Haltung von "Arbeitshund" ohne "Arbeit"?

  • Abgesehen davon ist selten die Auslastung an sich das Problem, sondern diese etwas unrealistische Vorstellung vieler Leute, was denn Auslastung bedeutet.


    Eben genau das höre ich auch immer "ja mit denen müssen Sie bestimmt viel machen, Gassigehen 3x am Tag und Sport und Kopfarbeit, sonst steigen die Ihnen bestimmt aufs Dach" .... und ich denk dann immer so ... ähhhh .... nein. Klar würden die total hohldrehen, wenn ich das machen würde ... mach ich aber nicht.


    Die Leute hören das Wort Auslastung und denken, dass der Hund möglichst lange und aktiv mit irgendwas beschäftigt werden muss, wo er sich körperlich und kopfmäßig verausgabt. Das ist natürlich Quatsch.


    Ich denke das ist der Grund, warum oft so viel schiefgeht. Weil viele Menschen gar kein Gefühl für das "wie" haben. Und ich sehe dieses Problem insbesondere bei Menschen, die sich ERST den Hund kaufen und DANN überlegen, was man jetzt mit dem anstellt (das meine ich auch ohne Wertung und ganz allgemein, trifft meist auf Ersthundehalter zu, die vom Angebot an Beschäftigung einfach überrollt werden). Dann fängt man 100 Sachen an in dem guten Gedanken dem Welpen viel Abwechslung und Auslastung zu bieten, macht davon dann alles, aber nichts richtig und der Hund dreht hohl.
    Die Leute, die sich den Hund ganz speziell für eine Aufgabe und ein Ziel anschaffen (soll hüten, soll Agility machen, soll Therapiehund werden ...) - die legen ihren Fokus eben auch beim Welpen schon recht gezielt auf die Eigenschaften, die sie später haben wollen, ohne dass sie mit dm Welpen jetzt einen riesigen Stundenplan abarbeiten. Und so kann der Welpe in seine spätere Aufgabe perfekt reinwachsen. Das finde ich ziemlich optimal. Leute, die es übertreiben gibt es aber natürlich auch da.


    Ich kann aber ja auch von einem Welpen/Junghund, der vor Energie strotzt nicht erwarten, dass der sich wie ein "Opa" verhält und den ganzen Tag mit "Nichtstun" zufrieden sein soll. Ich finde es schon gut, wenn man diese Energie z.B. in eine sinnvolle Bahn umlenken kann. Und ja ... ganz manchmal muss ein junger Hund auch einfach mal die Sau raus lassen. Einfach mal durchatmen ... auch davon geht er nicht kaputt.


    Auslastung mit Sinn und Verstand und ans Alter angepasst ist in meinen Augen also durchaus machbar.

  • Kritisch sehe ich das grundsätzlich gar nicht, was mit dem Junghund gemacht wird (bezogen auf 3x die Woche bisschen was machen). Nur, dass er angeblich diese Arbeit und diese viele Bewegung "braucht" und "einfordert" und daran abgelesen wird, dass er der totale Arbeiter ist. Das ist einfach symptomatisch für ein häufiges Fehlinterpretieren meiner Meinung nach und darauf, dass da dann doch was irgendwie unrund läuft.


    Ich finde man muss vor allem mal eines unterscheiden: Einen Hund, der arbeiten will und einen echten Gebrauchshund bzw einen echten Arbeitshund - damit meine ich ECHTE Spezialisten.


    Das ist ein riesen Unteschied und soll wirklich niemandem mit einem Pudel oder Labbi oder Sheltie oder weißen Schäfer oder Spaniel oder sonstwas auf die Füße treten - gar nicht! (Falls das so verstanden würde) Aber Spezialisten sind zumindest gern mal echte "Nerds", die im Zweifel anders ticken als ihre gemäßigten entfernten Verwandten.


    Ich denke aber das grad "echte" Labbis und Spaniels auch echte Spezialisten sein können. Besonders aus jagdlicher Linie, Denke, das sollte man nicht unterschätzen. Oder was meinst du jetzt mit Spezialist?

  • Ja, natürlich - ich meine nicht die mit Arbeitsprüfung und Eltern und Ahnen mit Arbeitsprüfung die für einen echten Job in ihrem Spezialgebiet vorgesehen sind und diesen auch arbeiten. Ich rede auch von "echten" Bordern als Spezialisten und nicht von den Show-Exemplaren.
    Dass ein normaler, nicht triebtoter Labbi oder Spaniel oder sonstwas gleich ein Spezialist sein soll - nö.

  • Ja, natürlich - ich meine nicht die mit Arbeitsprüfung und Eltern und Ahnen mit Arbeitsprüfung die für einen echten Job in ihrem Spezialgebiet vorgesehen sind und diesen auch arbeiten. Ich rede auch von "echten" Bordern als Spezialisten und nicht von den Show-Exemplaren.
    Dass ein normaler, nicht triebtoter Labbi oder Spaniel oder sonstwas gleich ein Spezialist sein soll - nö.


    Ah, so war das gemeint.


    Ich muss da an einen Irish Setter von einem Freund denken. Jagdliche Linie und wirklich ein Fachidiot und Nerd vor dem Herrn. Diesen Hund würde ich definitiv als Spezialist einordnen.

  • Für erschließt sich irgendwie nicht, dass Ruhe lernen, Alltag machen = Welpe/Junghund wird abgeschaltet und darf gar nix mehr, bedeutet.
    :???:


    Für mich bedeutet „Ruhe&Alltag lernen“, dass darauf eben der Fokus liegt, aber wilde 5 Minuten, fetzen, über die Wiese rasen, rumkaspern genauso dazu gehören, wie füttern, schlafen, kuscheln, etc.
    =)


    Mag aber auch an meinem Alltag liegen. :ka: Der fordert einfach schon nen bissl....

  • Meine kritische Äußerung bezieht sich auch eher auf das Feuer & Flamme Prinzip 'der Junghund braucht das jetzt schon'!
    Wenn er in dem Alter schon 'schwerlich' ausgelastet scheint, finde ich das nicht okay. Sein Hunger nach mehr will gestillt werden.


    Der Bereich Blindenhund wurde angesprochen. Meines Wissens leben potenzielle 'Blindenhunde' die ersten Lebensmonate in einsatzfreien Familien, Eignungen werden getestet klar, aber die eigentliche Ausbildung startet nicht schon im Welpenalter.


    In meiner Trailgruppe z.B. ist ein ehemaliger Personensuchhund (nun 4 Jahre jung) der Polizei, ein Schweißhund. Der Hund wurde direkt nach Ankauf als Welpe von seinem DHF in MT Arbeit genommen, schier tägl. Sucharbeit, WS/Seminare usw. das wurde erwartet von der Behörde. Überforderung von Mensch & Tier (lt. Aussage des ehemaligen Halters), Prüfung nicht bestanden, Querelen innerhalb der Behörde, der Hund musste gehen.


    Seine jetzige Besitzerin hat mit dem jungen Frührentner enorme Probleme, sie kann -wie auch- ihm sein 'tägl. Soll' schwerlich erfüllen.


    Ich kenne viele Hundeführer in RH Staffeln die leben das Ehrenamt mit Haut & Haaren und ja, sie führen ihre Junghunde auch schon spielerisch in ihren zukünftigen Aufgaben.
    Just diese erfahrenen Hasen raten Newbies sogar: komm in unsere Staffel, schaue dir Monate lang alles an, sei aktiv als Mitglied mit allem vor & zurück und je nach Sparte kommt dann dein/ein Hund dazu. Oft wird der extrem zeitintensive Aufwand unterschätzt - Ehrenamt in Staffeln ist nicht nur Training mit den Hunden.


    Es geht mir nicht um schlecht reden und klar gibt es auch viele, viele, viele Hundehalter Teams wo alles super läuft, aber der Faktor Zeit & Geduld für Hund & Halter ist imho ein sehr wichtiger.

  • Mag aber auch an meinem Alltag liegen. :ka:

    Jap. Ich denke das wird’s auch einfach sein.
    Nicht jeder Alltag ist gleich und nicht jeder stellt im Alltag die gleichen Anforderungen an Hunde.


    Die wüsste absolut nicht was ich ein Jahr lang einem Welpen an „Alltag“ zeigen sollte. Das wichtigste davon haben die nach zwei Wochen drauf und läuft dann halt nebenher als Festigen des Verhaltens und das was sie dann noch lernen sind halt nette Tricks, die den Alltag erleichtern, wie zum Beispiel eine zuverlässige Ablage.

  • Ich kann nur meine Erfahrungen mit Till zu diesem Thema beitragen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Till ganz ohne Arbeit zufrieden, glücklich und ausgeglichen wäre. Meinen Eindruck zur Folge braucht Till diese Auslastung und Beschäftigung für seine Zufriedenheit.
    Im Grunde genommen, sind wir schon ganz früh mit der "Arbeit" angefangen. Wenn auch nur in sehr kleinen Schritten. Aber Til fing schon mit 12 Wochen an das Apportieren anzubieten. Das habe ich aufgegriffen und immer wieder in unseren Alltag einfließen lassen. Später kam dann die verschiedensten Suchspiele, Aufgaben hinzu. Das waren immer Dinge die wir auf unseren Spaziergängen haben mit einfließen lassen.
    Als er knapp 2 Jahre alt war sind wir mit dem Mantrailen angefangen. Da "wurde es dann aber auch Zeit" für ihn.
    Was das Ausmaß der Auslastung und der Anforderungen im jeweiligem Alter angeht, kann man sich, meine Meinung nach, nur auf sein Gefühl verlassen und muß spüren, ob es für den Hund gerade passt.


    LG


    Franziska mit Till

  • Ich hatte die Diskussion erst kürzlich an anderer Stelle.
    Ich denke das Hauptproblem beim Thema Auslastung ist, dass viele Leute in der heutigen Zeit nicht mehr zwischen 24 stunden Daueranimationsprogramm für den Flauschi-Liebling und rassegerechter Auslastung unterscheiden können.


    Man ist so gefangen im öffentlichen Vergleich, denn man will ja besser sein, um zu zeigen, wie lieb man seinen Hund hat, dass manche da jegliches Maß und Ziel verlieren.
    Nach dem Motto mehr ist immer besser, wird maßlos übers Ziel hinausgeschossen.


    Mir wurde ja auch erst kürzlich auf FB erklärt, es ginge gar nicht, dass ich drei Gebrauchshunde habe und arbeiten gehe, denn jeder der Hunde bräuchte doch zwei bis drei Stunden Beschäftigung am Tag...
    Abgesehen davon, dass ich da aus dem letzten Loch pfeifen würde, würden bei so einem Programm hier alle drei am Rad drehen, bis ihnen auch die letzte Sicherung knallt und sie im Chor La Cucaracha pfeifen.


    Nichts desto Trotz bin ich der absoluten Meinung, dass Arbeitshunde arbeiten sollten. Ob das jetzt "echte" Arbeit ist oder ein rasse- und typangepasstes Sportprogramm ist, finde ich dabei Nebensache.
    Ja, ich kenne hier im Umfeld (leider) sehr viele Arbeitshunde aller möglichen Rassen, die ohne Arbeit leben. Es funktioniert (mal mehr, mal weniger gut) aber auch nur mit relativ großem Erziehungsaufwand und Management. Wenn ich mir ansehe, was da teilweise an Arbeit und Training reingesteckt wird, frage ich mich oft, warum man nicht den einfacheren (und oftmals sogar weniger zeitaufwändigen) Weg über die rassegerechte Auslastung geht.

  • Ich habe keine Ahnung, was genau ich hier sitzen habe - gehe aber nicht davon aus, dass mein Hund ein "Arbeitshund" ist.


    Aber beim Thema Auslastung fällt mir immer wieder auf, dass meiner Meinung nach viele Leute eine ganz eigenartige Vorstellung davon haben, was einen Hund fordert.


    Wir waren heute beim Patenkind und dessen kleiner Schwester und haben Weihnachtsplätzchen gebacken. Der Hund, der den ganzen Nachmittag kleine Kinder um sich rum hatte und das wenig kennt, ist jetzt platt. Der braucht auch morgen garantiert nix für den Kopf und war heute auch nur Pinkelrunden.


    Die meisten Leute, die ich hier so treffe, würden jetzt sagen, dass dem Hund heute der lange Spaziergang fehlt - zur Auslastung.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!