierte Ausschussware.

    Die Leute vor Ort brauchen sie nicht mehr und geben sie weg/setzen sie aus.


    Die Hunde kenne aber Menschen und irgendwie eine Umwelt. Wurden irgendwie auch in der Fortpflanzung selektioniert seit Generationen.

    Oder aber durch eine sehr lokale Inselpopulation (Kreta z.B.).



    Hunde aus Rumänien und Bulgarien kommen wirklich von der Strasse. Die Hunde gehören teilweise schon seit X Generationen keinem. Sie leben isoliert vom Menschen und werden auch nicht sozialisiert auf Menschen.

    Phonhaus hat es ja schon erwähnt, Stichwort Epigenetik .

    Ich hatte Arbeitskollegen aus Bulgarien. Die Bulgaren können nix mit den Strassen Hunden anfangen. Die werfen Zeug nach denen, halte sie von sich fern im normalfall (wenn's nach meinen Arbeitskollegen gegangen wäre, hätte man die Hunde wohl noch wie vor eine paar Jahren am besten Erschossen auf dem Gelände - ist wohl aber (zum Glück) inzwischen verboten).

    Wenn du so ein Verhalten Menschen dir gegenüber erlebst, fehlt halt dieses "Urvertrauen" und "Arbeiten mit dem Menschen" schnell bei den Hunden - von Generation zu Generation.



    Meine Rumänin ist als Welpe gefunden worden, dann in einen Schelter und dann so schnell wie möglich in die CH vermittelt.

    Ich weiss nicht was dann 2.5 Jahre hier mit dem Hund gemacht wurde, aber die konnte nix. War deshalb auch mit der Fülle von allem überfordert und gestresst (es ist nicht mal so, dass sie Umweltprobleme per se hätte).

    Inzwischen kann ich sie sogar nicht in Grossstädte nehmen. War aber echt ein Kampf, weil es ewig gedauert hat, an den Hund wirklich ran zu kommen.

    Nicht weil sie kompliziert war, sondern weil man das Gefühl hatte dieses Generalisieren und Konditionieren will einfach nicht.

  • Donna kommt aus einem Shelter aus Slowenien, wir haben sie im Alter von etwa 8 Monaten übernommen.


    Ich denke, der Unterschied ist der, dass in südlichen Ländern öfters Touristen sind, die Straßenhunde füttern oder freundlich zu ihnen sind. Das Leben ist sonniger, findet mehr draussen und auf der Straße statt. Da fällt umso mehr Essenreste- Müll an, wenn man sich in der Nähe der Menschen aufhält und nett zu ihnen ist.


    In osteuropäischen Ländern gibt das so nicht. Auch sind die Winter dort oft hart und unbarmherzig.


    Donna kam sehr wehrhaft zu Mensch und Tier hier an. Meiner Meinung nach hat die Zeit im slowenischen Shelter sie insofern geprägt, dass sie absoluten Wert auf ihre Individualdistanz legt. Sie sucht sich ihre "Freunde" sehr gut aus und sie zeigt bei den anderen Hunden deutlich ihren Abstandswillen. Kuscheln und Nähe möchte sie nur von mir und meinem LG.

    Bis heute ist es schwierig, ihr zb die Haare an den Pfoten zu schneiden, da bleibt sie sehr misstrauisch. Ich empfinde sie als selbstständig, sie arbeitet aber trotzdem sehr gerne mit mir zusammen.


    Ich glaube, dass man oft unterschätzt, dass Hunde in Mehrhunde- Zwingerhaltung im Shelter auch nicht immer soo gut zusammen passen und dort auch das Recht des Stärkeren gilt. Kontrolle durch die Tierpfleger gibt es nur, wenn es richtig ernsthaft zu Beissereien kommt.

  • Kurz OT: gibt es in Slowenien noch Straßenhunde? Oder meinst du mit Shelter „normales Tierheim“?

  • Ein slowenisches Tierheim, welches in Kooperation mit einem deutschen TS arbeitet.

    Donna wurde bei einem verlassenen Sinti/Roma - Lagerplatz gefunden.

  • Hunde aus Rumänien und Bulgarien kommen wirklich von der Strasse. Die Hunde gehören teilweise schon seit X Generationen keinem. Sie leben isoliert vom Menschen und werden auch nicht sozialisiert auf Menschen

    Das war vor 20, 30 Jahren noch so...

    Muss aber heute sicherlich nicht unbedingt mehr zutreffen. Auch in Südosteuropa werden die Hunde heute je nach Region genauso gehalten wie unsere.

  • Hunde aus Rumänien und Bulgarien kommen wirklich von der Strasse. Die Hunde gehören teilweise schon seit X Generationen keinem. Sie leben isoliert vom Menschen und werden auch nicht sozialisiert auf Menschen

    Das war vor 20, 30 Jahren noch so...

    Wenn ich das meinen Arbeitskollegen (Bulgaren) und meiner Schwägerin (Rumänin) glauben kann ist das jetzt noch so.


    Vielleicht kommt es auch etwas auf die Region drauf an. :ka:

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