Dienstlich geführte vs. privat geführte Hunde

  • Hi ihr Lieben,
    durch eine heftige Auseinandersetzung in einem anderen Forum bin ich mal auf dieses thema gekommen.


    Zuallererst zwei Anmerkungen der Verfasserin:
    1.Ich WEIß das Dienst-, Jagd-, Schutzhunde etc. ihre Aufgabe 100% Sicher erfüllen müssen! Ich weiß das ein Jagdhund eben NICHT wildern darf oder ausbrechen, nicht zupacken wenn es ihm nicht erlaubt ist. Und DARUM soll es auch ausdrücklich NICHT gehen.
    Dieser Sachverhalt dürfte allen Hundehaltern bekannt sein und will auch niemand abstreiten!
    2. Es soll hier auch definitiv NICHT darum gehen zu besprechen ob irgendeine Methode BESSER oder SCHLECHTER ist als die andere!


    Ich bin mir auch bewusst das dieses ein heikles Thema ist, ich möchte es dennoch probieren.


    Sind Hundehalter inkompetenter und schlechter als Diensthunde- , Jagdhundeführer etc.?
    Müssen Hunde, nur weil sie im Dienst geführt werden anders ausgebildet werden? Also im Sinne von meidemotiviert und mit Strafe = positive Strafe (Schläge, Kettenwurf, Leinenruck, Abbruchsignale etc.) ausgebildet.
    MUSS das sein, oder würde es auch anders gehen? Gibt es Beispiele das es auch anders geht, oder eben nicht?
    Soll heißen, wird nur immer GESAGT das es nicht geht, weils noch nie jemand ausprobiert hat? Oder weil es nur zu wenige ausprobiert haben?


    Immerhin kenne ich Hunde die z.b. im Obedience geführt werden und extrem weit (bisher) gekommen sind auf Prüfungen und die OHNE jegliche positive Strafe erzogen worden sind!
    Da würde es mich interessieren ob es auch anders geht!


    Nochmal: Es geht nicht um besser oder schlechter!


    Sind Hundehalter nur weil sie ihren Hund nicht auf Prüfungen im VPG etc. führen schlechter und erziehen Wischiwaschi? Nur weil ein Richter nicht den Schein ausstellt das der Hund alle in der Prüfungsordnung aufgezählten Übungen beherrscht?!


    Sind Hundehalter nur weil sie nicht mit Zwang, Druck und positiver Strafe arbeiten mit Hunden OHNE Grundgehorsam geschlagen?


    Mir wurde in genannter Diskussion zwischen den Zeilen unterstellt ich sei Inkompetent weil ich keine Malinois im Schutzdienst oder meine Russells jagdlich führe, sondern "nur" für den Familiengebrauch und mit Spielereien wäre das andere ja nicht zu vergleichen!
    Im übrigen hätte ich keinerlei Ahnung weil meine Hunde bisher keine Prüfungen ablegen mussten oder abgelegt haben mit mir.


    Ich bin nämlich bisher der Meinung das es auch ANDERS gehen würde, es nur nie jemand probiert hat bzw. in so einer Position steht und die Idee hat es anders probieren zu wollen, weil diese Menschen doch meistens davon überzeugt sind das es gar nicht anders geht!


    Mich würde eure Meinung interessieren und vorallem auch ob es irgendwelche anderen Erfahrungen gibt!


    Bisher sind mir nämlich keine Jagdhundeführer, schutzhundeführer oder Polizei (etc.) Hundeführer bekannt die es jemals anders probieren würden, weil sie von vorneherein davon ausgehen das es NUR SO geht wie sie es bisher machen!
    Weil ein Hund der vor Trieb nicht mehr den Ärmel loslässt einfach ein paar gedonnert braucht um zu kapieren das er auf AUS auszulassen hat, weil ers sonst eben nicht tun würde wenn man es ihm anders zeigen würde.


    Wo sich mir die Frage stellt:
    Ist das Problem nicht Hausgemacht?
    Ein Hund, der so hoch im Trieb geführt wird und zugepackt hat, das er nur noch eiens Mitgkriegt und sonst kaum noch etwas. Also man nicht an ihn ran kommt? Und deswegen ihn "spüren" lassen muss?


    Das ein Jagdhund DOWN zu machen hat wenn er hetzt, egal was passiert! (das er es muss ist, wie oben genannt, völlig klar!) Und das es ihm niemals anders beizubringen wäre als über Belohnung und Strafe so z.b. das berühmte "mit Fuß den Kopf auf den Boden drücken".


    Mir stellen sich also die Fragen:


    1.Muss ich mir weil ich es nicht praktiziere (sowohl die Erziehungsmethoden, also auch Prüfungen) sagen lassen meine Hunde hätten keinen Grundgehorsam und seien "wischiwaschi" und zu "Spielereien" erzogen?
    2.Sind Dienstlich geführte Hunde nur mit anderen Methoden erzogen weil es wirklich "nicht anders geht" oder weil lediglich davon ausgegangen wird das es nicht anders geht (weil es noch nie Jemand/oder zu wenige ausprobiert haben) ?
    3. Sind nicht manche Probleme mit Schutzhunden hausgemacht? Weil die Hunde eben Hochmotiviert und voll im Trieb sind und Adrenalin eine ziemlich beachtliche Komponente ist wieso diese Hunde voll aufdrehen und nur noch wenig ansprechbar sind und aus solchen Gründen eben "hart Angefasst" werden müssen? Was dann natürlich für die Aussage spricht: "die MÜSSEN hart Angefasst werden, weil sie es sonst nicht schnallen!" Das würde sich ja beides bedingen. Erst fährt man sie so hoch und dann werden sie dafür bestraft weil sie nichts mehr mitbekommen.
    Oder sehe ich das nur falsch?


    Das sind NUR Fragen, ich will Niemandem ans Bein pissen! Niemandem sagen welche Methode besser oder schlechter ist/wäre oder das ich das nicht "für gerechtfertigt" halte.


    Nina *nichts böses im Schilde führt, sich nur Fragen stellt*

  • super dass du dieses Thema eröffnet hast!


    Durch meine Arbeit bin ich momentan täglich mit Jägern zusammen, die meisten auch Hundeführer.


    In vielen Diskussionen hörte ich jetzt schon oft dass man den Hund "anpacken" muss. Dass heute viel zu zimperlich mit den Hunden umgegangen wird. etc ect.


    Mich interessieren die kommenden Antworten sehr und werde das Thema hier weiter beobachten.


    lg wildsurf

  • Hm...schwieriges Thema, dass man mit Sicherheit aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten muß.
    Zum Einen ist es mit Sicherheit so, dass gerade in den von dir angesprochenen Kreisen viele "ewig Gestrige" versammelt sind, die gar nicht den Anspruch haben einen Hund möglichst straffrei zu erziehen und auf Uralt-Dominanztheorien beharren, aber andererseits, bei einigen Dinfgen wüßte ich wirklich nicht, wie man die rein positiv aufbauen will. Wie will man z.B. ein sauberes "Down" erarbeiten bei einem Hund, der regelmäßigen direkten Wildkontakt hat, der raubzeugscharf ist etc. ohne massive aversive Einwirkungen? Wie will man einen Hund der bei Temperaturen um den Gefrierpunkt zitternd neben einem sitzt und schon 10 Enten aus dem eisigen Wasser gezogen hat davon überzeugen auch noch die 11. Ente zu holen?

  • Zum Thema Jagdhundeausbildung hatten wir vor einiger Zeit eine recht heftige Diskussion hier, von wegen Zwang usw.... Und ja, es wird versucht von einigen Leuten, Vorstehhunde rein positiv zu erziehen - ist bisher so viel ich weisss noch nicht völlig geglückt, zumindest nicht, wenn sie nach deutscher Art jagen sollen. In andern Ländern scheint man erfolgreicher, aber da wird auch anders gejagt mit andern Hunden - bin zu wenig informiert, um die Unterschiede zu erklären, aber vielleicht finde ich den alten Fred wieder.... :???:

  • Zitat

    super dass du dieses Thema eröffnet hast!


    Durch meine Arbeit bin ich momentan täglich mit Jägern zusammen, die meisten auch Hundeführer.


    In vielen Diskussionen hörte ich jetzt schon oft dass man den Hund "anpacken" muss. Dass heute viel zu zimperlich mit den Hunden umgegangen wird. etc ect.


    finde das stimmt sogar, natürlich alles mit maas und ziel!


    im täglichen leben bei einem rudel wird auch nicht nur ums maul geleckt sondern es wird auch mal deftiger zurecht gewiesen.
    so ist das nun von natur aus also warum sollte es menschen nicht auch machen?


    klar wir können niemals so zurechtweisen wie ein hund da wir ja menschen sind. eine der vielen begründungen von leuten die nichts anderes einsetzen als positive bestärkung, fehlverhalten wohlmöglich noch dazu ignorieren.


    ABER hunde lernen gerade durch das zurechtweisungen grenzen kennen und respekt
    ohne diese zwei dinge würde kein einziges rudel funktionieren
    wir menschen halten die hunde in gefangenschaft und dennoch sollten grenzen und respekt beigebracht werden.


    finde genau da happerts bei vielen da sie ihre hunde auf eine ebenso hohe ebene heben oder vielleicht noch höher als sich und ihrem umfeld.
    dafür sind hunde niemals geschaffen oder geeignet, ihre hunde eben nicht tiergemäss führen sondern sie verhätscheln, ihnen alles mögliche durchgehen lassen, sie vergöttern bis obenhin, hundsi darf alles usw...


    die tiere brauchen von uns menschen eine führung wo genauso zurechtgewiesen wird und respekt herrscht.....

  • Warum probierst du es denn nicht mal aus?
    Der Jagdschein ist heutzutage offen zugänglich und auch VPG kann so ziemlich jeder machen.


    Deine Aussage, das es nie jemand anders versucht hat, ist schlicht und einfach falsch. Es gibt sehr sehr viele Hundeführer, die, so weit es geht, positiv arbeiten wollen und das auch tun. Diese führen durchaus auch auf höherer Ebene, was heutzutage auch garnicht mehr anders geht, denn niemand möchte ein Hund der völlig gedrückt arbeitet.
    Die allgemeine und auch meine Erfahrung zeigt jedoch, das das alles bis zu einem gewissen Punkt geht und man dann irgendwann einwirken muss. Dieser Punkt ist bei jedem Hund verschieden und auch die Stärke der Einwirkung.


    Die Frage ob denn der Trieb überhaupt sein muss wird in letzter Zeit häufiger gestellt und ich denke, um sie zu beantworten, muss man sich nur einmal vor Augen führen, was diese Hunde aushalten müssen.
    Jagdhunde müssen nicht selten mit Raubtieren (Mardern etc) auseinandersetzen, die sich durchaus auch mal umdrehen und auf den Hund losgehen, auch Wildschweine und anderes Getier wehrt sich und auch mehrere Stunden alte, Kilometer lange und durch Regen oder Dürre erschwerte Fährten suchen sich nicht von allein.
    Nach einem Diensthund fliegt auch mal ein Kanister mit Steinen, die ordentlich Krach machen, ein Täter lässt sich selten freiwillig beissen und wenn die Drogenkontrolle im Flughafen ausfällt, weil der vierbeinige Kollege nach 5 Minuten Suche eben keine Lust mehr hat, fänden das auch die Wenigsten schön.
    Ein VPG-Hung muss sich immer wieder verschiedenen Helfern mit verschiedenen, unterschiedlich belastenden Hetztechniken stellen , sich bei Übungen wie Stellen und Verbellen oder der langen Flucht klar gegen den Scheintäter durchsetzen und dabei perfekten Gehorsam zeigen, bei dem einfach Präzision gefragt ist. Volle, feste Griffe sind das A und O.


    Wenn man sich das mal durchliest und ehrlich zu sich selbst ist, merkt man, das dieses Durchhaltevermögen einiges an Trieb erfordert und der Familienschmuser von gegenüber wohl weder genug Härte, noch andere Gebrauchshundeeigenschaften mitbringt.


    Bei meiner Retrieverhündin reicht in den allermeisten Fällen ein klares Kommando um sie wieder zu gewünschtem Verhalten zu bringen, allerdings auch nur, weil ich ansonsten sehr konsequent bin und sie irgendwann einmal gelernt hat, das Ungehorsam irgendwann auch mal negative Folgen hat. Das war allerdings nicht im Hundesport, sondern beim Thema jagen - sie gehört eben doch einer Jagdhunderasse an, hat aber trotzdem gelernt das Platz einfach Platz ist.
    Es hat eben alles Vor- und Nachteile. Zwang braucht man bei ihr höchst selten, dafür würde sie aber weder einem wirklichen Einsatz als Jagdhund (nicht nur Dummieprüfungen), noch als Dienst- noch als wirklicher Sporthund standhalten.
    Die Schäferhunde gehn durch Belastungen eben auch mal durch, dafür nehmen sie einem eben nicht immer alles ohne Gegenfragen "ab". (Im übrigen muss man zu einem Hund in einer gewissen Triebstimmung auch erstmal durchkommen...)


    Ich streite garnicht ab, das viele Probleme hausgemacht sind. Das hängt dann einfach oft an der Konsequenz und das der Gehorsam nicht immer gleich mit dem Trieb aufgebaut wird, aber weder Jäger, noch Diensthundeführer, noch Sporthundeführer sind perfekt, wie alle andern eben auch. Konsequenz ist hier das Zauberwort!
    Trotzdem ist es einfach nicht richtig, das keiner versucht sich modernen Methoden zuzuwenden. Es hat nur einfach alles seine Grenzen.


    Von aussen sieht das immer alles einfach / grausam aus, aber hinter die Kulissen schauen würde sich für viele mal empfehlen. Ausbildung in den trieblichen Bereichen eines Hundes ist einfach nochmal eine Stufe schwieriger als einem Familienhund Grundgehorsam zu vermitteln.

  • Zitat

    Deine Aussage, das es nie jemand anders versucht hat, ist schlicht und einfach falsch. Es gibt sehr sehr viele Hundeführer, die, so weit es geht, positiv arbeiten wollen und das auch tun. Diese führen durchaus auch auf höherer Ebene, was heutzutage auch garnicht mehr anders geht, denn niemand möchte ein Hund der völlig gedrückt arbeitet.
    Die allgemeine und auch meine Erfahrung zeigt jedoch, das das alles bis zu einem gewissen Punkt geht und man dann irgendwann einwirken muss. Dieser Punkt ist bei jedem Hund verschieden und auch die Stärke der Einwirkung.


    Dem stimme ich zu - ich selber kenne genug jagdlich geführte Hunde, die beclickert werden, mit Leckerlies beworfen werden und für jede richtige Ausführung des Kommandos mit Halligallidrecksau-party bespasst werden :D


    Ich glaube der klare Unterschied zwischen dem Familienhund und dem Dienst- oder Jagdhund ist der, dass wenn der Familienhund in einer bestimmten Situation versagt einfach NICHTS passiert normalerweise, außer vielleicht einem aufgebrachten Besitzer - wohingegen Dienst- und Jagdgebrauchshunde regelmäßig in Situationen geführt werden wo sie ihren Hund stehen müssen und wo bei einem Versagen oder Verweigern des Hundes zum einen das Leben des Hundes, bei Jagdhunden das Wohl und das Leben des Wildes und im schlimmsten Fall eben Menschenleben auf dem Spiel stehen - eine Ausbildung, die den Hund zuverlässig macht, ist somit unumgänglich und die Folgen eines Versagens oder Ungehorsams des Hund im Zweifelsfall weitgehender.


    Ich glaube nicht dass der Unterschied dahingehend zu sehen ist, dass der Privatmann schlechter oder besser als der Diensthundeführer oder der mit Jagdgebrauchshund ist, es gibt genug Privatleute die ihren Hund auf hohem Niveau sportlich führen - ich glaube der Ansatz ist nur ein anderer und damit auch der Anspruch den der Hund letztendlich zu erfüllen hat.


    Zu den Diensthunden und VPG kann ich nichts sagen, da kenne ich mich einfach gar nicht aus..


    Bei einem Jagdgebrauchshund wird fehlender Trieb letztendlich als Wesensschwäche ausgelegt, denn nur der Trieb befähigt ihn und gibt ihm das Durchhaltevermögen für die harten Ansprüche und Aufgaben die er bewältigen muss und der es dem Jagdhund auch möglich macht an seine körperlichen Leistungsgrenzen zu gehen in vielen Situationen und durchzuhalten, nicht die Spur zu verlieren, das Wild ausdauernd zu stellen oder niederzuziehen und sich gegebenenfalls über längere Strecken in unwegsamem Gelände mit leichteren Verletzungen trotzdem durchzukämpfen..... fehlt dem Jagdhund der ausreichende Trieb, so wird sich das irgendwo bemerkbar machen, sei es beim Fährtenwillen, in der Spursicherheit, in der Wildschärfe oder sonstwas.

  • Zitat

    Ich glaube der klare Unterschied zwischen dem Familienhund und dem Dienst- oder Jagdhund ist der, dass wenn der Familienhund in einer bestimmten Situation versagt einfach NICHTS passiert normalerweise, außer vielleicht einem aufgebrachten Besitzer - wohingegen Dienst- und Jagdgebrauchshunde regelmäßig in Situationen geführt werden wo sie ihren Hund stehen müssen und wo bei einem Versagen oder Verweigern des Hundes zum einen das Leben des Hundes, bei Jagdhunden das Wohl und das Leben des Wildes und im schlimmsten Fall eben Menschenleben auf dem Spiel stehen - eine Ausbildung, die den Hund zuverlässig macht, ist somit unumgänglich und die Folgen eines Versagens oder Ungehorsams des Hund im Zweifelsfall weitgehender.


    Dein ganzer Beitrag spricht mir aus der Seele :gut:

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