Qualzuchten III

  • Im Freundeskreis von mir sind einige Kinder mit Down Syndrom und die sind verdammt niedlich. Der Satz so tut richtig weh.

    Auch ich empfinde diese Kinder meist als fröhlich und ja, als niedlich.

    Ich glaube das der Punkt eher war das Kinder mit Down Syndrom natürlich genauso fröhliche, niedliche und geliebte Kinder sind wie gesunde Kinder. Aber sie sind nicht niedlich WEIL sie das Down Syndrom haben, sie sind niedlich weil es eben tolle Kinder sind.

    Wenn mir jemand sagen würde er wünscht sich das sein Kind mit dem Down Syndrom geboren wird, weil er die damit einhergehenden physischen Merkmale so niedlich findet, müsste ich wohl arg mich halten der Person keine zu scheuern.

    Würde jetzt aber zB meine Tante noch ein Kind bekommen und das würde dann eben mit dem Down Syndrom geboren werden, dann würde ich dieses Baby genauso lieben wie seine oder ihre großen Brüder und es ja, auch niedlich finden.

  • Ich sehe das Problem vielmehr darin, dass den Menschen Empathie fehlt. Ich sehe das Problem darin, dass die Menschen egozentrischer werden. Sie kümmern sich um ihre eigenen Bedürfnisse. Hunde dienen dabei lediglich der Befriedigung der eigenen Belange. Es geht nicht darum, es einem Lebenwesen schön zu machen, sondern sich selber. Deshalb ist es völlig egal wie es dem anderen geht.

    aber das war eigentlich schon immer mehr oder weniger so, oder?

    So ca seit "macht euch die Erde Untertan".

    Und ich glaube doch, dass Empathie und "erkennen" viel miteinander zu tun hat.

    Ich glaube, niemand würde Pelzbommel am Schlüsselanhänger haben, wenn er*sie sehen könnte, wie der Pelz gemacht wird.

    Aber es ist irgendwo zwischen nicht-wissen-wollen und nicht-sehen-können.

    Ich mein, die Leute informieren sich doch alle nicht, wo egal-was herkommt. Das wäre auch enorm viel Input. Und deshalb denken die auch einfach nicht darüber nach.

    Das ist doch bei Qualzuchten nichts anderes. Ich glaube, dass die wenigsten sagen "is mir egal", sondern dass die es eben nicht sehen (weil das Niedliche eben stärkere Affekte auslöst und die Krankheit tatsächlich genau das Kümmern bedient, das im Kindchenschema schon angesprochen wurde), dass sie vielleicht auch keine Vergleichshunde haben und dass sie nicht informiert sind. Und Aufklärung erfahren ja auch nur die, die danach suchen. Was wie gesagt niemand macht, weil ey, wie anstrengend: woher kommt das Fleisch, woher kommt der Turnschuh, woher kommt die Avocado, woher kommt der Hund - das macht ja das Leben ganz schön schwer, wenn man sich jetzt über alles informieren soll, wo es doch wirklich einfacher ist, einfach das zu machen, was der Mainstream auch macht.

    Ich find's also nicht unbedingt egozentrisch, sondern faul oder (selbst-)konfliktscheu. Und nicht unempathisch, sondern unfähig, das wahrzunehmen...verblendet vielleicht.

  • Du meinst also, dass Menschen ihre Hunde kaufen wie eine Avocado? Dann sollte der Gesetzgeber vor den Kauf tatsächlich so was vor setzen wie eine Informationsveranstaltung von fachlich versierten Leuten mit klar definierten Inhalten.

  • Du meinst also, dass Menschen ihre Hunde kaufen wie eine Avocado? Dann sollte der Gesetzgeber vor den Kauf tatsächlich so was vor setzen wie eine Informationsveranstaltung von fachlich versierten Leuten mit klar definierten Inhalten.

    Mein Segen hätte das auf jeden Fall. Gern darf diese Informationsveranstaltung ein zweiwöchiges Blockseminar mit Prüfung sein. Gern dürfen anschließend draußen auch nur jene Menschen die Hunde führen, die die Teilnahme nachweisen können.

    Ja, ich glaube das schon. Ich glaube, dass viele Menschen nahezu alles in einem Warenwert bis X% des Jahreseinkommens mit der gleichen Inbrunst entscheiden wie den Kauf einer Avocado und einen Fellbommelschlüsselanhänger, der vermutlich ca das gleiche kostet, wie eine Avocado. Die haben dann natürlich auch ihre Expertisen. Die einen kaufen besonders informiert ein Handy, die anderen einen Hund, wieder andere Mode oder Funktionskleidung... nur kann man nicht in allen Bereichen Expertise haben und in allen, in denen man keine hat, macht man einfach irgendwas, was alle anderen auch machen. Ohne dabei kalt zu sein und bewusst zu sagen "ich nehme deine Krankheit und die Krankheit deiner Verwandten in Kauf, denn ich finde dich drollig und angenehm langsam!" - es sagt ja auch keiner "ist mir wirklich von Herzen scheißegal, wie das Tier, das ich hier esse/verfüttere gelebt hat." - man weiß es nur nicht so genau und will es lieber auch nicht so genau wissen, glaube ich.

  • Qualzucht und Massentierhaltung unterscheiden sich für mich nicht im inhaltlichen, aber doch im Umgang der Menschen mit dem Thema. Das ist es ja, was ich so wenig verständlich finde: nicht umsonst werden Schweine zur Fleischproduktion nicht unter den Augen aller auf dem Bahnhofsvorplatz gehalten. Sondern man kann sehr gut die Augen vor diesem Leid verschließen, wenn man denn möchte.

    Aber qualgezüchtete Hunde leben mit ihren Menschen auf engstem Raum, Röcheln und schnaufen und bekommen ihre Tierarztbesuche ja (mit Glück) bezahlt für die Gaumensegel OP und die Bandscheibenvorfälle und die Allergien.

    In beiden Fällen ist es ein Augenverschließen vor Tierleid. Aber im Fall der Hundequalzuchten muss man die Augen schon wirklich sehr zudrücken, samt Ohren und kann nicht „komfortabel“ und „unwissend“ das Hack aus der Kühltruhe im Supermarkt kaufen.

  • Ich sehe schon noch einen Unterschied darin, ob man mit einem Tier zusammen unter einem Dach lebt oder ein Stück davon im Supermarkt aus dem Kühlregal nimmt. Ich selber habe auch ein anderes Verhältnis zu meinen Schafen als zu meinen Hunden. Das ginge für mich auch nicht anders, denn sonst könnte ich die Schafe weder selber essen, noch verfüttern. Trotzdem habe ich Mitleid, wenn eins meiner Schafe krank ist, lasse ihm alle notwendige Versorgung zukommen, damit es nicht leidet. Trotzdem trifft es mich emotional ganz klar mehr, wenn einer meiner Hunde was hat.

  • Vielleicht ist das Problem, dass sich zu sehr auf das Aussehen fokussiert wird. Hätten Bully und Co. nicht diese gesundheitlichen Probleme, gäbe es die Diskussion doch gar nicht, egal wie sie aussehen. Blöd halt, dass das Aussehen von den Problemen nicht getrennt werden kann.

    Was ich damit sagen will: die Dinge entwickeln sich einfach sehr langsam. Es gibt keine Maßnahme, um eine Bevölkerung schnell umzuerziehen. Es ist der eher stete Tropfen. Es gibt einige, die sich von extremen Messages, Handlungen, Werbungen kriegen lassen und sich identifizieren können. Das sind aber meist nicht die Leute, die selbst genau das am liebsten machen, was diese Werbung anprangert, sondern Leute, sie eh schon ähnlich ticken, die sich identifizieren können. Und ab da braucht es dann Jaaahre, bis das so in die breite Gesellschaft sickert.

    Irgendwo habe ich noch einen alten Flyer "Tierärzte gegen Tierversuche" hier rumfliegen. Der ist glaube ich von 1979 oder 80. Es hat sich da schon viel getan, aber eine Präsenz, wie sie es bräuchte (im täglichen Leben an ein Publikum, welches den Verein nicht auf dem Schirm haben) gibt es bis heute nicht. Das Gleich das Thema QZ. Die Rassen gibt es schon seit Jahrzehnten, viel Aufklärung und was ist: Diese
    Rassen boomen regelrecht.

    Sind die Menschen zu blöd? Nein. Haben sie kein Interesse? Nein. Was macht es für einen Sinn Menschen erreichen zu wollen welche sich der Probleme bewusst sind?

    Erreicht werden müssen genau die, die auch die "Ausführenden" sind: Vermehrer, Züchter. Ohne Vermehrer und Züchter keine Hunde. Und da wird wohl bloß der Gesetzgeber noch etwas tun können, denn wo Geld fließt, folgt sehr schnell eine "Erblindung". Ob bewusst oder unbewusst ist egal. Alle Energie in die Käufer zu stecken, raubt Kraft, welche, von der Logik her, nicht zu einem Erfolg führen kann. Klar, es gibt Einzelne welche sich besinnen. Nützt aber den Hunden nichts, da die Zucht oder Vermehrung "lustig" weiter geht bzw. rasant zunimmt.

    Ich bin ja geduldig, weil natürlich alles seine Zeit braucht, aber Jahrzehnte und eigentlich wird es immer schlimmer? Irgendwo hakt es.

  • guter Punkt.

    Aber ist einem das so klar, wenn man keine richtigen Vergleiche hat?

    Ich bin z.B. mit Yorkshire Terriern aufgewachsen. Die haben immer gehechelt und hatten immer bestialischen Mundgeruch. Ich hab das nie in Frage gestellt, das war einfach so. Ich hab das tatsächlich auch vor gar nicht allzu langer Zeit erstmalig reflektiert, dass ich jetzt sofort wahrnehme, wenn Bolle in einer Ruhephase hechelt und mich direkt frage, was los ist. Früher wusste ich nicht, dass es nicht normal ist, dass Hunde die ganze zeit hecheln.

    Ich kann mir tatsächlich bis jetzt keinen nichthechelnden Yorkie vorstellen, weil sich das Bild in mir so natürlich anfühlt. Versteht ihr, wie ich meine?

    Dass man das einfach nicht in Frage stellt, sich dran gewöhnt, keinen Vergleich hat?

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