Zu lernen, als Hundeanfänger aus den ganzen zuerst geglaubten Falschinformationen rauszukommen - braucht Zeit.
Sich Wissen, vor allem aber auch einen Blick für den Hund und richtiges Timing anzueigenen - braucht Zeit.
Sich durch Trainingsansätze durchzutesten - braucht Zeit.
Ein Vertrauensaufbau, vor allem wenn nie viel da war und das dann auch noch in Scherben liegt - braucht Zeit.
Einem panischen, zutiefst verunsicherten Hund die Welt in kleinen Schritten näher zu bringen - braucht Zeit.
Diesen Hund zuerst mal ein wenig aus dem Dauerstress runter zu fahren, schon rein hormonell - braucht Zeit.
Das Problem ist: Diese Zeit hat es hier nicht!
Und ein weiterer Faktor kommt mir hier immer ein wenig zu kurz, und das ist das Kind. Für all das, was für Molly nötig wäre, braucht Selinchen ordentlich Zeit und Nerven. Zwei Dinge, die mit einem Kleinkind im Haus nicht gerade üppig vorhanden sind, zumindest so, wie ich Kinder in diesem Alter täglich erlebe. Dazu die Ruhe, damit Molly draußen die Schritte in ihrem Tempo machen kann, gar nicht so einfach wenn dann im Hintergrund kommt "hab Hunger, muss Pipi, ..." Wieder drin bräuchte Molly dann viel Ruhe, um alles zu verarbeiten. Ruhe und Kleinkinder? Das ist oft genug so was wie die Quadratur des Kreises, Kinder sind lebhaft, entdecken die Welt, machen Quatsch, und all das sollen sie auch dürfen! Tja, und entgegen jeder Hoffnung wird sich das nicht unbedingt legen, im Gegenteil. Molly wird zu allem Glück als kleiner Hund in wenigen Monaten in die Pubertät kommen, mit all dem Chaos, das damit einher geht; das Kind - zwei Jahre, wenn ich das richtig im Kopf habe? - dann demnächst ordentlich in die Fantasiephase, in der die Welt von allerlei Eindrücken wimmelt, die man als Erwachsener nicht sehen kann, wo auch diffuse Ängste auftauchen, wo Rollenspiele gelebt und ernst genommen werden wollen, auch mit dem Hund... Das ist das, was absehbar bevorsteht. Bevor man es sich versieht, kommt das Kindergartenalter, da wird es laut und albern, und vor allem, nun wollen Kinder auch Freunde daheim haben, die mit ihnen laut und albern sind. Völlig normal und ok, aber die Hölle für einen Hund mit Angst. Nicht umsonst ist "nur Familienhund" ein echt harter Job, wenn es um eine Familie mit Kindern geht, da muss ein Hund so einiges abkönnen. Das krieg ich in meinem Kopf mit einem Hund wie Molly einfach nicht zusammen, ich sehe nicht, wie irgendwer damit glücklich werden soll. Auf keinen Fall Molly. Auch nicht das Kind, das lernen muss, "lass den Hund in Ruhe", "nicht anfassen", "nicht mit ihr spielen", "bleib da weg", "nicht so laut jetzt", "nein, du darst sie nicht an der Leine halten", "sag deinen Freunden aber dass...". Und Selinchens Traum kann da schnell zum Alptraum werden, wenn sie beides, Kind und Hund, unter diesen Umständen jonglieren soll. Deshalb wiederhole ich noch mal die Frage, die ich schon ganz zu Anfang dieses Threads gestellt hatte: Wer wird in dieser Situation eigentlich glücklich?