Wie lange bei dem Züchter?

  • Zitat


    12 Welpen kann man nicht mal eben unter den Tisch in der Eisdiele legen. 12 Welpen kann man nicht mit ins Restaurant, in den Bus, ins Altersheim, zum Friseur, zu Bekannten usw. hin mitnehmen. Selbst der Kontakt zu fremden Hunden und Menschen lässt sich häufig nicht so intensiv gestalten, gerade die schüchteren werden immer hinter ihren mutigeren Geschwistern zurückbleiben. Alle diese Unternehmungen bedeuten mit 12 Welpen sehr viel Planung und viele helfende Hände, es ist ein riesiger Aufwand.


    Genau diese Dinge kann man ohne jeden Abstrich 2-3 Wochen später machen, das muss der Züchter gar nicht alles "prägen". Der Welpe muss nicht bis 12 Wochen 1000 einzelne Umweltreize kennen lernen, es reicht, wenn er das Prinzip an einigen Beispielen kennen lernt. Also die möglichst aktive Auseinandersetzung mit neuen Umweltreizen - selber Entdeckungen machen, "gefährliche" Situationen meistern, mit der Rückendeckung durch das Rudel. Ob diese Reize nun Bus und Schulkinder oder wilde Natur und Bauernhof sind, ist eher sekundär. Die Verarbeitung, die Qualität ist wichtig, nicht die Quantität.

    Mit 8 Wochen hat der Welpe noch lange nicht die weite Welt im Rudelverband entdeckt - da fängt er erst so richtig an damit. Auch in der Kommunikation hat er längst nicht ausgelernt. Warum man junge Welpen überallhin mitschleppen will, ihnen alles in wenigen Wochen "zeigen" will, ist mir nicht klar - umweltsicherer werden sie dadurch nicht. Rhian wurde 6 Monate alt, bevor sie erstmalig Bus oder Aufzug gefahren ist - so what? War auch ohne Früh"prägung" kein Problem, ebensowenig bei zig anderen Dingen auch. Sie kam aus eher dörflichem Umfeld - aber auch dort gab es Dinge zu erkunden.

  • Hi,

    Ich denke auch, in die Eisdiele oder in den Bus kann ich nen Welpen auch mit 12 Wochen erst mitnehmen, ohne dass er was verpasst hat.

    Selbstverständlich sollte er solche Sachen noch in der Welpenzeit kennenlernen, aber ich finds völlig ausreichend, wenn das mit 12 Wochen passiert.
    Ein unsicherer Welpe wird da immer ein bisschen unsicher sein, ein total draufgängerischer wird alles neugierig untersuchen. Auch mit 12 Wochen wird das so sein.

    Solange der Welpe beim Züchter mit verschiedenen Umweltreizen konfrontiert wurde, wird er das mit 8 und 12 Wochen gleichermaßen lernen.
    Nur der 12 Wochen alte Welpe hat beim Züchter noch länger von der Rudelstruktur profitiert!

    Ich denke viele Züchter geben ihre Welpen auch gerne mit 8 Wochen ab, weil die Welpen da so richtig richtig anstrengend werden. Andere Leute sind mit einem Welpen überfordert, ein Züchter hat womöglich gleich 10.

    lg,
    SuB

  • Kusko kam mit genau 8 Wochen zu uns und es war das beste was wir machen konnten.
    Er hat sich so schnell an uns gewöhnt und an die Umweltreize. Zu dem waren wir ab der 9Woche beim Welpenkurs und so hat er auch andere Welpen kennengelernt und mit ihnen gespielt und gelernt.
    Regelmäßigen Kontakt zu anderen Hunden hatte er immer und wird er immer haben.
    Wir konnten auch kaum mehr warten :)

  • Solange der Züchter den Welpen genug zeigt, hab ich kein Problem damit, dass diese bis zur zehnten oder zwölften Woche dort bleiben.
    Ich sehe da aber schon das Problem, dass man nicht auf jeden Welpen eingehen kann, dazu fehlt einfach die Zeit bei vielen Welpen.
    Da übernehme ich das dann lieber selbst.

  • Ich denke auch, daß der Welpe eine Eisdiele, Aufzug, Bus und Bahn auch noch später kennen lernen darf. Meiner Meinung nach ist im Welpen alter bis zur 16. Woche der Aufbau des Selbstbewußtseins und des Selbstwertgefühls am wichtigsten. Vertrauen zum Mensch als Spezies aufbauen, was in der Familie mit dem Rückhalt des Rudels sicher besser und tiefer geschieht. Ein Züchter hat in aller Regel auch mehr Erfahrung, macht nicht so viele Fehler wie der neue Besitzer, der Welpe wird nicht so versunsichert. Erzogen wird der Welpe/Hund nachher eh von mir. Da ist es meiner Meinung nach gar nciht so wichtig, was genau der Züchter da an Vorarbeit geleistet hat. Bei einem aggressiven oder gewalttätigen Züchter würde ich eh nie nen Welpen nehmen. Da klärt man doch schon vorher, ob die Erziehungsphilosophie sich einigermaßen deckt.

    Zu der Größe des Hundes: Kleine Hunderassen sind deutlich früher reif als große Hunderassen. Ein 10 Wochen alter Jack Russell ist körperlich und auch geistig schon viel viel weiter als ein 10 Wochen alter Doggen-Welpe. Würden sich das die Kleinhund-Besitzer mal vor Augen führen, würden sich viele Probleme mit Größenwahn der Hunde gar nicht erst bilden.

    Gerade große Rassen profitieren meiner Meinung nach deutlich davon, länger in der Familie zu bleiben.

    Und ja, die Mutterhündin hat so ab der 7.-8. Woche keinen Bock mehr auf die Kleinen. Damit müssen sie aber dann halt klar kommen. Das gehört dazu mit Frust umzugehen, das zu lernen.

  • Ich habe jetzt eine Zeit lang überlegt, ob das hier in diesen Thread passt. Ich schreib´s jetzt einfach :D

    Ich versuche mal wiederzugeben, wie mir die Fähigkeit eines Hundes, Dinge zu verknüpfen - in Zusammenhang mit der Synapsenbildung - anschaulich erklärt wurde:

    Zuerst, die Synapsenbildung ist bei Hunden für gewöhnlich zwischen der 14. und 16. Woche großteils abgeschlossen. Für alle Dinge danach, muß das Gehirn "Umwege" gehen.
    Folgendes Beispiel, wie die Verknüpfungen funktionieren, bei Hunden die vieles kennengelernt habe in dieser Zeit und bei Hunden die sehr wenig kennengelernt haben:

    Zeige ich einem Welpen eine rote Mappe, speichert der Welpe 2 Informationen, nämlich "rot" und "Mappe". Zeige ich einem Welpen einen grünen Papierkorb, speichert er "grün" und "Papierkorb".
    Sieht dieser Hund anschließend eine grüne Mappe, muß er da nichts mehr lernen. Er kann das abgespeicherte "grün" mit der abgespeicherten "Mappe" verknüpfen.

    Hat ein Hund das als Welpe nicht gezeigt bekommen, fehlen wesentliche Informationen zum Verknüpfen. (hat dann auch irgendwas mit der Gehirnstruktur zu tun, aber das kann ich nicht mehr wiedergeben)
    Zeige ich jetzt diesem Hund eine rote Mappe, merkt er sich das. Ebenso den grünen Papierkorb. Allerdings kann er den Zusammenhang nicht herstellen. Das heißt, dieser Hund lernt einzeln eine grüne, rote, blaue, schwarze, gelbe Mappe kennen, weil er die Dinge nicht verknüpfen kann. Das der Aufwand sich das zu merken wesentlich höher ist, brauche ich da wohl nicht zu erwähnen.

    Deshalb ist es so viel "schwieriger" einem erwachsenen Hund solche Dinge näher zu bringen, und die Gefahr dass dieser Hund an Reizüberflutung leidet viel höher.
    Er muß einfach ein vielfaches an Gedächtnisübungen leisten.

    Vielleicht hilft das ja ein bisschen zu verstehen, warum diese ersten Wochen so wichtig sind.

    Und das hat jetzt nix damit zu tun, dass man einem Welpen alles zeigen sollte und ihn dadurch stresst. Aber gewisse Grundinformationen sollten da weitervermittelt werden :)


    Edit: Das die Stärke der Ausprägung bei diesen Dingen natürlich auch vom Wesen des Hundes abhängig ist, habe ich jetzt mal vorausgesetzt. Das schien mir im nachhinein aber nicht so schlau, deshalb sei das jetzt noch ergänzt :D

  • Toller Beitrag Brush, genau das was ich meine :gut:

    Ich benutze dafür immer gerne das Beispiel mit den aufklappenden Regenschirm: Bringst du einem Welpen in der HuSchu bei, das ein aufklappender Schirm nichts schlimmes ist, wird er auch aufklappende Schirme an anderen Orten okay finden, obwolh dort gar nicht geübt wurde.
    Ein ausgewachsener Hund muss an jedem Ort, den aufklappenden Schrim neu erleben, auch wenn er ihrn in der HuSchu als nicht bedrohlich ansieht.

  • Ich konnte das an meinem ersten Cattle Dog sehr anschaulich lernen.

    Ich bekam ihn schon als Welpen und zeigte ihm natürlich alles. Er war überall dabei und immer sehr aufgeschlossen. So mit 4 1/2 Monaten fing er plötzlich an Spaziergänger und Jogger zu verbellen. Kein Problem, übt man dran und gut ist... Nunja, es wurde immer schlimmer. Viele sagten damals : Liegt an der Rasse. Erziehungsfehler und was weiß ich. Was ich mir damals alles anhören mußte war nicht mehr schön.
    Hat man ein paar Tage hintereinander mit ihm viele Jogger und Radfahrer gesehen, ging es dann auch erstmal. Sie schienen ihm dann vertraut zu sein. Traf man ein paar Tage aufgrund schlechten Wetters wieder niemanden, reagierte er erneut, als hätte er nie so etwas gesehen. Es wurde immer schlimmer und als er ca. 15 Monate alt war, war ich so verzweifelt, daß als letzter Ausweg eine Tierärztin mit Zusatz Verhaltenstherapie aufgesucht wurde. Diese schloß auch erst auf ein Trauma, gab Psychopharmaka. Ein Bluttest hatte nichts gezeigt. Auch die Psychopharmaka konnten nicht helfen, inzwischen reagierte er sogar auf meine Eltern und Leute im Hundeverein, die er von klein auf kannte, als seien es gefährliche Fremde. Bei einem CT vom Kopf wurde dann eine Anomalie im Gehirn festgestellt. Es befand sich eine Flüssigkeitsansammlung in der einen Gehirnhälfte, die den äußeren Teil des Gehirns gegen den Schädel preßte und somit das Langzeitgedächtnis außer Gefecht setzte. Ich hatte also über ein Jahr lang mit einem Hund gekämpft, der sich jeden Tag aufs Neue benahm, als hätte er noch nie irgend etwas gesehen, erlebt und das Cattle-Dog-like mit dem Gang nach vorne zu lösen versuchte.

    In einem der vielen Bücher, die ich gelesen habe, stand es auch mal anschaulich erklärt: Ein Welpe sieht einen Kinderwagen, irgendein Gefährt, das eben auf Rollen geschoben wird. Paar Tage später einen Rollator, kommt ihm schon bekannter vor, wird abgespeichert und er wird in aller Regel nie in seinem Leben mit rollenden Dingen Problemen haben, weil er sowas ja schon mal irgendwann gesehen hat. Einem Welpen fällt es viel leichter zu generalisieren. Einem erwachsenen Hund fällt das viel schwerer. Er verknüpft viel Kontext-Bezogener. Was sich auf immer wieder darin beweist, daß ein Hund auf dem Hundeplatz ein Ass ist und draußen plötzlich nicht mal mehr Sitz kann. Ein erwachsener Hund wird oft von einem Kinderwagen noch lange nicht auf einen Rollator schließen können.
    Und genau mit diesen Problemen kämpfen dann auch schon Welpen bestimmter Rassen, die auf Mißtrauen hin selektiert wurden. so oft die Begleithund-Rassen wie Riesenschnauzer, Schäferhund, aber auch der Australian Cattle Dog, je nach Linie eben.

  • Es geht nicht darum einem Welpen im Schnelldurchlauf die Welt zu erklären, das ist Quatsch.
    Aber es ist ein Unterschied, ob der Welpe in jüngerer Zeit in erster Linie ein Hunderudel, wenige Besucher, sehr wenige fremde Hunde (ohne die Notwendigkeit sich mit ihnen abgeben zu müssen), ein paar mal Auto fahren, eine schöne grüne Wiese und das ein oder andere Tier auf dem Spaziergang kennenlernt.
    Oder ob es für ihn einfach Normalität ist regelmäßig andere Hunde zu treffen, mit denen zu kommunizieren/zu spielen, regelmäßig mit dem Auto itgendwo hingefahren zu werden, seinen Menschen von A nach B über C überall hin zu begleiten.
    Es geht darum, wie geht der Welpe auf Menschen, fremde Tiere und andere Hunde zu, welche Grundeinstellung hat er zu diesen Dingen und auch ganz wichtig, welche Einstellung möchte ich meinem Welpen vermitteln.

    Klar kann der Besitzer Fehler machen, das kann aber auch der Züchter. Vielleicht macht er auch keine Fehler, vielleicht sieht er einige Dinge nur anders. Wolfsspitze sind eher abwartend und misstrauisch Fremden gegenüber. So war auch der Welpe meiner Nachbarin als sie ihn mit 8,5 Wochen übernahm. Sie hat daraufhin ihren Welpen genommen und die nächsten 2 Wochen ein Hardcore "Wir-lieben-Fremde-Programm" durchgezogen, weil ihr wichtig war, dass sich ihr Welpe auch Fremden gegenüber aufgeschlossener verhält. Hätte sie den Hund erst mit 12 Wochen bekommen, dann hätte sich sein Verhalten bereits gefestigt gehabt, sie hätte die Synapsen nicht einfach wieder anders schalten können. Das nur mal als ein Beispiel, warum es sinnvoll sein kann einen Welpen so früh selbst prägen zu wollen. Und ich lege Wert darauf, dass es sich keinesfalls um einen schlechten Züchter gehandelt hat, der die Welpen nicht oder falsch geprägt hat! Absolut nicht! Er hat eine gute Arbeit geleistet, aber jeder sieht halt das Verhalten seines Hundes aus dem eigenen Blickwinkel und für jeden Hundehalter ist ein anderes Bild das angestrebte Ideal.

    Die Frage ist doch auch, auf was oder wen möchte ich meinen Welpen prägen. Soll er auf ein Hunderudel geprägt werden (sofern der Züchter den eines hat) oder soll er auf seine Menschenfamilie geprägt werden? Automatische Defizite im Sozialverhalten kann ich jedenfalls bei mit 8 Wochen übernommenen Welpen nicht feststellen, da hängt es ja auch wieder daran, was der neue Besitzer daraus macht. Sozialverhalten erlernt sich nicht in 4 Wochen. ;)
    Ich sehe auch, dass die Phase des "Verstoßens" von der Mutter eine sehr wichtige ist, im Leben eines Welpen. Die Bindung zur Mutter wird dünner und der Welpe offen für neue.

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