ANTI-JAGD-TRAINING oder Dr. Jekyll und Mr. Hyde

  • Es ist aber ein sehr großer Unterschied ob ich einen Hütehund habe, der auf die Zusammenarbeit mit dem Menschen programmiert ist und eher aufs hüten/treiben selektiert wird oder ob ich einen spezialisierten Arbeitsjagdhund habe.

    Der für mich entscheidende Unterschied liegt nicht bei Hüte- oder Jagdhund, sondern bei der Sequenz aus dem Jagdverhalten.

    Ich kann meinem Hund noch so oft verbieten es nicht zu tun, es wird nicht funktionieren. Sie sind dafür gezüchtet, selektiert und jahrelang so gearbeitet.

    Dann reicht eben nicht zu sagen, dass er es nicht tun soll und wenn er nicht hört, strafe ich eben. Wobei ich ja auch eh nicht an den Hund dran komme um ihn zu strafen.

    Der gute Jagdhund muss halt sehr viel abkönnen und an seiner Aufgabe dran bleiben.

    Zudem setzt jagen eben auch noch ganz viele gute Hormone frei.

    Es macht einen gravierenden Unterschied, welche "Art" von Jagdhund ich führe. Da gibt es Hunde, die eher mit dem Jäger zusammenarbeiten wie z.B. Wild anzeigen oder erlegtes Wild apportieren.


    Hier ein Vorsteher


    Einweisen beim Retriever


    Ich sehe hier Hunde, die viel abkönnen, an ihrer Aufgabe dran bleiben und trotzdem noch auf Ansprache reagieren. DAS setzt aber eben viel Enthusiasmus und Konsequenz beim Hundeführer voraus.


    Etwas anders sieht es aus bei den jagenden Hunden, die eben komplett eigenständig jagen. Seien es Bautenjäger oder sight hounds oder scent hounds. Spannend finde ich auch "hunting the clean boot


    Entsprechend unterschiedlich ist der Aufbau im Training. Früh genug anfangen und dran bleiben. Entsprechende (!) Ersatzbeschäftigung bieten, dann kann auch ein Beagle frei Laufen.

  • Vielleicht habe ich einfach einen anderen Ansatz im Training. Ich arbeite nicht mit Strafen.


    Abbrüche gibt es bei uns auch in Form von Rückruf usw.

    Ich glaube Antijagdtraining ist sehr vielschichtig und es gibt kein generelles Muster.

    Eher viele kleine Puzzleteile die sich zu etwas ganzem zusammensetzen.


    Und mit den Bretonen und auch dem Terrier funktioniert das so wirklich gut.

    Und ich bin froh, dass ich sie hier in den Freilauf schicken kann.

  • Jetzt fängt es an philosophisch zu werden. Mein Hund läuft nicht weg, also bräuchte ich nach der Logik kein AJT.


    (Ich sehe es ja ein bisschen sehr anders, weil sie trotzdem jagt und das hierzulande für Freizeithunde nunmal verboten ist.)


  • Hütehunde brauchen keine Ausbildung, weil sie das gottgegeben können, gehen niemals jagen und bleiben bei ihrem Job nicht dran? Oder wie darf man das verstehen?

  • Steht da doch. Die sind auf Kooperation selektiert. Andere Jagdhunde jagen selbstständig. Ist halt ein Fakt.

  • Hütehunde brauchen keine Ausbildung, weil sie das gottgegeben können, gehen niemals jagen und bleiben bei ihrem Job nicht dran? Oder wie darf man das verstehen?

    Steht da doch. Die sind auf Kooperation selektiert. Andere Jagdhunde jagen selbstständig. Ist halt ein Fakt.

    Ziemlich Schwarz-Weiß für mein Empfinden.


    Der Hütehund arbeitet also nicht selbständig, weil er viel und gerne mit seinem Menschen kooperiert?


    Halte ich für ein Gerücht ...


    Am Beispiel: Der (gut ausgebildete) Hütehund soll ein Schaf selektieren.

    Welches, und wohin bestimmt der Mensch.


    Wie das Schaf selektiert wird und da hin gebracht wird, wo es hinsoll, erarbeitet der Hütehund allerdings selbständig, denn er fragt doch nicht bei jeder Bewegung des Schafes nach, was er jetzt machen soll...


    Für diese Form der Kooperation ist hohe Denkfähigkeit nötig.


    Im Vergleich dazu der Bauhund, dem ja höchste Selbständigkeit (und damit schwerere Kontrollierbarkeit) nachgesagt wird.


    Klar, dem kann man Beibringen dass er, sobald er von der Leine losgelassen wird, sofort selbständig nach einem Bau suchen und seinem Job nachgehen kann.

    Man kann ihm aber auch Beibringen, dass er ohne Leine laufen und anderen, hundlichen Geschäften nachgehen kann, und erst dann seinen Job zu machen, wenn der Mensch ihm das sagt.


    .............


    Der Retriever arbeitet nicht selbständig, weil er ja kooperiert?

    Ich weiß gerade nicht, ob ich heulen oder lachen soll...


    Der Retriever muss unangeleint an mein Knie getackert, dabei sorgsam die Umgebung beobachtend, gemeinsam mit mir durchs Gelände, ohne dass ich auch nur einen Blick für ihn dabei habe, und darauf warten, dass ich ihn auf eine Beute schicke - die er, sobald ich ihn geschickt habe, völlig selbständig finden muss, um sie mir dann zu bringen.

    Dabei hat er gelernt, auf hilfreiche Signale seines Menschen zu achten, die ihm dabei helfen, schneller und effizienter seine Beute zu erreichen.


    Gut ausgebildet arbeiten diese Hunde selbständig und zuverlässig, auch außer Sicht.


    Warum die hohe Befähigung zur Kooperation immer mit einer geringeren, oder gar gar nicht mehr vorhandenen Selbständigkeit gleichgesetzt wird, ist mir echt ein Rätsel.


    "Will to please" ... ich kenne keinen anderen Ausdruck, der so sehr hündische Motivation vermenschlicht im Alltagsgebrauch, wie diesen...


    Mein Amigo hat sich unglaublich gefreut, wenn ich mich über seine Beute freute - war das doch Garant dafür, dass er immer wieder mehr, mehr, mehr Beute machen durfte - zu SEINER Freude... xD

  • Es hat zB einen Grund warum man Jagdhunde stoppt und nicht abruft. Mein Jagdhund ist oft nicht abrufbar. Aber ich kann ihn sehr zuverlässig stoppen.

    Interessant :smile:


    Erlebe ich genauso :nicken:


    Mein "Grund" dafür ist: Einmal in der jagdlichen Motivation, würde ich diese mit einem Rückruf unterbinden, wodurch ich völlig gegen diese Motivation arbeite, was bei einem sehr jagdlich motivierten Hund oft nicht gelingt.

    Mit dem "Stopp" lasse ich den Hund in dieser jagdlichen Motivation, und kann ihm Anweisungen geben, mit denen ich diese jagdliche Motivation "lenken" kann.


    Dazu ist natürlich eine entsprechende Basis, ein Training nötig, heißt für mich im Privatgebrauch auch, dass ich - als Nicht-Jägerin - eben auch mal hingehe, meinen Hund abhole, und ihm dann als "Ersatz" eine Jagd auf erlaubte Beute - das Apportel - anbiete.

    Alternativ - je nach Ausbildung - auch von der Stoppstelle aus auf ein Apportel einweise.

    Im weiteren Trainingsverlauf (wenn der Hund eine bestimmte Stufe der Zuverlässigkeit erreicht hat), kann ich seine jagdliche Motivation auch zu einem späteren Zeitpunkt bedienen.


    Was ist dein Grund?

  • Na ja, aber es gibt auch einen Unterschied im Level der Kooperation. Ein Hüter arbeitet eben in enger Kooperation mit dem Führer, andere Hunde eben nicht.

    Nur am Beispiel meiner Rasse. Die wurden im Jagdgebiet im Rudel losgeschickt, um eigenständig Spuren zu suchen (nicht nur mit Nase am Boden, sondern auch über hochwittern), den Fährten selbstständig zu folgen, das Wild zu binden bis der HF kam, um zu schießen. Da gingen auch schon mal Stunden ohne Kontakt zum HF ins Land. Da hat der Hund den HF genau am Anfang der Jagd und am Ende wieder gesehen, alles andere wurde da selbst entschieden und eben nicht beim HF abgefragt, durch ständigen Blickkontakt, geleitet durch Anweisungen per Hand oder Pfiff.

    Für mich macht das schon einen Unterschied. Ich weiß inzwischen sehr gut wie Allrounder und Vorsteher arbeiten. Da gibt es immer gute Momente abzupassen, reinzugrätschen und zu stoppen. Schon allein, weil so ein Hund sichtbar abfragt.

    Hetzen auf Sicht abzubrechen, ist um einiges schwerer, erst recht, wenn der Hund ein eigenständiger Jäger ist.

    Da hilft dann nur die Leine.

  • Es ist ja schon in der Jagdkette zu sehen. Das worauf selektiert wird oder wurde. Natürlich gibt es immer nach oben oder unten Abweichungen.


    Und natürlich Jagd ein Border Collie anders als ein Bretone. Das ist doch eben das wofür die Rassen gemacht wurden.

    Meinem Bretonen würde es nie im Leben einfallen ein Fahrrad zu jagen. Bei Hütehunden kenne ich das durchaus (natürlich nicht bei allen und natürlich ist es auch eine Trainingssache) und zwar nicht weil ich es verboten habe. Die Reizsensibilität ist in bestimmten Kontexten eine andere.

    Während mein Bretone jedem Vogel vorsteht, würden das andere Jagdhunde eben nicht machen.

    Genauso wie der Radius, der kann bei den unterschiedlichsten Hunden eben anders sein. Das liegt daran worauf er Jahrzehntelang selektiert wurde.

    Die Gene sind ja nunmehr da. Und somit ist jeder Hund anders zu bewerten.

    Das was sie dann von uns noch lernen kommt eben obendrauf.

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