Hundeerziehung ohne Härte?

  • Ein Nein, ohne eine Alternative aufgezeigt zu bekommen versteht ein Hund sehr wohl (sofern er weiß, was ein Nein bedeutet). Und selbst wenn mir das irgendein Trainer tausendmal erzählt, wird es dadurch nicht richtiger. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass dadurch auch Frust entsteht und Frust ist halt blöde. Aber Frust ist halt auch eine normale Sache, mit der ich umgehen können muss, um ihm Alltag zu bestehen und um nicht alle drei Meter schreiend auf dem Boden rumzurollen.

    Zum anderen muss ich ehrlich sagen, dass es mir so vorkommt, dass dieses "alles braucht ein Alternativverhalten" eher dem Hundehalter als dem Hund hilft. Wenn mein Hund ein Reh jagen will und ich sage Nein und weise ihn an, sich stattdessen ins Platz zu begeben, hat er eine Alternative. Ob er dadurch weniger Frust hat, wage ich mal stark zu bezweifeln. Er wurde ihn seinen Wünschen beschnitten und ich zwänge ihm zusätzlich ein Verhalten auf, dass mit seinem Wunsch unvereinbar ist. Aber warum das zu weniger Frust führen sollte, leuchtet mir nicht ein. Gut er kriegt vielleicht noch ein Trostpflaster in Form einer Belohnung, aber ganz ehrlich: das kann ich ihm auch einfach so geben, wenn ich meine, dass es meinem Hund damit besser geht.

    Ich will nicht sagen, dass Alternativverhalten nutzlos ist. Je nach Situation macht es die Sache einfacher und kann dem Hund helfen, sich gerade in etwas aufreibenderen Situationen besser zurecht zu finden. Aber ich habe nunmal keinen Idioten an meiner Seite, der für jede Bewegung eine Anweisung braucht, sondern einem Hund, dem ich zutraue durchaus auch eigene Lösungen zu entwickeln und das fördere ich gerne im Alltag. Denn zum einen kann der Hund daran wachsen und zum anderen lernt er gleich mit Frust umzugehen.

    Viele Grüße
    Frank

  • Jeder Hund benötigt Grenzen.
    "Kommandos" wie NEIN, LASS DAS, Pfui können positiv aufgebaut werden, sind aber dann doch Abbruchsignale.
    Auch habe ich kein Problem ein positiv aufgebautes LASS DAS später mit Körpersprache und drohender Stimme zu unterstützen.
    Letzlich ist es eine Sache von Timing, ob ich den Umweg über ein extra positiv aufgebautes LASS DASS brauche, oder ob ich so gut im Timing und eindeutig in der Körpersprache bin, dem Hund ganz schnörkellos zu loben und zu kritisieren ( Sprich: konsepuent die Grenzen aufzeigen), so dass Hund sich wohlfühlt und es passt. (mir ist bisher nur EIN!!! Trainer begegnet, der das wirklich konnte. Der ist auch zu Menschen so eindeutig. Ich denke das ist einfach eine Gabe)
    Ich brauche die kleinen Umwege. Und da ich mit Inteligenz ausgestattet bin, funktioniert das ohne Gewalt und ohne Härte.

    Jagen kam hier oft als Argument, dass man dem Hund was vor die Füsse knallen muss. Wenn das beim Hund funktioniert: wy not. Ist halt recht simpel und einfach als Methode. Aber irgendwie mutet es doch an, dass diese "Methode" eine Methode des Versagens ist. Denn die meisten Hunde werden ja so "erzogen", bzw. die Halter möchten so unerwünschtes Jagdtverhalten abbrechen.
    Für mich gibt es zwei Möglichkeiten.
    1. der Hund ordnet sich unter und MEIDET das Jagen
    2. ich schaffe es nicht, den Hund kurz und knapp unterzuordnen und bringe dem Hund bei mir zuzuarbeiten. Das heisst, ich lasse mir Wild anzeigen und habe dann die Möglichkeit den Hund zu handeln.

    Bei der 2. Variante ist "etwas vor die Füsse knallen" tatsächlich kontraproduktiv.

    Eine Erziehung nur über positiver Verstärkung ist nicht möglich in meinen Augen.
    Im Prinzip ist das das was Clickerer "Shapen" nennen. Ich mache das mit meinen Hunden ganz gerne mal, aber dabei entsteht neben Freude und Spass und Hirnjogging auch druchaus Frust.

    Ich habe das neulich in einer Weiterbildung (hatte gar nichts mit Hunden zu tun) selbst erfahren.
    Wir machten ein Spiel: Man musste aus dem Raum und als man wieder reinkam wurde man mit positiver Verstärkung dazu gebracht, etwas zu tun, was die Gruppe sich ausgedacht hat.
    Im 2. Durchgang bekam man das gleiche über positiver Verstärkung gesagt und erhielt ein neutrales "falsch" dazu. (nicht in Worten sondern über Signale vermittelt)

    Das war gut. Weil die Gruppe war ja daran interessiert, dass die Aufgabe erledigt wurde, man selbst hatte ein Erfolgserlebnis und Freude am tun.

    Eine positive Strafe ist ja schon das "in die Seite stupsen". Ich muss hier auch noch differenzieren. Es gibt das durchaus im Affekt. Wo man nur reagiert.

    Aber es gibt das auch als Erziehungsstrategie. Siehe Basler HTS.

    Das heisst, ich als Mensch begebe mich auf diese Stufe und versuche zu kommunizieren wie ein Hund.
    Nur Vorsicht: Hunde sind sehr harmonisch untereinander und sehr tolerant.
    Ich denke, man kann nicht kommunizieren wie ein Tier sondern nur versuchen eine Basis der komunikation zu finden, die das Tier versteht.

  • Ich gebe Schnappi grundsätzlich recht. Es gibt aber Situationen, wo ein Alternativverhalten im Sinne von adäquatem Ersatzverhalten sinnvoll ist. Nicht immer, aber in gewissen Situationen schon. Zum Beispiel, wenn es um Kontakte geht.

    Ich mache ihm deutlich, dass er keine Menschen anspringen darf - ebenso wenig wie kleine Hunde. Da MUSS ich ihm ein Alternativverhalten zeigen, und kann darauf nicht verzichten, sonst denkt er irgendwann: Menschen und kleine Hunde sind doof, gefährlich, angriffswürdig. ;)

    Das Alternativverhalten besteht dann aus kurzem Frust, aber dann sofort aus dicken Streicheleinheiten von demjenigen, den man mit allen 4 Pfoten auf dem Boden begrüsst.

    Also immer dann, wenn ein Verhalten "nicht ganz falsch, aber doch" ist, muss ich ihm zeigen, wie es anders geht.

  • Zitat

    Guten Abend,

    Über dieses Thema kann man sich streiten und es gibt so viele Meinungen und wollte mal eure Meinungen hören!

    Kann man einen Hund ohne härte erziehen sondern nur mit viel Liebe, Konsequenz, Ruhe, Geduld und mit positiver Verstärkung erziehe, ohne das der Hund einen auf der Nase rumtanzt?

    ich spreche nun von meiner Blondine und wüsste gerne, wie man

    - einen Sichtjäger so positv bestärkt, dass er nict hetzt
    - einen Spurenjäger ableinen kann, und ihn von jeglichem Jagen abhalten kann
    - einem Hund, der Auto und Wohnung verteidigt, positiv ver"clickert", dass er niemanden zu stellen, abzuschnappen hat und bitte jeden zu dulden hat

    joa, das waren so Punkte, die mich von der Wattebauschfraktion interessieren, die mir aber noch niemand wirklich erklären konnte :D

    ich liebe meine Hunde und genau daher gibts Grenzen und Konsequenzen bei Überschreitung ;)

  • @ Frank Ich stimme dir im Großen und Ganzen absolult zu. Bei meinem Hund habe ich allerdings festgestellt, daß ihm ein angepasstes Alternativverhalten, besonders in extrem schwierigen Situationen mit hoher Trieblage, sehr Hilft Grenzen und Regeln zu akzeptieren und einzuhalten. Ich denke, daß liegt daran, daß es für einen Hund wesentlich einfacher ist in (extrem) hoher Erregungslage nach einem Stopp-Befehl ein erlerntes Alternativverhalten abzuspuhlen als sich in solchen Momenten noch zusätzlich überlegen und entscheiden zu müsssen: "Was tue ich jetzt?". Die Gefahr dem Reiz erneut zu "erliegen" ist, meiner Meinung nach, dann in solchen Momenten wesentlich größer.
    Bei uns wird das besonders an dem von gewschilderten Beispiel "Jagen" deutlich. Bei Wildsichtung ist Tills Alternative nach dem Abbruchkomando der Rückruf. Ich habe gezielt den Rückruf gewählt weil Till sich wahnsinnig gerne bewegt und rennt und das zurück rennen können zu mir für ihn schon ein selbstbelohnendes Verhalten darstellt. Außerdem hat er so die Chance sein Adrenalin in Bewegung/Handlung umzusetzen. Wenn man Till in solchen Momenten genau beobachtet merkt man ganz deutlich wie er sich während des Zurücklaufens zusehens entspannt. Er erhält eine supertolle Belohnung und es geht weiter. Ich wäre mir allerdings sehr sicher, daß mein Hund, würde ich ihm nur das Abbruchkomando geben, in solchen Momenten hoffnungslos damit überfordert wäre selbst zu entscheiden was er nun tun solll. Schlimmstenfalls würde er erneut zum jagen ansetzen. Natürlich beschneide ich ihn auch so in seiner Freiheit aber es geht ihm gut dabei und wir kommen alle sehr gut damit leben.
    In anderen Situationen, da stimme ich dir vollkommen zu, ist ein Alternativverhalten nicht zwingend notwendig. Da kann er problemlos selbst entscheiden was er stattdessen tun möchte. Bei uns ist das eindeutig eine Frage der Trieblage. Wenn er zum Beispiel aus bestimmten Gründen heute mal nicht ins Wasser gehen soll, braucht er kein Alternativverhalten aufgezeigt bekommen. Wenn ich dann "Nein" sage fragt er höchstens noch einmal nach ob ich das Wasser meine in der er einen zweiten Versuch startet und dann ist die Sache geklärt. Allerdings benutze ich in solchen Situationen auch nicht sein eigentliches Abbruchkomando sondern sage "Nein" In hoher Trieblage hingegen verewende ich sein Abbruchkomando und dem folgt, auch zur Absicherung, dann auch immer ein weiteres Komando/Alternativverhalten.

    LG

    Franziska mit Till

  • Zitat

    ich spreche nun von meiner Blondine und wüsste gerne, wie man

    - einen Sichtjäger so positv bestärkt, dass er nict hetzt
    - einen Spurenjäger ableinen kann, und ihn von jeglichem Jagen abhalten kann
    - einem Hund, der Auto und Wohnung verteidigt, positiv ver"clickert", dass er niemanden zu stellen, abzuschnappen hat und bitte jeden zu dulden hat

    Ganz einfach!

    Hund gegen Wessensittich tauschen und diesen in einen Käfig packen.

    Im Ernst: man kaufe sich einen Jagdthund und wundert sich über Jagdverhalten?

    Möchte dieses dann nicht?
    Man kauft einen Hund, mit Wachinstinkt, möchte das aber nicht?
    Man kauft einen Hütehund, möchte aber nicht, dass er sich Dinge am Horizont anschaut?

    Irgendwie verkehrte Welt.

    Wenn ich als etwas erfahrenerer Hundehalter und Liebhaber mich für einen hundekauf entscheide und plane, dann gibt es im Vorfeld Dinge zu beachten.

    Wenn ich zu einem Hund komme wie die Jungfrau zum Kind, dann muss ich mich mit evt. unerwünschem Verhalten auseinander setzen.

    Ich kann aber von einem Tier nicht erwarten, nicht mehr Tier zu sein.

  • Zitat

    Aber ich habe nunmal keinen Idioten an meiner Seite, der für jede Bewegung eine Anweisung braucht, sondern einem Hund, dem ich zutraue durchaus auch eigene Lösungen zu entwickeln und das fördere ich gerne im Alltag

    so isses - vor allem, wenn es sich da auch noch um einen ERWACHSENEN Hund handelt.

    Ich finde es schon eine sehr heftige menschliche Anmaßung (oder Drang zum Dauer-Überbemuttern?) zu glauben, daß so ein kleiner Schatz 1.)nonstop und für jede Lebenssituation ausgefeilte Regieanweisungen benötigt und daß 2.)die süße, hilflose Fellnase neverever vom Menschen ausgehenden Frust erleiden darf, weil sie das nicht "versteht".

    Wenn Hunde dermaßen infantil, dauerbedürftig und situationsblöde wären, wären sie längst ausgestorben und hätte als Art sicher nicht diese einmalige Karriere gemacht.

  • @ Liv

    da hast du etwas falsch verstanden

    ich habe mir den Hund so nicht ausgesucht, nein
    aber ich kann ihn händeln

    es ging darum, wie man es rein positiv schaffen soll, wie auch in meinem Post steht, wenn man ihn ganz liest


    wir kommen klar, gegen leinenlos spazieren und es dürfen fremde Leute in die Wohnung, zur Erklärung, damit du mir nicht wieder einen singenden, zwickenden Ziervogel andrehen möchtest ;)

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