Fliegen jagender Hütehund - was genau steckt dahinter

  • Wenn das Verhalten zwanghaft wird, kann man den Hund nicht mehr aus der Situation abrufen, solange es den Hund nicht stresst, ist es für mich okay. Meine Hunde können gerne Fliegen jagen aber nur in der Wohnung und wenn es nicht soweit geht, dass sie dabei Tische und Stühle umrennen oder 3 Stunden lang die Fliege anstarren.

    Gerade der BC ist auf das Fixieren gezüchtet, er braucht es zum Schafe hüten, es ist aber eigentlich eine Sequenz des Jagdverhaltens. Wenn der Hund nun keine Schafe hüten kann, kann dieses Verhalten außer Kontrolle geraten und zwanghaft werden. Er kann es nahezu auf alles übertragen, ob Hunde, Bälle, Fliegen oder Treppenstufen. Manche starren auch Schatten, oder Lichter, oder Spiegelungen an. Es ist wie mit den Balljunkies, selbstbelohnend.

    Die Balljunkies stecken in der nächsten Jagdsequenz fest. Sie jagen dem Bewegungsreiz hinterher. Auch da kann sich das Zwangsverhalten auf alles mögliche übertragen oder ausdehenen. Statt Bällen können es Wasserstrahlen, Wellen, Fliegen, Radfahrer, Jogger, andere Hunde usw. sein.

  • Das interessante hierbei ist, es wird nicht nach der fliege geschnappt, sondern die wird mit der Nase platt gedrückt.
    Ich kenne das nur als riechversuch.....explizit mit der Nase platt drücken, kenne ich so nicht, ausser als versehen beim abriechen

  • Fin hütet manchmal Hummeln. Vorzugsweise wenn die wieder frisch im Garten rumfliegen, meist zur Beinwellblütezeit, der steht halt auch günstig. Er bewacht dann den Beinwell und Hummeln die wegfliegen werden verbellt und sollen offensichtlich zum Beinwell zurück (das interessiert die natürlich nicht).
    Das geht natürlich völlig an etwas Sinnvollem vorbei, aber er läßt sich da jederzeit von abbringen und hat es in seinen Lebensjahren auch nicht auf weitere Flugtiere oder Pflanzen ausgeweitet. Mir scheint eher, dass das im Frühling auftritt und dann recht schnell langweilig wird. Von daher amüsieren wir uns schon darüber, wie er die fliegenden Mini-Finlays (doch, doch... die sehen ihm ähnlich) versucht, in Schach zu halten.
    Ich kann mir allerdings gut vorstellen, dass das bei entsprechender Veranlagung des Hundes (oder z.B. bei Langeweile) schnell ausarten kann und dann von gesund weit entfernt ist.

    Pondi, der Epileptiker war und ein paar neurologische Auffälligkeiten hatte, hat imaginäre Fliegen gejagt, wenn er in einer schlechten Phase war. So etwas würde mich immer in Alarmbereitschaft versetzen, ist aber imho noch wieder was anderes.

    Geordy, dem ich ja viel eher zutrauen würde, dass er sich auf sowas Blödes wie Insekten einschießt, ignoriert die Fliegeviecher vollkommen. Außer eine Fliege fliegt ihn immer wieder an, wenn er im Haus irgendwo ruht. Dann wird der richtig, richtig sauer. Über Tische und Bänke geht er dabei aber auch nicht. Der fährt halt die volle Mimik auf, die an der Fliege aber leider auch völlig verpufft.

  • Bei Border Collies ist das ein häufig zu beobachtendes Phänomen, wenn der Hund mit der Überstimulation, die eine sich bewegende und herumschwirrende Fliege nicht zurecht kommt. Die Ursache für extremes Verhalten in dieser Rasse liegt in der eigentlich erwünschten (Über-)Empfindlichkeit gegen diverse Umweltreize, wobei sofortige Reaktion auch auf minimale Bewegungs- und Geräuschreize hier besonders hervorzuheben sind.

    Fliegen erfüllen im Prinzip genau diese Primärkriterien, auf die ein unerfahrener Border Collie reagiert. Durch seine genetische Prädisposition erfährt er zwar, dass Hüten stark selbstbelohnend ist, hat aber im Jugendalter, wenn sich solche Fehlverhalten häufig entwickeln, noch nicht gelernt, was denn alles in die Kategorie 'hütbar' fällt. Ich treffe häufig solche Border Collies in Familienhund- oder Sporthundhaushalten, in denen der Hund einerseits nie am Schaf war und andererseits oft schon früh mental überfordert und wortwörtlich 'überreizt' wurde.

    Häufig beginnen Verhaltensstörungen wie obsessives Fliegen-, Schatten,- oder Lichtpunktjagen in einer kritischen Phase im Junghundealter und können sich durchaus dahingehend verselbstständigen, dass der Hund irgendwann auch beginnt, imaginäre Dinge zu jagen. Das Verhalten wird dann oft zum Übersprung, in dem der Hund sich kaum ablenken lässt und sogar unansprechbar wird. Daran erkennt man, dass es kein Spiel oder ein ein harmloser Tick ist, denn erinnern wir uns: ein arbeitender Border Collie soll stets empfänglich für die Anweisung seines Handlers sein, sonst wird der Hund unkontrollierbar und die Schafe sind in Gefahr.

    Das Verhalten beginnt oft mit einem Ersatzhüten und wird sich unweigerlich verselbsständigen, wenn man als Besitzer da nicht früh genug eingreift. Damit wir uns nicht falsch verstehen: ein Hund, der bei Fliegen mal entnervt schaut oder nach ihr schnappt, ist völlig normal. Viele Menschen mögen es auch nicht, wenn ihnen eine Fliege um den Kopf schwirrt. Wenn wir uns aber vorstellen, dass ein Mensch bei der Anwesenheit einer Fliege im Raum plötzlich nur noch diese anstarrt, ihr minutenlang durch den Raum folgt und sich durch nichts und niemanden mehr davon ablenken lässt, nicht mehr ansprechbar ist und keine Fragen mehr beantworten kann, erhalten wir ein ziemlich gutes Bild davon, wie unangemessen exzessives Fliegenjagen auch beim Hund ist.

  • Es ist halt ein Collie und kein Border Collie und Collies mit Zwangsverhalten sind eigentlich eher rar gesät.

  • @AnnetteV

    Vielen Dank für die Infos! Genau so erlebe ich den Collie (Langhaar).

    Er kann 30min am Stück Fliegen jagen, was eben für mich nichts mit gesundem normalen Verhalten zu tun hat.
    Daher die Ausgangsfrage.

    Deine Ausführungen bringen für mich einiges an Licht in die Sache.

    Dann lag ich gar nicht so falsch mit meiner Vermutung, dass das stark dem unerwünschten Hüteverhalten von Border etc. gleicht - oder eben der erste Schritt in diese Richtung ist.

    Dann ist es mit so veranlagten Hunden eigentlich eine Gratwanderung, dass es nicht zu "Fehlverhalten" kommt im Alltag, oder?

    Theoretisch müsste man dieses Verhalten abbrechen und ihm erklären was man möchte? (ZB neben einem auf seiner Decke liegen)

  • Es ist halt ein Collie und kein Border Collie und Collies mit Zwangsverhalten sind eigentlich eher rar gesät.


    Vielleicht ist es bei denen einfach weniger bekannt und wird weniger darauf hingewiesen? Könnte ja auch sein. Ich frage nur, ich hab keine grossen Erfahrungen mit Hüterassen.

  • Ne, also alles was ich bisher über Langhaarcollies gelesen habe, auch in den entsprechenden Communitys, ist das ein Verhalten, was eigentlich nicht typisch ist. Auch entsprechendes Hüteverhalten zeigen wohl heute noch die wenigsten Collies. Vielleicht ist es einer von den so genannten Farmcollies? Da werden ja Aussis oder andere Hütis mit reingemixt.

  • Zwangverhalten ist wie Maizy schon schrieb. Wirklich nicht typisch für Collies, aus denen wurde systematisch der Hütetrieb regelrecht rausgezüchtet und sind schon fast eher Begleithunde (steht auch sogar so im Standard drin). Ethan zeigt Hüteverhalten, da er alte Linie in sich vereint und so wohl von der Züchtern der Mutterlinie und auch vom Vater drauf geachtet wurde das sie ihrHütehundtypisches Verhalten und vorallem die Arbeitsbreitschaft noch mitbringen.

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