Vorteile & Nachteile bei Norwegergeschirr und Führgeschirr

  • Wir sind bei zwei heftig geschirrhassenden Hunden am Ende beim Norweger gelandet. Das haben sie mit Abstand am besten toleriert.


    Der Unterscheid war bei meinen zum einen, dass das Norweger keinen Riemen zwischen den Vorderbeinen hat (den empfanden/empfinden meine kleinen Terrier als absolute Körperverletzung), zum anderen mochten/mögen sie die Führung mit diesem gleitenden Ring am liebsten. Da scheinen sie sich am wenigsten beeinträchtigt und aus dem Gleichgewicht gebracht zu fühlen, wohl, weil der seitliche Zug nicht soweit hinten am Körper ansetzt. Das fiel besonders bei der blinden Hündin auf, die stolperte bei Geschirren mit Zugpunkt weiter hinten regelrecht über die eigenen Beine, während sie beim Norweger schon die Bewegung des Ringes über den Steg als Signal zum Abbiegen verstand, man also überhaupt keinen Leinenzug brauchte. Bei ihr kam dann noch dazu, dass sie diesen breiten Brustriemen gut als vordere Begrenzung akzeptierte und manchmal, wenn sie müde wurde, regelrecht als Halt und Stütze nutzte.


    Hier gibt es zwar, wann immer möglich, nur Halsband, aber wenn das mal nicht geht, hat sich das Norweger als guter kurzzeitiger Kompromiß erwiesen. Dass das eine generelle Fehlkonstruktion ist, könnte ich daher nicht bestätigen. Gesessen hat es, maßgemacht, übrigens auch tadellos - irgendeine Beeinträchtigung der Schulter beim Ausgreifen ist mir da nicht aufgefallen:


  • Hm, aber das Halsband drückt ja nun auch auf den Hals, sogar noch eher im Kehlkopfbereich.

    Wenn es so eine Fehlkonstruktion ist, warum gibt es die dann überhaupt noch zu kaufen?

    Vielleicht macht es auch nur im ZHS Sinn :ka:

    Es gibt eine Menge Mist zu kaufen. Norwegergeschirr gehört dazu, ist eine Fehlkonstruktion, da es die Bewegungsfreiheit der Schultern einschränkt.

    (Für ZHS nehme ich ein X-Back Geschirr. Oder auch mal das Safety. )

  • Meine Spitze haben immer Norweger getragen und Leni trägt es auch. Mit den kurzen Rücken sieht jedes andere Geschirr aus wie ein Rollbraten.

    Ich muss sagen ich mach mich da überhaupt nicht bockig. Lionn ist inzwischen über 13 Jahre alt und hat nie was anderes getragen. Probleme hatte nie ein Hund deswegen. Wie auch? Sie tragen es ja nicht 23 Stunden am Stück.

  • Ohne Zweifel bietet ein "ohne alles" immer die freieste und anatomisch beste Bewegung. Da das aber aus anderen Gründen manchmal dann aber auch ziemlich ungesund werden kann (spätestens im Straßenverkehr...), muss wohl der jeweils bestmögliche Kompromiss gefunden werden. Ich fand dabei immer drei Kriterien wichtig: Was beeinträchtigt am wenigsten ohne jeden Zug? Was beeinträchtigt am wenigsten mit (durchaus auch stärkerem) Zug? Und was ist dabei wirklich sicher, immerhin macht anleinen ja wenig Sinn wenn der Hund dann rausflutscht oder seinen Menschen einfach hinterherzieht? Und aus diesen Variablen hab ich dann versucht, den jeweils bestmöglichen Kompromiss zu finden.


    Bei der ersten Frage, was beeinträchtigt am wenigsten ohne jeden Zug, hat das Halsband wohl ganz klar die Nase vorn, zumindest wenn es nicht gerade viel zu schwer und breit ist oder eine Kuhglocke dranhängt. Das Führgeschirr ist dabei die mittlere Wahl, der Hund merkt halt schon dass er was "anhat". Und das Norweger engt, wie man in dem tollen Clip sieht, auch ohne jeden Zug schon die Beweglichkeit ein. (Wobei die Passgenauigkeit der Geschirre noch mal ein Thema für sich ist, was man da draußen alles sieht, das treibt selbst mir als Laien oft die Tränen in die Augen.)


    Kommt dann Zug drauf, wendet es sich. Hier ist das Halsband echt hoch problematisch, sowohl von der Wirbelsäule wie auch von den Atmungsorganen her. Das Führgeschirr liegt in der Mitte, während das Norwegergeschirr nun wahlweise ähnlich dem Halsband auf die Atmungsorgane drückt, oder aber die Schultern einklemmt und damit den ganzen Bewegungsablauf blockiert.


    Und die Sicherheit? Am Halsband hat man gerade auf größere und/oder schwerere Hunde natürlich mehr Einfluss, während der Hund am Geschirr nicht so schnell aus seiner Balance gebracht wird. Dafür können sich nicht eben wenige Hunde ruckzuck aus dem Halsband rauswinden, das ist beim Norweger schon deutlich schwieriger und beim Führgeschirr schaffen es eher die "Könner".


    Zählt man das alles zusammen, dann hab ich das für meine Hunde so gesehen: Die Freilaufhunde hatten ein Halsband an, auch Sandor mittlerweile auf Wegen, auf denen ich davon ausgehe, dass es gesittet ablaufen wird. Wenn irgendein Zug zu erwarten ist, sei es aufgrund von Sandors Verhaltensoriginalität, weil eine längere Leine dran ist (die allein durch eben diese Länge ja Gewicht mitbringt), oder weil ich meinen Hund eben doch vorhersagbar wirklich halten muss, kommt ein Führgeschirr drauf. Norweger? No way!



    In die gleiche Richtung geht dann m.E. übrigens auch die Wahl des Materials. Für das Bewegungsgefühl ohne jeden Zug ist sicherlich möglichst leicht, schmal und biegsam am angenehmsten und am wenigsten einschränkend. Das ändert sich aber schlagartig, wenn dann eben doch Zug draufkommt, dann schneidet das schmale leichte Band nämlich echt fies ein. Von daher ist meine Wahl immer eher etwas breiter und weich gepolstert, so dass es weder reibt noch einschneiden kann.

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