Echte Wölfe und blöde Fragen

  • Meine Herdwickschafe haben vor ein paar Jahren einen jungen Podenco(mix) übel verletzt.
    Der Hund ist über den Zaun gesprungen und hat sich an 2 schlafende, gerade wenige Tage alte Lämmer, regelrecht angeschlichen. Ich glaube wirklich, dass er sie nicht identifizieren konnte, und deshalb so langsam auf sie zu ging. Da hat ihn die Mutter attacktiert, bei der Flucht kam er noch zwischen ein anders Lamm und dessen Mutter, die ihn auch boxte.
    Ich hatte gesehen, dass der Hund auf die Weide sprang und kam angerannt, eigentlich um die Schafe zu schützen, und habe dann den Hund gerettet.
    Ausgeschlagene Zähne, gebrochene Rippe, lange, tiefe Wunde auf dem Oberschenkel, riesen Bluterguss auf der Schulter....
    ABER: wäre der Hund in Hetzmodus schnell auf die Schafe zugerannt, wäre alle geflüchtet.

  • Meine Herdwickschafe haben vor ein paar Jahren einen jungen Podenco(mix) übel verletzt.
    Der Hund ist über den Zaun gesprungen und hat sich an 2 schlafende, gerade wenige Tage alte Lämmer, regelrecht angeschlichen. Ich glaube wirklich, dass er sie nicht identifizieren konnte, und deshalb so langsam auf sie zu ging. Da hat ihn die Mutter attacktiert, bei der Flucht kam er noch zwischen ein anders Lamm und dessen Mutter, die ihn auch boxte.
    Ich hatte gesehen, dass der Hund auf die Weide sprang und kam angerannt, eigentlich um die Schafe zu schützen, und habe dann den Hund gerettet.
    Ausgeschlagene Zähne, gebrochene Rippe, lange, tiefe Wunde auf dem Oberschenkel, riesen Bluterguss auf der Schulter....
    ABER: wäre der Hund in Hetzmodus schnell auf die Schafe zugerannt, wäre alle geflüchtet.

    Genau wie bei dem Fuchs. Das war es, was ich meinte. Schön beschrieben.

  • Auch wenn Schafe grundsätzlich freundlich sind und weichen, gibt es durchaus sehr wehrhafte Exemplare. In Grossbritannien ist es keine Seltenheit, einen jungen, unerfahrenen Hund wegen eines (oder mehrerer) Schafe, die sich zur Wehr setzen, zu verlieren.


    Gerade die Tiere, die den grössten Teil des Jahres halbwild in den Mooren leben und wenig Farmleben kennen gelernt haben, wissen sich im Notfall schon zu verteidigen. Setzt ein (meist unerfahrener) Hund da in einem Moment unverhältnismässig viel Druck auf oder lässt dem Schaf keinen Ausweg mehr, kann es dazu kommen, dass die Schafe in Notwehr auf den Hund losgehen.


    Einem einzelnen (meist zurecht) rebellierenden Schaf kann ein erfahrener Hund vielleicht noch Herr werden - einer ganzen Gruppe, die sich zur Attacke entschliesst, kaum. Ein Hund, der noch nie eine derartige Erfahrung gemacht hat, wird davon in der Regel völlig überrumpelt und zieht dann den Kürzeren.

  • Was für eine Rolle mögen bei Schafen die Rasse und die Haltungsbedingungen spielen?


    Ich habe bei Wolf - Schaf mehr das Bild vor Augen, wie Schafe, begrenzt durch den Aussenzaun fix und fertig gehetzt werden und der oder die Wölfe dann irgendwann eines rauspickt, das mal nicht schnell genug mitkommt.


    Wo ist da der point of no return, ob sich ein Schaf umdreht und sich stellt oder ob es ins Fluchtverhalten umspringt?


    Bei Rindern scheint das Abwehrverhalten auch extrem unterschiedlich zu sein - zum einen abhängig vom Alter des Kalbes, was entscheidend für die Frage ist, ob sich allein die Mutterkuh oder die ganze Herde für den Eindringling zuständig fühlt und zum anderen gibts deutlich wehrigere Rassen, bisher scheinen sich in Sachen Wolfsübergriffe Angus und tatsächlich auch Simmenthaler Fleckvieh ganz gut zu schlagen. Auch das Bilden einer "Wagenburg" scheint eine Frage der Rasse und damit der weggezüchteten Eigenschaften zu sein. Ob z. B. ein Bulle mitläuft oder nicht, scheint nicht so viel auszumachen, es sind eher die Kühe, die Abwehrverhalten zeigen.


    LG, Chris

  • Im neuen Wolfsgebiet hier bei uns haben wir letztens auch Herdenschutzhunde getroffen. Zwei Stück, die auf einem eingezäunten Stück mit Freilandlegehennen liefen. Der Zaun verläuft ein Stück direkt neben dem Weg und die beiden Hunde haben uns die ganze Zeit bellend am Zaun begleitet, bis wir dann endlich weg waren.
    Fand ich sehr interessant, wie sie das gemacht haben. Hab dann auch gleich mal meinem Mann alles erzählt, was ich hier so über diese Hunde gelernt habe :bindafür:
    Theo war sehr entspannt und wollte auch nicht hin, Quintus der Irre musste natürlich erstmal zurückkläffen |) den hab ich dann mal eingesammelt

  • Chris, die Rassen spielen eine Rolle. Ich habe verschiedene Rassen. Umso näher man an der Urform ist, umso eher suchen die Schafe ihr Heil in der Flucht. Die Kamerun werden erst in großen Gruppen ruhiger. Unter 60 Alttieren ist fast schon zu klein. (Heißt nicht, dass man 60 oder mehr Kamerunschafe halten muss). Das heißt, ab diesem Punkt hat man einen Herdenverbund, der zusammen läuft. Geraten die Kamerunschafe in die Enge, dann ist deren "point of no return" eher erreicht, als bei meinen anderen Schafen, aber er ist auch anders geartet. Bei denen heißt das Kopf runter und dampframmenmäßig einen Ausweg bahnen oder springen und das wirklich beeindruckend hoch. Wirklich gezielte Angriffe sind das aber nicht.


    Die Ouessantschafe haben einen hohen Grad an Umstellungen in der Haltung durchwandert. Auf der Insel wurden die Tiere frei gesetzt und z.T. wohl auch früher in Anbindehaltung gehalten, bis der Winter kam. In der Wolle, der Trittsicherheit, dem Ablammveralten sieht man das auch. Die sind robust und entwickeln auch andere Strategien, um den Hund auszutricksen. Da es auf der Insel aber keine solchen Bedrohungen und Zäune gab, wie hier, gab es da aber keine Strategie für Wildtierabwehr und heute (auf dem Kontinent) hat man ein XS-Schaf, das schlau ist, sehr wendig und flink. Das Herdenverhalten finde ich bei meinen schon bemerkenswert. Die Väter werden in den Lämmerdienst ebenso eingebunden, wie die Auen. Es trabt nicht zwingend das Lamm neben seiner Mutter her, das dazu gehört, sondern es gibt einen Kindergarten, in dem immer mindestens 2 Schafe abgestellt werden, um sich um die Kleinen zu kümmern. Lammt eine Aue ab, dann geht sie abseits, aber 2 Altschafe und ein Bock sind in der Nähe und wachen, bis Aue und Lamm stehen. In dieser Zeit dürfen sich Fremde nicht nähern. Die Böcke greifen dann gemeinsam an und haben eine kurze Lunte. Auch später achten sie noch darauf, die Damen abzuschirmen, aber dann bekommt man eine Warnung, wenn man die kritische Distanz unterschreitet. Ein Schaf ist immer zum Wachen am höchsten Punkt der Weide postiert. Es ist immer das gleiche Schaf und der Job wird umgehen weitergegeben, wenn dieses Schaf die Weide verlässt oder krank ist.


    Meine Milchis sind wieder ganz anders - die Mutter bleibt bei ihrem Lamm und werden die älter, dann rufen sie ab und an mal ein "Wo bist du?" "Bin hier?" . Diese Schafe sind im ganzen viel schwerfälliger und machen eher mal Front. Dabei bleibt es dann aber auch. Geraten die in Wallung, dann rennen sie als dichtes Wollfeld los und das erinnert am falschen Ende der Herde an eine Reihe Footballspieler, die einen umwalzen. Ich kann euch sagen, man geht schnell zu Boden. Hab das ausgetestet. Wenn die in Panik sind, würden mit Sicherheit auch Jungtiere niedergetreten werden, wenn eines einen falschen Schritt macht und fällt. Aufsplitten tun sie sich nur unter Zwang und die Lämmer bleiben immer dran. Die Soay oder Kamerun legen sich ab wie Kitze.


    Die GGH haben in allem eine kurze Lunte - Damen wie Herren und die greifen alles deutlich eher an, als alle meine anderen Rassen. Dabei können die erstaunlich gut zielen. Springen können die auch gut, aber mit Zwillingen oder gar Drillingen an Bord, geht ihnen die Bewegungsfähigkeit auf den dünnen Stelzen im letzten Drittel der Tragzeit verloren. Da die Damen wie die Herren praktische Henkel haben, tut es auch bei beiden gleich weh, getroffen zu werden .... tut aber auch ohne Hörner weh.


    Die Skudden .... durchgeknallte Hektiker. Die kennen nur Flucht und brauchen eine sehr große Distanz. Die sind in allem kaum mal wirklich tiefenentspannt. Beim Fressen, Laufen etc. es wird immer die Umgebung gescannt und Fehlalarm gibt es bei denen nicht - Rennen geht immer, vorsichtshalber, nur zur Sicherheit, also immer. Denen würde ich neben den Kamerunern auch die größten Chancen einräumen auf der Flucht davonzukommen. Sie sind recht trittsicher und durchaus in der Lage mehrere "Hindernisse" zu umgehen. Meine kommen aber aus einer Haltung, in der sie nahezu ohne menschlichen Kontakt verwildert lebten. Die bei mir geborenen Lämmer sind zutraulich. Im Gefahrenfall - also eigentlich 23 h am Tag - rennen die natürlich auch mit den anderen. Was es bei den Skudden gibt es, wenn sie in die Enge getrieben werden, ein Schaf, dass quasi den Ausweg mit brute force finden muss. Ich schätze, dass wäre dann im Angriffsfall ein red shirt oder allen gelingt die Flucht. Bei uns ist das Jolly Jumper. Sie hätte tatsächlich Chancen auf der Flucht ein anderes Tier auszumanövrieren.


    Ich schätze aber, dass in Deutschland nur die Schafe eine Chance hätten, denen das Überwinden der Zäune und Umschiffen aller anderen Gefahren gelänge. Die Zäune - erst recht die aufgerüsteten - stellen eine echte Hürde dar, die das Überleben als Weidetier einem Wildtier gegenüber ziemlich erschwert.

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