Uli Köppel oder einfach sachliche Diskussion

  • Shoppy:
    Toller Beitrag, echt klasse!


    Trotzdem nochmal zwei Fragen:


    Zitat

    [...] Es gibt nur wenige verhaltensweisen, die sie lernen müßen aber unendlich viele Sachen, die sich lernen müssen zu lassen.


    ??? Den zweiten Halbsatz, ("lernen müssen zu lassen") kannste den nochmal anders schreiben, bitte. Bin mir nicht sicher, wie Du das meinst.


    Zitat

    [...] Aus diesem Grunde wurden die diversen Angsphasen "angewölfelt", die just zu dem Zeitpunkt auftreten, wenn der "Wirkungskreis" der Zwerge sich weiten.


    Und hier komm' ich auch nich' ganz mit. Angstphasen werden "angewölfelt"? Meinst Du bei unseren heutigen Hunden? Oder wie ist das zu verstehen?


    Gruß, Fisch

  • Martina: Schön geschrieben.


    Ich würde hier allerdings eher den Begriff "Futterprägung" nutzen. Der Welpe wird auf das geprägt, was ihm das Rudel von den Streifzügen vorwürgt bzw. was bei den ersten gemeinsamen Jagdausflügen verfolgt und erlegt wird.


    Manche unserer Haushunde zeigen, dass sie auch noch eine solche Prägungsphase durchleben, indem sie "mägklig" werden, wenn sie mit nur einem Fertigfutter aufgezogen wurden. Natürlich gibt es auch hier mangels natürlicher Auslese Extreme in jede Richtung: Hunde, die fast nichts mehr fressen wollen bis hin zu "Schlingern", die wahllos alles in sich reinstopfen.


    Viele Grüße
    Corinna

  • Zitat


    ...sorry, aber das stimmt so nicht. Der Hund kann gar nicht die Verbindung zwischen Gift gefressen und es könnte was vergiftetes auf der Straße liegen, ziehen. Denn dass Gift wirkt ja nicht sofort, sondern meist erst eine Weile später. Somit ist eine Verknüpfung nicht mehr herstellbar. Würde es sofort wirken, dann ist er tot.
    Auch kann der Hund keine Verbindung herstellen, zwischen Straße und angefahren werden. Das einzige was er verbinden kann ist, Auto - tat weh. Dann hätte er aber in Zukunft Angst vor Autos nicht aber vor Straßen. Und wenn er dann bei Straßen ängstlich reagiert, reagiert er .


    Schön, dass Du hier die besten Argumente gegen Lernen über negativer Erfahrung lieferst.


    Es ist nahzu unmöglich vorher zu sagen, was ein Hund mit einem negativen Reiz verknüpft. Es soll Hunde geben, die jetzt fliegenden Sachen (egal ob Marienkäfer oder Fesselballon) panische Angst haben, weil der Elektroschocker (der als Antijagserziehungsmittel eingesetzt wurde) ausgelöst wurde als gerade ein "gefährliches" Insekt über ihn hinweg summte. Der Hund geht immer noch jagen, weil der Gute den Schocker nicht mit dem Karnickel sondern der Hummel verknüpfte...
    Erschwerend kommt hinzu, dass negative Erlebnisse schneller und besser gespeichert werden. Ein negatives Erlebnis reicht also, um IRGENDWAS negativ zu verknüpfen. Es ist eben aber VERDAMMT SCHWIERIG zu steuern, was negativ verknüpft wird. Es versteht sich von selber, dass je mehr Sachen im Leben eines Lebewesens negativ Besetzt ist, das arme Lebewesen eben nicht so glücklich ist, wie eines, dass Erfolg im Beruf, in der Familie und im Sport (was auch immer das jetzt für die einzelnen Lebewesen sein mag) hat.


    Wenn ich einen glücklichen Hund haben will, der tatsächlich "Mein bester Freund" ist, ist es meine Aufgabe, ihn so an MEINE Umwelt heranzuführen, dass er diese als positiv wahrnimmt und "Erfolg" darin hat.
    Denn mit meinen besten (menschlichen) Freunden gehe ich auch nicht wie ein Rüpel um, nur weil mir nicht gefällt, welche Kravate er heute angezogen hat, welches Parfüm sie umweht, oder wenn ihr Wohnzimmer nicht blitzeblank geschrubbt ist.
    Wir sind angeblich die "höhere" Lebensform, die in der Lage ist, zu denken, bevor sie handeln.
    Ausbildung durch "Korretur" zeugt vom Gegenteil, denn hier läßt man handeln, bevor man reagiert!

  • Zitat

    Wenn ich einen glücklichen Hund haben will, der tatsächlich "Mein bester Freund" ist, ist es meine Aufgabe, ihn so an MEINE Umwelt heranzuführen, dass er diese als positiv wahrnimmt und "Erfolg" darin hat.
    Denn mit meinen besten (menschlichen) Freunden gehe ich auch nicht wie ein Rüpel um, nur weil mir nicht gefällt, welche Kravate er heute angezogen hat, welches Parfüm sie umweht, oder wenn ihr Wohnzimmer nicht blitzeblank geschrubbt ist.
    Wir sind angeblich die "höhere" Lebensform, die in der Lage ist, zu denken, bevor sie handeln.
    Ausbildung durch "Korretur" zeugt vom Gegenteil, denn hier läßt man handeln, bevor man reagiert!


    :gut: :flehan: das sehe ich zu 1000% genauso!

  • Ich mag auch mal was sagen... :sport:


    Ich finds toll daß es verschiedene Meinungen gibt - nicht nur hier sondern bei allem im Leben. Weniger gut finde ich wie eine versucht sachliche Diskussion im größten Teil der hier geposteten Bemerkungen zu persönlichen Angriffen ausartet.
    Es ist eine Sache eine Meinung zu vertreten und eine andere sich diese Meinung von allen anderen zu wünschen oder um es noch krasser auszudrücken; seine Meinung als die einzig richtige zu betrachten.


    Letztendlich dreht sich für mich Vieles um das Wort "Meinung" da ich auch Wissenschaften als eine Art von Meinung betrachte. Wir Menschen in sind in unserem Mittelpunktswahn der Überzeugung alles erklären und beweisen zu können. Meine Meinung jedoch: es gibt keine Garantien was richtig und was falsch ist.
    Ich such mir aus vielen Theorien, sog. Wissenschaften, Studien, etc das für mich Passende heraus und laß mich zudem von meiner Intuition leiten. Und gerade deshalb finde ich verschiedene Meinungen so prima - es ist einfach sehr bereichernd
    Ich habe Vertrauen in mich und die Natur daß ich die (für mich und das Tier) sinnvollsten Entscheidungen treffe.


    Wie bei uns Menschen gibt es auch bei bei allen Tieren verschiedene Charaktere: Draufgänger, Sensibelchen, Aggressive, Verträumte, Arrogante, etc. Die Erziehung, die ich einem Hund angedeihen lasse, muß nicht unbedingt so optimal für einen anderen Typ von Hund verlaufen (wie auch in der Erziehung von Kindern);
    Wir haben 2 Hunde im Haus; meine Kuna (1 Monate alt) und einen pechschwarzen Labrador-Schäferhund-Mix (17 Monate) der meinem Schwäger gehört.
    Wenn Kuna und Starbuck miteinander spielen und raufen dann konnte ich von Anfang an ein spielerisches Packen im Nacken sehen - von beiden Hunden. Das geht dann auch teilweise mit einem leichten Schütteln einher wobei sich der Gepackte dann meist auf den Rücken rollt und sich ergibt. Danach geht das Spiel weiter und der andere ist dran. Und das hat ihnen Keiner beigebracht.
    Ich habe Kuna vom ersten Tag an trainiert (habe sie bekommen als sie 7 Wochen alt war) und bereits mit 4 Monaten kannte sie 4 Kommandos und war leinensicher. Mit 6 Monaten war sie straßenfest und braucht keine Leine - auch im derbsten Trubel.
    Treue Anhänger der verschiedenen Methoden dürften mich als eine Verwirrte verurteilen da ich Maßnahmen aus teilweise gegensätzlichen Methoden benutze. Ich arbeite mit positiver Verstärkung und Leckerlis - ebenso mit sehr lauter Stimme, Klapps oder Nackengriff :flehan:
    Für "normale" Kommandos brauche ich keinen Klapps oder Nackengriff - da geht´s immer über Leckerlis - ist halt ein Lernprozess und alles was man haben muss ist Geduld und viel Übung.


    Wenn es aber um bedrohliche oder wiederholt auftretende Situationen geht (Hund läuft auf Straße) da pups ich auf die antiautoritäre Erziehung. Erst gibts ein lautes "stop" oder "wait". Wenn Kuna dieses Kommando nicht sofort ausgeführt hat konnt ich schon laut werden und hab sie am Nacken festgehalten.
    Das Ganze ist uns 3 mal passiert danach war es nie wieder ein Problem.


    Nun ist die Kuna ein Ridgeback und diese Tiere scheinen teilweise garkeine Schmerzgrenze zu haben :shock: Ein Nackengriff bei Kuna hat eher einen Überraschungseffekt und sie wirkt auch nicht traumatisiert. Sie weiß daß ich die Führungsperson bin und mir diese Situation überaus wichtig ist. Und das scheint sie zu verstehen.
    Gleiches galt fürs Löcherbuddeln (ich spreche von Auseinandernehmen des Grasses im Garten mit Loch in das ne Kuh reinpasst) - ich geh davon aus daß ich Vielen hier anstößig erscheine. Aber beim Erwischen vom Löcherbuddeln gabs einen Nackengriff; erst Herrufen zum "Unglücksort", dann ein lautes "No" und einen Nackengriff. Sie hats begriffen.
    Starbuck wiederum ist zwar ein Mann aber ein ganz sensibler - da weiß ich oder besser fühl ich daß der Nackengriff nix für ihn ist. Den guck ich einmal mit schiefem Kopf an dann weiß er Bescheid. Kuna würde sich dabei nur "totlachen".


    Was ich rüberbringen will ist daß es verschiedenartige Menschen und Hunde gibt (Gott sei Dank :wink: ) mit ebensoverschiedenen Lebensgewohnheiten und Erziehungsmaßnahmen. Ich kann nichts Anstößiges daran finden wenn sich jemand bewusst mit dem Thema auseinandersetzt und darlegt was für ihn und seinen Hund klappt und was nicht. Ich gehe doch davon aus daß alle Hundebesitzer hier im Forum nur aus einem Grund hier sind - das Beste für das Miteinander für Hund und Mensch zu wollen. Für den einen ist das Verhältnis zu Seiten des Hundes verschoben, bei dem anderen zum Menschen. Auch dies finde ich ist ein natürlich- dynamisches Phänomen.
    Auch bin ich für ein harmonisches Miteinander und trotzdem bleibt der Hund für mich ein Hund und der Mensch ein Mensch.


    Dies also klappt für uns und deshalb wollt ichs hier reinschreiben.
    Wir haben 2 ganz tolle Hunde (wer würde das nicht über seinen Wautz sagen?) die beide auf ihre Art eine absolute Bereicherung für die Family sind.


    So, genug geblubbelt - habt Euch wohl und die Wautzis auch :blume:
    sonnige Grüße aus Kapstadt
    Judith

  • oh Gott oh Gott, ich hör mich ja wie der heilige Papst an :runterdrueck:
    Ich hab so lang gebraucht den Artikel zu schreiben und dabei sind in der Zeit ein paar tolle sachliche Beträge geschrieben worden. Sehr fein!!! :bindafür:

  • Zitat

    Shoppy:
    Toller Beitrag, echt klasse!


    Trotzdem nochmal zwei Fragen:



    ??? Den zweiten Halbsatz, ("lernen müssen zu lassen") kannste den nochmal anders schreiben, bitte. Bin mir nicht sicher, wie Du das meinst.


    Ich verspreche, ich werde wieder Korrekturlesen, bevor ich Beiträge abschicke, aber I was in such a hurry....


    Also: Wenn Du Dir vorstellst, was Hunde/Wölfe alles besser bleiben lassen, und/oder ich das anfange, hier aufzuschreiben (mit allen Kommas an der richtigen Stelle, vor allen Dingen :freude: ) dann sprengen wir das Forum. Damit wären die entprechenden Welpeneltern ihr Leben lang beschäftigt - zu einem zweiten Wurf käm es erst gar nicht. (Weil Menschenkinder so unendlich viel lernen müssen (und ich spreche nicht mal nur von der Schule) dauert es immer länger, bis sie das Nest verlassen...). Es ist daher einfacher, es von Naturaus so einzurichten, dass eine Sozialisationsphase zeitlich so angesetzt ist, das sie "gefährliche" Dinge in der Zeit gar nicht treffen (weil sie noch in ihrer Höhle, oder in einem recht engen Radius darum herum wohnen).



    Zitat

    [...] Aus diesem Grunde wurden die diversen Angsphasen "angewölfelt", die just zu dem Zeitpunkt auftreten, wenn der "Wirkungskreis" der Zwerge sich weiten.


    Und hier komm' ich auch nich' ganz mit. Angstphasen werden "angewölfelt"? Meinst Du bei unseren heutigen Hunden? Oder wie ist das zu verstehen?


    Gruß, Fisch[/quote]


    Ich weiß nicht genau wo der Ausdruck "angewölfelt" herkommt, ich glaube von Herrn Bloch, bin mir aber nicht sicher. Er soll bedeuten, dass das Verhalten, Aussehen, die Entwicklung, oder was auch immer, des Hundes genetisch immer noch so oder zumindest sehr ähnlich, wie die eines Wolfes abläuft. Also schlicht ein spaßiger Ausdruck für "angeboren".


    Genau! Wolfswelpen haben diese Angstphasen, wenn sie anfangen, die Höhle zu verlassen, schließlich treffen sie dort das erste Mal auf völlig neue Sachen, und da muß dann ja vorsichtig zu Werke gegangen werden.
    Dann folgen weitere Angstphasen, wenn die "Kleinen" anfangen sich weiter vom Bau entfernen. Auch hier ist es wieder sinnvoll, sich evtl. vor einem Bären, den man unversehens trifft, zu erschrecken, und zügig das Weite zu suchen. Wenn man dann seine Haut gerettet hat, hat man durch positive Verstärkung gelernt, dass man Bären besser aus dem Weg geht, ausser man ist zu mehreren und muß seinen erlegten Elch verteidigen...
    Dann gibts noch eine Angstphase, nämlich wenn man in das Alter kommt, in dem es passieren könnte, dass man aus dem Rudel geht, weil man z.B. geschlechtsreif wird und selber Alphawolf-Ambitionen hegt, diese im eigenen Rudel aber nicht verwirklichen kann. Also muß man auf Wanderschaft gehen, was potentiell gefährlich ist, weil man ja auf alle möglichen Gefahren stoßen könnte....

  • Zitat


    Wenn Kuna und Starbuck miteinander spielen und raufen dann konnte ich von Anfang an ein spielerisches Packen im Nacken sehen - von beiden Hunden. Das geht dann auch teilweise mit einem leichten Schütteln einher wobei sich der Gepackte dann meist auf den Rücken rollt und sich ergibt.


    Eben, es ist Spielverhalten, beide Tiere wissen, dass sie miteinander spielen, bzw, dass sie ein Verhalten üben. Ein Verhalten, dass in den Verhaltenskreis des Jagens gehört. Durch das Schütteln wird das Hirn kleiner Beutetierer tödlich verletzt oder das Genick gebrochen. Logischerweise klappt das nur bei Beute bis zu einer bestimmten Größe. Generäle schießen ja auch nicht mit Armbrüsten auf ein anrückendes Heer sondern mit Waffen, die der Situation angemessen und wirkungsvoll sind.




    Zitat


    Wenn es aber um bedrohliche oder wiederholt auftretende Situationen geht (Hund läuft auf Straße) da pups ich auf die antiautoritäre Erziehung.


    Positive Verstärkung ist nicht gleich antiautoritäre Erziehung. Antiautoritäre Erziehung ist, wenn man sich auf seinen Popo setzt und zuschaut, wie sich die Hunde selber erziehen und nach ein paar Monaten entsetzt ist, wenn Hunde die menschlichen Regeln des Zusammenlebens nicht beherrschen...


    Wenn ich WEISS, dass es sich um eine wiederhlte, bedrohliche Situation handelt, kann ich mein auchsotolles Gehirn anwerfen und mir eine Trainingsstrategie ausdenken, die mit positiven Mitteln meinem Hund VERMITTELT, was ich von ihm möchte. Mit aversivern Mitteln kann ich nur deutlich machen, was ich nicht möchte. Was ich möchte, weiß der Hund damit immer noch nicht!
    WEnn ich weiß, dass ich das einem Hund nicht "auf die schnelle" erläutern kann, dass es gesünder für ihn ist, nicht auf die Straße zu rennen, ist es schlicht und ergreifend das Produktivste, wenn ich ihn an die von Herr oder Frau Eiszeitmann erfundene Leine nehme.




    Zitat


    Nun ist die Kuna ein Ridgeback und diese Tiere scheinen teilweise garkeine Schmerzgrenze zu haben :shock:


    Ich habe selber einen und kenne ca. 20 weitere Ridgebacks, verschiedenen Alters, verschiedenen Geschlechts, kastriert und unkastriert, mit verschiedenen Erziehungsstilen aufgezogene. Sie alle haben eine extrem niedrige "Schmerzgrenze", wobei ich "Schmerzgrenze" als, "reagieren auf Äußerungen ihrer Menschen" definiere. Das interessante dabei ist, wie reagiert wird. Diejenigen, die das Pech hatten, schon mit Klapperdosen, Sprühhalsbändern oder sonstigen aversiven Methoden in Berührung gekommen zu sein, reagieren "von ihren Menschen weg".
    Die die möglichst Druckfrei (was nicht gleich Konsequenzlos ist) reagieren "auf ihren Menschen zu". Das heißt, die Klapperdosen-Hunde werden in einer brenzligen Rückrufsituation nicht mit promptem Ausführen reagieren, sondern sich ehr noch weiter weg bewegen oder aber langsam zurückkommen, weil sie gelernt haben, ein aufgeregtes Herrchen mit aversiven Aktionen gleichzusetzen. Hunde, die ausschließlich positiv erzogen wurden, reagieren auch auf ein panisches geschriehenes "Komm", weil sie mit dem Rückruf, dem Menschen und auch sonst, keine negativen Erfahrungen verknüpft haben.



    Zitat


    Ich kann nichts Anstößiges daran finden wenn sich jemand bewusst mit dem Thema auseinandersetzt und darlegt was für ihn und seinen Hund klappt und was nicht.


    Ich auch nicht.
    Nur:
    Der Hund ist in keinem Fall in diesen Entscheidungsprozess einbezogen. Du setzt Dich nicht mit Kuma an den Tisch und diskutierst das Für und Wider des Nackengriffes aus. Du entscheidest Dich dafür oder dagegen, weil es "zu funktionieren scheint". Bei Deinem anderen Hund würde es offenbar nicht funktionieren, weil er sensibler ist.


    Ist Dir schon mal der Gendanke gekommen, das Kuma das gleichfalls ziemlich übel findet, dass Du das bei ihr nur nicht wahrnimmst, weil sie eine ganz andere Körpersprache hat, als Dein anderer Hund? Oder weil sie in diesem Moment eben einfach überhaupt gar nicht reagiert, weil sie überhaupt gar nicht versteht, was gerade abgeht?
    Einen Hund behandelst Du "nett", weil er leichter versteht was Du möchtest, der andere hat eben selber Schuld?


    Es gibt eine wundervolle Studie. Man hat Lehrern zwei Gruppen von Schülern gegeben. Die eine Gruppe war angeblich eine Horde von Hochbegabten, die andere Gruppe waren angebliche strulledoof, um das mal umgangsformisch zu sagen. Tatsächlich waren beide Gruppen aus "Ottonormalschülern" zusammengesetzt. Bei der Studie ist herausgekommen, das die Gruppe der Hochintelligenteren von den Lehrern besser gefördert wurde. Denn wenn sie etwas nicht verstanden, mußte das ja an den Methoden der Lehrer liegen, denn die Kinder waren ja hochbegabt. Bei der anderen Gruppe gingen diue Lehrer offenbar von vorneherein davon aus, dass sie es eh nicht verstehen würden, daher wichen sie auch nicht von ihrer Methode ab und blieben dabei, auch wenn die Hälfte der Schüler nicht mit kam, die waren ja eh zu doof.


    Wenn mein Hund also Weg A nicht versteht, muß ich mir einen Weg B ausdenken. Und weg C, und Weg D, bis er es verstanden hat.
    ICH muß mich auf dem Arsch setzen und ICH habe die Verantwortung, dass mein Hund versteht, was ich von ihm möchte und zwar auf eine Weise, die für ihn erstens einleuchtend und zweites so human es geht ist.


    Der Grund, "es klappt, es geht schnell un ich habe fast kleinen Aufwand" reicht als Kriterium nicht aus.


    Einer von den oben genannten Sprühhalsband-Hunden, hat dieses Ding getragen, weil er sich mit Wonne auf den Hintern von Hündinnen stürzte, und weil er gerne andere Rüden angerüpelt hat, und weil er manchmal nicht auf den Rückruf reagiert hat, und weiß der Geier für was sonst noch.
    Nach einiger Zeit war der Halter seeeehr stolz, dass der Hund jetzt endlich "kapiert" hätte. Hat er, er hat kapiert, dass aus diesem speziellen Halsband eine bestimmte Anzahl von Sprühstößen rauskommt, bevor das Ding leer ist. Und jep, er ist schmerzlos, er "lößt" seinen Menschen dazu aus, auf den dämlichen Knopf zu drücken, bis das Teil eben leer ist und macht dann fröhlich alles an, was ihm vor die Nase kommt, der Halter kann sich dabei schön die Seele aus dem Leib brüllen. Und er hat auch gelernt, dass er überhaupt nicht angesprüht wird, wenn er das spezielle Halsband überhaupt nicht trägt. Großartige Erziehung!!
    Natürlich ist hier, wie sollte es anders sein, der Hund Schuld, der ist doof, angriffslustig, bockig, sturr und wiederspenstig. Aha!
    Der Mensch war nicht mal schlau genug, zu merken, was genau sein Hund da lernt, geschweige denn einzusehen, dass das was der Hund da lernt, komplett kontraproduktiv ist! Was für ein trauriges Ergebnis für ein angeblich so hochentwickeltens, überlegenes Lebewesen! Und dummerweise ist das leider kein Einzelfall!



    Der Hund hat sich diese Erziehungsmethode nicht ausgesucht. Er hat nicht gesagt: Bitte, ich möchte gerne verstehen lernen, warum ich auf "Bello, hier!" zu meinem Menschen zurücklaufen soll, erklärt es mir mit einem Sprühhalsband, das ist bestimmt ganz einfach, tut nicht weh, und Mensch kann es aus diversen Distanzen betätigen.


    Wenn man ihn fragen würde, hätte er vielleicht gesagt, dass er nicht versteht, warum er zurückkommen soll, es lohnt sich schließlich nie für ihn. Wenn er kommt, wird er angeleint und schluß ist mit Spielen. Wenn er zu langsam kommt, wird er angeschnautzt. Wenn er nicht kommt, weil das Spielen gerade so toll ist, und weil er den Ruf vielleicht beim ersten mal gar nicht gehört hat, hält ihn sein Mensch für ein hinterhältiges Biest, dass sich ihm nur ständig widersetzt.




    Menschen haben angelblich als einzige Lebewesen überhaupt, die Gabe der Empathie.
    Menschen sind angeblich als einzige fähig, Werkzeuge herzustellen und zu benutzen.
    Menschen sind angeblich die einzigen Lebewesen, die strategisch Denken können.
    Wissenschaftlich inzwischen eindeutig nachgewiesen, dass Tiere, wie Menschen Emotionen haben, sie können vielleicht nicht darüber nachdenken, dass sie gerade Angst vor dem gelben Riesenbagger haben und warum, und was sie dagegen tun können und warum sie das überhaupt sollten, aber sie haben eben Angst vor diesem riesigen, lärmenden Monsterding.


    Wenn Menschen diese wunderbaren Gaben der Empathie, des strategischen Denkens und der Fähigkeit des Werkzeuggebrauches tatsächlich in humaner, geplanter Art nutzen würde, bräuchten wir hier nicht seitenlang über Nackenschütteln zu diskutieren.


    Ich kann Sabine von Gegenüber bestimmt dazu bewegen, die Treppe schneller herunter zu laufen, indem ich ihr einen "sanften" Schubs von hinten gebe. Ich weiß, dass ich das bei Tante Gerda nicht machen darf, denn sie hat Arthritis und ist auch sehr sensibel, was soetwas betrifft. Sabine von Gegenüber ist da schon raubeiniger, die ist fit, spielt American Football und ist das Herumschubsen gewohnt und hat auch sonst eine ziemlich große Klappe.
    Andererseits hat mich meine Kinderstube dazu erzogen, dass man Leute unter keinen Umständen schubst, und schon mal gar nicht, wenn sie gerade die Treppe heruntergehen, denn sie könnten z.B. stürzen.


    Menschen erziehen Hunde mit Methoden "die klappen", weil sie eben nicht darüber nachgedacht haben, was diese Methode in ihrem ihnen anvertrauten MITGESCHÖPF auslösen könnte. Sie machen es, weil es "zu klappen scheint", weil es "immer so gemacht" wurde, weil "der Trainer" es so gesagt hat, weil es im Fernsehen so gezeigt wurde.


    JEDE Erziehungsmethode hat Nebenwirkungen!
    Bei der Positiven Verstärkungsmethode ist die gefährlichst, dass der Hund etwas zu rundlich werden könnte, wenn ihn das Lernfieber gepackt hat. Allerdings hat ja der Mensch die "Pfote" mit dem oponierenden Daumen und ist daher der einzige, der in der Lage ist, die Futtertüten zu öffnen und daher in der Lage, die Menge zu regulieren, die der Hund zu fressen bekommt.
    Der Hund könnte auch eine schwindelerregende Anzahl von Tricks lernen, die er abspuhlt, wenn er in einer Situation ist, die er nicht kennt und daher leicht suspekt findet. Positiv erzogene Hunde sind oft recht selbstbewußt und in der Lage, Probleme zu lösen, weil sie eben genau dieses gelernt haben. Sie haben gelernt, wie man lernt und wie man Probleme bewältigt.


    Aversiv erzogene Hund sind je nach Temperament:
    - selber aversiv
    - sind erlernt hilflos
    - können Probleme nicht selbstständig lösen
    - verfallen in "aberzogene" Verhaltensweisen zurück
    - finden angstauslösende Reize noch viel schreicklicher als zuvor, weil zu dem blöden Reiz auch noch eine negative Einwirkung vom Menschen dazukam
    - trauen ihrem Menschen nicht, weil der für sie unberechnebar reagiert
    - verknüpfen Sachen, die nichts mit der Situation zu tun haben, negativ und haben somit mehr Probleme als zuvor
    und so weiter und so weiter und so weiter.....

  • Hallo Shoppy


    ich möchte einfach jeden Beitrag von Dir positiv bewerten. Leider müssen erst einige andere ran. Bitte Bitte macht eine positive Bewertung, daß ich dann auch wieder darf.


    Ein super Beitrag, einfach nur sachlich geschrieben und rundrum richtig.


    Bitte mach weiter so


    Christine

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!