Grenzen von Erziehungsmodellen im Stil von Animal Learn

  • Es grassieren ja hier im Forum gerade mehrere Threads zu ähnlichen Themen, doch aus aktuellem Anlass mache ich nochmal einen ähnlichen auf.


    BlueMerleAussie hat vor kurzem bereits in einem Thread erläutert, wie seine Junghündin unter permanentem Training mit einem D.O.G.S.-Coach (a la Martin Rütter) immer aggressiver und schwerer händelbar wurde.


    Vor einigen Tagen bat mich meine Cousine der Verzweiflung nahe um Rat. Sie hat einen sehr schwierigen Hund (aus dem Auslands-TS, mitgemischte Rassen unbekannt), der bereits als Welpe ein Paradebeispiel für Respekt- und Zügellosigkeit war. Auf mein Anraten hin wandte sie sich irgendwann (der Hund müsste um die 9 Monate alt gewesen sein) an eine Animal Learn Trainerin. Seitdem geht sie einmal die Woche zum Training, zahlt monatlich 150 € dafür und - es wird immer schlimmer. Der ultimative Rat der Trainerin ist (ich glaube das war bei BlueMerleAussie ähnlich): ignorieren. Egal in welcher Situation, ob es nun das Anspringen an der Tür oder das ranpirschen an Kinder auf der Straße ist. Für die Hündin scheint das aber eher ein Freifahrtschein zu sein - sie scheint der Schilderung meiner Cousine nach auf dem besten Weg zu einem Familientyrann zu sein. Meine Cousine wollte sich (ebenfalls auf mein Anraten) bald auch hier im Forum Hilfe suchen und dann die Trainerin wechseln, bevor das Ganze nochmal eskaliert.


    Ich bin ebenfalls bei einer Animal Learn Trainerin (einer anderen als meine Cousine) und war schonmal kurz davor, aufzugeben. Die Situation mit meiner Maja wurde auch immer schlimmer und ich sah einfach kein Licht am Horizont. Ich war kurz davor, Maja abzugeben (viele hier im Forum wissen davon). Ein Gespräch mit Majas Orga (die leider noch sehr der "alten Schule" anhängt) brachte mich zum Umdenken. Ich hatte jetzt längere Zeit kein Training mehr und habe mir diverse Ratschläge von Majas Orga zu Herzen genommen, bin im allgemeinen etwas rigoroser geworden und alles wurde besser. Ich schätze unsere Trainerin sehr und habe eigentlich auch vor, das Training mit ihr wieder aufzunehmen, jedoch beschleicht mich zugleich ein wenig die Angst, dass dann alles wieder schlimmer wird... :|


    Ich habe irgendwie das Gefühl, dass es bei Erziehungsmodellen wie Animal Learn einfach eine klaffende Lücke zwischen Theorie und Praxis gibt und all die Hunde, die nicht einem bestimmten Charaktertyp angehören, mit diesen Erziehungsstilen eher noch unkontrollierbarer werden.


    Gleichzeitig weiß ich keine Alternative - ich will zu keiner Hundeschule, in der mir zum Alphawurf und ähnlichem geraten wird. Ich war immer ziemlich beeindruckt von Anita Baslers Art der Hundeerziehung, doch leider bildet sie ja nicht aus soweit ich weiß. Ich wüsste nicht, an wen ich mich wenden sollte, wills aber auch nicht ohne Trainerin versuchen weil mir meine Maja dafür eine zu explosive Mischung ist.


    Wie seht ihr das? Sind bestimmte Erziehungsmethoden auch nur für bestimmte Hunde geeignet? Habt ihr vielleicht ähnliche Erfahrungen mit "Wattebäuschchen"-Trainerinnen gemacht? Oder gibt es eventuell jemanden, der auch einen "schwierigeren" Hund hat (zB einen HSH) und mit eben jenen Methoden doch noch zum Erfolg gekommen ist?


    In meinen Augen ist die Trainerinnenfrage die schwerste Entscheidung im Bezug auf den Hund :/

  • Zitat

    Ich habe irgendwie das Gefühl, dass es bei Erziehungsmodellen wie Animal Learn einfach eine klaffende Lücke zwischen Theorie und Praxis gibt und all die Hunde


    Ich würde das nicht nur für ein Konzept sagen. Andersherum gibt es eben auch viele "Hau-Drauf"-Konzepte wodurch ebenso Probleme entstehen.


    Man muss eben, wie so oft, den Mittelweg finden.


    Ganz davon abgesehen halte ich nicht viel davon sich vollkommen nach einer Trainingsvariante oder einem "Bild" zu richten. Da geht so oder so irgendwann das Bauchgefühl flöten.

  • Zitat

    Ich war immer ziemlich beeindruckt von Anita Baslers Art der Hundeerziehung, doch leider bildet sie ja nicht aus soweit ich weiß.


    Ich habe im November zwei Intensivtage bei HTS (Linda Sikorski) gebucht und freue mich schon sehr darauf, viel zu lernen. Wenn Du möchtest, berichte ich Dir danach gerne wie es war, vielleicht wäre es ja auch etwas für Euch.


    Anita Balser selbst könntest Du ja vielleicht auf Seminaren mal 'kennenlernen'. Oder möchtest Du, dass direkt mit Deinem/n Hund/en gearbeitet wird, bzw. lieber wöchentliches Training? Ich habe die Intensivtage gewählt, weil ich mir davon so eine Art 'Aha-Erlebnis' erwarte mit dem ich dann selbständig weiterarbeiten kann.

  • hm.


    zunächst: AL bildet soweit ich weiss, zwar trainer aus - diese arbeiten dann aber ja relativ selbstständig.


    ich kenn ein paar AL trainer, die zwar vom grundkonzept her ganz ähnlich sind, aber vom reinen training her sehr unterschiedlich agieren.


    das ob und wie ein trainer etwas umsetzt - ist wohl schon so unterschiedlich wie es unterschiedlichste problematiken gibt, was hunde betrifft. genauso, wie ein trainer etwas rüberbringt und wies dann beim "kunden" ankommt.



    also würde ich persönlich mich immer zuerst fragen:


    wie arbeitet genau DIESER trainer? (zwischen wattebällchen und oldschool ist noch ganz viel dazwischen).


    arbeitet er gewaltfrei, wie genau definiert er das und wie setzt er das um.


    was genau schlägt er mir für mein problem vor.


    wie bringt er es rüber.


    bringt er es für mich persönlich verständlich rüber, so dass ich tatsächlich damit was anfangen kann


    und nicht zuletzt: kann ich mit dem trainer?



    ich hatte noch nie einen hundetrainer. aber eine gute freundin wurde bei AL ausgebildet. sie würde wohl keinem kunden den rat geben, wenn sich ein hund grad draussen auf der strasse an kinder ranpirscht, dieses zu ignorieren :???: also das verhalten des hundes zu ignorieren.


    eventuell würde sie vorschlagen, erstmal den stein des anstosses zu ignorieren (in dem fall, dass da kinder sind) um sich auf den hund zu konzentrieren und zu agieren, bevor der hund auf die kinder unerwünscht reagiert.


    hier hiesse ignorieren nichts anderes als dem hund zu vermitteln: da ist nix, worüber man sich aufregen muss.


    und agieren hiesse: ich geh ruhig mit hund dran vorbei, ich mache einen bogen, ich lenke den hund ab/um, ich sichere den hund entsprechend - ich belohne punktgenau erwünschtes (hund ignoriert die kinder auch) oder aber ich agiere so, dass ich unerwünschtes verhalten gar nicht erst entwickeln kann bzw. manage wenn die situation doch eintritt, das ganze entsprechend.


    ich habe AL immer so verstanden, dass man wenn denn nun das problem auftaucht nicht auch noch (unbewusst) ein noch grösseres problem draus machen sollte.


    alle meine hunde haben übrigens mit dem anspringen tatsächlich aufgehört, als sie merkten, dass sie damit gar nix erreichen. hier hat das ignorieren tatsächlich geholfen. (lange bevor irgendjemandem einfiehl, das in eine wie auch immer gebackene "methode" zu zwängen).


    auch betteln oder nerviges "ich will jetzt aufmerksamkeit" lässt sich damit gut in den griff bekommen.


    was deine letzte frage betrifft:


    ob meine hunde "schwieriger" sind als andere weiss ich nu nicht wirklich.


    der eine ist ein hüti - der andere ein herdi(mix) inmitten der pubertät.


    ich erzieh meine hunde aus dem bauch raus - und habe irgendwann mal festgestellt, dass meine bauchrausmethode wohl den methoden von AL oder CumCane sehr nahe kommen.


    und - wie ich festgestellt habe - funktioniert das sehr gut.


    allerdings frag ich mich, warum soviele denken, dass es bei den sogenannten "wattebällchen" methoden (ich mag den ausruck!) keine ganz normalen regeln im umgang mit den hunden geben sollte?


    und bevor es angesprochen wird: nö, ich glaub nicht, dass man immer und stets und ausschliesslich zu 100% nur immer rein positiv und nur übers alles und jedes ignorieren weiterkommt.


    kann mich allerdings auch nicht erinnern, dergleichen tatsächlich aus dem munde von einem AL oder nach ähnlichen methoden ausgildeten trainers gehört zu haben. (ich gebe zu, ich hab noch niemals mit einem trainer in erziehungsfragen zusammengearbeitet - aber ab und zu kommt man ja doch ins gespräch).



    sowas hör ich witzigerweise allerdings oft (das ist jetzt nur eine persönliche erfahrung!) von hhs, die nach vermeitlich ganz anderen "methoden" arbeiten und wohl aus welchen gründen auch immer der meinung sind, dass es bei den wattebällchenwerfern zwischen leckerlistopfen und ignorieren nix gibt...


    im falle der TE und vorallem im falle der freundin der TE würde ich aber dennoch zu einem trainerwechsel raten. denn wenn das bauchgefühl nicht passt - dann kann man auch nie umsetzen, was der trainer (egal welcher coleur) einem aufträgt.

  • Ich kenne mich mit AL nicht so gut aus, was ich mitbekommen oder teilweise in deren Büchern gelesen habe hat mich auch nicht total überzeugt. aber ich könnte mir vorstellen, dass du dich bei CumCane gut aufgehoben fühlen würdest, und es wäre auch nicht ein so grosser Methodenwechsel wie AB.

  • Meine Cousine war gerade da, habe ihr 3 HTS-DVDs (Hundehalterschulung 1+2 und Rudelharmonie) und ein Buch von Bloch geliehen. Wir haben auch nochmal über das Thema diskutiert.


    Ich denke das Ganze kommt auch auf die Ansprüche und Erwartungshaltungen an. Meine Cousine und ich haben da beide eine sehr ähnliche Ausgangslage: Wir wohnen beide in der Stadt und sind jung, das heißt unser Leben wird sich noch mehrfach verändern (zB Stichwort Kinder) und die Hunde müssen dann immer noch in unser Leben passen. Sie müssen flexibel und umgänglich bleiben. Und da wir mit unseren Hunden vom Welpen-/ Junghundalter an im Training sind und sie keine allzu schimmen Traumata erlebt haben dürften, müsste das doch eigentlich machbar sein. Oder ist das zu einfach gedacht?


    Unsere Trainerinnen agieren aber zum Teil wirklich ein wenig laissez faire und erwarten keinen (wie sie es nennen) "Kadavergehorsam", was für mich aber zum Teil auch einfach Umweltkompatiblität bedeutet. Der Hund der Trainerin meiner Cousine wird bspw. sein Leben lang an der Schleppleine laufen müssen und für die Trainerin ist das okay. Meine Cousine hat da aber höhere Ansprüche, zumal der Hund noch jung ist und das doch wirklich machbar sein sollte, oder nicht? Die Hunde meiner Trainerin veranstalten immer noch ein Heidentheater, wenn es an der Tür schellt und klauen vom Tisch, wenn kein Mensch im Raum ist. Für sie ist das okay, für mich wäre es das nicht.


    Und was das Bauchgefühl angeht; ich habe mich ja gerade für Animal Learn entschieden, weil es meiner eigenen Art der Hundeerziehung am nähesten kommt. Ich bin eben auch eher zu soft und greife zu wenig durch. Vielleicht bräuchte ich aber gerade deshalb eher jemanden, der mir beibringen kann, wie ich schmerzfrei Grenzen durchsetzen kann anstatt jemanden, der mich in meiner laschen Art der Erziehung eher noch bekräftigt. Versteht ihr, was ich meine?


    CumCane werde ich mir gleich mal ansehen, Danke =)

  • Ich will von meinen Hunden auch keinen Kadavergehorsam, aber wenn die Hunde meiner Trainerin sich so Respektlos verhalten (ich gehe jetzt mal davon aus, sie hat sie länger als 4 Wochen) würde ich mich schon fragen, was ich dann von ihr lernen soll?


    Ich habe meine Hündin am Anfang versucht wirklich rein positiv zu erziehen. Sicher auch mit Fehlern und kämpfe jetzt mit meiner kleinen Haustyrannin. Ich kenne Hunde wo das warscheinlich funktioniert, gerade von Welpen an. Meine Hunde die einfach auch zu einer gewissen Selbständigkeit gezogen worden sind und eine Vorgeschichte haben, brauchen irgendwie klarere Grenzen.


    Ich bin weit von perfekten Hunden entfernt. Seit ich aber klarer und "härter" bin, sind meine Hunde sehr viel entspannter. Im Berech des Lernens von Kommandos hat was anderes als rein positv nix verloren. Im Training gibt es aber auch mal Frust erfahrungen (z.B. ist das Dummy weg, wenn eingesprungen wird etc.)

  • Amy1: ging mir auch so
    rather_ripped hast Du Dir auch noch andere Hundeschulen angesehen oder warst Du bisher nur bei AL? Ich frage nur, weil es ja zwischen AL und Alphawurf noch Zwischenstufen gibt. Auch zwischen laissez faire und Kadavergehorsam gibt es ja noch was dazwischen.

  • Zitat

    Der ultimative Rat der Trainerin ist (ich glaube das war bei BlueMerleAussie ähnlich): ignorieren. Egal in welcher Situation, ob es nun das Anspringen an der Tür oder das ranpirschen an Kinder auf der Straße ist. Für die Hündin scheint das aber eher ein Freifahrtschein zu sein -


    Man sollte jede einzelne Situation neu beurteilen, und entsprechend angepasst agieren. Pauschal zu sagen: immer ignorieren - ist idiotisch. Hätt ich das so gemacht, wär ich schon gefressen worden.
    Ich denke, ganz gewaltfrei geht es nie, wenn man wirklich was verändern will.

  • Zitat

    rather_ripped hast Du Dir auch noch andere Hundeschulen angesehen oder warst Du bisher nur bei AL? Ich frage nur, weil es ja zwischen AL und Alphawurf noch Zwischenstufen gibt. Auch zwischen laissez faire und Kadavergehorsam gibt es ja noch was dazwischen.


    Ich war vorher in einer anderen Hundeschule die sich selbst als "sanft" bezeichnet hat, im nachhinein aber doch sehr Oldschool war :| Leinenruck mit Halsband, Schnauzgriff, Alphawurf - all das gehörte zum Repertoire. Ich war danach so schockiert, dass Animal Learn mich gleich komplett begeisterte. Wo ich das Mittelding finden kann weiß ich einfach nicht :/ Soweit ich das sehen konnte gibt es auch keine CumCane-Trainerinnen hier in der Nähe und die HTS-Seminare sind alle längst ausgebucht... Und ich weiß auch nicht recht, wo und wie ich suchen soll...

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