Wiedermal das leidige Thema Hetzen/Jagen

  • Hallo Freunde (und Freundinnen),
    das Thema wurde bestimmt schon unzählige Male behandelt, aber ich möchte mal meine Situation schildern und hoffe auf Tipps von Euch, was ich in der beschriebenen Situation hätte machen können, bzw. wie kann ich das verhindern.
    Folgendes war geschehen:
    Ich ging vorgestern mit meinem Hund spazieren und habe ihn auf freiem Feld abgeleint. Wir übten ein paar Kommandos, ansonsten genossen wir die Abendsonne. Auf einmal machte sich ein Feldhase in ca. 50m auf und davon und mein Hund hinterher. Absoluter Tunnelblick bei ihm - keine Rückrufmöglichkeit. Er jagte den Hasen quer durch die Feldmark und verschwand aus meinem Blickfeld. Irgendwann sah ich ihn aus einem Maisfeld kommend und umhersuchend. Der Hase war weg und der Hund kam zu mir zurück. Ging wenige Meter vor mir in Kriechgang (nach dem Motto "Mist hab Scheisse gebaut) - leider war ich ziemlich aufgebracht und vergass meine gute Hundeschule - anstatt zu loben schimpfte ich (natürlich ohne irgendwelche Handgreiflichkeiten). Ab an die Leine und zurück nach Hause. Hund ausgepowert - die Schnauze seitlich am schäumen.
    Heute wieder in die freie Natur. Er ging super bei mir - nur auf Kommando entfernte er sich einige Meter. WIr übten Grundkommandos (die er aber schon lange sicher beherscht). Auf dem Rückweg spielte er mit anderen Hunden und normalerweise kann ich nach einer solchen Spieleinlage weitergehen und meinen Rüden abrufen. Heute folgte er dem anderen Besitzer und dessen Hund, ohne sich darum zu kümmern wo ich bin. Meine Kommandos verhallten ungehört und plötzlich gab er wieder Vollgas. Weg von den anderen Hunden und mir Richtung Wald. Aus dem Wald wieder raus und die Umgebung durchkämmt. Ich dachte mir, wenn der sieht, wie weit ich weg bin, kommt er schon. Das hat aber echt gedauert, bis ihm einfiel "Ich hatte ja noch einen Zweibeiner dabei, wo ist der denn ?"
    Sah mich, gab Vollgas an den anderen Hunden vorbei zu mir. Ich - diesesmal hat´s geklappt - voll des Lobes und Leckerlie und angeleint. Der Rückweg nach Hause bestand fast nur aus ziehen und wilden schnüffeln.
    Ich habe das Gefühl, dass das Hasenerlebnis irgendwie eine Schranke im Kopf geöffnet hat (wenn ich das mal so sagen darf) und er verbindet jetzt draußen sein mit "Jagen gehen". Irgendwann bekommt er anscheinend seine Jagdminuten.
    Ich hab nach dieser langen Geschichte mal folgende Fragen:
    - WIe hätte ich in der ersten Situation reagieren können/müssen, als er sich auf den Weg Richtung Hasen gemacht hat?
    - Wie kann ich es hinbekommen, dass mein Hund nach dem Freispiel mit anderen Hunden sicher auf mein Kommando zu mir kommt (vor dem Hasenerlebnis hats ja auch fast 100% geklappt) und sich nicht eigene Abenteuer sucht ?
    - Wie verhaltet ihr Euch, wenn Euer Hund so weit entfernt ist, dass die Stimme ihn nicht mehr erreicht und ihr nicht mit Pfeife arbeitet ?
    - Kann ich den Jadtrieb durch Jagdspiele im Garten unterdrücken ?

    Fragen über Fragen von einem Hundeneuling, dessen Hundeschule das Thema "Hetzen und jagen" komischerweise ausgespart hat.

  • Zitat

    ... Der Hase war weg und der Hund kam zu mir zurück. Ging wenige Meter vor mir in Kriechgang (nach dem Motto "Mist hab Scheisse gebaut) - leider war ich ziemlich aufgebracht und vergass meine gute Hundeschule - anstatt zu loben schimpfte ich (natürlich ohne irgendwelche Handgreiflichkeiten).

    Wofür hättest Du ihn denn in der Situation auch loben sollen? Wenn der Hund jagen geht und dann irgendwann mal zurückkommt, gibt`s dafür nicht auch noch Lob! Der darf froh sein, dass er nach der Aktion noch gnädig von Dir wieder aufgenommen wird und das würde ich ihm auch vermitteln.

    Zitat

    WIe hätte ich in der ersten Situation reagieren können/müssen, als er sich auf den Weg Richtung Hasen gemacht hat?

    Wenn er sich in Richtung Hase auf den Weg macht, ist es schon zu spät. Hunde sind in der Hatz so "drauf", dass sie nur noch schwer zu erreichen sind; natürlich gibt es schnuffige Wau-Waus, die nicht recht wissen, was sie mit dem Hoppelhasen machen sollen, und nach ein paar Schrittchen verblüfft dreingucken, dass der Hase so schnell weg war, aber einem Hund, der weiß, was da passiert - und Deiner weiß es - kannst Du mit dem Holzhammer eins überbraten, bis er merkt, dass Du mit ihm redest. Ein in dieser Situation sitzendes Abbruchsignal ist für Otto-Normal-Hundehalter in der Regel eine Illusion; nicht umsonst haben auch viele hundeführende Jäger Probleme mit dem Gehorsam am Hasen.

    Deine einzige Möglichkeit zu reagieren, ist -- vor -- dem Beginn der Hatz, d.h. in den Sekundenbruchteilen, in denen der Hund Witterung erhält oder das sich bewegende Objekt sieht. Du siehst es dem Hund an, wenn die Nase oder die Ohen zucken, die Rute hochgeht, Körperspannung aufkommt - was auch immer. Es geht aber verdammt schnell. Je nach Hundetyp kann man ihn dann freundlich abrufen oder muss die Welt über ihm zusammenbrechen lassen, wenn er auch nur einen Gedanken an die Bewegung nach vorne verschwendet. Gleiches gilt übrigens je nach Hund nicht nur für die Sichthatz sondern auch für das Verfolgen von Spuren; wenn die Nase am Boden klebt und der Hund Fahrt aufnimmt, hast Du mit Glück noch einen winzigen Moment, mit Pech ist es schon zu spät.

    Und natürlich dürfen solche Hunde sich nur so weit von Dir entfernen, wie die Reichweite Deiner Kontrolle über den Hund ist. Wenn der Hund also im 5-Meter-Radius noch gut hört, darf er eben nicht weiter weg. Wenn er auf 20 Meter noch gut zu händeln ist, darf er die 20 Meter nutzen. Wenn er gar nicht hört, bleibt er angeleint.

    Zitat

    Wie kann ich es hinbekommen, dass mein Hund nach dem Freispiel mit anderen Hunden sicher auf mein Kommando zu mir kommt (vor dem Hasenerlebnis hats ja auch fast 100% geklappt) und sich nicht eigene Abenteuer sucht ?

    Wie jedes andere Kommando mit Konditionierung und Absicherung. Je nach Ausbildungsstand des Hundes musst Du den Abruf in einfacheren Situationen erst noch mehr üben, die Ablenkungen langsamer steigern oder jetzt mal langsam dazu übergehen, ihn nicht nur zu belohnen, wenn er etwas richtig macht, sondern ihm auch klarzumachen, wenn etwas jetzt mal so richtig Sch... war.

    Zitat

    Wie verhaltet ihr Euch, wenn Euer Hund so weit entfernt ist, dass die Stimme ihn nicht mehr erreicht und ihr nicht mit Pfeife arbeitet ?

    Da hilft nur warten und hoffen. Was willst Du da machen? So weit soll und darf der Hund sich erst gar nicht entfernen.

    Zitat

    Kann ich den Jadtrieb durch Jagdspiele im Garten unterdrücken ?

    Nein, kannst Du nicht.

    Was Du natürlich machen kannst, ist zu versuchen, die Aufmerksamkeit des Hundes durch entsprechend angepasste Spiele draußen bei Dir zu halten, so dass die Chance sinkt, dass er Spuren nachgeht oder Wild sichtet, einfach weil er mit Dir beschäftigt ist.

    Viele Grüße
    Schnuffeltuchler

  • Je mehr Jagdterfolge der Hund hat (und hetzen ist für ihn schon selbstbelohnend), desto ausgeprägter wird meist auch das Jagdtverhalten. Ideal wäre es, ab jetzt erst mal keine Jagdterfolge mehr zuzulassen, was aber bedeutet, dass er in Gegenden, wo potenzielles Wild ist, nur noch an der Schleppleine geführt wird und du gleichzeitig regelmäßiges Antijagdttraining beginnst. Die Spaziergänge sollten auch für den Hund interessant gestaltet werden, also bei dir sollte immer viel spannendes passieren, du findest beispielsweise mega tolle Leckerlis ganz zufällig in irgendwelchen Mäuselöchern oder bei dir kommt ganz unverhofft das Spiele aus der Tasche, sodass es sich immer lohnt bei dir zu bleiben und zu dir zu kommen, damit er nichts verpasst.

    Zitat


    - WIe hätte ich in der ersten Situation reagieren können/müssen, als er sich auf den Weg Richtung Hasen gemacht hat?


    Da ist es schon zu spät, passiert das bei meinem Hund und er reagiert auf meinen ersten Abbruchschrei nicht, mache ich gar nichts mehr, der Hund hat dann keinen Blick mehr für mich. Da kannst du nur warten, bis er zurück kommt, dann leine ich kommentarlos an und der Hund bleibt so lange an der Leine, bis der Kopf wieder frei ist.

    Zitat


    - Wie kann ich es hinbekommen, dass mein Hund nach dem Freispiel mit anderen Hunden sicher auf mein Kommando zu mir kommt (vor dem Hasenerlebnis hats ja auch fast 100% geklappt) und sich nicht eigene Abenteuer sucht ?


    Training, Training, Training, erstmal Abruf mit wenig Ablenkung und immer mehr steigern und irgendein Superleckerli als Belohnung (oder auch Spiel mit dir, falls das besser zieht als Leckerlis)

    Zitat


    - Wie verhaltet ihr Euch, wenn Euer Hund so weit entfernt ist, dass die Stimme ihn nicht mehr erreicht und ihr nicht mit Pfeife arbeitet ?


    Außer warten, kannst du da nichts machen.

    Zitat


    - Kann ich den Jadtrieb durch Jagdspiele im Garten unterdrücken ?


    Nein, Jagdttrieb kann man nicht unterdrücken, allerhöchstens in kontrollierte Bahnen lenken und selbst das ist sehr langes Training, je nach Ausgeprägtheit des Jagttriebes. Empfehlen kann ich dir da das Buch "Antijagdttraining" von Pia Gröning.

  • Hallo Abmeier,

    es gibt nur eine Lösung momentan.
    Schleppleine dran, und schlicht nicht mehr ableinen.
    Und dann beschäftigst du dich ganz viel mit Anti-Jagd-Training.
    Wobei ich es lieber als Jagd-Ersatz-Training bezeichne, denn das Jagen wollen wirst du dem Hund nie abgewöhnen können. Das ist zu tief genetisch veranlagt. Aber du kannst alternative Beschäftigungsmöglichkeiten in Form von Nasenarbeit machen, und an der allgemeinen Rückrufbarkeit arbeiten. Des Weiteren wäre ein Notfall-Stopp-Signal, also so was wie der Superschlachtruf oder Pfeife, noch empfehlenswert. Das empfohlene Buch von Pia Gröning ist dazu scho mal ein guter Einstieg.
    Und wenn du noch lernst die Zeichen zu deuten, bevor dein Hund abgehen möchte, dann kannst du auch eingreifen eben bevor er abgeht. ;)

  • Zitat


    - WIe hätte ich in der ersten Situation reagieren können/müssen, als er sich auf den Weg Richtung Hasen gemacht hat?

    Wenn er schon auf dem Weg ist, ist es zu spät. Für die Fälle, in denen der Hund den Hasen früher sieht als du, ist es sinnvoll, dem Hund ein Alternativverhalten bei Hasensichtung beizubringen. Nämlich nicht gleich losrennen, sondern diese z.B. anzuzeigen, indem er stehen bleibt, sich hinsetzt usw. Man kann Wild auch als "Rückrufsignal" konditionieren, sprich, Wildsichtung ist genauso wie ein Hier und heißt zu dir zurück. Muss man natürlich vorher antrainieren an der Schlepp, sodass es nicht zum Losrennen kommen kann und du das Alternativverhalten belohnen kannst.

    - Wie verhaltet ihr Euch, wenn Euer Hund so weit entfernt ist, dass die Stimme ihn nicht mehr erreicht und ihr nicht mit Pfeife arbeitet ? Deshalb habe ich als Notfallsignal die Pfeife konditioniert. Die brauche ich alle paar Wochen mal, wenn überhaupt, aber im Notfall gibt es eben etwas, bei dem ich den Hund auch über große Entfernungen noch erreichen kann.
    - Kann ich den Jadtrieb durch Jagdspiele im Garten unterdrücken ?Unterdrücken kann man nicht. Du musst ihn in geregelte Bahnen lenken. Der Hund darf die ersten Jagdsequenzen zeigen (Spur wittern und dann anzeigen), aber hetzen is nicht. Stattdessen gibt es für die ersten Schritte eine satte, hochwertige Belohnung.

    Je nach Hundetyp ist das natürlich unterschiedlich schwierig. Aber es ist ein möglicher Ansatz. Hunde, für die Hetzen absolut alles ist, wird es logischerweise schwieriger.

    Fragen über Fragen von einem Hundeneuling, dessen Hundeschule das Thema "Hetzen und jagen" komischerweise ausgespart hat.

  • Vielleicht wurde es schon gesagt, aber idealerweise hättest du den hund nach der hasenaktion erstmal ganz lange vor Ort entspannen müssen. Leider hast du ihn im absoluten Stresszustand weggeführt. Der Faden über Jagen wird dir helfen. Stichwort bedürfnisorientierte Belohnung.
    Ach ja ... willkommen im club :-D

  • Zitat

    Darf ich mal fragen was dein Hund für eine Rasse ist und wie alt er ist?

    Ein griechischer Labradormischling von der Straße, laut Vorstellung. Also vermutlich eher eine Mischung aus für die Region typischen Jagdhunden.

    Da werden ein paar "Jagdspiele" im Garten wohl nicht weiterhelfen ;)

  • Zitat

    Die Spaziergänge sollten auch für den Hund interessant gestaltet werden, also bei dir sollte immer viel spannendes passieren, du findest beispielsweise mega tolle Leckerlis ganz zufällig in irgendwelchen Mäuselöchern oder bei dir kommt ganz unverhofft das Spiele aus der Tasche, sodass es sich immer lohnt bei dir zu bleiben und zu dir zu kommen, damit er nichts verpasst.

    Das halte ich ehrlich gesagt nicht für zielführend. Klar, man kann Hunde auch nonstop beschäftigen, damit sie bloß nicht wegrennen, aber wenn ich Hunde nur dadurch abhalten kann vom Jagen, weil ich grade interessanter bin als alles andere mache ich grundsätzlich was falsch.
    Wenn der Abruf von Hundefreunden nicht sitzt kann er nicht bei Wild sitzen, also Abruf festigen, evtl. noch ein Stopkommando aufbauen, was sitzen muss und grundsätzlich dem Hund zeigen, dass er sich an dir orientieren muss, wenn er nicht alleine dastehen will.

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