Hallo zusammen!
Mein Name ist Lara, ich bin 24 und lebe zusammen mit meiner Hündin Nova (vermutlich belgischer Schäfermischling, ca. 3 Jahre alt).
Kleine Warnung vorab. Das wird vermutlich ein ziemlich langer Text, da ich einiges an Vorgeschichte erzählen werde und versuche so viele Infos und Details wie möglich zu nennen, damit man meine Situation besser versteht.
Der Anfang
Ich war vor Novas Anschaffung ein ziemlicher Hundeneuling. Bis auf Gassigänge mit gewissen, freundlichen Tierschutzhunden und sporadischen Kontakt mit Hunden von Bekannten hatte ich keine Erfahrung. Vor ca. einem Jahr wurde der Wunsch nach einem Hund bei mir immer größer und auch realer, da die Umstände mit Haus und Job super passten. Ich hatte keine bestimmte Rassevorstellung und wollte nicht bei einem Züchter kaufen, weil ich dachte, dass es besser ist einen Hund aus dem Tierschutz zu adoptieren. So kam es zu meinem ersten Fehler (Nicht Tierschutz im generellen, sondern die Art und Weise wie ich das ganze angegangen bin).
Die Anschaffung
Nach einigen Überlegungen habe ich mich entschieden einen Hund aus dem Ausland zu adoptieren, weil ich mich von der "die armen, dankbaren Hunde, die unbedingt raus aus dem Land müssen" Masche überzeugen habe lassen. Ich habe also online alle möglichen Plattformen durchforstet und mir meinen zukünftigen Hund anhand von ein paar Bildern und einer herzzereissenden Story ausgesucht.
Nova wurde als mittelgroßer, 2 Jahre alter Schäfermischling beschrieben. Sie kam nicht von der Straße, sondern wurde aus schlechter Haltung gerettet, wo sie wohl fast verhungert und verdurstet wäre. Sie war ca. 3 Monate im Shelter in Rumänien und wurde dort aufgepäppelt. Laut Beschreibung war sie ein freundlicher, zurückhaltender aber neugieriger Hund. Sie kommt gut mit Menschen und anderen Hunden klar, ist klug, lernfreudig und somit für Anfänger super geeignet.
Und so begann der Adoptionsprozess. Nach einigen Telefonaten und einem persönlichen Besuch von einer freundlichen Dame durfte ich Nova mein Eigen nennen. Sie kam im Jänner dieses Jahres direkt aus Rumänien zu mir.
Ankunft und die erste gemeinsame Zeit
Als Nova bei mir ankam war sie natürlich erstmal überfordert, hat sich zurückgezogen und ging mir aus dem Weg. Das war ok, ich wurde gewarnt, dass die ersten Wochen schwierig sein können, weil der Hund sich einleben muss. Sie hat sich überraschend schnell an das Haus gewöhnt und war zu meiner großen Freude praktisch stubenrein. Ich ging aber nicht mit ihr spazieren, sondern ließ sie anfangs nur in den Garten, weil mir das so empfohlen wurde. Außerdem habe ich mich täglich zu ihr auf den Boden gesetzt, mit ihr geredet und mit Leckerlies geworfen, damit sie sich an mich gewöhnt. Ich habe auf Besuch verzichtet und versucht mich so normal wie möglich zu verhalten, damit sie sich an den Alltag gewöhnt.
Es hat ca. 10 Tage gedauert bis sie mir gegenüber scheinbar auftaute. Davor hat sie mich kaum eines Blickes gewürdigt. Sie schaute mich also an und ich wurde mutig und rückte etwas näher an sie ran und wollte sehen ob sie ein Leckerlie aus meiner Hand nimmt (Wenn ich das ganze heute betrachte, war es ziemlich eindeutig, dass sie mich fixiert hat und total steif war, damals habe ich das aber absolut nicht gecheckt). Sie nahm das Leckerlie nicht, sondern schnappte nach mir.
Ich war natürlich sofort beunruhigt und habe die Orga angerufen, die haben mir versichert, dass das normal ist und manchmal passiert, wenn der Hund noch nicht bereit ist. Ich soll das ganze langsamer angehen. Ok, habe ich gemacht.
Die nächsten 3 Tage habe ich sie also wieder fast komplett in Ruhe gelassen, nur aus Entfernung vor mich hingeredet und ab und zu ein Leckerlie fallen lassen. Am vierten Tag kam es dann zu dem Vorfall. Novas Lieblingsplatz war im Flur in einem Körbchen, da lag sie fast den ganzen Tag, so auch an diesem Tag. Ich wollte ins Bad gehen, so wie all die Tage davor auch und ging an ihr vorbei. Sie sprang wie von der Tarantel gestochen auf und biss mir in den Unterarm, diesmal kein Schnappen, sondern richtig tief mit Blut und allem drum und dran.
Nach ärztlicher Versorgung habe ich natürlich sofort die Orga angerufen und gesagt was passiert ist. Ich habe ihnen erklärt, dass ich mit Nova überfordert bin und keinen bissigen Hund haben möchte, weil mir einfach jegliche Erfahrung fehlt. Dann habe ich den größten Fehler gemacht, ich habe mich überreden lassen.
Die Orga hat sich entschuldigt, Die Frau am Telefon hat zu weinen begonnen und gesagt, dass Nova eine Chance verdient, sie kann nirgends hin, sie haben keine Pflegeplätze frei, sie braucht mich und bla bla. Sie hat versprochen, dass sie mir helfen und mir kostenfrei eine Trainerin schicken. Das haben sie auch gemacht und da wurde klar, dass Nova noch mehr Baustellen hatte.
Die Trainerin kam gleich am nächsten Tag und wir standen vor einem großen Problem. Nova lässt niemanden ins Haus. Als ich die Tür öffnen wollte und die Dame reinlassen wollte hat Nova sehr eindeutig klar gemacht, dass das nicht gestattet ist und laut gebellt, geknurrt und um sich geschnappt. Die "Trainerin" schien genau so überfordert zu sein wie ich und beschloss wieder zu gehen. Sie hat mir versprochen, dass sie das ganze der Orga meldet und ein passenderer Platz für Nova gefunden wird.
Dazu kam es aber nie (sonst wäre ich jetzt nicht hier). Alles was die Orga danach tat war sich Ausreden einfallen lassen, weinen und später beleidigen und all die Schuld mir in die Schuhe zu schieben, bis sie sich letztendlich gar nicht mehr gemeldet haben und mich bis zum heutigen Tag komplett ignorieren.
Unser Trainingsweg
Aus diversen (vermutlich falschen) Gründen habe ich mich entschieden Nova nicht ins Tierheim zu bringen, sondern zu behalten und die "Herausforderung" anzunehmen. Irgendwie hatte ich ein schlechtes Gewissen, habe die Schuld bei mir gesucht und hatte Mitleid.
Ich habe mir also einen richtigen Trainer gesucht und muss sagen, dass ich einen unfassbaren Glücksgriff gemacht habe. Wirklich, der Mann wurde sowas wie mein persönlicher Engel.
Er hat sich von der ersten Begegnung mit meiner Schreckschraube nicht abschrecken lassen, sondern gleich eine Lösung gefunden. Statt ihn direkt ins Haus zu lassen, bin ich mit Nova rausgegangen und wir sind dann alle gemeinsam wieder zurück, was Nova als ok empfand. Als er sie zum ersten Mal gesehen hat meinte er sofort, dass Nova wohl nicht irgendein Schäfermischling ist, sondern ziemlich sicher ein Malinois Mischling, was er persönlich einem ahnungslosen Anfänger niemals gegeben hätte.
Die darauffolgende erste Zeit haben wir dann festgestellt welche Probleme wirklich vorliegen.
Nova hat ein großes Problem mit Menschen. Der größte Auslöser ist Nähe. Es kann aber auch sein, dass es schon reicht wenn man sie zu lange anschaut, anfassen geht sowieso gar nicht. Es war auch egal ob drinnen oder draußen, selbst beim Spazierengehen hat sie alle Menschen fixiert und oft geschnappt (sie hat außer mir nie einen Menschen verletzt, keine Sorge, wir waren da sehr vorsichtig). Sie war wahnsinnig schnell frustriert und wenn sie frustriert war und nicht an ihr eigentliches Ziel rankam hat sie versucht mich zu beißen. Überraschenderweise hat sie mit anderen Hunden tatsächlich kein Problem.
Nova hatte ein Ressourcenproblem. Egal ob Gegenstände oder Futter, wenn sie etwas für sich beansprucht hat, hat sie das mit ihren Zähnen verteidigt.
Novas grundsätzliche Lösung für alles was ihr nicht gepasst hat, war nach vorne zu gehen und zu beißen.
Wir fingen also an an diesen Problemen zu arbeiten. 24/7 Maulkorb war Pflicht, eine Box wurde angeschafft und an einem Platz gestellt wo sie nicht den Kontrolletti raushängen lassen kann und alles im Blick hat. Ressourcen durften niemals frei rumliegen und anfangs das wichtigste war das sie mich akzeptiert. Wir haben wahnsinnig viel "Bindungsarbeit" gemacht. Sie ist wirklich sehr klug und lernwillig und wir haben schnell festgestellt, dass kleine Tricksereien und Kommandos zu üben der beste Weg war. Wir sind außerdem viel spazieren gegangen, irgendwo in der Pampa um Menschen komplett zu vermeiden.
Später haben wir dann angefangen mit Umorientierung zu arbeiten, damit sie draußen nicht mehr jeden Menschen schreddern will, dem wir begegnen. Kurz gesagt: wir haben die letzten 9 Monate an all diesen Problemen gearbeitet und obwohl es, gerade anfangs, wirklich mühsam und teilweise zum verzweifeln war und mich eine große Menge Geld gekostet hat, hatte ich meistens das Gefühl, dass es das richtige ist, das wir auf einem guten Weg sind und wirklich tolle Fortschritte machen.
Text ist zu lang, im nächsten Beitrag gehts weiter. (Sorry)