Während des Frühstücks

Frühstück 13

„Haben wir noch Tomaten? Ich möchte Tomaten auf meinem Brötchen haben.“

„Sicher. Sind im Kühlschrank, wie immer. Und wenn Du schon aufstehst, kannst Du auch gleich das Fenster groß aufmachen. Die Vögel singen so schön.“

„Oh ja, super. Eine Amsel. Ein Rotkehlchen. Und ganz nah: ein dämlicher Buchfink, der alle zwei Sekunden dasselbe singt. Dreißig mal in der Minute, 1800 mal in der Stunde... Jedes Mal die ornithologische Version von roll over lay down and let me in“

„Sei nicht so unromantisch und hör… Jetzt hat er aufgehört.“

„Ja, wie ist das eigentlich? Hört man, dass er aufgehört hat, oder hört man nicht, dass er aufgehört hat? Der ist doch nur einkaufen gegangen. Hat sich ein Sixpack Billigbier geholt und schreit dann weiter sein Proletenlied. … Der Salzstreuer ist leer. Wir müssen den Salzstreuer auffüllen.“

„Quatsch, da kommt noch was raus. Da kommt schon die ganze Zeit noch was raus.“

„Unsinn. Ich seh’ da gar nichts.“

„Du machst Dir gerade einen Salzsee aus deinem Tomatenbrot. Wenn gleich wirklich nichts mehr raus kommt, dann ist er eben leer und du hast alles auf dein Brot gestreut.“

„Echt? Dann will ich mal probieren.

Tatsächlich. Du hast wirklich recht. Kann ich mal den Sprudel bekommen?“

„Du hast mich noch gar nicht nach dem Hund gefragt!“

„Kann ich auch nicht. Ich muss erst ganz viel trinken.“

Frühstück 14

„Wo bleibst Du denn, Herrgottnochmal, ich hab’ Kohldampf!“

„Ich musste doch die neue Waage ausprobieren.“

„Wieso muss man eine Waage ausprobieren? Man stellt sie hin und sich drauf, liest das Ergebnis ab, weint oder freut sich und fertig. Was gibt es da auszuprobieren?“

„Als wenn das so einfach wäre! Mit einer Waage verbindet einen schließlich ein Vertrauensverhältnis! Wer sonst sieht einen nackich und darf einem sagen, wie viel man wiegt? Also habe ich sie ausgepackt, zärtlich umarmt, hingestellt und mich gewogen und zack – da wog ich ein Kilo mehr als auf der alten Waage. Dann habe ich den Labermodus aktiviert, so dass sie auch mit mir sprechen durfte, mich erneut gewogen und da wog ich ein Kilo weniger als sonst und zwei weniger als bei der ersten Wiegung. Natürlich war ich mir sicher, dass in den anderthalb Minuten, die vergangen waren, mich eine furchtbare Krankheit befallen hat, die mich in neunzig Sekunden soviel Gewicht gekostet und ein rasanter Verfall eingesetzt hat. Also bin ich erstmal unter die Dusche gegangen, um jedwede Infektion abzuspülen. Dann habe ich mich erneut gewogen, und da wog ich wieder zwei Kilo mehr.“

„Und da hast Du gedacht, dass Du wohl irgendwo ein Loch hast, vielleicht im Kopf, wo dann Wasser reingelaufen ist, und Du deshalb wieder mehr gewogen hast?“

„Nein, eigentlich nicht. Eigentlich habe ich gedacht ‚was für eine Scheißwaage, die packe ich ein und hole die alte wieder hervor’. Das habe ich getan, mich drauf gestellt und – trara – hatte ich das Gewicht, das ich immer habe.“

„So, und wo Du schon am Morgen so viele Abenteuer erlebt hast, hast Du sicher Hunger. Komm, lass uns essen.“

„Au ja. Und dabei überlegen wir uns, was Du Dir für einen Hund holst. Hast Du denn schon mal die für Dich entscheidenden Punkte aufgeschrieben, um der Wahrheitsfindung näher zu kommen?“

„Selbstverständlich habe ich das getan. Und was denkst, Du, welche Rasse dabei herausgekommen ist?“

„Ein Königspudel?“